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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Musikalische Ieitfragen

des ganzen Gebiets noch brach lag, ohne besondern Eigentümer, während jetzt
nur noch etwas über zwei Millionen Acker oder ein Sechzehntel des Ganzen
unter den Begriff Gemeinland, oommon, fallen. Wenn also damals auf
jeden sechzehnten männlichen Engländer, ganz gleich ob erwachsen oder noch
in den Windeln, Grundbesitz von einer zum Leben genügenden Große kam, so
ist heute nur noch einer aus etwa vierhundert in dieser Lage, trotzdem daß
der benutzte Boden dreimal so groß ist. Wird dieses letzte auch in Rechnung
gezogen, so ergiebt sich, daß wo die alte Zeit 75 Besitzer hatte, die neue nur
noch einen aufweist.

Die Urbarmachung des Wüstlandes, Gemeinlandes, ist nicht dem Volke
zu gute gekommen, sondern nur denen, die schon großen Besitz hatten. Die
Klasse der Ieomen, die im Mittelalter das Rückgrat des englischen Volkes war,
ist im Laufe der Jahrhunderte zur Seite gedrückt worden, und der Kreis der
Besitzenden hat sich bestündig verengt. So reich die Grundherren auch sind,
sie suchen doch ihre Güter noch zu vergrößern. Wo ein Stück Land verkäuflich
ist, kann man sicher sein, daß der eine oder der andre der benachbarten
Magnaten es zur Ausdehnung seines Grundbesitzes und damit seines Ein¬
flusses zu erwerben sucht. Auch die Reste des Gemeinlandes sind keineswegs
vor ihrer Begehrlichkeit sicher. Erschwert auch die neuere Gesetzgebung die
Aneignung, der Versuch wird doch gemacht in der Hoffnung, daß die Dörfler
es nicht wagen, sich dagegen aufzulehnen.'")

(Schluß folgt)




Musikalische Ieitfragen
Hermann Uretzschmar von
7. Weiterbildung und Lrwerbsverhältnisse der Musiker

er Schlußstein einer guten Fachbildung besteht darin, daß sie
die Schüler treibt und befähigt, sich selbständig weiter zu
bilden. Die Weiterbildung ist auch für die Künstler unerläßlich,
für den modernen Musiker darum doppelt unerläßlich, weil die
Tonkunst zur Zeit in lebhafter Entwicklung begriffen ist. Dem
Musikerstand müssen also die üblichen Mittel dieser Weiterbildung bequem und
ausreichend zur Verfügung stehn. Es sind dieselben wie in den gelehrten



") In einem kentischen Dorfe soll gegenwärtig das Aufsichtsrecht über den Dorfanger von
dem I^viel c>t tlo Minor auf den Gemeinderat übertragen werden. Der Lord bezieht aus diesem
Rechte keinen Pfennig und kann nie einen Pfennig daraus beziehn; höchstens könnten ihm
Kohle,, entstehn. Als Entschädigung aber verlangt er die Überweisung von mehr als drei Acker
wertvollen Baugrundes aus dem Gemeinlande einer benachbarten Stadt, die zu dem Manor
gehört. In demselben Dorfe hat kürzlich ein Großgrundbesitzer mir nichts dir nichts drei Acker
Gemeinland eingezäunt, obwohl das Land seit Menschengedenken als freie Weide benutzt worden
ist. Der Widerstand, der sich erhoben hat, scheint aber gute Aussicht aus Erfolg zu haben.
Musikalische Ieitfragen

des ganzen Gebiets noch brach lag, ohne besondern Eigentümer, während jetzt
nur noch etwas über zwei Millionen Acker oder ein Sechzehntel des Ganzen
unter den Begriff Gemeinland, oommon, fallen. Wenn also damals auf
jeden sechzehnten männlichen Engländer, ganz gleich ob erwachsen oder noch
in den Windeln, Grundbesitz von einer zum Leben genügenden Große kam, so
ist heute nur noch einer aus etwa vierhundert in dieser Lage, trotzdem daß
der benutzte Boden dreimal so groß ist. Wird dieses letzte auch in Rechnung
gezogen, so ergiebt sich, daß wo die alte Zeit 75 Besitzer hatte, die neue nur
noch einen aufweist.

Die Urbarmachung des Wüstlandes, Gemeinlandes, ist nicht dem Volke
zu gute gekommen, sondern nur denen, die schon großen Besitz hatten. Die
Klasse der Ieomen, die im Mittelalter das Rückgrat des englischen Volkes war,
ist im Laufe der Jahrhunderte zur Seite gedrückt worden, und der Kreis der
Besitzenden hat sich bestündig verengt. So reich die Grundherren auch sind,
sie suchen doch ihre Güter noch zu vergrößern. Wo ein Stück Land verkäuflich
ist, kann man sicher sein, daß der eine oder der andre der benachbarten
Magnaten es zur Ausdehnung seines Grundbesitzes und damit seines Ein¬
flusses zu erwerben sucht. Auch die Reste des Gemeinlandes sind keineswegs
vor ihrer Begehrlichkeit sicher. Erschwert auch die neuere Gesetzgebung die
Aneignung, der Versuch wird doch gemacht in der Hoffnung, daß die Dörfler
es nicht wagen, sich dagegen aufzulehnen.'")

(Schluß folgt)




Musikalische Ieitfragen
Hermann Uretzschmar von
7. Weiterbildung und Lrwerbsverhältnisse der Musiker

er Schlußstein einer guten Fachbildung besteht darin, daß sie
die Schüler treibt und befähigt, sich selbständig weiter zu
bilden. Die Weiterbildung ist auch für die Künstler unerläßlich,
für den modernen Musiker darum doppelt unerläßlich, weil die
Tonkunst zur Zeit in lebhafter Entwicklung begriffen ist. Dem
Musikerstand müssen also die üblichen Mittel dieser Weiterbildung bequem und
ausreichend zur Verfügung stehn. Es sind dieselben wie in den gelehrten



") In einem kentischen Dorfe soll gegenwärtig das Aufsichtsrecht über den Dorfanger von
dem I^viel c>t tlo Minor auf den Gemeinderat übertragen werden. Der Lord bezieht aus diesem
Rechte keinen Pfennig und kann nie einen Pfennig daraus beziehn; höchstens könnten ihm
Kohle,, entstehn. Als Entschädigung aber verlangt er die Überweisung von mehr als drei Acker
wertvollen Baugrundes aus dem Gemeinlande einer benachbarten Stadt, die zu dem Manor
gehört. In demselben Dorfe hat kürzlich ein Großgrundbesitzer mir nichts dir nichts drei Acker
Gemeinland eingezäunt, obwohl das Land seit Menschengedenken als freie Weide benutzt worden
ist. Der Widerstand, der sich erhoben hat, scheint aber gute Aussicht aus Erfolg zu haben.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/86>, abgerufen am 01.09.2024.