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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Umiiciszgebliches

Kaspischen Meere und dem Aralsee liegt eine vollkommne Wüste, weit landeinwärts
erstrecken sich Wanderdünen von feinem goldgelbem Sande, der sich bei stürmischem
Wetter in Bewegung seht und drei bis fünf Meter hohe Wellen bildet. Da ent-
stehn Hügel und Täter und verschwinden in kürzester Zeit wieder; die wandernden
Sandberge machen das Land eigentlich erst zur Wüste, denn sie ersticken anch die
geringsten Anfänge von Pflanzenwuchs, versanden die Wasserläufe und nötigen auch
größere Strome zur Änderung ihres Bettes. Dagegen kann nur ausgiebige Be¬
wässerung helfen, die auch das an und für sich nicht unfruchtbare Gelände wieder
zu der nutzbaren Blüte bringen würde, wie sie bis ins späte Mittelalter zum
großen Teile schon bestand.

Diese Angelegenheit ist von Rußland niemals aus dem Auge gelassen worden.
Schon lange, bevor man um den Bau der transknspischeu Bahn dachte, wurde ein
andrer Plan erwogen. In allen Atlanten findet man zwischen dem südöstlichen
Gestade des Kaspischen Meeres und dem Unterlaufe des Ann-Dnrja (Oxus) ein
trocknes Flußbett eingezeichnet, das die Bezeichnung Usboi (lange Schlucht) führt, und
von dem allgemein angenommen wurde, daß durch dieses vor Zeiten der Ann-Darja
in das Kaspische Meer geflossen sei, wahrend er heute in den Aralsee mündet. Der
russische Admiral Butakoff hat in den fünfziger und den sechziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts umfangreiches Material zusammengetragen, das diese Annahme be¬
gründen sollte. Nach ihm habe man in den Zeiten des klassischen Altertums über¬
haupt nichts vom heutigen Aralsee gewußt, und kein Schriftsteller habe ihn erwähnt.
Als Alexander der Große in diese Gegenden gezogen war, ließ er ihre geographischen
Verhältnisse untersuchen, und es wurde ihm berichtet, daß Oxus und Jaxartes in
das Kaspische Meer mündeten. Für diese Auffassung spreche auch der alte Handels-
weg, auf dem Europa innerasicitischc Waren bezog. Dieser kam vom "indischen
Kaukasus" den Oxus entlang bis an das Kaspische Meer, ging von diesem den Kur
aufwärts und von dort bis zum Phasis (Rioni) und an das Schwarze Meer. Während
man bis 600 u. Chr. einstimmig darüber gewesen sei, daß sich Oxus und Jaxartes
in das Kaspische Meer ergossen, sei man von da bis etwa zum Jahre 1300 gerade
entgegengesetzter Meinung gewesen. Alle muhammedanischen Schriftsteller, die von
den topographischen Einzelheiten dieser Gegenden genan unterrichtet waren, gaben
an, daß Oxus und Jaxartes damals in den Aralsee mündeten, in den See von
Charesm, wie er noch heute bei ihnen heißt.

Nach Butcikoffs Annahme wäre dann der See wieder verschwunden. Im
Mittelalter gingen bekanntlich viele Gesandtschaften von europäischen Höfen nach der
Mongolei, und es gibt darüber viele Berichte, aber in keinem wird der Aralsee
erwähnt, obwohl die Reiseroute mancher Berichterstatter mitten durch geführt haben
müsse. Der See fehlt auch auf den berühmteste" Karten des Mittelalters, der
katalanischen, der borgianischen und der venetianischen von San Marco. Nach
Bntakoff existiert anch ein persisches Manuskript, worin der Zustand der Provinz
Khorassan im Jahre 1418 bis in alle Einzelheiten geschildert wird. Der unbekannte
Verfasser weiß von der frühern Existenz des Aralsees, er sagt aber, gegenwärtig,
im Jahre der Hedschra 820 (1417) ist der See nicht mehr vorhanden. Der Oxus
hat sich eiuen Weg zum Kaspischen Meere gebahnt, und in dieses fällt er bei einem
Ort namens Karlawcm (Akrischeh). Der Jaxartes soll sich damals in seinem
untern Lauf mit dem Oxus verewigt und ebenfalls ins Kaspische Meer gemundet
haben, vom ersten Drittel des sechzehnten Jahrhunderts an aber den See von
Charesm nicht mehr erreicht, sondern sich in der Wüste verloren haben. Also ist
wieder vom Aralsee die Rede, man zeigte um das Jahr 1550 den Ort, wo der
Oxus früher ins Kaspische Meer gemundet sei, und erzählte, daß der Strom auf
der Strecke uach dem Kaspisee allmählich ausgetrocknet sei und den Aralsee geschaffen
habe. Butcikoffs Ansicht hatte Widerstand bei namhaften Geographen, unter andern
auch bei Kiepert, erfahren, insbesondre wurde gegen ihn ansgeführt, daß sein Material
keinen direkten Beweis bringe und seine meisten Argumente nur a silouiio gelten


