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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Feuer!

Was beliebe" Sie, Euer Wohlgeboren?

Iwan, woher haben wir die Zitronen und die Säfte? Es gibt nämlich
mehrere Gläschen.

Der Krüppel schmunzelte.

Befehlen Sie, zu erzählen, Euer Wohlgeboren?

Ach ja, erzähle. Es ist immer angenehm, um Angenehmes erinnert zu werden.

Guido machte ein Gesicht, das interessant sein sollte, verdrehte schmachtend die
Augen, stützte die Hand an die Wange und sah sehr dumm aus.

Sie ging vor dem Hause auf und nieder, begann Jour in strammer Dienst-
haltnng. Ich trat vor die Tür, um mein Pfeifchen zu rauchen. Was geht sie so
lange hin und her, dachte ich, und sieht mich immer an? Endlich fragte sie ganz
leise: Ist hier der Gehilfe? Einer ist hier, sagte ich. Herr Guido? fragte sie. --
Ja, sagte ich, Peter Arkadijewitsch Guido. -- Kann er nicht herauskommen?
fragte sie. -- Belieben Sie zu sehen, der Wachmeister war hier und wartete auf
den Aufseher. Jemeljau Afauasjewitsch konnte jeden Augenblick eintreffen. Also
sagte ich: Nein, er kann nicht. Da gab sie mir Äpfel in einem Tuche. Ich roch
gleich, daß es Äpfel waren. -- Geben Sie das dem Herrn Guido, sagte sie und
lief rasch fort. Und wie ich das nnchstemnl rauchen gehe, marschiert sie wieder
auf dem Trottoir hin und her. Sie tritt gleich auf mich zu und fragt streng wie
ein Vorgesetzter: Du bist hier aus dem Hause? -- Da hörte ich, daß es eine
andre war. ' Jawohl, sagte ich. -- Der Gehilfe Guido hat Arrest? fragte sie,
aber so streng, Euer Wohlgeboren, daß ich gar nicht die Zeit hatte zu überlegen,
ob ich ihr das sagen dürfe. -- Jawohl, sagte ich. -- Gib ihm das ab, sagte sie,
aber vorsichtig, nicht wie ein Bär! -- Es war ein Körbchen. Darin waren Gläser
mit Saft, Pastetchen, Sardinen und noch verschiednes andre. So stehn die Sachen,
Euer Wohlgeboren.

Da wären die Säfte und noch verschiednes, sagte ich lachend, aber die Zitronen
fehlen bis jetzt.

Euer Wohlgeboren, die sind von der Ersten. In dem Tuche waren Äpfel und
zwei Zitronen, und oben auf in einen, Pnpiersäckchen Weintrauben. Als Jemeljcm
Afauasjewitsch beliebt hatte, Peter Arkadijewitsch in die Beichte zu nehmen, hat Peter
Arkadijewitsch den ganzen Abend Äpfel und Pastetchen und Weintrauben gegessen.

Du darfst jetzt wieder gehn, Iwan, sagte Guido.

Der Alte stopfte lächelnd seine Pfeife und verließ das Lokal.

Man findet in der Welt noch hin und wieder wirkliche -- Anhänglichkeit,
sagte Guido mit klagendem Tone; aber selten, Alexander Andrejewitsch, selten.

Ich lachte. Seien Sie aufrichtig, Peter Arkadijewitsch, sagte ich. Sie wollten
uicht Anhänglichkeit sagen, sondern Dummheit.

So? fuhr er auf. Sie meinen wohl, ich hätte solche Aufmerksamkeit nicht ver¬
dient, ich wäre dessen nicht wert? Sie denken, daß Sie aus der Haut kriechen,
um dem Aufseher zu gefallen, sei besser? Sie täuschen sich! Ich überanstrenge
mich uicht, schlafe ruhig und schaffe mir so viel Annehmlichkeit wie möglich. Sie
klettern in schmutzige Schornsteine und gehn in der Nacht Räubern und Mördern
zu Leibe. Hilft Ihnen nichts! Der Dank bleibt gerade so groß, wenn Jemeljau
Afanasjewitsch Ihnen mich Honig um die Lippen schmiert. Da haben Sie Ihr
Protokoll gemacht. Sie hoffen, Sie richten damit etwas ans? Nichts, sage ich
Ihnen. Auslachen wird . , .

Peter Arkadijewitsch! ich habe nicht daran gedacht, Ihnen etwas Unan¬
genehmes . . .

Ach, Unsinn! Ich ärgere mich auch gar nicht. Es ist mir nur widerlich zu
sehen, wie Sie sich von dem listigen groben Flegel kirren lassen. Spucken Sie
auf ihn. Ich werde Ihnen, wenn Sie wollen, zu Bekanntschaften verhelfen. Sie
sollen sehen, das ist ein andres Leben! Ich werde Sie zum Beispiel bei der -- nun,
von der der Saft kommt -- mir ist sie sowieso zu resolut, zu herrisch. Sie würden
viel besser mit ihr. . .


