Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.Moderne englische Schutzzöllner Landwirtschaft erhofft der Versasser aber von einer Veränderung der Pro- War bei Williams die Forderung des Zollschntzes nnr ein Mittel der Den ersten dieser Sätze widerlegt Bhng in seinem Abschnitt über den Moderne englische Schutzzöllner Landwirtschaft erhofft der Versasser aber von einer Veränderung der Pro- War bei Williams die Forderung des Zollschntzes nnr ein Mittel der Den ersten dieser Sätze widerlegt Bhng in seinem Abschnitt über den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0516" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240072"/> <fw type="header" place="top"> Moderne englische Schutzzöllner</fw><lb/> <p xml:id="ID_2744" prev="#ID_2743"> Landwirtschaft erhofft der Versasser aber von einer Veränderung der Pro-<lb/> duktionsrichtuug; man solle zwar das Hauptgewicht darauf legen, daß mehr<lb/> Vieh gehalten und die Milch zur Butter- und Käseproduktion verwandt werde,<lb/> aber auch die übrigen Zweige des Betriebs, Obstbau und Obstverwertung, Ge¬<lb/> flügelzucht und Eierhandel, Gemüsebau und überhaupt der Anbau von Hack¬<lb/> früchten dürfe uicht vernachlässigt werden; die Besserung erwartet er also von<lb/> den Mitteln, die mich der deutschen Landwirtschaft zur Erleichterung ihrer<lb/> schwierigen Lage empfohlen werden. Auch die übrigen Maßregel»?, die Williams<lb/> vorschlägt, entsprechen den in Deutschland angewandten, also vor allem die<lb/> Bildung von Genossenschaften, sowohl von Molkerei- und andern Produktiv¬<lb/> genossenschaften, wie mich von Kreditgenossenschaften nach Naiffeisenschem<lb/> Vorbild. Wie bei der gewerblichen wird auch bei der landwirtschaftlichen<lb/> Produktion eine Herabsetzung der Frachten verlangt, obwohl wenigstens in<lb/> neuerer Zeit die Eisenbahngesellschaften großes Entgegenkommen gezeigt haben.<lb/> Die letzte Forderung verlangt wieder einen staatlichen Schutz, der den Pro¬<lb/> duzenten die Steuerlast erleichtern, vor allem den Zehnten abschaffen, aber<lb/> auch durch euren Zollschutz den heimischen Produzenten zur Vermehrung der<lb/> Produktion anregen soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_2745"> War bei Williams die Forderung des Zollschntzes nnr ein Mittel der<lb/> Abwehr unter vielen andern, allerdings das wichtigste nnter ihnen, so ist nach<lb/> dem Buche von G. Bhng: ?rowe,t,ion. Anz Vie-of ot' g, NÄnrck-rc-wrör (London,<lb/> 1901) der Zollschntz die Voraussetzung für eine Besserung der englischen Er¬<lb/> werbsverhältnisse, ohne die jede andre Maßregel wirkungslos bleiben müsse.<lb/> Deswegen stellt er diese Frage in den Mittelpunkt der Erörterung, die zu¬<lb/> gleich eine schonungslose, teilweise übertriebne Kritik der Folgen des Frei¬<lb/> handels für England enthält. Drei Sätze hebt er aus der Freihandelstheorie<lb/> hervor, soweit sie den Produzenten betrifft: In einem Lande des Freihandels<lb/> werden Fabrikate billiger erzeugt als in einem geschützten Lande; im Frei-<lb/> handelsgebiete erzeugt jedermann die Ware, die er am besten und billigsten<lb/> produzieren kann; die Einfuhr muß durch die Ausfuhr bezahlt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2746" next="#ID_2747"> Den ersten dieser Sätze widerlegt Bhng in seinem Abschnitt über den<lb/> Fabrikanten, indem er darauf hinweist, daß in England, das fast immer seiner<lb/> Darstellung als Beispiel z» Grunde liegt, die meisten Waren, die billig<lb/> seien, und deren Absatz an Boden gewönne, Erzeugnisse aus geschützten<lb/> Lüudcrn seien, während die einheimischen Fabrikate infolge ihres hohen Preises<lb/> nur wenig Absatz fänden. Es sei dies die natürliche Folge der Tatsache, daß<lb/> bei den gegenwärtigen Produktionsverhältnissen die alten Werte, nämlich die<lb/> Kosten des Materials und der Arbeit und die Generalunkosten nicht mehr<lb/> ausschließlich den Preis bestimmten, vielmehr als ausschlaggebend noch die<lb/> Menge der erzeugten Waren hinzukomme. Diese Menge sei aber in geschlitzten<lb/> Ländern größer als in ungeschützte», da jenen sowohl der eigne wie anch der<lb/> Freihandelsmarkt, den ungeschützten aber nnr der eigne Markt offen stehe.<lb/> Außerdem verkauften die Produzenten der protcktionistischen Länder hänfig<lb/> ihre Ware im Auslande billiger als im Inland, um dort festen Fuß zu fassen,<lb/> bis die Konkurrenz der einheimischen, also meist der englischen Industriellen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0516]
Moderne englische Schutzzöllner
Landwirtschaft erhofft der Versasser aber von einer Veränderung der Pro-
duktionsrichtuug; man solle zwar das Hauptgewicht darauf legen, daß mehr
Vieh gehalten und die Milch zur Butter- und Käseproduktion verwandt werde,
aber auch die übrigen Zweige des Betriebs, Obstbau und Obstverwertung, Ge¬
flügelzucht und Eierhandel, Gemüsebau und überhaupt der Anbau von Hack¬
früchten dürfe uicht vernachlässigt werden; die Besserung erwartet er also von
den Mitteln, die mich der deutschen Landwirtschaft zur Erleichterung ihrer
schwierigen Lage empfohlen werden. Auch die übrigen Maßregel»?, die Williams
vorschlägt, entsprechen den in Deutschland angewandten, also vor allem die
Bildung von Genossenschaften, sowohl von Molkerei- und andern Produktiv¬
genossenschaften, wie mich von Kreditgenossenschaften nach Naiffeisenschem
Vorbild. Wie bei der gewerblichen wird auch bei der landwirtschaftlichen
Produktion eine Herabsetzung der Frachten verlangt, obwohl wenigstens in
neuerer Zeit die Eisenbahngesellschaften großes Entgegenkommen gezeigt haben.
Die letzte Forderung verlangt wieder einen staatlichen Schutz, der den Pro¬
duzenten die Steuerlast erleichtern, vor allem den Zehnten abschaffen, aber
auch durch euren Zollschutz den heimischen Produzenten zur Vermehrung der
Produktion anregen soll.
War bei Williams die Forderung des Zollschntzes nnr ein Mittel der
Abwehr unter vielen andern, allerdings das wichtigste nnter ihnen, so ist nach
dem Buche von G. Bhng: ?rowe,t,ion. Anz Vie-of ot' g, NÄnrck-rc-wrör (London,
1901) der Zollschntz die Voraussetzung für eine Besserung der englischen Er¬
werbsverhältnisse, ohne die jede andre Maßregel wirkungslos bleiben müsse.
Deswegen stellt er diese Frage in den Mittelpunkt der Erörterung, die zu¬
gleich eine schonungslose, teilweise übertriebne Kritik der Folgen des Frei¬
handels für England enthält. Drei Sätze hebt er aus der Freihandelstheorie
hervor, soweit sie den Produzenten betrifft: In einem Lande des Freihandels
werden Fabrikate billiger erzeugt als in einem geschützten Lande; im Frei-
handelsgebiete erzeugt jedermann die Ware, die er am besten und billigsten
produzieren kann; die Einfuhr muß durch die Ausfuhr bezahlt werden.
Den ersten dieser Sätze widerlegt Bhng in seinem Abschnitt über den
Fabrikanten, indem er darauf hinweist, daß in England, das fast immer seiner
Darstellung als Beispiel z» Grunde liegt, die meisten Waren, die billig
seien, und deren Absatz an Boden gewönne, Erzeugnisse aus geschützten
Lüudcrn seien, während die einheimischen Fabrikate infolge ihres hohen Preises
nur wenig Absatz fänden. Es sei dies die natürliche Folge der Tatsache, daß
bei den gegenwärtigen Produktionsverhältnissen die alten Werte, nämlich die
Kosten des Materials und der Arbeit und die Generalunkosten nicht mehr
ausschließlich den Preis bestimmten, vielmehr als ausschlaggebend noch die
Menge der erzeugten Waren hinzukomme. Diese Menge sei aber in geschlitzten
Ländern größer als in ungeschützte», da jenen sowohl der eigne wie anch der
Freihandelsmarkt, den ungeschützten aber nnr der eigne Markt offen stehe.
Außerdem verkauften die Produzenten der protcktionistischen Länder hänfig
ihre Ware im Auslande billiger als im Inland, um dort festen Fuß zu fassen,
bis die Konkurrenz der einheimischen, also meist der englischen Industriellen
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