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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Wissen Sie, versetzte der Aufseher nach kurzem Bedenken, ich habe jetzt wahr¬
scheinlich zwei oder drei Stunden nichts vor. Ich hoffe wenigstens, daß unterdes
nichts Unerwartetes geschieht. Gehn Sie darum, frühstücken Sie, und essen Sie
auch gleich zu Mittag. Gegen zwei Uhr erwarte ich Sie aber, denn dann will
ich ebenfalls essen. Grigori Ssemenytsch, benutzen Sie die Gelegenheit und gehn
Sie auch. Entlasse" Sie den Schreiber. Essen Sie alle heute früher, und stellen
Sie sich an, Nachmittage zeitiger ein. Man kann nie wissen, was der Abend bringt,
und jetzt bin ich gerade hier.

So, Alexander Andrejewitsch, sagte er gemütlich, nahm den Säbel ab und
hängte ihn an die Lehne seines Sessels. Darauf setzte er sich bequem, holte seine
Papirosdose ans der Tasche, bot mir zu rauchen um und blies selbst den aromatischen
Rauch mit Genuß durch die Nase.

So, Alexander Andrejewitsch, nun will ich Sie in kurzen Worten mit Ihrer
Stellung bekannt macheu. In dieser unruhigen Zeit kommen wir vielleicht nicht
so bald wieder dazu, uns ruhig auszusprechen. Wie Sie schon wissen, brennt es
jetzt bei uns beständig, und wir geben uns alle Mühe, dem Feuer vorzubeugen,
Panik und Unruhe zu verhüten und entstandnes Feuer zu löschen. In meinem
Stadtteile hat es, einige wenige Fälle ausgenommen, noch gar nicht gebrannt. Mein
Stadtteil ist überhaupt der solideste und ruhigste von allen dreien, und ich habe
es mir zur Aufgabe gemacht, dafür zu sorgen, daß er der solideste und ruhigste
bleibt. Darum habe ich dem Polizeimeister in den Ohren gelegen, bis er es bei
dem Chef der Provinz durchgesetzt hat, mir noch einen Gehilfen, nämlich Sie, zuzu-
kommandieren. Nach offizieller Rechnung habe ich jetzt vier Gehilfen, nach meiner
eignen aber nur einen, nämlich Sie, und es sollte mich freuen, wenn Sie meine
Erwartungen nicht täuschten. Der eine meiner Gehilfen ist ein Säufer. Ihm kann
ich den Stadtteil nicht anvertrauen, denu er bleibt, sobald er sich unbeobachtet glaubt,
in der ersten besten Schenke sitzen oder gar liegen. Der zweite verspielt seinen
Gehalt in den ersten drei oder vier Tagen des Monats und hat die ganze übrige
Zeit nichts als Schlemm und Honneurs im Kopfe. Der ist noch unzuverlässiger.
Der dritte, deu Sie schon kennen gelernt haben, ist faul bis zur Unglaublichkeit
und dabei immer hinter den Schürzen her. Er ist der unbrauchbarste von allen.
Die beiden ersten taugen wenigstens, wenn es gilt, mit der Feuerwehr aus zu sein.
Da dampft und spritzt der eine seinen Rausch aus, und der andre wird auch aus
seinen Kartenphantasien geweckt. Aber mit Guido ist selbst da nichts aufzustellen.
Er ist imstande, sich wegzuschleicheu und hinter dem nächsten Zaune zu schlafen oder
mit einem Dienstmädchen zu Schäkern. Darum lasse ich ihn immer im Stadtteil¬
hanse dejvnrieren. So mag die Sache auch ferner bleiben. Auf Sie habe ich meine
ganze Hoffnung gesetzt. Sie sollen den Stadtteil in die Hand nehmen, die Posten
revidieren, die Reinlichkeit und Ordnung handhaben, die Schutzleute in Zurn halten
und instruieren. Den Nachtdienst, das Beaufsichtiger der Nachtwächter und so weiter
wollen wir ehrlich teilen und uns gegenseitig die Möglichkeit gewähren, wenigstens
dann und wann ruhig zu schlafen. Wollen Sie?

