Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.Die Grenzen des amerikanischen Aufschwungs Parallel zu den politischen Erfolgen lief die Erschließung der neu¬ Der Bruderkrieg zwischen Nord und Süd, mörderisch wie er war, konnte Das Land füllte sich immer mehr um mit Menschenkraft. Städte schössen Durch die gewaltigen Aufgaben, die von einer mächtigen Natur dem In der organischen dem jeweiligen Augenblick angepaßten Entwicklung Die Grenzen des amerikanischen Aufschwungs Parallel zu den politischen Erfolgen lief die Erschließung der neu¬ Der Bruderkrieg zwischen Nord und Süd, mörderisch wie er war, konnte Das Land füllte sich immer mehr um mit Menschenkraft. Städte schössen Durch die gewaltigen Aufgaben, die von einer mächtigen Natur dem In der organischen dem jeweiligen Augenblick angepaßten Entwicklung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0725" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240281"/> <fw type="header" place="top"> Die Grenzen des amerikanischen Aufschwungs</fw><lb/> <p xml:id="ID_3861"> Parallel zu den politischen Erfolgen lief die Erschließung der neu¬<lb/> gewonnenen Ländereien durch den Ackerbau. Mit den aus aller Herren Ländern<lb/> in die aufstrebende Republik einströmenden Auswandrern war zum natürlichen<lb/> Reichtum der Neuen Welt erst der rechte Schatzgräber gekommen. Kohlen,<lb/> Erz, Holz, Steine, Salze, Öl und natürliches Gas hatten von Anfang an in<lb/> dein von Gott überreich bedachten Kontinent gelagert, aber der Wilde hatte<lb/> nur wenig mit ihnen anzufangen gewußt. Jetzt, wo eine große, intelligente,<lb/> vom Genius der kaukasischen Rasse geleitete Bevölkerung heranwuchs, die,<lb/> sich rasch vermehrend, selbst einen konsumfähigen innern Markt schuf, wurde<lb/> energisch an die Hebung und Verarbeitung auch dieser Schätze gegangen.<lb/> Gegründet auf die beiden mächtigen Grundpfeiler: Kohle und Eisen, schoß<lb/> eine gigantische Industrie empor. Untern ehmuugslust und Erfindungsgabe<lb/> der inzwischen durch die demokratische Verfassung zur großen Nation zu¬<lb/> sammengeschweißten Wandrer nach dem Westen warfen sich auf dieses neue<lb/> Gebiet mit derselben Kraft und Kühnheit, durch die sie vorher die Natur-<lb/> krüfte in Prärie, Gebirge, Urwald, Fluß und See ihren Zwecken dienstbar<lb/> gemacht hatten.</p><lb/> <p xml:id="ID_3862"> Der Bruderkrieg zwischen Nord und Süd, mörderisch wie er war, konnte<lb/> Arbeit, Erlverb und Verkehr nicht zum Stillstand bringen, feuerte nur zu ge¬<lb/> waltigerer Betätigung aller Kräfte an, befreite den in der Volksseele schlummern¬<lb/> den opferfreudigen Enthusiasmus, schuf mehr ideelle Güter, als er materielle<lb/> zerstörte, und verlegte, nachdem die Entscheidung gefallen war, das Schwer¬<lb/> gewicht nach dem zähem männlichen Norden.</p><lb/> <p xml:id="ID_3863"> Das Land füllte sich immer mehr um mit Menschenkraft. Städte schössen<lb/> auf, wo eben noch der rote Mann den Bison gejagt hatte, als Etappen öst¬<lb/> licher Kultur auf dem Wege nach dem Westen. Am Stillen Ozean, dessen<lb/> weltferne Gestade durch die Goldfuude Kaliforniens auf einmal das fieberhaft<lb/> ersehnte Ziel vieler Gewinnlustigen wurde, entstanden Städte und Staaten<lb/> von dem speziell westlichen Typus, der unter dem Anschein von Wildheit und<lb/> Roheit die edelste» Keime zukünftiger Zivilisation birgt. Das Zentrum der<lb/> Macht und Wohlfahrt aber blieb nach wie vor der Osten mit seinem Europa<lb/> zugewandten Gesicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_3864"> Durch die gewaltigen Aufgaben, die von einer mächtigen Natur dem<lb/> Menschengeist aufgedrängt wurden, angereizt, erstanden dem Volke große Er¬<lb/> finder; Männer, die Stoffe fanden, Kräfte entdeckten und latente Energien<lb/> aus Tageslicht zogen, durch die Technik und Verkehr befruchtet und ganz<lb/> Neue Industrien erschaffen wurden. Handwerkzeug und Maschinen, die dem<lb/> Menschen der Alten Welt jahrhundertelang genügt hatten, wurden von der<lb/> lungen ungeduldigen Nasse umgewandelt, neuen Zwecken praktisch angepaßt.