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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Biographen gefunden zu haben, der sich die Aufgabe gestellt hat, die weitesten
Kreise von ihrer künstlerischen Bedeutung zu überzeugen: "Miß Corelli, so berichtet
er, empfängt Briefe aus den verschiedensten Volksschichten, indische Fürsten schreiben
an sie in Ausdrücken der Ehrfurcht, als wäre sie eine Frau, die von der Wahrheit
des Göttlichen inspiriert sei," Die Photographie eines Blattes aus ihrem Roman
Ins mmäor ol' velieiu,, das zerschossen und blutbefleckt auf einem Schlachtfelde
Transvaals gefunden wurde, schmückt die Biographie,

Ein sonderbarer Gegensatz zu diesen dithyrambische" Lobeserhebungen ist der
literarische Wert von Marie Corellis Romanen, besonders des neuesten: Lewxoral
?voor (Tauchnitz Edition), Während ihr früheres Werk ?Iuz Raster-Cnristiim eine
trotz vielfacher Übertreibungen ganz anziehende Lektüre ist, macht sich in diesem
Buche eine wenig erquickliche Breite bemerkbar; die gegen alle erdenkliche Ver-
rottuug in Kirche, Regierung und Presse geschleuderten Tiraden, in denen sich Miß
Corelli gefällt, sind ermüdend. Sie hat das alles schon recht oft gesagt, und die
politischen Auseinandersetzungen, die ihre Nomnnfiguren in schrankenlose Begeisterung
versetzen, würden in der rauhen Wirklichkeit wesentlich andre Folgen gehabt haben.
Zum Beispiel wäre die schöne Rede über "die Korruption des Staates" wahr¬
scheinlich zu einem vorzeitigen und unrühmlichen Ende gekommen, denn Miß Corellis
rhetorischen Ergüssen über ein solches Thema kann eben nur ein Romanauditorium
standhalten.

Der Inhalt des Romans ist ein Durcheinander von verschiednen Konflikte",
die sich um die Haupthandlung gruppieren. Der Held ist der König eines kleinen
südeuropäischen Staates, der es uach dreijähriger Regierung müde ist, eine Glieder¬
puppe in den Händen seines gewissenlosen Ministeriums zu sein. Er beschließt, die
Lage seiner Untertanen mit eignen Angen zu prüfen, und begibt sich verkleidet, ein
moderner Harun al Nnschid, in die entlegnen, nnr von den ärmsten Klassen be¬
wohnten Straßen seiner Hauptstadt. Bei dieser Gelegenheit lernt er den Führer
der anarchistischen Partei, Sergius Thord, kennen, der ihn zu einer Versammlung
seiner Gesinnungsgenossen führt, über die eine Frau von rätselhafter Herkunft mit
Namen Loths präsidiert. Uuter dem Namen Pnsquiu Leroy gelobt der König
den Umsturzmännern Brudertreue, und so arbeitet er während der nächsten Monate
unaufhörlich an der Verwirklichung der Reformpläne dieser Partei. Am sogenannten
"Schicksalstag," wo die den geplanten Reformen entgegenstehenden Männer als
Volksfeinde zum Tode verurteilt und die Vollstrecker dieses Spruchs durch das Los
bestimmt werden, zieht der König sein eignes Todeslos, und nun gibt er sich den
Parteigenossen zu erkennen. Endloser Jubel bricht los, der König zieht an der
Spitze der Revvlntionspartei ins Parlament, und vor seiner überwältigenden Per¬
sönlichkeit ergreifen sämtliche unlauter" Elemente im Staate die Flucht. Eine neue
bessere Zeit scheint für das bedrängte Volk hereinzubrechen -- da stirbt Loths, die
den König zu all diesen kühnen Taten begeistert hat, durch einen Pistolenschuß des
eifersüchtigen Sergius Thord. Mit ihrem Tode hat das Leben für den König
jeden Wert verloren. Und da nach ihrem letzten Wunsch ihr Leichnam auf blumen¬
geschmückter Gondel in den Ozean hinaustreibt, fährt er ihr bei einbrechender Nacht
unerkannt nach und versinkt im Sturm, vereint mit der Geliebten.

Marie Corelli bekämpft in ^'omxoiÄl ?over, abweichend von ihrem vorher¬
gehenden, gegen den Katholizismus gerichteten Roman, die Monarchie, und zwar die
konstitutionelle Verfassung. Gelegentlich greift sie mich ans ihr früheres Thema,
für das sie eine besondre Vorliebe zu haben scheint, zurück, und der Erzschurke des
Romans trägt richtig wieder eine Jesuitenkntte. Im übrigen besteht ihre Art von
Charakterschilderung darin, daß sie ihren Helden eine möglichst abenteuerliche Ver¬
gangenheit andichtet, die vor der Einführung der betreffenden^ Persönlichkeit ge¬
wissenhaft erzählt wird. Die Frauen siud alle wunderschön oder wenigstens un-
widerstehlich interessant, und ein berühmter deutscher Arzt verrät seine Nationalität
durch gelegentliche Ausrufe: "Ach so!" und "Gott im Himmel!" Trotzdem enthält


