Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.Das Miqnelsche Einkommensteuergesetz im Jahre ^9^2 Nechtsiliittel der Remonstration, nochmalige Verhandlung vor der Einschätzungs¬ Die erste Einschätzung nach dem Miqnelschen Einkommensteuergesetz ergab, Der Miquelscheu Steuerreform und besonders dem Einkommensteuergesetz Das Miqnelsche Einkommensteuergesetz im Jahre ^9^2 Nechtsiliittel der Remonstration, nochmalige Verhandlung vor der Einschätzungs¬ Die erste Einschätzung nach dem Miqnelschen Einkommensteuergesetz ergab, Der Miquelscheu Steuerreform und besonders dem Einkommensteuergesetz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0580" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240136"/> <fw type="header" place="top"> Das Miqnelsche Einkommensteuergesetz im Jahre ^9^2</fw><lb/> <p xml:id="ID_3145" prev="#ID_3144"> Nechtsiliittel der Remonstration, nochmalige Verhandlung vor der Einschätzungs¬<lb/> kommission, bestand. Die Entscheidungen der Bezirkskoimnission waren end-<lb/> giltig. Die Mitglieder der Kommissionen wurden von den Kreis- und den<lb/> Provinzinlvertretungen gewühlt. Sie waren bei den geringen Befugnissen der<lb/> ihnen Vorsitzenden Beamten so recht nach dein Herzen des selbstbewußten, sich<lb/> selbst verwaltenden Staatsbürgertums beschaffne Behörden — und dem ent¬<lb/> sprach denn auch das Ergebnis ihrer Entscheidungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3146"> Die erste Einschätzung nach dem Miqnelschen Einkommensteuergesetz ergab,<lb/> uach Allsscheidung der früher nicht steuerpflichtigen juristische!? Personen, ein<lb/> Mehr von 35 Millionen Mark. Und diese Mehreinnahme fiel auf die wohl¬<lb/> habenden Klassen der Bevölkerung. Die Pflichtigen mit Einkommen unter<lb/> 3000 Mark, die 1892 an Steuer 37 Millionen Mark entrichteten, brachten<lb/> im Jahre darauf bei der ersten Einschätzung nach dem neuen Gesetz mit seinen<lb/> ans die Entlastung der wenig bemittelten Klassen der Bevölkerung gerichteten,<lb/> ermäßigten Steuersätzen, trotzdem daß die Zahl dieser Pflichtigen um 300000<lb/> gestiegen war, nnr 32 Millionen Mark. Diese Zahlen bestätigen auch die<lb/> Behauptung, daß bei den frühern Klassensteuerpflichtigen die Einschätzung im<lb/> allgemeinen zutreffend war. Wesentlich anders war dagegen das Verhältnis<lb/> der frühern zu der jetzigen Abschätzung in den höhern Stcnerstusen. Während<lb/> die gegen 12000 Mark betragenden Einkommen vorher an Steuer 3 Millionen<lb/> eingebracht hatten, betrug jetzt die Einnahme das doppelte. An Millionären,<lb/> Leuten mit 48000 bis 72000 Mark Einkommen, waren unter dem alten<lb/> Gesetz 1200 ermittelt, unter dem neuen wurden 2500 gefunden. Und während<lb/> jene 2 Millionen Mark Steuer zahlten, entrichteten diese 5 Millionen. Steuer¬<lb/> pflichtige mit einem Einkommen über 900000 Mark gab es 1892 nur 8, im<lb/> Jahre darauf 23. Diese Zahlen reden eine deutliche Sprache, sie zeigen den<lb/> Unterschied zwischen früher und jetzt. Preußens Bevölkerung mögen sie im<lb/> zehnten Jahre der Geltung des Einkommensteuergesetzes an den Dank er¬<lb/> innern, den sie demi Andenken des dritten großen Finanzministers schuldet,<lb/> den Preußen zu seinem Glück gehabt hat. Erst der Finanzminister Miquel,<lb/> möge dies nie vergessen werden, hat in der preußischen Einkommensteuer den<lb/> Grundsatz der Gerechtigkeit ein- und durchgeführt.</p><lb/> <p xml:id="ID_3147" next="#ID_3148"> Der Miquelscheu Steuerreform und besonders dem Einkommensteuergesetz<lb/> sind zahlreiche und heftige Angriffe nicht erspart geblieben. Das ist kein<lb/> Fehler. Es kann für Wissenschaft und Praxis uur vorteilhaft und förderlich<lb/> sein, wenn die Vorschriften des Gesetzes besprochen werden, und wenn an ihrer<lb/> Verbesserung gearbeitet wird. Über die leitenden Grundsätze eines Einkommen¬<lb/> steuergesetzes — Gerechtigkeit, Allgemeinheit, Gleichmäßigkeit — herrscht keine<lb/> Uneinigkeit mehr, über ihre Ausführung werden die Meinungen noch lange<lb/> auseinandergehn und wahrscheinlich niemals völlig zusammen kommen. Steuern<lb/> zahlt trotz der widersprechenden Versicherung, die manchmal zu hören ist,<lb/> niemand gern. Mit Recht sagt der um die wissenschaftliche Ausbildung der<lb/> Steuerlehre Hochverdieute Seuatspräsident Fnisting: „Die Beteiligung an der<lb/> Aufbringung des Stenerbedarfs wird von den Pflichtigen stets als Belastung<lb/> empfunden." Dieses Gefühl kann nicht geändert werden; es wird sicherlich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0580]
Das Miqnelsche Einkommensteuergesetz im Jahre ^9^2
Nechtsiliittel der Remonstration, nochmalige Verhandlung vor der Einschätzungs¬
kommission, bestand. Die Entscheidungen der Bezirkskoimnission waren end-
giltig. Die Mitglieder der Kommissionen wurden von den Kreis- und den
Provinzinlvertretungen gewühlt. Sie waren bei den geringen Befugnissen der
ihnen Vorsitzenden Beamten so recht nach dein Herzen des selbstbewußten, sich
selbst verwaltenden Staatsbürgertums beschaffne Behörden — und dem ent¬
sprach denn auch das Ergebnis ihrer Entscheidungen.
