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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Die Deutschen in Rom

ausüben, der Patrizius den Kaiser unterstützen lind vertreten. Das Bvnifatius-
kloster auf dem Aventin mit seinen zahlreichen deutschen Mönchen wurde ein
neues Zentrum deutschen Wesens in Rom und ein Hauptausgangspunkt für
die nordische Heidenmission, von wo aus Adalbert vou Prag, Ottos schwär¬
merisch verehrter Jugendfreund, nach Preußen, Bruno von Querfurt nach
Rußland zog. Dicht neben diesem Kloster (jetzt SS. Alessiv und Bonifazio,
dem zweiten, wenn man von Santa Marin in Cosmedin die einsame Bin
Santa Sabina hinaufsteigt) baute er sich seine Kaiserpfalz, die einzige, die
sich ein deutscher Kaiser in Rom gebaut hat; hier richtete er sich seinen Hof
nach dem prunkvollen steifen Muster des byzantinischen ein, und nahe am
Aventin auf der Tiberinsel errichtete er seinem Freunde Adalbert, der 997
den Märtyrertod gefunden hatte, 10V1 eine Kirche um der Stelle des alten
Äskulaptempels. Vou dein damaligen Bau sind nur noch der Glockeuturm
und die vierzehn antiken Granitsäulen des Hauptschiffs übrig, dazu Reste des
Mosaikbodens und barbarische Reliefs an dem Brunnen für das heilige Wasser
vor dem Chor, deren eines den Kaiser selbst mit dem Modell der Kirche in
der Hand darstellt. Auch die erste Zeile einer Inschrift über der Haupttür
nennt ihn als Stifter; die zweite aus späterer Zeit eignet die Kirche nur noch
dem heiligen Bartholomäus zu, dein sie uur mit geweiht war, den Namen
Adalberts unterdrückt sie, und jetzt ist er längst vergessen. Es ist die einzige
Kirche, die jemals ein deutscher Kaiser in Rom gebaut hat.

Keiner hat mit Rom so fest zusammengehangen wie Otto der Dritte.
Wenn sich trotzdem die Römer gegen ihn empörten, so war das wohl nur
der Ausdruck einer Aufwallung, weil er das rebellische Tivoli ihrer kleinlichen
Rache entzogen hatte, aber es entsprang schwerlich dem Widerstreben gegen seine
ganze Politik, und wenn Deutschland mit dieser unzufrieden war, so hätte sich bei
einem jungen Herrn, der noch in der Entwicklung begriffen war und über¬
haupt nicht älter als 22 Jahre geworden ist, auch der Einsicht und Energie
keineswegs entbehrte, wenn er anch zunächst ein idealistischer Schwärmer war,
ein Ausgleich mit deu deutschen Meinungen und Bedürfnissen doch wohl finden
^sseu. Daß er sich der "sächsischen Roheit" schämte und sich mit einem
Hofe nach dem Muster des nicht nur prunkvollen und steifen, sondern auch
^eingebildeten und geistig angeregten byzantinischen umgab, war doch schwerlich
etwas andres, als wenn sich gebildete Deutsche in der Zeit nach dem Dreißig¬
jährigen Kriege aus der Barbarei der heimischen Sitten in die feine französische
Hofsitte flüchteten. Ein Deutscher ist Otto der Dritte doch trotz alledem ge¬
blieben; er hat sich ja auch nicht in Rom, sondern in Aachen neben Karl dem
Großen beisetzen lassen.

