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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

könnten. Nach einer frühern Meldung sollten übrigens die Usbeken durch einen
fünf Werste langen Dann den Oxus gezwungen haben, all sein Wasser dem Aralsee,
zuzuführen. Solche Flnßbettverschiebungen durch Sandverwehungen und Eingriffe
der Menschenhand gehören in Wüstengebieten keineswegs zu den Seltenheiten, wenn
auch vielleicht nur in kleinerm Maßstabe. Für die Veränderung des Oxnslcmfes
und damit anch des Aralsees war aber doch noch immer kein Beweis beigebracht
worden.

In den letzten Jahren hat nun Professor Walther in Jena das Ergebnis
seiner Studien über die Oxusfrage veröffentlicht, und aus diesen geht unzweifelhaft
hervor, daß ein früherer Lauf des Ann-Darja nach dem Kaspischen Meer niemals
bestanden haben kann. Nach Professor Walther gehört der Usboi zu den soge¬
nannten Trockentälern (Wadis), die sich auch in den Wüstengebieten Afrikas und
Nordamerikas finden. "Zwei Kräfte sind miteinander bei der Bildung dieser Trocken¬
täler tätig. Die seltenen, aber dann mit großer Gewalt niederstürzenden Strich-
regen reißen die Erde auf, aber nur soweit, als das raschversickernde Wasser kräftig
genug ist. So entstehn überall kurze isolierte Tnlrisse. Lange Jahre ohne Regen
folgen darauf, und in dieser Zeit modelliert der Wind weiter, was das Wasser
begonnen hat. So verschwinden bald die Spuren des Wassers, die abhebende
Tätigkeit des Windes nagt an den Wunden der Erdrinde und bildet allmählich
jenes Shstem von Trockentnlern ans, das für alle Wüsten so charakteristisch ist."
Waren bis in die neuste Zeit die Geologen über die Bildung der Trockcntäler
nicht einig, so braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Wüstenbewohner ihre
eignen Gedanken darüber haben. Die Beduinen Nordafrikns halten solche Bildungen
für alte Bette des Nils, und diese Meinung galt lange Zeit auch bei den Gelehrten,
bis die Nvhlfssche Expedition in die Libysche Wüste den Irrtum zeigte. So haben
auch die Asiaten deu Ann-Darja für die Trvckentäler verantwortlich gemacht, die
als altes Oxusbett in die Karten gekommen sind. Beweiskräftiger ist noch die
Tatsache, daß der Oxus sein rechtes Ufer untergräbt und so nach rechts wandert,
während auf seinem linken Ufer langgestreckte Schlammuiederlagen entstehn. Bei
den Tiefbohrungcn für den Bau der Eisenbnhnbrücke über den Oxus hat sich ergeben,
daß der Grund des Flußbettes auf Wüstenboden ruht, und daß der Flußschlamm
10 bis 20 Meter mächtig und von derselben Beschaffenheit wie der heutige ist.
In dem Usboi und vor allein in dem Gebiete der angeblichen einstigen Oxus-
mündnng in das Knspische Meer fehlt aber jede Spur solches Flußschlammes bis
zu Tiefen von 31 Metern, womit der sichre Beweis geliefert ist, daß der Ann zu
keiner Zeit in das Kaspische Meer geflossen ist. Nach dem Ergebnis der Forschungen
Professor Walthers hat demnach die Bezeichnung "altes Flußbett des Oxus" von
den Karten zu verschwinden, und es muß dafür Wadi Usboi und an einer nörd¬
licher liegenden Stelle des vermeintlichen Oxustales Wadi Argus gesetzt werden.

Mit dieser Aufklärung der Fabel von der Wnndrung des Oxuslaufcs und
des Aralsees ist jedoch die Frage der Ableitung des Flusses (vielleicht auch mit
dem Jaxartes) nach dem Kaspisee keineswegs abgeschlossen. Nvhrbacher hält zwar
die Ableitung für ganz zwecklos, wenn nicht für unmöglich, aber es leuchtet ein,
daß der See mit seiner über tausend Qnndratmeilen großen Verdampfungsfläche
in einem so wasserbedürftiger Lande als eine ungeheure Wasserverschwendung er¬
scheint, umsomehr als er um und für sich wieder zu unbedeutend ist, als daß er
eiuen Einfluß auf das Klima ausüben könnte. Man dürfte darum doch früher
oder später in Nußland auf die alte Idee Peters des Großen zurückgreifen, eine
Wnsserverbindung vom Kaspischen Meere zum Oxus herzustellen. Vorläufig wird
wohl freilich auf Jahrzehnte hinaus die transkaspische Bahn dem russischen Ver¬
kehrsbedürfnis genügen, und die russische Regierung hat gegenwärtig in Sibirien
und der Mandschurei so viele Aufgabe" zu erledigen, daß sie für Zentralasien weder
Zeit noch Geld übrig hat. Aber schon die in deu Jahren 1879 bis 1883 unter
der Leitung des Generals Gluchowsti stehende wissenschaftliche Expedition, die so-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

könnten. Nach einer frühern Meldung sollten übrigens die Usbeken durch einen
fünf Werste langen Dann den Oxus gezwungen haben, all sein Wasser dem Aralsee,
zuzuführen. Solche Flnßbettverschiebungen durch Sandverwehungen und Eingriffe
der Menschenhand gehören in Wüstengebieten keineswegs zu den Seltenheiten, wenn
auch vielleicht nur in kleinerm Maßstabe. Für die Veränderung des Oxnslcmfes
und damit anch des Aralsees war aber doch noch immer kein Beweis beigebracht
worden.

