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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

genannte "Samaraexpedition," hat die Möglichkeit eines Verbiudnngsknnals vom
Ann-Darja nach dem Kaspisee erivieseu. Über die Bedeutung einer Wasserver-
bindung, die die einstigen Kulturstätte" westlich von Chiwa durchziehu, gegen
50000 Qundrativerst bisher unbebauten Bodens bewässern und die jährlichen liber-
schwemmnngen im Delta des Anm-Darja beseitigen würde, kann kaum ein Zweifel
bestehn. Es hatte auch schon vor Jahren eine Gruppe russischer Kapitalisten eine
Eingabe um Konzessivuierung einer solchen Kanalanlage beim Ministerium eingereicht,
aber die Genehmigung nicht erhalten, weil in Rußland solche Privatunternehmungen
nicht beliebt sind. Gerade diese Aufgabe dürfte bei Gelegenheit die russische Re¬
-- ? -- gierung selbst in die Hand nehmen,


Ein Beitrag zu den Anfängen der deutscheu Kolonialpolitik,

In
dem jüngst von uns in den Grenzboten (Ur. 50) besprochnen Buche des Obersten
Schiel finden wir Angaben aus erster Quelle zur Geschichte der deutschen Kolvuinl-
Pvlitik, die beachtenswert sind. Es ist die erste und, wie es scheint, entscheidende
Aufklärung über die Santa Lucia-Bai-Angelegenheit; es ist zugleich ein Beitrag
zur Kenntnis der Stellung Bismarcks in den Anfängen der deutschen Kolonien
und in den südafrikanischen Angelegenheiten überhaupt. Als Schiel 1884 als
Bevollmächtigter der Südafrikanische" Republik im nördlichen Zulnlnnd weilte, wo
sich damals um die neue Burensicdlung Vryheid uach dem siegreich beendeten Zulu-
triegc die "Neue Republik" zu bilden anfing, die dann in den Mntterstaat auf.
genommen wurde, stellte sich ihm ein Deutscher mit Brille, Gehrock und Minder
vor, als Abgesandter von Lüderitz, der ihn beauftragt habe, von dem Zuluhäuptliug
Dinizulu die Santa Luciabai mit einem darumliegeudeu Gebiet zu erwerben, über
die dann die deutsche Negierung ihre Schntzhcrrschnft erklären werde. August Ein¬
Wald hatte, bezeichnend für ihn und Lüderitz, kein einziges amtliches Papier, nicht
einmal einen schriftlichen Auftrag vou Lüderitz, angeblich der Geheimhaltung des
Auftrags wegen. Trotzdem machten er und sein Plan ans Schiel den Eindruck
der Wahrheit, Schiel erwog mit Recht vor allem, daß Lüderitz einen solchen Schritt
nicht tun würde, wenn er sich nicht der Gutheißung der deutsche" Regierung ver¬
sichert hätte. Die Santa Lnciabai war damals förmlich als ein Gebiet außerhalb
der englischen Sphäre erklärt worden, da die englischen Staatsmänner den Umhlatusi
zur Nordgrenze gegeben hatten. Schiel führte also ein Zusammentreffen Einwalds
mit Dinizulu zu Emniati herbei und brachte es durch seine Vermittlung dahin,
daß sich Dinizulu und die andern Zuluhäuptliuge bereit erklärten, die Santa Lucia-
bai mit 100000 Acres Land an Lüderitz zu verkaufen, vorausgesetzt, daß die
deutsche Regierung die Schntzherrschaft über die Bai und das Zululand übernehme.
Die Abtretungsurkunde wurde sofort auf Schiels Namen ausgefertigt. Während
EinWald in Kapstadt blieb, reiste Schiel nach Bremen, erfuhr von Lüderitz, daß
alle Angaben EinWalds der Wahrheit entsprächen, zugleich aber auch, daß England
wenig Tage nach Schiels Abreise die Santa Luciabni zu seinem Schutzgebiet er¬
klärt habe. Wenig Tage nach seiner Ankunft hatten Schiel und Lüderitz eine
Zusammenkunft mit dem Legationsrat von Knsserow im Auswärtigen Amt, und
Schiel erhielt an demselben Tage vom Fürsten Bismarck eine Einladung zur Tafel.
Er durfte seine Auffassung von der Möglichkeit einer Ausdehnung des neuen deutscheu
Protektorats über Mntabele-, Mnschona- und Barotse-Luid erörtern und fand den
Fürsten bereit, dem Unternehmen näher zu treten, wenn es durchgeführt werden könnte,
ohne sich mit dem Burenfreistante zu verfeinden. England werde mit aller Kraft Op¬
position machen, aber er fürchte diese Opposition nicht; mit den Bure" Hand in Hand
könne Deutschland in jenen Gebieten vorgehe "mit ihnen verfeinden will ich mich
nicht." Die deutsche Regierung protestierte einstweilen gegen die englische Besitz¬
ergreifung der Santa Lnciabai, und Bismarck erklärte einige Tage nach der ersten
Unterredung Schiel, daß er den deutschen Generalkonsul in Kapstadt beauftragt
habe, unes Pretoria zu gehn. Da er es zugleich für wünschenswert erklärte, daß


