wer sich in die Betrachtung dieses Wunders versenke, der müsse hingerissen werden von der Bewundrung des Schöpfers (non xotsrit- ne>n oxtasi ans-clam k^dripi aäwiiÄlionis trlmstorenclliö in rsrum autorsni).
Die Monnde kommt aber auf keine andre Weise zu sich, als durch die Verbindung mit organisierter Materie. Diese Verbindung darf man nicht so verstehn, daß zwei Wesen zusammengekoppelt würden, die einander fremd waren und sich nichts angingen. Vielmehr sind die Monade und ihr Leib so für¬ einander eingerichtet, daß die leibliche Organisation der Monade die Entfaltung ihres Inhalts möglich macht. Darin zunächst besteht die prästabilierte Harmonie, nicht darin, daß.' wie sich die Okkasioualisteu Geulinx und Malebranche die Sache vorstellten, zwei Mechanismen nebeneinander ablaufen, die Gott so eingerichtet hat, daß, wenn es im auswendigen blitzt, zugleich im inwendigen das Stück Rolle mit der Vorstellung des Blitzes in die vom Bewußtsein be¬ leuchtete Öffnung tritt. Die Monaden sind aber nicht etwa die Bestandteile der Materie, sondern die Träger der Welt der Phänomene. Diese sind eben Erscheinung, Offenbarung und Organ der Monaden. Leibniz verdeutlicht seine Meinung durch ein geometrisches Bild. "Wie es keinen Teil einer Linie gibt, der nicht eine unendliche Menge von Punkten enthielte, so gibt es keinen Teil der Materie, in dem nicht'unendlich viele Substanzen vorhanden wären. Aber wie der Punkt nicht ein Teil der Linie ist, so ist auch nicht die seelische Einheit, sondern ihr Leib ein Teil der Materie." Wenn wir uns daran er¬ innern, daß für Leibniz schon der geometrische Punkt, dessen Bewegung die Linie erzeugt, etwas Lebendiges ist, so werden wir das Bild sehr passend finden. Durch die Materie stehn die Seelen miteinander in Verbindung; wie anders wäre auch eine Verbindung denkbar, wenn sie sich nicht einander er¬ scheinend offenbarten und aufeinander wirkten. (Wir überlassen es den Fach¬ leuten, die Darstellung Cassirers mit der gewöhnlichen, wonach die Monaden "keine Fenster haben" und nicht auseinander wirken, in Übereinstimmung zu bringen.) Darum sind reine Geister nicht möglich; solche würden vom all gemeinen Weltzusammenhang losgelöst und gewissermaßen Deserteure sein, 1"" ässsrtsnrs as l'oräre Aonvrg.1. Die Glieder der Monadenwelt hängen durch die Materie derart miteinander zusammen, daß jede Veränderung, die in einer vorgeht, auf alle, auch die entferntesten, fortwirkt, wenn auch die mit der Entfernung immer schwächer werdende Wirkung von den entfernter:, nicht mehr wahrgenommen wird. Ähnlich wie mit dem örtlichen verhält es sich mit dem Abstände in der Organisation. Je niedriger ein Wesen in der Rang¬ ordnung der Vollkommenheit steht, desto dunkler und spärlicher sind seine Wahrnehmungen. Die niedrigsten Organismen genießen keine Selbständigkeit, sondern sind zu Leibern von Zentralmonaden verbunden. Mit der Beseelung der Materie bis ins unendlich Kleine hinein meint Leibniz nicht, daß jeder Teil der Materie beseelt sei. Allerdings sei jeder noch so kleine Teil voll Tiere und Pflanzen, und es könne in der Welt des Kleinen uoch andre Or ganismen geben, die weder Tiere noch Pflanzen sind, und die wir gar nicht rennen; aber er bezeichne die kleinsten Materienteile eben als Fischteiche; der Teich sei kein Organismus, sondern enthalte nur Organismen. Wird dadurch
wer sich in die Betrachtung dieses Wunders versenke, der müsse hingerissen werden von der Bewundrung des Schöpfers (non xotsrit- ne>n oxtasi ans-clam k^dripi aäwiiÄlionis trlmstorenclliö in rsrum autorsni).
