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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Gin Sommerurlaub in Pommern

Schriftsteller tut, der Ehre im Leibe hat, so beeile ich mich dem Leser zu versichern,
daß ich dank genossener guter Schulung für die Jagdgenossenschaft ungefährlich war,
freilich auch, wie der Erfolg zeigte, für die Enten. Vorsicht bei Handhabung des
Gewehrs, damit eine imaginäre geradlinige Verlängerung seiner Seelenachse nirgend
anders nusträfe als in den Wolken, war mir schon frühzeitig zur Pflicht gemacht
worden, und mit den Schlichen und Finten der Wildenten war ich in der Großen-
hainer Gegend bekannt geworden. Was mir damals von einem Tierfreunde hätte
zur Last gelegt werden können war jedoch nicht über den vollendeten Versuch hinaus¬
gegangen: ich hätte alle die EntVögel, mit denen ich auf den F.........r
Teichen angebunden hatte, hier an der Peene froh und gesund wiederbegrüßen
können, und so ein Bewußtsein gibt einem, wenn man kein geborner Weidmann
ist, ein leichtes Lerchenherz. Teils "das Geschoß war auf des Waldes Tiere nur
gerichtet" paßte mir wie ein nach Maß gemachter Jouvinscher Handschuh, wenn ich
das Wort "gerichtet" unterstrich und dadurch den Barden zwang, den Ton darauf
zu legen.

Ich habe den Wasserstiefel nicht ohne Grund mit dem Elefantenrüssel ver¬
glichen: er streckt und faltet sich wie dieser, und da ich mich nicht in zwei Hälften
hatte zerlegen können, um mit je einer Hälfte in je einen der beiden Schlünde zu
kriechen, was offenbar das Zweckdienlichste gewesen wäre, so hätte ich wenigstens
irgend wo, möglichst hoch oben, zwei Knöpfe haben sollen, an denen ich die Strippen
der Rüsselhaut hätte festmachen können, um deren Kollaps vorzubeugen. Ohne diese
beiden Knöpfe rutschten die wasserdichten Hüllen, so oft ich sie auch wieder in die
Höhe zog, immer wieder hinunter, und es dauerte nicht lange, bis der ursprüng¬
lich aufgenommene Taschentücherballast durch reichliche Portionen schwappweise von
oben eingedrungnen Achterwassers ergänzt war. Lästiger wäre das ja ohne Zweifel
an einem kalten Herbsttage gewesen, aber außerordentlich ermüdend war es doch
auch so, denn so ein mit Wasser gefüllter vollkommen wasserdichter Stiefel -- von
den elenden Taschentüchern und Beinen gar nicht erst zu reden -- hatte ein ge¬
höriges Gewicht. Dabei kommandierte uns der Förster nach rechts und nach links
mit einer Lebhaftigkeit, die dem Führer einer Plänklerkette Ehre gemacht hätte,
und wir drangen unaufhaltsam immer tiefer ins Bett des Achterwasscrs ein, indes
die klugen Knechte in einem gewaltigen Boot durch das Schilf strichen, um das
Wild aufzuscheuchen, das wir dann bloß noch mit geübtem Rohr herunterzulangen
brauchten.

Ein so langes Rohr, wie meine Canardiere hatte, war mir in meiner be¬
schränkten Binnenlandpraxis noch nicht vorgekommen: kein Zweifel, sie mußte auf
Vaters oder Mutters Seite mit einer Wallbüchse verwandt sein, und wie es im
Mittelnlter Donnerbüchsen gegeben hatte, zu deren Manipulation zwei Mann nötig
gewesen waren, so hätte anch meine Schießwaffe eigentlich zwei Artilleristen, einen
zum Halten und zum Abfeuern, und den andern zum Zielen erheischt; auch bin ich
überzeugt, daß wenn der Mond mit derselben blitzartigen Schnelligkeit wie die Enten
über unsern Horizont gehuscht und dann ein für allemal verschwunden wäre wie
sie, so hätte noch kein Teleskop seiner habhaft werden können, und der Mann im
Mond wäre noch unentdeckt.

Aber ich hätte doch am Ende für einen oder zwei Braten gesorgt, wenn die
Enten, was sie mir recht gut zu Gefallen hätten tun können, gekommen wären,
als wir noch ein paar Zoll weniger tief im Wasser standen. Bet herrlichem Sonnen¬
schein blies eine kräftige Brise, und die sich wie ein stattlicher Binnensee gebärdende
Peene schlug nette kleine Wellen, deren jede einem, wenn man tief genug im Wasser
stand, den Magen in dem Augenblick, wo sie ihn traf, wie ein elektrischer Schlag
Miete. Wer die Empfindung kennt, wird mir bestätigen, daß sie zwar für den
Liebhaber nicht ohne Reiz ist, daß sie aber leicht die Ruhe der zielenden Hand
beeinträchtigen kann.

Viel Enten gab es gerade in jenem Jahre ohnehin nicht, und die wenigen,


Gin Sommerurlaub in Pommern

Schriftsteller tut, der Ehre im Leibe hat, so beeile ich mich dem Leser zu versichern,
daß ich dank genossener guter Schulung für die Jagdgenossenschaft ungefährlich war,
freilich auch, wie der Erfolg zeigte, für die Enten. Vorsicht bei Handhabung des
Gewehrs, damit eine imaginäre geradlinige Verlängerung seiner Seelenachse nirgend
anders nusträfe als in den Wolken, war mir schon frühzeitig zur Pflicht gemacht
worden, und mit den Schlichen und Finten der Wildenten war ich in der Großen-
hainer Gegend bekannt geworden. Was mir damals von einem Tierfreunde hätte
zur Last gelegt werden können war jedoch nicht über den vollendeten Versuch hinaus¬
gegangen: ich hätte alle die EntVögel, mit denen ich auf den F.........r
Teichen angebunden hatte, hier an der Peene froh und gesund wiederbegrüßen
können, und so ein Bewußtsein gibt einem, wenn man kein geborner Weidmann
ist, ein leichtes Lerchenherz. Teils „das Geschoß war auf des Waldes Tiere nur
gerichtet" paßte mir wie ein nach Maß gemachter Jouvinscher Handschuh, wenn ich
das Wort „gerichtet" unterstrich und dadurch den Barden zwang, den Ton darauf
zu legen.

Ich habe den Wasserstiefel nicht ohne Grund mit dem Elefantenrüssel ver¬
glichen: er streckt und faltet sich wie dieser, und da ich mich nicht in zwei Hälften
hatte zerlegen können, um mit je einer Hälfte in je einen der beiden Schlünde zu
kriechen, was offenbar das Zweckdienlichste gewesen wäre, so hätte ich wenigstens
irgend wo, möglichst hoch oben, zwei Knöpfe haben sollen, an denen ich die Strippen
der Rüsselhaut hätte festmachen können, um deren Kollaps vorzubeugen. Ohne diese
beiden Knöpfe rutschten die wasserdichten Hüllen, so oft ich sie auch wieder in die
Höhe zog, immer wieder hinunter, und es dauerte nicht lange, bis der ursprüng¬
lich aufgenommene Taschentücherballast durch reichliche Portionen schwappweise von
oben eingedrungnen Achterwassers ergänzt war. Lästiger wäre das ja ohne Zweifel
an einem kalten Herbsttage gewesen, aber außerordentlich ermüdend war es doch
auch so, denn so ein mit Wasser gefüllter vollkommen wasserdichter Stiefel — von
den elenden Taschentüchern und Beinen gar nicht erst zu reden — hatte ein ge¬
höriges Gewicht. Dabei kommandierte uns der Förster nach rechts und nach links
mit einer Lebhaftigkeit, die dem Führer einer Plänklerkette Ehre gemacht hätte,
und wir drangen unaufhaltsam immer tiefer ins Bett des Achterwasscrs ein, indes
die klugen Knechte in einem gewaltigen Boot durch das Schilf strichen, um das
Wild aufzuscheuchen, das wir dann bloß noch mit geübtem Rohr herunterzulangen
brauchten.

Ein so langes Rohr, wie meine Canardiere hatte, war mir in meiner be¬
schränkten Binnenlandpraxis noch nicht vorgekommen: kein Zweifel, sie mußte auf
Vaters oder Mutters Seite mit einer Wallbüchse verwandt sein, und wie es im
Mittelnlter Donnerbüchsen gegeben hatte, zu deren Manipulation zwei Mann nötig
gewesen waren, so hätte anch meine Schießwaffe eigentlich zwei Artilleristen, einen
zum Halten und zum Abfeuern, und den andern zum Zielen erheischt; auch bin ich
überzeugt, daß wenn der Mond mit derselben blitzartigen Schnelligkeit wie die Enten
über unsern Horizont gehuscht und dann ein für allemal verschwunden wäre wie
sie, so hätte noch kein Teleskop seiner habhaft werden können, und der Mann im
Mond wäre noch unentdeckt.

Aber ich hätte doch am Ende für einen oder zwei Braten gesorgt, wenn die
Enten, was sie mir recht gut zu Gefallen hätten tun können, gekommen wären,
als wir noch ein paar Zoll weniger tief im Wasser standen. Bet herrlichem Sonnen¬
schein blies eine kräftige Brise, und die sich wie ein stattlicher Binnensee gebärdende
Peene schlug nette kleine Wellen, deren jede einem, wenn man tief genug im Wasser
stand, den Magen in dem Augenblick, wo sie ihn traf, wie ein elektrischer Schlag
Miete. Wer die Empfindung kennt, wird mir bestätigen, daß sie zwar für den
Liebhaber nicht ohne Reiz ist, daß sie aber leicht die Ruhe der zielenden Hand
beeinträchtigen kann.

Viel Enten gab es gerade in jenem Jahre ohnehin nicht, und die wenigen,


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[0734] Gin Sommerurlaub in Pommern Schriftsteller tut, der Ehre im Leibe hat, so beeile ich mich dem Leser zu versichern, daß ich dank genossener guter Schulung für die Jagdgenossenschaft ungefährlich war, freilich auch, wie der Erfolg zeigte, für die Enten. Vorsicht bei Handhabung des Gewehrs, damit eine imaginäre geradlinige Verlängerung seiner Seelenachse nirgend anders nusträfe als in den Wolken, war mir schon frühzeitig zur Pflicht gemacht worden, und mit den Schlichen und Finten der Wildenten war ich in der Großen- hainer Gegend bekannt geworden. Was mir damals von einem Tierfreunde hätte zur Last gelegt werden können war jedoch nicht über den vollendeten Versuch hinaus¬ gegangen: ich hätte alle die EntVögel, mit denen ich auf den F.........r Teichen angebunden hatte, hier an der Peene froh und gesund wiederbegrüßen können, und so ein Bewußtsein gibt einem, wenn man kein geborner Weidmann ist, ein leichtes Lerchenherz. Teils „das Geschoß war auf des Waldes Tiere nur gerichtet" paßte mir wie ein nach Maß gemachter Jouvinscher Handschuh, wenn ich das Wort „gerichtet" unterstrich und dadurch den Barden zwang, den Ton darauf zu legen. Ich habe den Wasserstiefel nicht ohne Grund mit dem Elefantenrüssel ver¬ glichen: er streckt und faltet sich wie dieser, und da ich mich nicht in zwei Hälften hatte zerlegen können, um mit je einer Hälfte in je einen der beiden Schlünde zu kriechen, was offenbar das Zweckdienlichste gewesen wäre, so hätte ich wenigstens irgend wo, möglichst hoch oben, zwei Knöpfe haben sollen, an denen ich die Strippen der Rüsselhaut hätte festmachen können, um deren Kollaps vorzubeugen. Ohne diese beiden Knöpfe rutschten die wasserdichten Hüllen, so oft ich sie auch wieder in die Höhe zog, immer wieder hinunter, und es dauerte nicht lange, bis der ursprüng¬ lich aufgenommene Taschentücherballast durch reichliche Portionen schwappweise von oben eingedrungnen Achterwassers ergänzt war. Lästiger wäre das ja ohne Zweifel an einem kalten Herbsttage gewesen, aber außerordentlich ermüdend war es doch auch so, denn so ein mit Wasser gefüllter vollkommen wasserdichter Stiefel — von den elenden Taschentüchern und Beinen gar nicht erst zu reden — hatte ein ge¬ höriges Gewicht. Dabei kommandierte uns der Förster nach rechts und nach links mit einer Lebhaftigkeit, die dem Führer einer Plänklerkette Ehre gemacht hätte, und wir drangen unaufhaltsam immer tiefer ins Bett des Achterwasscrs ein, indes die klugen Knechte in einem gewaltigen Boot durch das Schilf strichen, um das Wild aufzuscheuchen, das wir dann bloß noch mit geübtem Rohr herunterzulangen brauchten. Ein so langes Rohr, wie meine Canardiere hatte, war mir in meiner be¬ schränkten Binnenlandpraxis noch nicht vorgekommen: kein Zweifel, sie mußte auf Vaters oder Mutters Seite mit einer Wallbüchse verwandt sein, und wie es im Mittelnlter Donnerbüchsen gegeben hatte, zu deren Manipulation zwei Mann nötig gewesen waren, so hätte anch meine Schießwaffe eigentlich zwei Artilleristen, einen zum Halten und zum Abfeuern, und den andern zum Zielen erheischt; auch bin ich überzeugt, daß wenn der Mond mit derselben blitzartigen Schnelligkeit wie die Enten über unsern Horizont gehuscht und dann ein für allemal verschwunden wäre wie sie, so hätte noch kein Teleskop seiner habhaft werden können, und der Mann im Mond wäre noch unentdeckt. Aber ich hätte doch am Ende für einen oder zwei Braten gesorgt, wenn die Enten, was sie mir recht gut zu Gefallen hätten tun können, gekommen wären, als wir noch ein paar Zoll weniger tief im Wasser standen. Bet herrlichem Sonnen¬ schein blies eine kräftige Brise, und die sich wie ein stattlicher Binnensee gebärdende Peene schlug nette kleine Wellen, deren jede einem, wenn man tief genug im Wasser stand, den Magen in dem Augenblick, wo sie ihn traf, wie ein elektrischer Schlag Miete. Wer die Empfindung kennt, wird mir bestätigen, daß sie zwar für den Liebhaber nicht ohne Reiz ist, daß sie aber leicht die Ruhe der zielenden Hand beeinträchtigen kann. Viel Enten gab es gerade in jenem Jahre ohnehin nicht, und die wenigen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/734>, abgerufen am 24.11.2024.