Maßgebliches und Unmaßgebliches

genannte „Samaraexpedition," hat die Möglichkeit eines Verbiudnngsknnals vom
Ann-Darja nach dem Kaspisee erivieseu. Über die Bedeutung einer Wasserver-
bindung, die die einstigen Kulturstätte» westlich von Chiwa durchziehu, gegen
50000 Qundrativerst bisher unbebauten Bodens bewässern und die jährlichen liber-
schwemmnngen im Delta des Anm-Darja beseitigen würde, kann kaum ein Zweifel
bestehn. Es hatte auch schon vor Jahren eine Gruppe russischer Kapitalisten eine
Eingabe um Konzessivuierung einer solchen Kanalanlage beim Ministerium eingereicht,
aber die Genehmigung nicht erhalten, weil in Rußland solche Privatunternehmungen
nicht beliebt sind. Gerade diese Aufgabe dürfte bei Gelegenheit die russische Re¬
— ? — gierung selbst in die Hand nehmen,


Ein Beitrag zu den Anfängen der deutscheu Kolonialpolitik,

In
dem jüngst von uns in den Grenzboten (Ur. 50) besprochnen Buche des Obersten
Schiel finden wir Angaben aus erster Quelle zur Geschichte der deutschen Kolvuinl-
Pvlitik, die beachtenswert sind. Es ist die erste und, wie es scheint, entscheidende
Aufklärung über die Santa Lucia-Bai-Angelegenheit; es ist zugleich ein Beitrag
zur Kenntnis der Stellung Bismarcks in den Anfängen der deutschen Kolonien
und in den südafrikanischen Angelegenheiten überhaupt. Als Schiel 1884 als
Bevollmächtigter der Südafrikanische» Republik im nördlichen Zulnlnnd weilte, wo
sich damals um die neue Burensicdlung Vryheid uach dem siegreich beendeten Zulu-
triegc die „Neue Republik" zu bilden anfing, die dann in den Mntterstaat auf.
genommen wurde, stellte sich ihm ein Deutscher mit Brille, Gehrock und Minder
vor, als Abgesandter von Lüderitz, der ihn beauftragt habe, von dem Zuluhäuptliug
Dinizulu die Santa Luciabai mit einem darumliegeudeu Gebiet zu erwerben, über
die dann die deutsche Negierung ihre Schntzhcrrschnft erklären werde. August Ein¬
Wald hatte, bezeichnend für ihn und Lüderitz, kein einziges amtliches Papier, nicht
einmal einen schriftlichen Auftrag vou Lüderitz, angeblich der Geheimhaltung des
Auftrags wegen. Trotzdem machten er und sein Plan ans Schiel den Eindruck
der Wahrheit, Schiel erwog mit Recht vor allem, daß Lüderitz einen solchen Schritt
nicht tun würde, wenn er sich nicht der Gutheißung der deutsche» Regierung ver¬
sichert hätte. Die Santa Lnciabai war damals förmlich als ein Gebiet außerhalb
der englischen Sphäre erklärt worden, da die englischen Staatsmänner den Umhlatusi
zur Nordgrenze gegeben hatten. Schiel führte also ein Zusammentreffen Einwalds
mit Dinizulu zu Emniati herbei und brachte es durch seine Vermittlung dahin,
daß sich Dinizulu und die andern Zuluhäuptliuge bereit erklärten, die Santa Lucia-
bai mit 100000 Acres Land an Lüderitz zu verkaufen, vorausgesetzt, daß die
deutsche Regierung die Schntzherrschaft über die Bai und das Zululand übernehme.
Die Abtretungsurkunde wurde sofort auf Schiels Namen ausgefertigt. Während
EinWald in Kapstadt blieb, reiste Schiel nach Bremen, erfuhr von Lüderitz, daß
alle Angaben EinWalds der Wahrheit entsprächen, zugleich aber auch, daß England
wenig Tage nach Schiels Abreise die Santa Luciabni zu seinem Schutzgebiet er¬
klärt habe. Wenig Tage nach seiner Ankunft hatten Schiel und Lüderitz eine
Zusammenkunft mit dem Legationsrat von Knsserow im Auswärtigen Amt, und
Schiel erhielt an demselben Tage vom Fürsten Bismarck eine Einladung zur Tafel.
Er durfte seine Auffassung von der Möglichkeit einer Ausdehnung des neuen deutscheu
Protektorats über Mntabele-, Mnschona- und Barotse-Luid erörtern und fand den
Fürsten bereit, dem Unternehmen näher zu treten, wenn es durchgeführt werden könnte,
ohne sich mit dem Burenfreistante zu verfeinden. England werde mit aller Kraft Op¬
position machen, aber er fürchte diese Opposition nicht; mit den Bure» Hand in Hand
könne Deutschland in jenen Gebieten vorgehe „mit ihnen verfeinden will ich mich
nicht." Die deutsche Regierung protestierte einstweilen gegen die englische Besitz¬
ergreifung der Santa Lnciabai, und Bismarck erklärte einige Tage nach der ersten
Unterredung Schiel, daß er den deutschen Generalkonsul in Kapstadt beauftragt
habe, unes Pretoria zu gehn. Da er es zugleich für wünschenswert erklärte, daß


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[0123] Maßgebliches und Unmaßgebliches genannte „Samaraexpedition," hat die Möglichkeit eines Verbiudnngsknnals vom Ann-Darja nach dem Kaspisee erivieseu. Über die Bedeutung einer Wasserver- bindung, die die einstigen Kulturstätte» westlich von Chiwa durchziehu, gegen 50000 Qundrativerst bisher unbebauten Bodens bewässern und die jährlichen liber- schwemmnngen im Delta des Anm-Darja beseitigen würde, kann kaum ein Zweifel bestehn. Es hatte auch schon vor Jahren eine Gruppe russischer Kapitalisten eine Eingabe um Konzessivuierung einer solchen Kanalanlage beim Ministerium eingereicht, aber die Genehmigung nicht erhalten, weil in Rußland solche Privatunternehmungen nicht beliebt sind. Gerade diese Aufgabe dürfte bei Gelegenheit die russische Re¬ — ? — gierung selbst in die Hand nehmen, Ein Beitrag zu den Anfängen der deutscheu Kolonialpolitik, In dem jüngst von uns in den Grenzboten (Ur. 50) besprochnen Buche des Obersten Schiel finden wir Angaben aus erster Quelle zur Geschichte der deutschen Kolvuinl- Pvlitik, die beachtenswert sind. Es ist die erste und, wie es scheint, entscheidende Aufklärung über die Santa Lucia-Bai-Angelegenheit; es ist zugleich ein Beitrag zur Kenntnis der Stellung Bismarcks in den Anfängen der deutschen Kolonien und in den südafrikanischen Angelegenheiten überhaupt. Als Schiel 1884 als Bevollmächtigter der Südafrikanische» Republik im nördlichen Zulnlnnd weilte, wo sich damals um die neue Burensicdlung Vryheid uach dem siegreich beendeten Zulu- triegc die „Neue Republik" zu bilden anfing, die dann in den Mntterstaat auf. genommen wurde, stellte sich ihm ein Deutscher mit Brille, Gehrock und Minder vor, als Abgesandter von Lüderitz, der ihn beauftragt habe, von dem Zuluhäuptliug Dinizulu die Santa Luciabai mit einem darumliegeudeu Gebiet zu erwerben, über die dann die deutsche Negierung ihre Schntzhcrrschnft erklären werde. August Ein¬ Wald hatte, bezeichnend für ihn und Lüderitz, kein einziges amtliches Papier, nicht einmal einen schriftlichen Auftrag vou Lüderitz, angeblich der Geheimhaltung des Auftrags wegen. Trotzdem machten er und sein Plan ans Schiel den Eindruck der Wahrheit, Schiel erwog mit Recht vor allem, daß Lüderitz einen solchen Schritt nicht tun würde, wenn er sich nicht der Gutheißung der deutsche» Regierung ver¬ sichert hätte. Die Santa Lnciabai war damals förmlich als ein Gebiet außerhalb der englischen Sphäre erklärt worden, da die englischen Staatsmänner den Umhlatusi zur Nordgrenze gegeben hatten. Schiel führte also ein Zusammentreffen Einwalds mit Dinizulu zu Emniati herbei und brachte es durch seine Vermittlung dahin, daß sich Dinizulu und die andern Zuluhäuptliuge bereit erklärten, die Santa Lucia- bai mit 100000 Acres Land an Lüderitz zu verkaufen, vorausgesetzt, daß die deutsche Regierung die Schntzherrschaft über die Bai und das Zululand übernehme. Die Abtretungsurkunde wurde sofort auf Schiels Namen ausgefertigt. Während EinWald in Kapstadt blieb, reiste Schiel nach Bremen, erfuhr von Lüderitz, daß alle Angaben EinWalds der Wahrheit entsprächen, zugleich aber auch, daß England wenig Tage nach Schiels Abreise die Santa Luciabni zu seinem Schutzgebiet er¬ klärt habe. Wenig Tage nach seiner Ankunft hatten Schiel und Lüderitz eine Zusammenkunft mit dem Legationsrat von Knsserow im Auswärtigen Amt, und Schiel erhielt an demselben Tage vom Fürsten Bismarck eine Einladung zur Tafel. Er durfte seine Auffassung von der Möglichkeit einer Ausdehnung des neuen deutscheu Protektorats über Mntabele-, Mnschona- und Barotse-Luid erörtern und fand den Fürsten bereit, dem Unternehmen näher zu treten, wenn es durchgeführt werden könnte, ohne sich mit dem Burenfreistante zu verfeinden. England werde mit aller Kraft Op¬ position machen, aber er fürchte diese Opposition nicht; mit den Bure» Hand in Hand könne Deutschland in jenen Gebieten vorgehe „mit ihnen verfeinden will ich mich nicht." Die deutsche Regierung protestierte einstweilen gegen die englische Besitz¬ ergreifung der Santa Lnciabai, und Bismarck erklärte einige Tage nach der ersten Unterredung Schiel, daß er den deutschen Generalkonsul in Kapstadt beauftragt habe, unes Pretoria zu gehn. Da er es zugleich für wünschenswert erklärte, daß

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/123>, abgerufen am 24.11.2024.