Die Monnde kommt aber auf keine andre Weise zu sich, als durch die Verbindung mit organisierter Materie. Diese Verbindung darf man nicht so verstehn, daß zwei Wesen zusammengekoppelt würden, die einander fremd waren und sich nichts angingen. Vielmehr sind die Monade und ihr Leib so für¬ einander eingerichtet, daß die leibliche Organisation der Monade die Entfaltung ihres Inhalts möglich macht. Darin zunächst besteht die prästabilierte Harmonie, nicht darin, daß.' wie sich die Okkasioualisteu Geulinx und Malebranche die Sache vorstellten, zwei Mechanismen nebeneinander ablaufen, die Gott so eingerichtet hat, daß, wenn es im auswendigen blitzt, zugleich im inwendigen das Stück Rolle mit der Vorstellung des Blitzes in die vom Bewußtsein be¬ leuchtete Öffnung tritt. Die Monaden sind aber nicht etwa die Bestandteile der Materie, sondern die Träger der Welt der Phänomene. Diese sind eben Erscheinung, Offenbarung und Organ der Monaden. Leibniz verdeutlicht seine Meinung durch ein geometrisches Bild. „Wie es keinen Teil einer Linie gibt, der nicht eine unendliche Menge von Punkten enthielte, so gibt es keinen Teil der Materie, in dem nicht'unendlich viele Substanzen vorhanden wären. Aber wie der Punkt nicht ein Teil der Linie ist, so ist auch nicht die seelische Einheit, sondern ihr Leib ein Teil der Materie." Wenn wir uns daran er¬ innern, daß für Leibniz schon der geometrische Punkt, dessen Bewegung die Linie erzeugt, etwas Lebendiges ist, so werden wir das Bild sehr passend finden. Durch die Materie stehn die Seelen miteinander in Verbindung; wie anders wäre auch eine Verbindung denkbar, wenn sie sich nicht einander er¬ scheinend offenbarten und aufeinander wirkten. (Wir überlassen es den Fach¬ leuten, die Darstellung Cassirers mit der gewöhnlichen, wonach die Monaden „keine Fenster haben" und nicht auseinander wirken, in Übereinstimmung zu bringen.) Darum sind reine Geister nicht möglich; solche würden vom all gemeinen Weltzusammenhang losgelöst und gewissermaßen Deserteure sein, 1«» ässsrtsnrs as l'oräre Aonvrg.1. Die Glieder der Monadenwelt hängen durch die Materie derart miteinander zusammen, daß jede Veränderung, die in einer vorgeht, auf alle, auch die entferntesten, fortwirkt, wenn auch die mit der Entfernung immer schwächer werdende Wirkung von den entfernter:, nicht mehr wahrgenommen wird. Ähnlich wie mit dem örtlichen verhält es sich mit dem Abstände in der Organisation. Je niedriger ein Wesen in der Rang¬ ordnung der Vollkommenheit steht, desto dunkler und spärlicher sind seine Wahrnehmungen. Die niedrigsten Organismen genießen keine Selbständigkeit, sondern sind zu Leibern von Zentralmonaden verbunden. Mit der Beseelung der Materie bis ins unendlich Kleine hinein meint Leibniz nicht, daß jeder Teil der Materie beseelt sei. Allerdings sei jeder noch so kleine Teil voll Tiere und Pflanzen, und es könne in der Welt des Kleinen uoch andre Or ganismen geben, die weder Tiere noch Pflanzen sind, und die wir gar nicht rennen; aber er bezeichne die kleinsten Materienteile eben als Fischteiche; der Teich sei kein Organismus, sondern enthalte nur Organismen. Wird dadurch
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[0147]
wer sich in die Betrachtung dieses Wunders versenke, der müsse hingerissen
werden von der Bewundrung des Schöpfers (non xotsrit- ne>n oxtasi ans-clam
k^dripi aäwiiÄlionis trlmstorenclliö in rsrum autorsni).
