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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Uinnaßgeblichos

Feste, das einerseits unsern Weihnachte", andrerseits dem italienischen Karneval
entsprach, pflegte man sich ebenfalls mit Wachslichter zu beschenken. In Italien
leben die lateinischen voivi als Altarkerzen und als Wachsstreichhvlzcheu, beim Karneval
aber, dessen letzte Stunden sie charakterisieren, unter dem Namen Nooeoli fort; in
Teutschland ist der Wachsstock die Signatur des Heiligen Abends, gleich dem Honig-
kuchen, der dazu gehört wie der Honig zum Bicuenwnchs. Die Pfefferkuchen
kommen von Nürnberg, es ist kein Zufall, daß Nürnberg noch heute die besten
Lebkuchen und die besten Nachtlichte hervorbringt. Diese Waren erinnern an die
Zeit, wo Nürnberg noch in weitem Bogen von dein großen Neichswalde umgeben,
und die Bienenzucht noch hauptsächlich Waldbienenzucht war.

Wir verstehn jetzt unter einem Wachsstock ein ellenlanges, dünnes, biegsames
Wachslicht, das in Rollen zusammengewunden und in einer Blechbüchse geborgen
wird; ursprünglich war es nichts weiter als eine gewöhnliche Wachskerze, die ge¬
rade wie ein Stock war und vielleicht außerdem noch an einem Stocke getragen
wurde wie die Papierlaternen am Sedantage. Und diese kleine Wachskerze hatte
einen guten Zweck, der ganz verloren gegangen ist: sie sollte angebrannt und auf
den Christbaum gesteckt, zunächst aber in den Christmetteu gebraucht werden, zu
denen sich jeder sein Lichtchen selbst mitbringen mußte. Das ist unstreitig schon die
Bestimmung der Loioi bei den Saturnalien gewesen, die ja auch in die kürzesten
Tage fielen: man wollte sich Licht machen, und das war den Menschen der Vor¬
zeit, die noch keine so reiche Beleuchtung hatten wie wir, ein besondres Fest. Bei
einer Nürnberger Bescherung vom Jahre 1619, deren Posten man aus dem
Nechnungsbuche des Bürgers Christoph Löffelholz noch ersieht, werden alle Kinder,
die mit in die Christmette gehn können, mit einem Wachsstocke bedacht, nur die
beiden jüngsten erhalten keinen. Die Wachsstöcke spielten also ganz die Rolle der
Stocklnternen, mit denen die Kinder am Sedantage oder in Leipzig am Tauchaer
Jahrmarkt, wenn die Abende wieder lang werden, durch die Straßen ziehn; und
man braucht nnr daran zu denken, was die Kinder für Freude an ihren bunten
Laternen haben, wenn man die Wertschätzung des alten Wachsstocks begreifen will.

Wie mag es einst in langen Winternächten Angegangen sein, als die Menschen
noch keine Lampen hatten? Denn die Öllampe ist viel jünger als die .Kerze.
In >viutsr's töäious rü^nes, Kik, dz^ rbö llrö vvitb Aponi viel tolles! sagt König Richard
der Zweite zu seiner Gemahlin; nun, wenn du nur Feuer hast, Königin. Wo ein
Jener brennt, da ist es auch hell; im Schlosse des Odysseus auf der Insel Ithaka
brannten ebenfalls nur Feuertöpfe auf Ständern, wie unsre Sänlenlampen. Sie
hießen Lampteren, und auf ihnen wurde nur Holz gebrannt, das Zimmer zu
erleuchten; die Mägde gingen ab und zu und legten um. Das Feuer ist ja vom
Lichte gar nicht zu trennen; abgesehen von der elektrischen Beleuchtung wird das
künstliche Licht immer durch einen Verbrennungsprozeß erzeugt. Verbrennung kann
ohne Licht stattfinden, man spricht dann von einer langsamen Verbrennung, auf der
uuter anderm der Stoffwechsel beruht; aber selbst die langsame Verbrennung führt
mitunter zu einer Art von Leuchten, wie beim Phosphor und beim Phosphores¬
zieren gewisser Tiere. Licht dagegen entsteht niemals ohne Verbrennung, anch das
Sonnenlicht nicht, obwohl man allerdings nicht begreift, daß der Sonnenkörper uoch
nicht verbrannt ist. Deshalb haben die Engländer für Licht machen und Feuer
macheu dasselbe Wort to liAbt; eine Kerze, eine Zigarre, ein Kamin wird in Eng¬
land ebenso erleuchtet wie ein Zimmer oder eine Straße. Demnach ist auch das
älteste Licht, das man brauchte, sich oder andern zu leuchten, ein einfacher, vom
Herde wcggenommner Feuerbrand gewesen, d. h. eine Fackel; denn jeder brennende
Kienspan verrichtet die Dienste einer solche". Um eine recht starke Flamme zu er¬
zeugen, hat man allmählich mehrere Späne zusammengebunden und zum Schutze
der Hand einen Fackclschuh wie einen Leuchter daran befestigt; aber immer ist es
eine Holzfackel geblieben, die sich in nichts von einem brennenden Scheite unter¬
schied/ Bald wird mau gemerkt haben, daß das Harz die Leuchtkraft des Holzes


Maßgebliches und Uinnaßgeblichos

Feste, das einerseits unsern Weihnachte», andrerseits dem italienischen Karneval
entsprach, pflegte man sich ebenfalls mit Wachslichter zu beschenken. In Italien
leben die lateinischen voivi als Altarkerzen und als Wachsstreichhvlzcheu, beim Karneval
aber, dessen letzte Stunden sie charakterisieren, unter dem Namen Nooeoli fort; in
Teutschland ist der Wachsstock die Signatur des Heiligen Abends, gleich dem Honig-
kuchen, der dazu gehört wie der Honig zum Bicuenwnchs. Die Pfefferkuchen
kommen von Nürnberg, es ist kein Zufall, daß Nürnberg noch heute die besten
Lebkuchen und die besten Nachtlichte hervorbringt. Diese Waren erinnern an die
Zeit, wo Nürnberg noch in weitem Bogen von dein großen Neichswalde umgeben,
und die Bienenzucht noch hauptsächlich Waldbienenzucht war.

Wir verstehn jetzt unter einem Wachsstock ein ellenlanges, dünnes, biegsames
Wachslicht, das in Rollen zusammengewunden und in einer Blechbüchse geborgen
wird; ursprünglich war es nichts weiter als eine gewöhnliche Wachskerze, die ge¬
rade wie ein Stock war und vielleicht außerdem noch an einem Stocke getragen
wurde wie die Papierlaternen am Sedantage. Und diese kleine Wachskerze hatte
einen guten Zweck, der ganz verloren gegangen ist: sie sollte angebrannt und auf
den Christbaum gesteckt, zunächst aber in den Christmetteu gebraucht werden, zu
denen sich jeder sein Lichtchen selbst mitbringen mußte. Das ist unstreitig schon die
Bestimmung der Loioi bei den Saturnalien gewesen, die ja auch in die kürzesten
Tage fielen: man wollte sich Licht machen, und das war den Menschen der Vor¬
zeit, die noch keine so reiche Beleuchtung hatten wie wir, ein besondres Fest. Bei
einer Nürnberger Bescherung vom Jahre 1619, deren Posten man aus dem
Nechnungsbuche des Bürgers Christoph Löffelholz noch ersieht, werden alle Kinder,
die mit in die Christmette gehn können, mit einem Wachsstocke bedacht, nur die
beiden jüngsten erhalten keinen. Die Wachsstöcke spielten also ganz die Rolle der
Stocklnternen, mit denen die Kinder am Sedantage oder in Leipzig am Tauchaer
Jahrmarkt, wenn die Abende wieder lang werden, durch die Straßen ziehn; und
man braucht nnr daran zu denken, was die Kinder für Freude an ihren bunten
Laternen haben, wenn man die Wertschätzung des alten Wachsstocks begreifen will.

Wie mag es einst in langen Winternächten Angegangen sein, als die Menschen
noch keine Lampen hatten? Denn die Öllampe ist viel jünger als die .Kerze.
In >viutsr's töäious rü^nes, Kik, dz^ rbö llrö vvitb Aponi viel tolles! sagt König Richard
der Zweite zu seiner Gemahlin; nun, wenn du nur Feuer hast, Königin. Wo ein
Jener brennt, da ist es auch hell; im Schlosse des Odysseus auf der Insel Ithaka
brannten ebenfalls nur Feuertöpfe auf Ständern, wie unsre Sänlenlampen. Sie
hießen Lampteren, und auf ihnen wurde nur Holz gebrannt, das Zimmer zu
erleuchten; die Mägde gingen ab und zu und legten um. Das Feuer ist ja vom
Lichte gar nicht zu trennen; abgesehen von der elektrischen Beleuchtung wird das
künstliche Licht immer durch einen Verbrennungsprozeß erzeugt. Verbrennung kann
ohne Licht stattfinden, man spricht dann von einer langsamen Verbrennung, auf der
uuter anderm der Stoffwechsel beruht; aber selbst die langsame Verbrennung führt
mitunter zu einer Art von Leuchten, wie beim Phosphor und beim Phosphores¬
zieren gewisser Tiere. Licht dagegen entsteht niemals ohne Verbrennung, anch das
Sonnenlicht nicht, obwohl man allerdings nicht begreift, daß der Sonnenkörper uoch
nicht verbrannt ist. Deshalb haben die Engländer für Licht machen und Feuer
macheu dasselbe Wort to liAbt; eine Kerze, eine Zigarre, ein Kamin wird in Eng¬
land ebenso erleuchtet wie ein Zimmer oder eine Straße. Demnach ist auch das
älteste Licht, das man brauchte, sich oder andern zu leuchten, ein einfacher, vom
Herde wcggenommner Feuerbrand gewesen, d. h. eine Fackel; denn jeder brennende
Kienspan verrichtet die Dienste einer solche». Um eine recht starke Flamme zu er¬
zeugen, hat man allmählich mehrere Späne zusammengebunden und zum Schutze
der Hand einen Fackclschuh wie einen Leuchter daran befestigt; aber immer ist es
eine Holzfackel geblieben, die sich in nichts von einem brennenden Scheite unter¬
schied/ Bald wird mau gemerkt haben, daß das Harz die Leuchtkraft des Holzes


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[0241] Maßgebliches und Uinnaßgeblichos Feste, das einerseits unsern Weihnachte», andrerseits dem italienischen Karneval entsprach, pflegte man sich ebenfalls mit Wachslichter zu beschenken. In Italien leben die lateinischen voivi als Altarkerzen und als Wachsstreichhvlzcheu, beim Karneval aber, dessen letzte Stunden sie charakterisieren, unter dem Namen Nooeoli fort; in Teutschland ist der Wachsstock die Signatur des Heiligen Abends, gleich dem Honig- kuchen, der dazu gehört wie der Honig zum Bicuenwnchs. Die Pfefferkuchen kommen von Nürnberg, es ist kein Zufall, daß Nürnberg noch heute die besten Lebkuchen und die besten Nachtlichte hervorbringt. Diese Waren erinnern an die Zeit, wo Nürnberg noch in weitem Bogen von dein großen Neichswalde umgeben, und die Bienenzucht noch hauptsächlich Waldbienenzucht war. Wir verstehn jetzt unter einem Wachsstock ein ellenlanges, dünnes, biegsames Wachslicht, das in Rollen zusammengewunden und in einer Blechbüchse geborgen wird; ursprünglich war es nichts weiter als eine gewöhnliche Wachskerze, die ge¬ rade wie ein Stock war und vielleicht außerdem noch an einem Stocke getragen wurde wie die Papierlaternen am Sedantage. Und diese kleine Wachskerze hatte einen guten Zweck, der ganz verloren gegangen ist: sie sollte angebrannt und auf den Christbaum gesteckt, zunächst aber in den Christmetteu gebraucht werden, zu denen sich jeder sein Lichtchen selbst mitbringen mußte. Das ist unstreitig schon die Bestimmung der Loioi bei den Saturnalien gewesen, die ja auch in die kürzesten Tage fielen: man wollte sich Licht machen, und das war den Menschen der Vor¬ zeit, die noch keine so reiche Beleuchtung hatten wie wir, ein besondres Fest. Bei einer Nürnberger Bescherung vom Jahre 1619, deren Posten man aus dem Nechnungsbuche des Bürgers Christoph Löffelholz noch ersieht, werden alle Kinder, die mit in die Christmette gehn können, mit einem Wachsstocke bedacht, nur die beiden jüngsten erhalten keinen. Die Wachsstöcke spielten also ganz die Rolle der Stocklnternen, mit denen die Kinder am Sedantage oder in Leipzig am Tauchaer Jahrmarkt, wenn die Abende wieder lang werden, durch die Straßen ziehn; und man braucht nnr daran zu denken, was die Kinder für Freude an ihren bunten Laternen haben, wenn man die Wertschätzung des alten Wachsstocks begreifen will. Wie mag es einst in langen Winternächten Angegangen sein, als die Menschen noch keine Lampen hatten? Denn die Öllampe ist viel jünger als die .Kerze. In >viutsr's töäious rü^nes, Kik, dz^ rbö llrö vvitb Aponi viel tolles! sagt König Richard der Zweite zu seiner Gemahlin; nun, wenn du nur Feuer hast, Königin. Wo ein Jener brennt, da ist es auch hell; im Schlosse des Odysseus auf der Insel Ithaka brannten ebenfalls nur Feuertöpfe auf Ständern, wie unsre Sänlenlampen. Sie hießen Lampteren, und auf ihnen wurde nur Holz gebrannt, das Zimmer zu erleuchten; die Mägde gingen ab und zu und legten um. Das Feuer ist ja vom Lichte gar nicht zu trennen; abgesehen von der elektrischen Beleuchtung wird das künstliche Licht immer durch einen Verbrennungsprozeß erzeugt. Verbrennung kann ohne Licht stattfinden, man spricht dann von einer langsamen Verbrennung, auf der uuter anderm der Stoffwechsel beruht; aber selbst die langsame Verbrennung führt mitunter zu einer Art von Leuchten, wie beim Phosphor und beim Phosphores¬ zieren gewisser Tiere. Licht dagegen entsteht niemals ohne Verbrennung, anch das Sonnenlicht nicht, obwohl man allerdings nicht begreift, daß der Sonnenkörper uoch nicht verbrannt ist. Deshalb haben die Engländer für Licht machen und Feuer macheu dasselbe Wort to liAbt; eine Kerze, eine Zigarre, ein Kamin wird in Eng¬ land ebenso erleuchtet wie ein Zimmer oder eine Straße. Demnach ist auch das älteste Licht, das man brauchte, sich oder andern zu leuchten, ein einfacher, vom Herde wcggenommner Feuerbrand gewesen, d. h. eine Fackel; denn jeder brennende Kienspan verrichtet die Dienste einer solche». Um eine recht starke Flamme zu er¬ zeugen, hat man allmählich mehrere Späne zusammengebunden und zum Schutze der Hand einen Fackclschuh wie einen Leuchter daran befestigt; aber immer ist es eine Holzfackel geblieben, die sich in nichts von einem brennenden Scheite unter¬ schied/ Bald wird mau gemerkt haben, daß das Harz die Leuchtkraft des Holzes

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/241>, abgerufen am 25.08.2024.