Er hielt mir die Hand hin.

Ich sprang auf und schlug kräftig ein. Der Manu hatte mein ganzes Herz
gewonnen. Solches Zusammenwirken mit dem nächsten Vorgesetzten hatte mir von
jeher als Ideal vorgeschwebt, seit ich im Dienste war. Ich sagte ihm, daß ich mir
alle Mühe geben würde, die gute Voraussetzung, die er sich von mir gemacht habe,
zu befestigen und zu rechtfertige". Er winkte abwehrend mit der Hand.

Ich habe schon von Ihnen gehört, Alexander Andrejewitsch, sagte er einfach.
Der Gehilfe Ihres frühern Chefs -- ich bin flüchtig bekannt mit ihm -- hat sich
im Gespräch über Ihren Diensteifer beklagt, der ihm das Leben sauer gemacht
habe. Darauf hin drang ich in den Polizeimeister, daß man gerade Sie hierher
abkommandiere. Diensteifer ist eben das, was ich brauche. Ich bekomme nun etwas
freiere Hand und kann mich mehr mit der Feuerfrage befassen. In mehreren


Fmwr!

Wissen Sie, versetzte der Aufseher nach kurzem Bedenken, ich habe jetzt wahr¬
scheinlich zwei oder drei Stunden nichts vor. Ich hoffe wenigstens, daß unterdes
nichts Unerwartetes geschieht. Gehn Sie darum, frühstücken Sie, und essen Sie
auch gleich zu Mittag. Gegen zwei Uhr erwarte ich Sie aber, denn dann will
ich ebenfalls essen. Grigori Ssemenytsch, benutzen Sie die Gelegenheit und gehn
Sie auch. Entlasse» Sie den Schreiber. Essen Sie alle heute früher, und stellen
Sie sich an, Nachmittage zeitiger ein. Man kann nie wissen, was der Abend bringt,
und jetzt bin ich gerade hier.

So, Alexander Andrejewitsch, sagte er gemütlich, nahm den Säbel ab und
hängte ihn an die Lehne seines Sessels. Darauf setzte er sich bequem, holte seine
Papirosdose ans der Tasche, bot mir zu rauchen um und blies selbst den aromatischen
Rauch mit Genuß durch die Nase.