In den letzten Jahren hat nun Professor Walther in Jena das Ergebnis
seiner Studien über die Oxusfrage veröffentlicht, und aus diesen geht unzweifelhaft
hervor, daß ein früherer Lauf des Ann-Darja nach dem Kaspischen Meer niemals
bestanden haben kann. Nach Professor Walther gehört der Usboi zu den soge¬
nannten Trockentälern (Wadis), die sich auch in den Wüstengebieten Afrikas und
Nordamerikas finden. „Zwei Kräfte sind miteinander bei der Bildung dieser Trocken¬
täler tätig. Die seltenen, aber dann mit großer Gewalt niederstürzenden Strich-
regen reißen die Erde auf, aber nur soweit, als das raschversickernde Wasser kräftig
genug ist. So entstehn überall kurze isolierte Tnlrisse. Lange Jahre ohne Regen
folgen darauf, und in dieser Zeit modelliert der Wind weiter, was das Wasser
begonnen hat. So verschwinden bald die Spuren des Wassers, die abhebende
Tätigkeit des Windes nagt an den Wunden der Erdrinde und bildet allmählich
jenes Shstem von Trockentnlern ans, das für alle Wüsten so charakteristisch ist."
Waren bis in die neuste Zeit die Geologen über die Bildung der Trockcntäler
nicht einig, so braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Wüstenbewohner ihre
eignen Gedanken darüber haben. Die Beduinen Nordafrikns halten solche Bildungen
für alte Bette des Nils, und diese Meinung galt lange Zeit auch bei den Gelehrten,
bis die Nvhlfssche Expedition in die Libysche Wüste den Irrtum zeigte. So haben
auch die Asiaten deu Ann-Darja für die Trvckentäler verantwortlich gemacht, die
als altes Oxusbett in die Karten gekommen sind. Beweiskräftiger ist noch die
Tatsache, daß der Oxus sein rechtes Ufer untergräbt und so nach rechts wandert,
während auf seinem linken Ufer langgestreckte Schlammuiederlagen entstehn. Bei
den Tiefbohrungcn für den Bau der Eisenbnhnbrücke über den Oxus hat sich ergeben,
daß der Grund des Flußbettes auf Wüstenboden ruht, und daß der Flußschlamm
10 bis 20 Meter mächtig und von derselben Beschaffenheit wie der heutige ist.
In dem Usboi und vor allein in dem Gebiete der angeblichen einstigen Oxus-
mündnng in das Knspische Meer fehlt aber jede Spur solches Flußschlammes bis
zu Tiefen von 31 Metern, womit der sichre Beweis geliefert ist, daß der Ann zu
keiner Zeit in das Kaspische Meer geflossen ist. Nach dem Ergebnis der Forschungen
Professor Walthers hat demnach die Bezeichnung „altes Flußbett des Oxus" von
den Karten zu verschwinden, und es muß dafür Wadi Usboi und an einer nörd¬
licher liegenden Stelle des vermeintlichen Oxustales Wadi Argus gesetzt werden.

Mit dieser Aufklärung der Fabel von der Wnndrung des Oxuslaufcs und
des Aralsees ist jedoch die Frage der Ableitung des Flusses (vielleicht auch mit
dem Jaxartes) nach dem Kaspisee keineswegs abgeschlossen. Nvhrbacher hält zwar
die Ableitung für ganz zwecklos, wenn nicht für unmöglich, aber es leuchtet ein,
daß der See mit seiner über tausend Qnndratmeilen großen Verdampfungsfläche
in einem so wasserbedürftiger Lande als eine ungeheure Wasserverschwendung er¬
scheint, umsomehr als er um und für sich wieder zu unbedeutend ist, als daß er
eiuen Einfluß auf das Klima ausüben könnte. Man dürfte darum doch früher
oder später in Nußland auf die alte Idee Peters des Großen zurückgreifen, eine
Wnsserverbindung vom Kaspischen Meere zum Oxus herzustellen. Vorläufig wird
wohl freilich auf Jahrzehnte hinaus die transkaspische Bahn dem russischen Ver¬
kehrsbedürfnis genügen, und die russische Regierung hat gegenwärtig in Sibirien
und der Mandschurei so viele Aufgabe» zu erledigen, daß sie für Zentralasien weder
Zeit noch Geld übrig hat. Aber schon die in deu Jahren 1879 bis 1883 unter
der Leitung des Generals Gluchowsti stehende wissenschaftliche Expedition, die so-