Maßgebliches und Umiiciszgebliches

Kaspischen Meere und dem Aralsee liegt eine vollkommne Wüste, weit landeinwärts
erstrecken sich Wanderdünen von feinem goldgelbem Sande, der sich bei stürmischem
Wetter in Bewegung seht und drei bis fünf Meter hohe Wellen bildet. Da ent-
stehn Hügel und Täter und verschwinden in kürzester Zeit wieder; die wandernden
Sandberge machen das Land eigentlich erst zur Wüste, denn sie ersticken anch die
geringsten Anfänge von Pflanzenwuchs, versanden die Wasserläufe und nötigen auch
größere Strome zur Änderung ihres Bettes. Dagegen kann nur ausgiebige Be¬
wässerung helfen, die auch das an und für sich nicht unfruchtbare Gelände wieder
zu der nutzbaren Blüte bringen würde, wie sie bis ins späte Mittelalter zum
großen Teile schon bestand.

Diese Angelegenheit ist von Rußland niemals aus dem Auge gelassen worden.
Schon lange, bevor man um den Bau der transknspischeu Bahn dachte, wurde ein
andrer Plan erwogen. In allen Atlanten findet man zwischen dem südöstlichen
Gestade des Kaspischen Meeres und dem Unterlaufe des Ann-Dnrja (Oxus) ein
trocknes Flußbett eingezeichnet, das die Bezeichnung Usboi (lange Schlucht) führt, und
von dem allgemein angenommen wurde, daß durch dieses vor Zeiten der Ann-Darja
in das Kaspische Meer geflossen sei, wahrend er heute in den Aralsee mündet. Der
russische Admiral Butakoff hat in den fünfziger und den sechziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts umfangreiches Material zusammengetragen, das diese Annahme be¬
gründen sollte. Nach ihm habe man in den Zeiten des klassischen Altertums über¬
haupt nichts vom heutigen Aralsee gewußt, und kein Schriftsteller habe ihn erwähnt.
Als Alexander der Große in diese Gegenden gezogen war, ließ er ihre geographischen
Verhältnisse untersuchen, und es wurde ihm berichtet, daß Oxus und Jaxartes in
das Kaspische Meer mündeten. Für diese Auffassung spreche auch der alte Handels-
weg, auf dem Europa innerasicitischc Waren bezog. Dieser kam vom „indischen
Kaukasus" den Oxus entlang bis an das Kaspische Meer, ging von diesem den Kur
aufwärts und von dort bis zum Phasis (Rioni) und an das Schwarze Meer. Während
man bis 600 u. Chr. einstimmig darüber gewesen sei, daß sich Oxus und Jaxartes
in das Kaspische Meer ergossen, sei man von da bis etwa zum Jahre 1300 gerade
entgegengesetzter Meinung gewesen. Alle muhammedanischen Schriftsteller, die von
den topographischen Einzelheiten dieser Gegenden genan unterrichtet waren, gaben
an, daß Oxus und Jaxartes damals in den Aralsee mündeten, in den See von
Charesm, wie er noch heute bei ihnen heißt.

Nach Butcikoffs Annahme wäre dann der See wieder verschwunden. Im
Mittelalter gingen bekanntlich viele Gesandtschaften von europäischen Höfen nach der
Mongolei, und es gibt darüber viele Berichte, aber in keinem wird der Aralsee
erwähnt, obwohl die Reiseroute mancher Berichterstatter mitten durch geführt haben
müsse. Der See fehlt auch auf den berühmteste» Karten des Mittelalters, der
katalanischen, der borgianischen und der venetianischen von San Marco. Nach
Bntakoff existiert anch ein persisches Manuskript, worin der Zustand der Provinz
Khorassan im Jahre 1418 bis in alle Einzelheiten geschildert wird. Der unbekannte
Verfasser weiß von der frühern Existenz des Aralsees, er sagt aber, gegenwärtig,
im Jahre der Hedschra 820 (1417) ist der See nicht mehr vorhanden. Der Oxus
hat sich eiuen Weg zum Kaspischen Meere gebahnt, und in dieses fällt er bei einem
Ort namens Karlawcm (Akrischeh). Der Jaxartes soll sich damals in seinem
untern Lauf mit dem Oxus verewigt und ebenfalls ins Kaspische Meer gemundet
haben, vom ersten Drittel des sechzehnten Jahrhunderts an aber den See von
Charesm nicht mehr erreicht, sondern sich in der Wüste verloren haben. Also ist
wieder vom Aralsee die Rede, man zeigte um das Jahr 1550 den Ort, wo der
Oxus früher ins Kaspische Meer gemundet sei, und erzählte, daß der Strom auf
der Strecke uach dem Kaspisee allmählich ausgetrocknet sei und den Aralsee geschaffen
habe. Butcikoffs Ansicht hatte Widerstand bei namhaften Geographen, unter andern
auch bei Kiepert, erfahren, insbesondre wurde gegen ihn ansgeführt, daß sein Material
keinen direkten Beweis bringe und seine meisten Argumente nur a silouiio gelten