Jedenfalls lag seine Politik in der Richtung der Gedanken seines
Großvaters Ottos des Ersten, denn die möglichst enge Verbindung zwischen
Reich und Kirche, Kaisertum und Papsttum war ja eben ihr Grundzug, und
sie ist auch von seinen Nachfolgern immer festgehalten worden. Heinrich der
Dritte hat 1046 wieder einen Deutschen, Suidger von Bamberg, als Clemens
den Zweiten zum Papst erhoben und dies dann noch dreimal wiederholt, ja
den letzten dieser Päpste, Viktor den Zweiten, zu seinem eignen Statthalter


Die Deutschen in Rom

ausüben, der Patrizius den Kaiser unterstützen lind vertreten. Das Bvnifatius-
kloster auf dem Aventin mit seinen zahlreichen deutschen Mönchen wurde ein
neues Zentrum deutschen Wesens in Rom und ein Hauptausgangspunkt für
die nordische Heidenmission, von wo aus Adalbert vou Prag, Ottos schwär¬
merisch verehrter Jugendfreund, nach Preußen, Bruno von Querfurt nach
Rußland zog. Dicht neben diesem Kloster (jetzt SS. Alessiv und Bonifazio,
dem zweiten, wenn man von Santa Marin in Cosmedin die einsame Bin
Santa Sabina hinaufsteigt) baute er sich seine Kaiserpfalz, die einzige, die
sich ein deutscher Kaiser in Rom gebaut hat; hier richtete er sich seinen Hof
nach dem prunkvollen steifen Muster des byzantinischen ein, und nahe am
Aventin auf der Tiberinsel errichtete er seinem Freunde Adalbert, der 997
den Märtyrertod gefunden hatte, 10V1 eine Kirche um der Stelle des alten
Äskulaptempels. Vou dein damaligen Bau sind nur noch der Glockeuturm
und die vierzehn antiken Granitsäulen des Hauptschiffs übrig, dazu Reste des
Mosaikbodens und barbarische Reliefs an dem Brunnen für das heilige Wasser
vor dem Chor, deren eines den Kaiser selbst mit dem Modell der Kirche in
der Hand darstellt. Auch die erste Zeile einer Inschrift über der Haupttür
nennt ihn als Stifter; die zweite aus späterer Zeit eignet die Kirche nur noch
dem heiligen Bartholomäus zu, dein sie uur mit geweiht war, den Namen
Adalberts unterdrückt sie, und jetzt ist er längst vergessen. Es ist die einzige
Kirche, die jemals ein deutscher Kaiser in Rom gebaut hat.

Keiner hat mit Rom so fest zusammengehangen wie Otto der Dritte.
Wenn sich trotzdem die Römer gegen ihn empörten, so war das wohl nur
der Ausdruck einer Aufwallung, weil er das rebellische Tivoli ihrer kleinlichen
Rache entzogen hatte, aber es entsprang schwerlich dem Widerstreben gegen seine
ganze Politik, und wenn Deutschland mit dieser unzufrieden war, so hätte sich bei
einem jungen Herrn, der noch in der Entwicklung begriffen war und über¬
haupt nicht älter als 22 Jahre geworden ist, auch der Einsicht und Energie
keineswegs entbehrte, wenn er anch zunächst ein idealistischer Schwärmer war,
ein Ausgleich mit deu deutschen Meinungen und Bedürfnissen doch wohl finden
^sseu. Daß er sich der „sächsischen Roheit" schämte und sich mit einem
Hofe nach dem Muster des nicht nur prunkvollen und steifen, sondern auch
^eingebildeten und geistig angeregten byzantinischen umgab, war doch schwerlich
etwas andres, als wenn sich gebildete Deutsche in der Zeit nach dem Dreißig¬
jährigen Kriege aus der Barbarei der heimischen Sitten in die feine französische
Hofsitte flüchteten. Ein Deutscher ist Otto der Dritte doch trotz alledem ge¬
blieben; er hat sich ja auch nicht in Rom, sondern in Aachen neben Karl dem
Großen beisetzen lassen.