Feuer!

Was beliebe» Sie, Euer Wohlgeboren?

Iwan, woher haben wir die Zitronen und die Säfte? Es gibt nämlich
mehrere Gläschen.

Der Krüppel schmunzelte.

Befehlen Sie, zu erzählen, Euer Wohlgeboren?

Ach ja, erzähle. Es ist immer angenehm, um Angenehmes erinnert zu werden.

Guido machte ein Gesicht, das interessant sein sollte, verdrehte schmachtend die
Augen, stützte die Hand an die Wange und sah sehr dumm aus.

Sie ging vor dem Hause auf und nieder, begann Jour in strammer Dienst-
haltnng. Ich trat vor die Tür, um mein Pfeifchen zu rauchen. Was geht sie so
lange hin und her, dachte ich, und sieht mich immer an? Endlich fragte sie ganz
leise: Ist hier der Gehilfe? Einer ist hier, sagte ich. Herr Guido? fragte sie. —
Ja, sagte ich, Peter Arkadijewitsch Guido. — Kann er nicht herauskommen?
fragte sie. — Belieben Sie zu sehen, der Wachmeister war hier und wartete auf
den Aufseher. Jemeljau Afauasjewitsch konnte jeden Augenblick eintreffen. Also
sagte ich: Nein, er kann nicht. Da gab sie mir Äpfel in einem Tuche. Ich roch
gleich, daß es Äpfel waren. — Geben Sie das dem Herrn Guido, sagte sie und
lief rasch fort. Und wie ich das nnchstemnl rauchen gehe, marschiert sie wieder
auf dem Trottoir hin und her. Sie tritt gleich auf mich zu und fragt streng wie
ein Vorgesetzter: Du bist hier aus dem Hause? — Da hörte ich, daß es eine
andre war. ' Jawohl, sagte ich. — Der Gehilfe Guido hat Arrest? fragte sie,
aber so streng, Euer Wohlgeboren, daß ich gar nicht die Zeit hatte zu überlegen,
ob ich ihr das sagen dürfe. — Jawohl, sagte ich. — Gib ihm das ab, sagte sie,
aber vorsichtig, nicht wie ein Bär! — Es war ein Körbchen. Darin waren Gläser
mit Saft, Pastetchen, Sardinen und noch verschiednes andre. So stehn die Sachen,
Euer Wohlgeboren.

Da wären die Säfte und noch verschiednes, sagte ich lachend, aber die Zitronen
fehlen bis jetzt.

Euer Wohlgeboren, die sind von der Ersten. In dem Tuche waren Äpfel und
zwei Zitronen, und oben auf in einen, Pnpiersäckchen Weintrauben. Als Jemeljcm
Afauasjewitsch beliebt hatte, Peter Arkadijewitsch in die Beichte zu nehmen, hat Peter
Arkadijewitsch den ganzen Abend Äpfel und Pastetchen und Weintrauben gegessen.

Du darfst jetzt wieder gehn, Iwan, sagte Guido.

Der Alte stopfte lächelnd seine Pfeife und verließ das Lokal.

Man findet in der Welt noch hin und wieder wirkliche — Anhänglichkeit,
sagte Guido mit klagendem Tone; aber selten, Alexander Andrejewitsch, selten.

Ich lachte. Seien Sie aufrichtig, Peter Arkadijewitsch, sagte ich. Sie wollten
uicht Anhänglichkeit sagen, sondern Dummheit.

So? fuhr er auf. Sie meinen wohl, ich hätte solche Aufmerksamkeit nicht ver¬
dient, ich wäre dessen nicht wert? Sie denken, daß Sie aus der Haut kriechen,
um dem Aufseher zu gefallen, sei besser? Sie täuschen sich! Ich überanstrenge
mich uicht, schlafe ruhig und schaffe mir so viel Annehmlichkeit wie möglich. Sie
klettern in schmutzige Schornsteine und gehn in der Nacht Räubern und Mördern
zu Leibe. Hilft Ihnen nichts! Der Dank bleibt gerade so groß, wenn Jemeljau
Afanasjewitsch Ihnen mich Honig um die Lippen schmiert. Da haben Sie Ihr
Protokoll gemacht. Sie hoffen, Sie richten damit etwas ans? Nichts, sage ich
Ihnen. Auslachen wird . , .

Peter Arkadijewitsch! ich habe nicht daran gedacht, Ihnen etwas Unan¬
genehmes . . .

Ach, Unsinn! Ich ärgere mich auch gar nicht. Es ist mir nur widerlich zu
sehen, wie Sie sich von dem listigen groben Flegel kirren lassen. Spucken Sie
auf ihn. Ich werde Ihnen, wenn Sie wollen, zu Bekanntschaften verhelfen. Sie
sollen sehen, das ist ein andres Leben! Ich werde Sie zum Beispiel bei der — nun,
von der der Saft kommt — mir ist sie sowieso zu resolut, zu herrisch. Sie würden
viel besser mit ihr. . .