Biographen gefunden zu haben, der sich die Aufgabe gestellt hat, die weitesten
Kreise von ihrer künstlerischen Bedeutung zu überzeugen: „Miß Corelli, so berichtet
er, empfängt Briefe aus den verschiedensten Volksschichten, indische Fürsten schreiben
an sie in Ausdrücken der Ehrfurcht, als wäre sie eine Frau, die von der Wahrheit
des Göttlichen inspiriert sei," Die Photographie eines Blattes aus ihrem Roman
Ins mmäor ol' velieiu,, das zerschossen und blutbefleckt auf einem Schlachtfelde
Transvaals gefunden wurde, schmückt die Biographie,

Ein sonderbarer Gegensatz zu diesen dithyrambische» Lobeserhebungen ist der
literarische Wert von Marie Corellis Romanen, besonders des neuesten: Lewxoral
?voor (Tauchnitz Edition), Während ihr früheres Werk ?Iuz Raster-Cnristiim eine
trotz vielfacher Übertreibungen ganz anziehende Lektüre ist, macht sich in diesem
Buche eine wenig erquickliche Breite bemerkbar; die gegen alle erdenkliche Ver-
rottuug in Kirche, Regierung und Presse geschleuderten Tiraden, in denen sich Miß
Corelli gefällt, sind ermüdend. Sie hat das alles schon recht oft gesagt, und die
politischen Auseinandersetzungen, die ihre Nomnnfiguren in schrankenlose Begeisterung
versetzen, würden in der rauhen Wirklichkeit wesentlich andre Folgen gehabt haben.
Zum Beispiel wäre die schöne Rede über „die Korruption des Staates" wahr¬
scheinlich zu einem vorzeitigen und unrühmlichen Ende gekommen, denn Miß Corellis
rhetorischen Ergüssen über ein solches Thema kann eben nur ein Romanauditorium
standhalten.

Der Inhalt des Romans ist ein Durcheinander von verschiednen Konflikte«,
die sich um die Haupthandlung gruppieren. Der Held ist der König eines kleinen
südeuropäischen Staates, der es uach dreijähriger Regierung müde ist, eine Glieder¬
puppe in den Händen seines gewissenlosen Ministeriums zu sein. Er beschließt, die
Lage seiner Untertanen mit eignen Angen zu prüfen, und begibt sich verkleidet, ein
moderner Harun al Nnschid, in die entlegnen, nnr von den ärmsten Klassen be¬
wohnten Straßen seiner Hauptstadt. Bei dieser Gelegenheit lernt er den Führer
der anarchistischen Partei, Sergius Thord, kennen, der ihn zu einer Versammlung
seiner Gesinnungsgenossen führt, über die eine Frau von rätselhafter Herkunft mit
Namen Loths präsidiert. Uuter dem Namen Pnsquiu Leroy gelobt der König
den Umsturzmännern Brudertreue, und so arbeitet er während der nächsten Monate
unaufhörlich an der Verwirklichung der Reformpläne dieser Partei. Am sogenannten
„Schicksalstag," wo die den geplanten Reformen entgegenstehenden Männer als
Volksfeinde zum Tode verurteilt und die Vollstrecker dieses Spruchs durch das Los
bestimmt werden, zieht der König sein eignes Todeslos, und nun gibt er sich den
Parteigenossen zu erkennen. Endloser Jubel bricht los, der König zieht an der
Spitze der Revvlntionspartei ins Parlament, und vor seiner überwältigenden Per¬
sönlichkeit ergreifen sämtliche unlauter» Elemente im Staate die Flucht. Eine neue
bessere Zeit scheint für das bedrängte Volk hereinzubrechen — da stirbt Loths, die
den König zu all diesen kühnen Taten begeistert hat, durch einen Pistolenschuß des
eifersüchtigen Sergius Thord. Mit ihrem Tode hat das Leben für den König
jeden Wert verloren. Und da nach ihrem letzten Wunsch ihr Leichnam auf blumen¬
geschmückter Gondel in den Ozean hinaustreibt, fährt er ihr bei einbrechender Nacht
unerkannt nach und versinkt im Sturm, vereint mit der Geliebten.

Marie Corelli bekämpft in ^'omxoiÄl ?over, abweichend von ihrem vorher¬
gehenden, gegen den Katholizismus gerichteten Roman, die Monarchie, und zwar die
konstitutionelle Verfassung. Gelegentlich greift sie mich ans ihr früheres Thema,
für das sie eine besondre Vorliebe zu haben scheint, zurück, und der Erzschurke des
Romans trägt richtig wieder eine Jesuitenkntte. Im übrigen besteht ihre Art von
Charakterschilderung darin, daß sie ihren Helden eine möglichst abenteuerliche Ver¬
gangenheit andichtet, die vor der Einführung der betreffenden^ Persönlichkeit ge¬
wissenhaft erzählt wird. Die Frauen siud alle wunderschön oder wenigstens un-
widerstehlich interessant, und ein berühmter deutscher Arzt verrät seine Nationalität
durch gelegentliche Ausrufe: „Ach so!" und „Gott im Himmel!" Trotzdem enthält