<lb/> Die Dampfkraft, der elektrische Funke schienen erst in den ungeheuern Räumen<lb/> dieses Landes ihren wahren Sinn zu bekommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3865" next="#ID_3866"> In der organischen dem jeweiligen Augenblick angepaßten Entwicklung<lb/> der Industrien Amerikas liegt eine Ursache ihrer Kraft und Gesundheit. Erst<lb/> lieferte die Technik dem Hauptgewerbe des Volkes, der Landwirtschaft, die<lb/> nötigen Maschinen. Dann stellte die Ingenieurkunst mit Dampfschiff und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0725]
Die Grenzen des amerikanischen Aufschwungs
Parallel zu den politischen Erfolgen lief die Erschließung der neu¬
gewonnenen Ländereien durch den Ackerbau. Mit den aus aller Herren Ländern
in die aufstrebende Republik einströmenden Auswandrern war zum natürlichen
Reichtum der Neuen Welt erst der rechte Schatzgräber gekommen. Kohlen,
Erz, Holz, Steine, Salze, Öl und natürliches Gas hatten von Anfang an in
dein von Gott überreich bedachten Kontinent gelagert, aber der Wilde hatte
nur wenig mit ihnen anzufangen gewußt. Jetzt, wo eine große, intelligente,
vom Genius der kaukasischen Rasse geleitete Bevölkerung heranwuchs, die,
sich rasch vermehrend, selbst einen konsumfähigen innern Markt schuf, wurde
energisch an die Hebung und Verarbeitung auch dieser Schätze gegangen.
Gegründet auf die beiden mächtigen Grundpfeiler: Kohle und Eisen, schoß
eine gigantische Industrie empor. Untern ehmuugslust und Erfindungsgabe
der inzwischen durch die demokratische Verfassung zur großen Nation zu¬
sammengeschweißten Wandrer nach dem Westen warfen sich auf dieses neue
Gebiet mit derselben Kraft und Kühnheit, durch die sie vorher die Natur-
krüfte in Prärie, Gebirge, Urwald, Fluß und See ihren Zwecken dienstbar
gemacht hatten.
Der Bruderkrieg zwischen Nord und Süd, mörderisch wie er war, konnte
Arbeit, Erlverb und Verkehr nicht zum Stillstand bringen, feuerte nur zu ge¬
waltigerer Betätigung aller Kräfte an, befreite den in der Volksseele schlummern¬
den opferfreudigen Enthusiasmus, schuf mehr ideelle Güter, als er materielle
zerstörte, und verlegte, nachdem die Entscheidung gefallen war, das Schwer¬
gewicht nach dem zähem männlichen Norden.
Das Land füllte sich immer mehr um mit Menschenkraft. Städte schössen
auf, wo eben noch der rote Mann den Bison gejagt hatte, als Etappen öst¬
licher Kultur auf dem Wege nach dem Westen. Am Stillen Ozean, dessen
weltferne Gestade durch die Goldfuude Kaliforniens auf einmal das fieberhaft
ersehnte Ziel vieler Gewinnlustigen wurde, entstanden Städte und Staaten
von dem speziell westlichen Typus, der unter dem Anschein von Wildheit und
Roheit die edelste» Keime zukünftiger Zivilisation birgt. Das Zentrum der
Macht und Wohlfahrt aber blieb nach wie vor der Osten mit seinem Europa
zugewandten Gesicht.
Durch die gewaltigen Aufgaben, die von einer mächtigen Natur dem
Menschengeist aufgedrängt wurden, angereizt, erstanden dem Volke große Er¬
finder; Männer, die Stoffe fanden, Kräfte entdeckten und latente Energien
aus Tageslicht zogen, durch die Technik und Verkehr befruchtet und ganz
Neue Industrien erschaffen wurden. Handwerkzeug und Maschinen, die dem
Menschen der Alten Welt jahrhundertelang genügt hatten, wurden von der
lungen ungeduldigen Nasse umgewandelt, neuen Zwecken praktisch angepaßt.
Die Dampfkraft, der elektrische Funke schienen erst in den ungeheuern Räumen
dieses Landes ihren wahren Sinn zu bekommen.
In der organischen dem jeweiligen Augenblick angepaßten Entwicklung
der Industrien Amerikas liegt eine Ursache ihrer Kraft und Gesundheit. Erst
lieferte die Technik dem Hauptgewerbe des Volkes, der Landwirtschaft, die
nötigen Maschinen. Dann stellte die Ingenieurkunst mit Dampfschiff und
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