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[0565] Feuer! Was beliebe» Sie, Euer Wohlgeboren? Iwan, woher haben wir die Zitronen und die Säfte? Es gibt nämlich mehrere Gläschen. Der Krüppel schmunzelte. Befehlen Sie, zu erzählen, Euer Wohlgeboren? Ach ja, erzähle. Es ist immer angenehm, um Angenehmes erinnert zu werden. Guido machte ein Gesicht, das interessant sein sollte, verdrehte schmachtend die Augen, stützte die Hand an die Wange und sah sehr dumm aus. Sie ging vor dem Hause auf und nieder, begann Jour in strammer Dienst- haltnng. Ich trat vor die Tür, um mein Pfeifchen zu rauchen. Was geht sie so lange hin und her, dachte ich, und sieht mich immer an? Endlich fragte sie ganz leise: Ist hier der Gehilfe? Einer ist hier, sagte ich. Herr Guido? fragte sie. — Ja, sagte ich, Peter Arkadijewitsch Guido. — Kann er nicht herauskommen? fragte sie. — Belieben Sie zu sehen, der Wachmeister war hier und wartete auf den Aufseher. Jemeljau Afauasjewitsch konnte jeden Augenblick eintreffen. Also sagte ich: Nein, er kann nicht. Da gab sie mir Äpfel in einem Tuche. Ich roch gleich, daß es Äpfel waren. — Geben Sie das dem Herrn Guido, sagte sie und lief rasch fort. Und wie ich das nnchstemnl rauchen gehe, marschiert sie wieder auf dem Trottoir hin und her. Sie tritt gleich auf mich zu und fragt streng wie ein Vorgesetzter: Du bist hier aus dem Hause? — Da hörte ich, daß es eine andre war. ' Jawohl, sagte ich. — Der Gehilfe Guido hat Arrest? fragte sie, aber so streng, Euer Wohlgeboren, daß ich gar nicht die Zeit hatte zu überlegen, ob ich ihr das sagen dürfe. — Jawohl, sagte ich. — Gib ihm das ab, sagte sie, aber vorsichtig, nicht wie ein Bär! — Es war ein Körbchen. Darin waren Gläser mit Saft, Pastetchen, Sardinen und noch verschiednes andre. So stehn die Sachen, Euer Wohlgeboren. Da wären die Säfte und noch verschiednes, sagte ich lachend, aber die Zitronen fehlen bis jetzt. Euer Wohlgeboren, die sind von der Ersten. In dem Tuche waren Äpfel und zwei Zitronen, und oben auf in einen, Pnpiersäckchen Weintrauben. Als Jemeljcm Afauasjewitsch beliebt hatte, Peter Arkadijewitsch in die Beichte zu nehmen, hat Peter Arkadijewitsch den ganzen Abend Äpfel und Pastetchen und Weintrauben gegessen. Du darfst jetzt wieder gehn, Iwan, sagte Guido. Der Alte stopfte lächelnd seine Pfeife und verließ das Lokal. Man findet in der Welt noch hin und wieder wirkliche — Anhänglichkeit, sagte Guido mit klagendem Tone; aber selten, Alexander Andrejewitsch, selten. Ich lachte. Seien Sie aufrichtig, Peter Arkadijewitsch, sagte ich. Sie wollten uicht Anhänglichkeit sagen, sondern Dummheit. So? fuhr er auf. Sie meinen wohl, ich hätte solche Aufmerksamkeit nicht ver¬ dient, ich wäre dessen nicht wert? Sie denken, daß Sie aus der Haut kriechen, um dem Aufseher zu gefallen, sei besser? Sie täuschen sich! Ich überanstrenge mich uicht, schlafe ruhig und schaffe mir so viel Annehmlichkeit wie möglich. Sie klettern in schmutzige Schornsteine und gehn in der Nacht Räubern und Mördern zu Leibe. Hilft Ihnen nichts! Der Dank bleibt gerade so groß, wenn Jemeljau Afanasjewitsch Ihnen mich Honig um die Lippen schmiert. Da haben Sie Ihr Protokoll gemacht. Sie hoffen, Sie richten damit etwas ans? Nichts, sage ich Ihnen. Auslachen wird . , . Peter Arkadijewitsch! ich habe nicht daran gedacht, Ihnen etwas Unan¬ genehmes . . . Ach, Unsinn! Ich ärgere mich auch gar nicht. Es ist mir nur widerlich zu sehen, wie Sie sich von dem listigen groben Flegel kirren lassen. Spucken Sie auf ihn. Ich werde Ihnen, wenn Sie wollen, zu Bekanntschaften verhelfen. Sie sollen sehen, das ist ein andres Leben! Ich werde Sie zum Beispiel bei der — nun, von der der Saft kommt — mir ist sie sowieso zu resolut, zu herrisch. Sie würden viel besser mit ihr. . .

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/565>, abgerufen am 24.11.2024.