Die erste Einschätzung nach dem Miqnelschen Einkommensteuergesetz ergab,
uach Allsscheidung der früher nicht steuerpflichtigen juristische!? Personen, ein
Mehr von 35 Millionen Mark. Und diese Mehreinnahme fiel auf die wohl¬
habenden Klassen der Bevölkerung. Die Pflichtigen mit Einkommen unter
3000 Mark, die 1892 an Steuer 37 Millionen Mark entrichteten, brachten
im Jahre darauf bei der ersten Einschätzung nach dem neuen Gesetz mit seinen
ans die Entlastung der wenig bemittelten Klassen der Bevölkerung gerichteten,
ermäßigten Steuersätzen, trotzdem daß die Zahl dieser Pflichtigen um 300000
gestiegen war, nnr 32 Millionen Mark. Diese Zahlen bestätigen auch die
Behauptung, daß bei den frühern Klassensteuerpflichtigen die Einschätzung im
allgemeinen zutreffend war. Wesentlich anders war dagegen das Verhältnis
der frühern zu der jetzigen Abschätzung in den höhern Stcnerstusen. Während
die gegen 12000 Mark betragenden Einkommen vorher an Steuer 3 Millionen
eingebracht hatten, betrug jetzt die Einnahme das doppelte. An Millionären,
Leuten mit 48000 bis 72000 Mark Einkommen, waren unter dem alten
Gesetz 1200 ermittelt, unter dem neuen wurden 2500 gefunden. Und während
jene 2 Millionen Mark Steuer zahlten, entrichteten diese 5 Millionen. Steuer¬
pflichtige mit einem Einkommen über 900000 Mark gab es 1892 nur 8, im
Jahre darauf 23. Diese Zahlen reden eine deutliche Sprache, sie zeigen den
Unterschied zwischen früher und jetzt. Preußens Bevölkerung mögen sie im
zehnten Jahre der Geltung des Einkommensteuergesetzes an den Dank er¬
innern, den sie demi Andenken des dritten großen Finanzministers schuldet,
den Preußen zu seinem Glück gehabt hat. Erst der Finanzminister Miquel,
möge dies nie vergessen werden, hat in der preußischen Einkommensteuer den
Grundsatz der Gerechtigkeit ein- und durchgeführt.
Der Miquelscheu Steuerreform und besonders dem Einkommensteuergesetz
sind zahlreiche und heftige Angriffe nicht erspart geblieben. Das ist kein
Fehler. Es kann für Wissenschaft und Praxis uur vorteilhaft und förderlich
sein, wenn die Vorschriften des Gesetzes besprochen werden, und wenn an ihrer
Verbesserung gearbeitet wird. Über die leitenden Grundsätze eines Einkommen¬
steuergesetzes — Gerechtigkeit, Allgemeinheit, Gleichmäßigkeit — herrscht keine
Uneinigkeit mehr, über ihre Ausführung werden die Meinungen noch lange
auseinandergehn und wahrscheinlich niemals völlig zusammen kommen. Steuern
zahlt trotz der widersprechenden Versicherung, die manchmal zu hören ist,
niemand gern. Mit Recht sagt der um die wissenschaftliche Ausbildung der
Steuerlehre Hochverdieute Seuatspräsident Fnisting: „Die Beteiligung an der
Aufbringung des Stenerbedarfs wird von den Pflichtigen stets als Belastung
empfunden." Dieses Gefühl kann nicht geändert werden; es wird sicherlich
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |