Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

allgem durch eine Reise in ganz fremde Gegenden sehr gefördert wird. Wie
mannigfache Vergleiche bieten sich dar, und wie lehrreich sind sie! Daß dnrch
sieben- bis achttägiges Zusammensein die Jünglinge kameradschaftlichen Sinn zu
betätigen lernen und aus den Wandrungen auch Befriedigung an eignen Leistungen
gewinnen, sei nebenbei, aber nicht als nebensächlich, erwähnt.

Was nun zunächst die Zeit betrifft, so habe ich die Hcrbstferienwoche gewählt, was
mir etwas ganz ungewöhnliches zu sein scheint. Alle Schülerfahrten nämlich, von
denen ich gehört und gelesen habe, z. B. die am Falkrealgymnas.um in Berlin seit
mehreren Jahrzehnten üblichen, werden in der Pfingstwoche, nur wenige in den
großen Ferien unternommen. Diese kommen für mich uun gar acht u. -vetrach,
da diele Primaner dann mit ihren Angehörigen in der Sommerfrische find; auch
dürfte die Benutzung eines Schnellzuges -- darüber später mehr! -- in den Sommer¬
monaten meist ganz ausgeschlossen sein. Das Herbstwetter ist für Waudrnngen im all¬
gemeinen entschieden günstiger als das im "wunderschönen," oft recht nassen Ma. Ferner
ergießt sich um die Zeit des "lieblichen" Pfiugstfests herum gewöhnlich unser mehr
oder minder heftigen Regenschanern ein solcher häufig geradezu unheimlicher Menschen-
strom in alle Hanptausflugsorte. daß es um Unterkunft und Verpflegung von Schülern
meist nicht sonderlich bestellt sein wird. In. Oktober dagegen haben diese sowohl
in Harz als auch in Thüringen bei fast allen Gastwirten nach dem schönen Wahl¬
spruche: Billig und gut' gelebt. Gegen die Reisen im Herbste spricht eigentlich nurdie Kürze der Tage. Aber sie tut dem Zweck der Fahrt keineswegs Abbruch,wenn nur morgens recht früh aufgebrochen wird. Dann können die Wandrungen'M. neun, ja zehn Stunden währen (z. B. von Zellerfeld nach Ilsenburg über
Schalle. RvmkerlM und Harzburg); die Hauptmahlzeit findet zwischen b und 7 Uhr
Iland. Danach "sitzen wir traulich beisammen," ein Rundgesang wird angestimmt,dle "Dichteritis" grassiert, und nachdem sie genug Opfer gefordert hat, geht man
zeitig zur Ruhe, um um folgenden Morgen zum frühen Ausbrüche gestärkt zu sein.

Zur Teilnahme an solchen größern Ferienreisen können sich alle Primaner
melden, die in Betragen, Fleiß und Aufmerksamkeit nichts zu wünschen übrig lassen
und vom Turner nicht befreit sind. Aus ihnen werden dann zwölf bis sechzehn
ausgewählt, namentlich solche, die wegen ihrer häuslichen Verhältnisse aus der aller-
engsten Heimat noch nicht herausgekommen sind und voraussichtlich auch spater nicht
weit hinauskommen werden, die sich aber sür die Anregung durch Natur und Kunst
durchaus empfänglich zeigen. Also auf den Charakter wird besondre Rücksicht ge¬
nommen, nicht aber ans Stand oder Vermögen des Vaters; vielmehr wandert, schläft,
ißt und trinkt der Sohn eines reichen Geheimrath genieinsam mit dem eines armen
Subalternbeamten. Im allgemeinen habe ich es erreicht, daß sich die Jünglinge
in ihrem Wesen gegenseitig ergänzten. Ein sehr braver, aber seltsam stiller und
w sich gekehrter Musterknabe, der auf dem besten oder vielmehr schlechtesten Wege
war, schon als Primaner ein Sonderling zu werden, ist allem Anschein nach durch das
längere Zusammensein mit fröhlichen Altersgenossen zu etwas andern Auschnuungeu
über Kameradschaft gekommen. -- Zum Unterschied von dem gewöhnlich geübten
und gewünschten Verfahren lasse ich also geflissentlich nicht alle Schüler einer be¬
stimmten Klasse teilnehmen, sondern treffe nach pädagogischen Grundsätzen eine
sorgfältige Auswahl. Die Reise, die dem Lehrer zu manchen wichtigen Beobachtungen
Gelegenheit gibt, soll für die Schüler ein Ansporn zu gutem Verhalten oder eine
Belohnung sein. Weil es manche in. ersten Halbjahre, das bei unserm seltsamen
Schuljahrsbeginn in das Frühjahr und den Sommer fällt, ein Fleiß fehlen M M
s° mache ich gleich nach Ostern deu Eltern der Schüler, die überhaupt bermks.ehe g
werden können und wollen, eine Mitteilung, auch wegen des P^us °er ^e.,e im
allgemeinen, damit sich die Schüler über das zu durchwandernde Geb.et beizeiten
selbst belehren. , < ,,

?Wie werden nun die Kosten aufgebracht? Ich habe hier co ogenanntes
Winterfest eingeführt, das gewöhnlich Anfang Dezember stattfindet. Dabei wechseln


Maßgebliches und Unmaßgebliches

allgem durch eine Reise in ganz fremde Gegenden sehr gefördert wird. Wie
mannigfache Vergleiche bieten sich dar, und wie lehrreich sind sie! Daß dnrch
sieben- bis achttägiges Zusammensein die Jünglinge kameradschaftlichen Sinn zu
betätigen lernen und aus den Wandrungen auch Befriedigung an eignen Leistungen
gewinnen, sei nebenbei, aber nicht als nebensächlich, erwähnt.

Was nun zunächst die Zeit betrifft, so habe ich die Hcrbstferienwoche gewählt, was
mir etwas ganz ungewöhnliches zu sein scheint. Alle Schülerfahrten nämlich, von
denen ich gehört und gelesen habe, z. B. die am Falkrealgymnas.um in Berlin seit
mehreren Jahrzehnten üblichen, werden in der Pfingstwoche, nur wenige in den
großen Ferien unternommen. Diese kommen für mich uun gar acht u. -vetrach,
da diele Primaner dann mit ihren Angehörigen in der Sommerfrische find; auch
dürfte die Benutzung eines Schnellzuges — darüber später mehr! — in den Sommer¬
monaten meist ganz ausgeschlossen sein. Das Herbstwetter ist für Waudrnngen im all¬
gemeinen entschieden günstiger als das im „wunderschönen," oft recht nassen Ma. Ferner
ergießt sich um die Zeit des „lieblichen" Pfiugstfests herum gewöhnlich unser mehr
oder minder heftigen Regenschanern ein solcher häufig geradezu unheimlicher Menschen-
strom in alle Hanptausflugsorte. daß es um Unterkunft und Verpflegung von Schülern
meist nicht sonderlich bestellt sein wird. In. Oktober dagegen haben diese sowohl
in Harz als auch in Thüringen bei fast allen Gastwirten nach dem schönen Wahl¬
spruche: Billig und gut' gelebt. Gegen die Reisen im Herbste spricht eigentlich nurdie Kürze der Tage. Aber sie tut dem Zweck der Fahrt keineswegs Abbruch,wenn nur morgens recht früh aufgebrochen wird. Dann können die Wandrungen'M. neun, ja zehn Stunden währen (z. B. von Zellerfeld nach Ilsenburg über
Schalle. RvmkerlM und Harzburg); die Hauptmahlzeit findet zwischen b und 7 Uhr
Iland. Danach „sitzen wir traulich beisammen," ein Rundgesang wird angestimmt,dle „Dichteritis" grassiert, und nachdem sie genug Opfer gefordert hat, geht man
zeitig zur Ruhe, um um folgenden Morgen zum frühen Ausbrüche gestärkt zu sein.

Zur Teilnahme an solchen größern Ferienreisen können sich alle Primaner
melden, die in Betragen, Fleiß und Aufmerksamkeit nichts zu wünschen übrig lassen
und vom Turner nicht befreit sind. Aus ihnen werden dann zwölf bis sechzehn
ausgewählt, namentlich solche, die wegen ihrer häuslichen Verhältnisse aus der aller-
engsten Heimat noch nicht herausgekommen sind und voraussichtlich auch spater nicht
weit hinauskommen werden, die sich aber sür die Anregung durch Natur und Kunst
durchaus empfänglich zeigen. Also auf den Charakter wird besondre Rücksicht ge¬
nommen, nicht aber ans Stand oder Vermögen des Vaters; vielmehr wandert, schläft,
ißt und trinkt der Sohn eines reichen Geheimrath genieinsam mit dem eines armen
Subalternbeamten. Im allgemeinen habe ich es erreicht, daß sich die Jünglinge
in ihrem Wesen gegenseitig ergänzten. Ein sehr braver, aber seltsam stiller und
w sich gekehrter Musterknabe, der auf dem besten oder vielmehr schlechtesten Wege
war, schon als Primaner ein Sonderling zu werden, ist allem Anschein nach durch das
längere Zusammensein mit fröhlichen Altersgenossen zu etwas andern Auschnuungeu
über Kameradschaft gekommen. — Zum Unterschied von dem gewöhnlich geübten
und gewünschten Verfahren lasse ich also geflissentlich nicht alle Schüler einer be¬
stimmten Klasse teilnehmen, sondern treffe nach pädagogischen Grundsätzen eine
sorgfältige Auswahl. Die Reise, die dem Lehrer zu manchen wichtigen Beobachtungen
Gelegenheit gibt, soll für die Schüler ein Ansporn zu gutem Verhalten oder eine
Belohnung sein. Weil es manche in. ersten Halbjahre, das bei unserm seltsamen
Schuljahrsbeginn in das Frühjahr und den Sommer fällt, ein Fleiß fehlen M M
s° mache ich gleich nach Ostern deu Eltern der Schüler, die überhaupt bermks.ehe g
werden können und wollen, eine Mitteilung, auch wegen des P^us °er ^e.,e im
allgemeinen, damit sich die Schüler über das zu durchwandernde Geb.et beizeiten
selbst belehren. , < ,,

?Wie werden nun die Kosten aufgebracht? Ich habe hier co ogenanntes
Winterfest eingeführt, das gewöhnlich Anfang Dezember stattfindet. Dabei wechseln


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0185" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239741"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_961" prev="#ID_960"> allgem durch eine Reise in ganz fremde Gegenden sehr gefördert wird. Wie<lb/>
mannigfache Vergleiche bieten sich dar, und wie lehrreich sind sie! Daß dnrch<lb/>
sieben- bis achttägiges Zusammensein die Jünglinge kameradschaftlichen Sinn zu<lb/>
betätigen lernen und aus den Wandrungen auch Befriedigung an eignen Leistungen<lb/>
gewinnen, sei nebenbei, aber nicht als nebensächlich, erwähnt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_962"> Was nun zunächst die Zeit betrifft, so habe ich die Hcrbstferienwoche gewählt, was<lb/>
mir etwas ganz ungewöhnliches zu sein scheint. Alle Schülerfahrten nämlich, von<lb/>
denen ich gehört und gelesen habe, z. B. die am Falkrealgymnas.um in Berlin seit<lb/>
mehreren Jahrzehnten üblichen, werden in der Pfingstwoche, nur wenige in den<lb/>
großen Ferien unternommen. Diese kommen für mich uun gar acht u. -vetrach,<lb/>
da diele Primaner dann mit ihren Angehörigen in der Sommerfrische find; auch<lb/>
dürfte die Benutzung eines Schnellzuges &#x2014; darüber später mehr! &#x2014; in den Sommer¬<lb/>
monaten meist ganz ausgeschlossen sein. Das Herbstwetter ist für Waudrnngen im all¬<lb/>
gemeinen entschieden günstiger als das im &#x201E;wunderschönen," oft recht nassen Ma. Ferner<lb/>
ergießt sich um die Zeit des &#x201E;lieblichen" Pfiugstfests herum gewöhnlich unser mehr<lb/>
oder minder heftigen Regenschanern ein solcher häufig geradezu unheimlicher Menschen-<lb/>
strom in alle Hanptausflugsorte. daß es um Unterkunft und Verpflegung von Schülern<lb/>
meist nicht sonderlich bestellt sein wird. In. Oktober dagegen haben diese sowohl<lb/>
in Harz als auch in Thüringen bei fast allen Gastwirten nach dem schönen Wahl¬<lb/>
spruche: Billig und gut' gelebt. Gegen die Reisen im Herbste spricht eigentlich nurdie Kürze der Tage. Aber sie tut dem Zweck der Fahrt keineswegs Abbruch,wenn nur morgens recht früh aufgebrochen wird. Dann können die Wandrungen'M. neun, ja zehn Stunden währen (z. B. von Zellerfeld nach Ilsenburg über<lb/>
Schalle. RvmkerlM und Harzburg); die Hauptmahlzeit findet zwischen b und 7 Uhr<lb/>
Iland. Danach &#x201E;sitzen wir traulich beisammen," ein Rundgesang wird angestimmt,dle &#x201E;Dichteritis" grassiert, und nachdem sie genug Opfer gefordert hat, geht man<lb/>
zeitig zur Ruhe, um um folgenden Morgen zum frühen Ausbrüche gestärkt zu sein.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_963"> Zur Teilnahme an solchen größern Ferienreisen können sich alle Primaner<lb/>
melden, die in Betragen, Fleiß und Aufmerksamkeit nichts zu wünschen übrig lassen<lb/>
und vom Turner nicht befreit sind. Aus ihnen werden dann zwölf bis sechzehn<lb/>
ausgewählt, namentlich solche, die wegen ihrer häuslichen Verhältnisse aus der aller-<lb/>
engsten Heimat noch nicht herausgekommen sind und voraussichtlich auch spater nicht<lb/>
weit hinauskommen werden, die sich aber sür die Anregung durch Natur und Kunst<lb/>
durchaus empfänglich zeigen. Also auf den Charakter wird besondre Rücksicht ge¬<lb/>
nommen, nicht aber ans Stand oder Vermögen des Vaters; vielmehr wandert, schläft,<lb/>
ißt und trinkt der Sohn eines reichen Geheimrath genieinsam mit dem eines armen<lb/>
Subalternbeamten. Im allgemeinen habe ich es erreicht, daß sich die Jünglinge<lb/>
in ihrem Wesen gegenseitig ergänzten. Ein sehr braver, aber seltsam stiller und<lb/>
w sich gekehrter Musterknabe, der auf dem besten oder vielmehr schlechtesten Wege<lb/>
war, schon als Primaner ein Sonderling zu werden, ist allem Anschein nach durch das<lb/>
längere Zusammensein mit fröhlichen Altersgenossen zu etwas andern Auschnuungeu<lb/>
über Kameradschaft gekommen. &#x2014; Zum Unterschied von dem gewöhnlich geübten<lb/>
und gewünschten Verfahren lasse ich also geflissentlich nicht alle Schüler einer be¬<lb/>
stimmten Klasse teilnehmen, sondern treffe nach pädagogischen Grundsätzen eine<lb/>
sorgfältige Auswahl. Die Reise, die dem Lehrer zu manchen wichtigen Beobachtungen<lb/>
Gelegenheit gibt, soll für die Schüler ein Ansporn zu gutem Verhalten oder eine<lb/>
Belohnung sein. Weil es manche in. ersten Halbjahre, das bei unserm seltsamen<lb/>
Schuljahrsbeginn in das Frühjahr und den Sommer fällt, ein Fleiß fehlen M M<lb/>
s° mache ich gleich nach Ostern deu Eltern der Schüler, die überhaupt bermks.ehe g<lb/>
werden können und wollen, eine Mitteilung, auch wegen des P^us °er ^e.,e im<lb/>
allgemeinen, damit sich die Schüler über das zu durchwandernde Geb.et beizeiten<lb/>
selbst belehren. , &lt;  ,, </p><lb/>
            <p xml:id="ID_964" next="#ID_965"> ?Wie werden nun die Kosten aufgebracht? Ich habe hier co ogenanntes<lb/>
Winterfest eingeführt, das gewöhnlich Anfang Dezember stattfindet. Dabei wechseln</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0185] Maßgebliches und Unmaßgebliches allgem durch eine Reise in ganz fremde Gegenden sehr gefördert wird. Wie mannigfache Vergleiche bieten sich dar, und wie lehrreich sind sie! Daß dnrch sieben- bis achttägiges Zusammensein die Jünglinge kameradschaftlichen Sinn zu betätigen lernen und aus den Wandrungen auch Befriedigung an eignen Leistungen gewinnen, sei nebenbei, aber nicht als nebensächlich, erwähnt. Was nun zunächst die Zeit betrifft, so habe ich die Hcrbstferienwoche gewählt, was mir etwas ganz ungewöhnliches zu sein scheint. Alle Schülerfahrten nämlich, von denen ich gehört und gelesen habe, z. B. die am Falkrealgymnas.um in Berlin seit mehreren Jahrzehnten üblichen, werden in der Pfingstwoche, nur wenige in den großen Ferien unternommen. Diese kommen für mich uun gar acht u. -vetrach, da diele Primaner dann mit ihren Angehörigen in der Sommerfrische find; auch dürfte die Benutzung eines Schnellzuges — darüber später mehr! — in den Sommer¬ monaten meist ganz ausgeschlossen sein. Das Herbstwetter ist für Waudrnngen im all¬ gemeinen entschieden günstiger als das im „wunderschönen," oft recht nassen Ma. Ferner ergießt sich um die Zeit des „lieblichen" Pfiugstfests herum gewöhnlich unser mehr oder minder heftigen Regenschanern ein solcher häufig geradezu unheimlicher Menschen- strom in alle Hanptausflugsorte. daß es um Unterkunft und Verpflegung von Schülern meist nicht sonderlich bestellt sein wird. In. Oktober dagegen haben diese sowohl in Harz als auch in Thüringen bei fast allen Gastwirten nach dem schönen Wahl¬ spruche: Billig und gut' gelebt. Gegen die Reisen im Herbste spricht eigentlich nurdie Kürze der Tage. Aber sie tut dem Zweck der Fahrt keineswegs Abbruch,wenn nur morgens recht früh aufgebrochen wird. Dann können die Wandrungen'M. neun, ja zehn Stunden währen (z. B. von Zellerfeld nach Ilsenburg über Schalle. RvmkerlM und Harzburg); die Hauptmahlzeit findet zwischen b und 7 Uhr Iland. Danach „sitzen wir traulich beisammen," ein Rundgesang wird angestimmt,dle „Dichteritis" grassiert, und nachdem sie genug Opfer gefordert hat, geht man zeitig zur Ruhe, um um folgenden Morgen zum frühen Ausbrüche gestärkt zu sein. Zur Teilnahme an solchen größern Ferienreisen können sich alle Primaner melden, die in Betragen, Fleiß und Aufmerksamkeit nichts zu wünschen übrig lassen und vom Turner nicht befreit sind. Aus ihnen werden dann zwölf bis sechzehn ausgewählt, namentlich solche, die wegen ihrer häuslichen Verhältnisse aus der aller- engsten Heimat noch nicht herausgekommen sind und voraussichtlich auch spater nicht weit hinauskommen werden, die sich aber sür die Anregung durch Natur und Kunst durchaus empfänglich zeigen. Also auf den Charakter wird besondre Rücksicht ge¬ nommen, nicht aber ans Stand oder Vermögen des Vaters; vielmehr wandert, schläft, ißt und trinkt der Sohn eines reichen Geheimrath genieinsam mit dem eines armen Subalternbeamten. Im allgemeinen habe ich es erreicht, daß sich die Jünglinge in ihrem Wesen gegenseitig ergänzten. Ein sehr braver, aber seltsam stiller und w sich gekehrter Musterknabe, der auf dem besten oder vielmehr schlechtesten Wege war, schon als Primaner ein Sonderling zu werden, ist allem Anschein nach durch das längere Zusammensein mit fröhlichen Altersgenossen zu etwas andern Auschnuungeu über Kameradschaft gekommen. — Zum Unterschied von dem gewöhnlich geübten und gewünschten Verfahren lasse ich also geflissentlich nicht alle Schüler einer be¬ stimmten Klasse teilnehmen, sondern treffe nach pädagogischen Grundsätzen eine sorgfältige Auswahl. Die Reise, die dem Lehrer zu manchen wichtigen Beobachtungen Gelegenheit gibt, soll für die Schüler ein Ansporn zu gutem Verhalten oder eine Belohnung sein. Weil es manche in. ersten Halbjahre, das bei unserm seltsamen Schuljahrsbeginn in das Frühjahr und den Sommer fällt, ein Fleiß fehlen M M s° mache ich gleich nach Ostern deu Eltern der Schüler, die überhaupt bermks.ehe g werden können und wollen, eine Mitteilung, auch wegen des P^us °er ^e.,e im allgemeinen, damit sich die Schüler über das zu durchwandernde Geb.et beizeiten selbst belehren. , < ,, ?Wie werden nun die Kosten aufgebracht? Ich habe hier co ogenanntes Winterfest eingeführt, das gewöhnlich Anfang Dezember stattfindet. Dabei wechseln

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/185
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/185>, abgerufen am 24.11.2024.