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[0121] Maßgebliches und Umiiciszgebliches Kaspischen Meere und dem Aralsee liegt eine vollkommne Wüste, weit landeinwärts erstrecken sich Wanderdünen von feinem goldgelbem Sande, der sich bei stürmischem Wetter in Bewegung seht und drei bis fünf Meter hohe Wellen bildet. Da ent- stehn Hügel und Täter und verschwinden in kürzester Zeit wieder; die wandernden Sandberge machen das Land eigentlich erst zur Wüste, denn sie ersticken anch die geringsten Anfänge von Pflanzenwuchs, versanden die Wasserläufe und nötigen auch größere Strome zur Änderung ihres Bettes. Dagegen kann nur ausgiebige Be¬ wässerung helfen, die auch das an und für sich nicht unfruchtbare Gelände wieder zu der nutzbaren Blüte bringen würde, wie sie bis ins späte Mittelalter zum großen Teile schon bestand. Diese Angelegenheit ist von Rußland niemals aus dem Auge gelassen worden. Schon lange, bevor man um den Bau der transknspischeu Bahn dachte, wurde ein andrer Plan erwogen. In allen Atlanten findet man zwischen dem südöstlichen Gestade des Kaspischen Meeres und dem Unterlaufe des Ann-Dnrja (Oxus) ein trocknes Flußbett eingezeichnet, das die Bezeichnung Usboi (lange Schlucht) führt, und von dem allgemein angenommen wurde, daß durch dieses vor Zeiten der Ann-Darja in das Kaspische Meer geflossen sei, wahrend er heute in den Aralsee mündet. Der russische Admiral Butakoff hat in den fünfziger und den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts umfangreiches Material zusammengetragen, das diese Annahme be¬ gründen sollte. Nach ihm habe man in den Zeiten des klassischen Altertums über¬ haupt nichts vom heutigen Aralsee gewußt, und kein Schriftsteller habe ihn erwähnt. Als Alexander der Große in diese Gegenden gezogen war, ließ er ihre geographischen Verhältnisse untersuchen, und es wurde ihm berichtet, daß Oxus und Jaxartes in das Kaspische Meer mündeten. Für diese Auffassung spreche auch der alte Handels- weg, auf dem Europa innerasicitischc Waren bezog. Dieser kam vom „indischen Kaukasus" den Oxus entlang bis an das Kaspische Meer, ging von diesem den Kur aufwärts und von dort bis zum Phasis (Rioni) und an das Schwarze Meer. Während man bis 600 u. Chr. einstimmig darüber gewesen sei, daß sich Oxus und Jaxartes in das Kaspische Meer ergossen, sei man von da bis etwa zum Jahre 1300 gerade entgegengesetzter Meinung gewesen. Alle muhammedanischen Schriftsteller, die von den topographischen Einzelheiten dieser Gegenden genan unterrichtet waren, gaben an, daß Oxus und Jaxartes damals in den Aralsee mündeten, in den See von Charesm, wie er noch heute bei ihnen heißt. Nach Butcikoffs Annahme wäre dann der See wieder verschwunden. Im Mittelalter gingen bekanntlich viele Gesandtschaften von europäischen Höfen nach der Mongolei, und es gibt darüber viele Berichte, aber in keinem wird der Aralsee erwähnt, obwohl die Reiseroute mancher Berichterstatter mitten durch geführt haben müsse. Der See fehlt auch auf den berühmteste» Karten des Mittelalters, der katalanischen, der borgianischen und der venetianischen von San Marco. Nach Bntakoff existiert anch ein persisches Manuskript, worin der Zustand der Provinz Khorassan im Jahre 1418 bis in alle Einzelheiten geschildert wird. Der unbekannte Verfasser weiß von der frühern Existenz des Aralsees, er sagt aber, gegenwärtig, im Jahre der Hedschra 820 (1417) ist der See nicht mehr vorhanden. Der Oxus hat sich eiuen Weg zum Kaspischen Meere gebahnt, und in dieses fällt er bei einem Ort namens Karlawcm (Akrischeh). Der Jaxartes soll sich damals in seinem untern Lauf mit dem Oxus verewigt und ebenfalls ins Kaspische Meer gemundet haben, vom ersten Drittel des sechzehnten Jahrhunderts an aber den See von Charesm nicht mehr erreicht, sondern sich in der Wüste verloren haben. Also ist wieder vom Aralsee die Rede, man zeigte um das Jahr 1550 den Ort, wo der Oxus früher ins Kaspische Meer gemundet sei, und erzählte, daß der Strom auf der Strecke uach dem Kaspisee allmählich ausgetrocknet sei und den Aralsee geschaffen habe. Butcikoffs Ansicht hatte Widerstand bei namhaften Geographen, unter andern auch bei Kiepert, erfahren, insbesondre wurde gegen ihn ansgeführt, daß sein Material keinen direkten Beweis bringe und seine meisten Argumente nur a silouiio gelten

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/121>, abgerufen am 28.07.2024.