So, Alexander Andrejewitsch, nun will ich Sie in kurzen Worten mit Ihrer
Stellung bekannt macheu. In dieser unruhigen Zeit kommen wir vielleicht nicht
so bald wieder dazu, uns ruhig auszusprechen. Wie Sie schon wissen, brennt es
jetzt bei uns beständig, und wir geben uns alle Mühe, dem Feuer vorzubeugen,
Panik und Unruhe zu verhüten und entstandnes Feuer zu löschen. In meinem
Stadtteile hat es, einige wenige Fälle ausgenommen, noch gar nicht gebrannt. Mein
Stadtteil ist überhaupt der solideste und ruhigste von allen dreien, und ich habe
es mir zur Aufgabe gemacht, dafür zu sorgen, daß er der solideste und ruhigste
bleibt. Darum habe ich dem Polizeimeister in den Ohren gelegen, bis er es bei
dem Chef der Provinz durchgesetzt hat, mir noch einen Gehilfen, nämlich Sie, zuzu-
kommandieren. Nach offizieller Rechnung habe ich jetzt vier Gehilfen, nach meiner
eignen aber nur einen, nämlich Sie, und es sollte mich freuen, wenn Sie meine
Erwartungen nicht täuschten. Der eine meiner Gehilfen ist ein Säufer. Ihm kann
ich den Stadtteil nicht anvertrauen, denu er bleibt, sobald er sich unbeobachtet glaubt,
in der ersten besten Schenke sitzen oder gar liegen. Der zweite verspielt seinen
Gehalt in den ersten drei oder vier Tagen des Monats und hat die ganze übrige
Zeit nichts als Schlemm und Honneurs im Kopfe. Der ist noch unzuverlässiger.
Der dritte, deu Sie schon kennen gelernt haben, ist faul bis zur Unglaublichkeit
und dabei immer hinter den Schürzen her. Er ist der unbrauchbarste von allen.
Die beiden ersten taugen wenigstens, wenn es gilt, mit der Feuerwehr aus zu sein.
Da dampft und spritzt der eine seinen Rausch aus, und der andre wird auch aus
seinen Kartenphantasien geweckt. Aber mit Guido ist selbst da nichts aufzustellen.
Er ist imstande, sich wegzuschleicheu und hinter dem nächsten Zaune zu schlafen oder
mit einem Dienstmädchen zu Schäkern. Darum lasse ich ihn immer im Stadtteil¬
hanse dejvnrieren. So mag die Sache auch ferner bleiben. Auf Sie habe ich meine
ganze Hoffnung gesetzt. Sie sollen den Stadtteil in die Hand nehmen, die Posten
revidieren, die Reinlichkeit und Ordnung handhaben, die Schutzleute in Zurn halten
und instruieren. Den Nachtdienst, das Beaufsichtiger der Nachtwächter und so weiter
wollen wir ehrlich teilen und uns gegenseitig die Möglichkeit gewähren, wenigstens
dann und wann ruhig zu schlafen. Wollen Sie?

Er hielt mir die Hand hin.

Ich sprang auf und schlug kräftig ein. Der Manu hatte mein ganzes Herz
gewonnen. Solches Zusammenwirken mit dem nächsten Vorgesetzten hatte mir von
jeher als Ideal vorgeschwebt, seit ich im Dienste war. Ich sagte ihm, daß ich mir
alle Mühe geben würde, die gute Voraussetzung, die er sich von mir gemacht habe,
zu befestigen und zu rechtfertige». Er winkte abwehrend mit der Hand.

Ich habe schon von Ihnen gehört, Alexander Andrejewitsch, sagte er einfach.
Der Gehilfe Ihres frühern Chefs — ich bin flüchtig bekannt mit ihm — hat sich
im Gespräch über Ihren Diensteifer beklagt, der ihm das Leben sauer gemacht
habe. Darauf hin drang ich in den Polizeimeister, daß man gerade Sie hierher
abkommandiere. Diensteifer ist eben das, was ich brauche. Ich bekomme nun etwas
freiere Hand und kann mich mehr mit der Feuerfrage befassen. In mehreren