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[0815] Biographen gefunden zu haben, der sich die Aufgabe gestellt hat, die weitesten Kreise von ihrer künstlerischen Bedeutung zu überzeugen: „Miß Corelli, so berichtet er, empfängt Briefe aus den verschiedensten Volksschichten, indische Fürsten schreiben an sie in Ausdrücken der Ehrfurcht, als wäre sie eine Frau, die von der Wahrheit des Göttlichen inspiriert sei," Die Photographie eines Blattes aus ihrem Roman Ins mmäor ol' velieiu,, das zerschossen und blutbefleckt auf einem Schlachtfelde Transvaals gefunden wurde, schmückt die Biographie, Ein sonderbarer Gegensatz zu diesen dithyrambische» Lobeserhebungen ist der literarische Wert von Marie Corellis Romanen, besonders des neuesten: Lewxoral ?voor (Tauchnitz Edition), Während ihr früheres Werk ?Iuz Raster-Cnristiim eine trotz vielfacher Übertreibungen ganz anziehende Lektüre ist, macht sich in diesem Buche eine wenig erquickliche Breite bemerkbar; die gegen alle erdenkliche Ver- rottuug in Kirche, Regierung und Presse geschleuderten Tiraden, in denen sich Miß Corelli gefällt, sind ermüdend. Sie hat das alles schon recht oft gesagt, und die politischen Auseinandersetzungen, die ihre Nomnnfiguren in schrankenlose Begeisterung versetzen, würden in der rauhen Wirklichkeit wesentlich andre Folgen gehabt haben. Zum Beispiel wäre die schöne Rede über „die Korruption des Staates" wahr¬ scheinlich zu einem vorzeitigen und unrühmlichen Ende gekommen, denn Miß Corellis rhetorischen Ergüssen über ein solches Thema kann eben nur ein Romanauditorium standhalten. Der Inhalt des Romans ist ein Durcheinander von verschiednen Konflikte«, die sich um die Haupthandlung gruppieren. Der Held ist der König eines kleinen südeuropäischen Staates, der es uach dreijähriger Regierung müde ist, eine Glieder¬ puppe in den Händen seines gewissenlosen Ministeriums zu sein. Er beschließt, die Lage seiner Untertanen mit eignen Angen zu prüfen, und begibt sich verkleidet, ein moderner Harun al Nnschid, in die entlegnen, nnr von den ärmsten Klassen be¬ wohnten Straßen seiner Hauptstadt. Bei dieser Gelegenheit lernt er den Führer der anarchistischen Partei, Sergius Thord, kennen, der ihn zu einer Versammlung seiner Gesinnungsgenossen führt, über die eine Frau von rätselhafter Herkunft mit Namen Loths präsidiert. Uuter dem Namen Pnsquiu Leroy gelobt der König den Umsturzmännern Brudertreue, und so arbeitet er während der nächsten Monate unaufhörlich an der Verwirklichung der Reformpläne dieser Partei. Am sogenannten „Schicksalstag," wo die den geplanten Reformen entgegenstehenden Männer als Volksfeinde zum Tode verurteilt und die Vollstrecker dieses Spruchs durch das Los bestimmt werden, zieht der König sein eignes Todeslos, und nun gibt er sich den Parteigenossen zu erkennen. Endloser Jubel bricht los, der König zieht an der Spitze der Revvlntionspartei ins Parlament, und vor seiner überwältigenden Per¬ sönlichkeit ergreifen sämtliche unlauter» Elemente im Staate die Flucht. Eine neue bessere Zeit scheint für das bedrängte Volk hereinzubrechen — da stirbt Loths, die den König zu all diesen kühnen Taten begeistert hat, durch einen Pistolenschuß des eifersüchtigen Sergius Thord. Mit ihrem Tode hat das Leben für den König jeden Wert verloren. Und da nach ihrem letzten Wunsch ihr Leichnam auf blumen¬ geschmückter Gondel in den Ozean hinaustreibt, fährt er ihr bei einbrechender Nacht unerkannt nach und versinkt im Sturm, vereint mit der Geliebten. Marie Corelli bekämpft in ^'omxoiÄl ?over, abweichend von ihrem vorher¬ gehenden, gegen den Katholizismus gerichteten Roman, die Monarchie, und zwar die konstitutionelle Verfassung. Gelegentlich greift sie mich ans ihr früheres Thema, für das sie eine besondre Vorliebe zu haben scheint, zurück, und der Erzschurke des Romans trägt richtig wieder eine Jesuitenkntte. Im übrigen besteht ihre Art von Charakterschilderung darin, daß sie ihren Helden eine möglichst abenteuerliche Ver¬ gangenheit andichtet, die vor der Einführung der betreffenden^ Persönlichkeit ge¬ wissenhaft erzählt wird. Die Frauen siud alle wunderschön oder wenigstens un- widerstehlich interessant, und ein berühmter deutscher Arzt verrät seine Nationalität durch gelegentliche Ausrufe: „Ach so!" und „Gott im Himmel!" Trotzdem enthält

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/815>, abgerufen am 01.09.2024.