Jedenfalls lag seine Politik in der Richtung der Gedanken seines
Großvaters Ottos des Ersten, denn die möglichst enge Verbindung zwischen
Reich und Kirche, Kaisertum und Papsttum war ja eben ihr Grundzug, und
sie ist auch von seinen Nachfolgern immer festgehalten worden. Heinrich der
Dritte hat 1046 wieder einen Deutschen, Suidger von Bamberg, als Clemens
den Zweiten zum Papst erhoben und dies dann noch dreimal wiederholt, ja
den letzten dieser Päpste, Viktor den Zweiten, zu seinem eignen Statthalter


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[0701] Die Deutschen in Rom ausüben, der Patrizius den Kaiser unterstützen lind vertreten. Das Bvnifatius- kloster auf dem Aventin mit seinen zahlreichen deutschen Mönchen wurde ein neues Zentrum deutschen Wesens in Rom und ein Hauptausgangspunkt für die nordische Heidenmission, von wo aus Adalbert vou Prag, Ottos schwär¬ merisch verehrter Jugendfreund, nach Preußen, Bruno von Querfurt nach Rußland zog. Dicht neben diesem Kloster (jetzt SS. Alessiv und Bonifazio, dem zweiten, wenn man von Santa Marin in Cosmedin die einsame Bin Santa Sabina hinaufsteigt) baute er sich seine Kaiserpfalz, die einzige, die sich ein deutscher Kaiser in Rom gebaut hat; hier richtete er sich seinen Hof nach dem prunkvollen steifen Muster des byzantinischen ein, und nahe am Aventin auf der Tiberinsel errichtete er seinem Freunde Adalbert, der 997 den Märtyrertod gefunden hatte, 10V1 eine Kirche um der Stelle des alten Äskulaptempels. Vou dein damaligen Bau sind nur noch der Glockeuturm und die vierzehn antiken Granitsäulen des Hauptschiffs übrig, dazu Reste des Mosaikbodens und barbarische Reliefs an dem Brunnen für das heilige Wasser vor dem Chor, deren eines den Kaiser selbst mit dem Modell der Kirche in der Hand darstellt. Auch die erste Zeile einer Inschrift über der Haupttür nennt ihn als Stifter; die zweite aus späterer Zeit eignet die Kirche nur noch dem heiligen Bartholomäus zu, dein sie uur mit geweiht war, den Namen Adalberts unterdrückt sie, und jetzt ist er längst vergessen. Es ist die einzige Kirche, die jemals ein deutscher Kaiser in Rom gebaut hat. Keiner hat mit Rom so fest zusammengehangen wie Otto der Dritte. Wenn sich trotzdem die Römer gegen ihn empörten, so war das wohl nur der Ausdruck einer Aufwallung, weil er das rebellische Tivoli ihrer kleinlichen Rache entzogen hatte, aber es entsprang schwerlich dem Widerstreben gegen seine ganze Politik, und wenn Deutschland mit dieser unzufrieden war, so hätte sich bei einem jungen Herrn, der noch in der Entwicklung begriffen war und über¬ haupt nicht älter als 22 Jahre geworden ist, auch der Einsicht und Energie keineswegs entbehrte, wenn er anch zunächst ein idealistischer Schwärmer war, ein Ausgleich mit deu deutschen Meinungen und Bedürfnissen doch wohl finden ^sseu. Daß er sich der „sächsischen Roheit" schämte und sich mit einem Hofe nach dem Muster des nicht nur prunkvollen und steifen, sondern auch ^eingebildeten und geistig angeregten byzantinischen umgab, war doch schwerlich etwas andres, als wenn sich gebildete Deutsche in der Zeit nach dem Dreißig¬ jährigen Kriege aus der Barbarei der heimischen Sitten in die feine französische Hofsitte flüchteten. Ein Deutscher ist Otto der Dritte doch trotz alledem ge¬ blieben; er hat sich ja auch nicht in Rom, sondern in Aachen neben Karl dem Großen beisetzen lassen. Jedenfalls lag seine Politik in der Richtung der Gedanken seines Großvaters Ottos des Ersten, denn die möglichst enge Verbindung zwischen Reich und Kirche, Kaisertum und Papsttum war ja eben ihr Grundzug, und sie ist auch von seinen Nachfolgern immer festgehalten worden. Heinrich der Dritte hat 1046 wieder einen Deutschen, Suidger von Bamberg, als Clemens den Zweiten zum Papst erhoben und dies dann noch dreimal wiederholt, ja den letzten dieser Päpste, Viktor den Zweiten, zu seinem eignen Statthalter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/701>, abgerufen am 24.11.2024.