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[0064] Fmwr! Wissen Sie, versetzte der Aufseher nach kurzem Bedenken, ich habe jetzt wahr¬ scheinlich zwei oder drei Stunden nichts vor. Ich hoffe wenigstens, daß unterdes nichts Unerwartetes geschieht. Gehn Sie darum, frühstücken Sie, und essen Sie auch gleich zu Mittag. Gegen zwei Uhr erwarte ich Sie aber, denn dann will ich ebenfalls essen. Grigori Ssemenytsch, benutzen Sie die Gelegenheit und gehn Sie auch. Entlasse» Sie den Schreiber. Essen Sie alle heute früher, und stellen Sie sich an, Nachmittage zeitiger ein. Man kann nie wissen, was der Abend bringt, und jetzt bin ich gerade hier. So, Alexander Andrejewitsch, sagte er gemütlich, nahm den Säbel ab und hängte ihn an die Lehne seines Sessels. Darauf setzte er sich bequem, holte seine Papirosdose ans der Tasche, bot mir zu rauchen um und blies selbst den aromatischen Rauch mit Genuß durch die Nase. So, Alexander Andrejewitsch, nun will ich Sie in kurzen Worten mit Ihrer Stellung bekannt macheu. In dieser unruhigen Zeit kommen wir vielleicht nicht so bald wieder dazu, uns ruhig auszusprechen. Wie Sie schon wissen, brennt es jetzt bei uns beständig, und wir geben uns alle Mühe, dem Feuer vorzubeugen, Panik und Unruhe zu verhüten und entstandnes Feuer zu löschen. In meinem Stadtteile hat es, einige wenige Fälle ausgenommen, noch gar nicht gebrannt. Mein Stadtteil ist überhaupt der solideste und ruhigste von allen dreien, und ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, dafür zu sorgen, daß er der solideste und ruhigste bleibt. Darum habe ich dem Polizeimeister in den Ohren gelegen, bis er es bei dem Chef der Provinz durchgesetzt hat, mir noch einen Gehilfen, nämlich Sie, zuzu- kommandieren. Nach offizieller Rechnung habe ich jetzt vier Gehilfen, nach meiner eignen aber nur einen, nämlich Sie, und es sollte mich freuen, wenn Sie meine Erwartungen nicht täuschten. Der eine meiner Gehilfen ist ein Säufer. Ihm kann ich den Stadtteil nicht anvertrauen, denu er bleibt, sobald er sich unbeobachtet glaubt, in der ersten besten Schenke sitzen oder gar liegen. Der zweite verspielt seinen Gehalt in den ersten drei oder vier Tagen des Monats und hat die ganze übrige Zeit nichts als Schlemm und Honneurs im Kopfe. Der ist noch unzuverlässiger. Der dritte, deu Sie schon kennen gelernt haben, ist faul bis zur Unglaublichkeit und dabei immer hinter den Schürzen her. Er ist der unbrauchbarste von allen. Die beiden ersten taugen wenigstens, wenn es gilt, mit der Feuerwehr aus zu sein. Da dampft und spritzt der eine seinen Rausch aus, und der andre wird auch aus seinen Kartenphantasien geweckt. Aber mit Guido ist selbst da nichts aufzustellen. Er ist imstande, sich wegzuschleicheu und hinter dem nächsten Zaune zu schlafen oder mit einem Dienstmädchen zu Schäkern. Darum lasse ich ihn immer im Stadtteil¬ hanse dejvnrieren. So mag die Sache auch ferner bleiben. Auf Sie habe ich meine ganze Hoffnung gesetzt. Sie sollen den Stadtteil in die Hand nehmen, die Posten revidieren, die Reinlichkeit und Ordnung handhaben, die Schutzleute in Zurn halten und instruieren. Den Nachtdienst, das Beaufsichtiger der Nachtwächter und so weiter wollen wir ehrlich teilen und uns gegenseitig die Möglichkeit gewähren, wenigstens dann und wann ruhig zu schlafen. Wollen Sie? Er hielt mir die Hand hin. Ich sprang auf und schlug kräftig ein. Der Manu hatte mein ganzes Herz gewonnen. Solches Zusammenwirken mit dem nächsten Vorgesetzten hatte mir von jeher als Ideal vorgeschwebt, seit ich im Dienste war. Ich sagte ihm, daß ich mir alle Mühe geben würde, die gute Voraussetzung, die er sich von mir gemacht habe, zu befestigen und zu rechtfertige». Er winkte abwehrend mit der Hand. Ich habe schon von Ihnen gehört, Alexander Andrejewitsch, sagte er einfach. Der Gehilfe Ihres frühern Chefs — ich bin flüchtig bekannt mit ihm — hat sich im Gespräch über Ihren Diensteifer beklagt, der ihm das Leben sauer gemacht habe. Darauf hin drang ich in den Polizeimeister, daß man gerade Sie hierher abkommandiere. Diensteifer ist eben das, was ich brauche. Ich bekomme nun etwas freiere Hand und kann mich mehr mit der Feuerfrage befassen. In mehreren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/64>, abgerufen am 24.11.2024.