Die Monnde kommt aber auf keine andre Weise zu sich, als durch die
Verbindung mit organisierter Materie. Diese Verbindung darf man nicht so
verstehn, daß zwei Wesen zusammengekoppelt würden, die einander fremd waren
und sich nichts angingen. Vielmehr sind die Monade und ihr Leib so für¬
einander eingerichtet, daß die leibliche Organisation der Monade die Entfaltung
ihres Inhalts möglich macht. Darin zunächst besteht die prästabilierte Harmonie,
nicht darin, daß.' wie sich die Okkasioualisteu Geulinx und Malebranche die
Sache vorstellten, zwei Mechanismen nebeneinander ablaufen, die Gott so
eingerichtet hat, daß, wenn es im auswendigen blitzt, zugleich im inwendigen
das Stück Rolle mit der Vorstellung des Blitzes in die vom Bewußtsein be¬
leuchtete Öffnung tritt. Die Monaden sind aber nicht etwa die Bestandteile
der Materie, sondern die Träger der Welt der Phänomene. Diese sind eben
Erscheinung, Offenbarung und Organ der Monaden. Leibniz verdeutlicht seine
Meinung durch ein geometrisches Bild. „Wie es keinen Teil einer Linie gibt,
der nicht eine unendliche Menge von Punkten enthielte, so gibt es keinen
Teil der Materie, in dem nicht'unendlich viele Substanzen vorhanden wären.
Aber wie der Punkt nicht ein Teil der Linie ist, so ist auch nicht die seelische
Einheit, sondern ihr Leib ein Teil der Materie." Wenn wir uns daran er¬
innern, daß für Leibniz schon der geometrische Punkt, dessen Bewegung die
Linie erzeugt, etwas Lebendiges ist, so werden wir das Bild sehr passend
finden. Durch die Materie stehn die Seelen miteinander in Verbindung; wie
anders wäre auch eine Verbindung denkbar, wenn sie sich nicht einander er¬
scheinend offenbarten und aufeinander wirkten. (Wir überlassen es den Fach¬
leuten, die Darstellung Cassirers mit der gewöhnlichen, wonach die Monaden
„keine Fenster haben" und nicht auseinander wirken, in Übereinstimmung zu
bringen.) Darum sind reine Geister nicht möglich; solche würden vom all
gemeinen Weltzusammenhang losgelöst und gewissermaßen Deserteure sein, 1«»
ässsrtsnrs as l'oräre Aonvrg.1. Die Glieder der Monadenwelt hängen durch
die Materie derart miteinander zusammen, daß jede Veränderung, die in einer
vorgeht, auf alle, auch die entferntesten, fortwirkt, wenn auch die mit der
Entfernung immer schwächer werdende Wirkung von den entfernter:, nicht
mehr wahrgenommen wird. Ähnlich wie mit dem örtlichen verhält es sich
mit dem Abstände in der Organisation. Je niedriger ein Wesen in der Rang¬
ordnung der Vollkommenheit steht, desto dunkler und spärlicher sind seine
Wahrnehmungen. Die niedrigsten Organismen genießen keine Selbständigkeit,
sondern sind zu Leibern von Zentralmonaden verbunden. Mit der Beseelung
der Materie bis ins unendlich Kleine hinein meint Leibniz nicht, daß jeder
Teil der Materie beseelt sei. Allerdings sei jeder noch so kleine Teil voll
Tiere und Pflanzen, und es könne in der Welt des Kleinen uoch andre Or
ganismen geben, die weder Tiere noch Pflanzen sind, und die wir gar nicht
rennen; aber er bezeichne die kleinsten Materienteile eben als Fischteiche; der
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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/147>, abgerufen am 27.11.2024.
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