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[0122] Maßgebliches und Unmaßgebliches könnten. Nach einer frühern Meldung sollten übrigens die Usbeken durch einen fünf Werste langen Dann den Oxus gezwungen haben, all sein Wasser dem Aralsee, zuzuführen. Solche Flnßbettverschiebungen durch Sandverwehungen und Eingriffe der Menschenhand gehören in Wüstengebieten keineswegs zu den Seltenheiten, wenn auch vielleicht nur in kleinerm Maßstabe. Für die Veränderung des Oxnslcmfes und damit anch des Aralsees war aber doch noch immer kein Beweis beigebracht worden. In den letzten Jahren hat nun Professor Walther in Jena das Ergebnis seiner Studien über die Oxusfrage veröffentlicht, und aus diesen geht unzweifelhaft hervor, daß ein früherer Lauf des Ann-Darja nach dem Kaspischen Meer niemals bestanden haben kann. Nach Professor Walther gehört der Usboi zu den soge¬ nannten Trockentälern (Wadis), die sich auch in den Wüstengebieten Afrikas und Nordamerikas finden. „Zwei Kräfte sind miteinander bei der Bildung dieser Trocken¬ täler tätig. Die seltenen, aber dann mit großer Gewalt niederstürzenden Strich- regen reißen die Erde auf, aber nur soweit, als das raschversickernde Wasser kräftig genug ist. So entstehn überall kurze isolierte Tnlrisse. Lange Jahre ohne Regen folgen darauf, und in dieser Zeit modelliert der Wind weiter, was das Wasser begonnen hat. So verschwinden bald die Spuren des Wassers, die abhebende Tätigkeit des Windes nagt an den Wunden der Erdrinde und bildet allmählich jenes Shstem von Trockentnlern ans, das für alle Wüsten so charakteristisch ist." Waren bis in die neuste Zeit die Geologen über die Bildung der Trockcntäler nicht einig, so braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Wüstenbewohner ihre eignen Gedanken darüber haben. Die Beduinen Nordafrikns halten solche Bildungen für alte Bette des Nils, und diese Meinung galt lange Zeit auch bei den Gelehrten, bis die Nvhlfssche Expedition in die Libysche Wüste den Irrtum zeigte. So haben auch die Asiaten deu Ann-Darja für die Trvckentäler verantwortlich gemacht, die als altes Oxusbett in die Karten gekommen sind. Beweiskräftiger ist noch die Tatsache, daß der Oxus sein rechtes Ufer untergräbt und so nach rechts wandert, während auf seinem linken Ufer langgestreckte Schlammuiederlagen entstehn. Bei den Tiefbohrungcn für den Bau der Eisenbnhnbrücke über den Oxus hat sich ergeben, daß der Grund des Flußbettes auf Wüstenboden ruht, und daß der Flußschlamm 10 bis 20 Meter mächtig und von derselben Beschaffenheit wie der heutige ist. In dem Usboi und vor allein in dem Gebiete der angeblichen einstigen Oxus- mündnng in das Knspische Meer fehlt aber jede Spur solches Flußschlammes bis zu Tiefen von 31 Metern, womit der sichre Beweis geliefert ist, daß der Ann zu keiner Zeit in das Kaspische Meer geflossen ist. Nach dem Ergebnis der Forschungen Professor Walthers hat demnach die Bezeichnung „altes Flußbett des Oxus" von den Karten zu verschwinden, und es muß dafür Wadi Usboi und an einer nörd¬ licher liegenden Stelle des vermeintlichen Oxustales Wadi Argus gesetzt werden. Mit dieser Aufklärung der Fabel von der Wnndrung des Oxuslaufcs und des Aralsees ist jedoch die Frage der Ableitung des Flusses (vielleicht auch mit dem Jaxartes) nach dem Kaspisee keineswegs abgeschlossen. Nvhrbacher hält zwar die Ableitung für ganz zwecklos, wenn nicht für unmöglich, aber es leuchtet ein, daß der See mit seiner über tausend Qnndratmeilen großen Verdampfungsfläche in einem so wasserbedürftiger Lande als eine ungeheure Wasserverschwendung er¬ scheint, umsomehr als er um und für sich wieder zu unbedeutend ist, als daß er eiuen Einfluß auf das Klima ausüben könnte. Man dürfte darum doch früher oder später in Nußland auf die alte Idee Peters des Großen zurückgreifen, eine Wnsserverbindung vom Kaspischen Meere zum Oxus herzustellen. Vorläufig wird wohl freilich auf Jahrzehnte hinaus die transkaspische Bahn dem russischen Ver¬ kehrsbedürfnis genügen, und die russische Regierung hat gegenwärtig in Sibirien und der Mandschurei so viele Aufgabe» zu erledigen, daß sie für Zentralasien weder Zeit noch Geld übrig hat. Aber schon die in deu Jahren 1879 bis 1883 unter der Leitung des Generals Gluchowsti stehende wissenschaftliche Expedition, die so-

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/122>, abgerufen am 28.07.2024.