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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Stelle bemerkt werden soll, ist gerade der Umstand, daß eine Verfassung zu unio-
nistisch oder nicht unionistisch ist, der stete Anlaß zu Bürgerkriegen in Südamerika
und in Mexiko gewesen. Er wird auch gegenwärtig die Hauptursache der Unruhen
in Venezuela sein. Die Anhänger der Zentralisation Wollen eine starke Bundes¬
regierung und sehr abhängige, namentlich zahlende Einzelstaaten. Die Födera¬
listen wünschen vollkommne Gleichberechtigung und keine Hegemonie eines mächtigen
Vorortes.

Nach den Verfassungsänderungen von 1857 und 1858 kam es zu einem
dreijährigen Bürgerkriege, worin die Föderalisten siegten. Die Regierungspartei, selbst
zentralistisch gesinnt, mußte mit den Siegern einen Vertrag schließen, der ihnen
Vorteile bei der Präsidentenwahl sicherte. Es kam denn auch ein Föderalist, der
General Fnlcon, ans Nuder. Am 28. März 1864 erhielt Venezuela eine reine
Bundesverfassung und nahm die Bezeichnung "Vereinigte Staaten von Venezuela"
an. Von hier stammt die neuere politische Geschichte des Bundes.

Bis 1881 bestand Venezuela aus zwanzig sehr selbständigen Staaten. Durch
die Verfassungsänderung von 1881 wurden die Staaten in Sektionen umgewandelt
und unter acht Grandes Estados verteilt, zu denen noch der Bundesdistrikt, sechs
Territorien und zwei Kolonien hinzukamen. Die neuste, jetzt geltende Verfassung
vom 21. Juni 1893 hat nur teilweise den frühern Zustand wieder hergestellt: die
Sektionen, die schon 1864 unabhängige Staaten waren, können wieder Staaten
werden, sobald sie hunderttausend Einwohner haben und sich zwei Drittel der
Distrikte dafür erklären. Schon in dieser Bestimmung des Artikels 4 der vene¬
zolanischen Verfassung liegt ein Anlaß zu Hader und Streit, denn die Zahl der
Parteigänger für und wider eine Unabhängigkeitserklnrung schwankt. Rasch ist auch
die südamerikanische Abstimmung mit den Waffen bewerkstelligt worden. Selbstän¬
dige Einzelstaaten sind folgende neun: Los Andes, Bermudez, Bolivar, Carabobo,
Falcon, Lärm, Miranda, Zamora, Zulia. Hierzu kommen noch der Bundesdistrikt
Caracas und die sechs Territorien: Colon, Goajira, Delta, Durunri, Wo Orinoco
und Amazonas.

Die Verfassung zeigt die Merkmale aller bekannten hündischen Staatenbildungen.
Nur der Bund ist für die auswärtigen Angelegenheiten, also für Kriegserklärung,
Friedensschluß, Gesandtschaftsrecht und Vertrage mit dem Auslande, zuständig. Sehr
interessieren dürfte übrigens die -- leider nur theoretische -- Bestimmung des Ar¬
tikels 111 der Bundesverfassung, wonach ausdrücklich in alle internationalen Ver¬
träge eine Bestimmung aufgenommen werden muß, kruse deren etwaige Streitig¬
keiten der vertragschließenden Mächte nicht durch Krieg, sondern durch ein Schieds¬
gericht eines oder mehrerer befreundeter Staaten entschieden werden sollen. Für die
Gesetzgebung über Post und Telegraphie, für Heeresorgauisation und Armee-
verwaltuug ist der Bund allein zuständig. Namentlich untersagt die Verfassung den
Einzelstaaten alle militärischen Operationen gegen den Bestand des Bundes oder
andrer Einzelstnaten. Insbesondre wird in Artikel 13 verboten, daß Einzelstaaten
gegeneinander Gewalt brauchen: sie sollen ihre Zwistigkeiten vielmehr dem Bunde
unterbreiten und von diesem schlichten lassen.

Die Gesetzgebung übt ein Kongreß aus, der aus Deputicrtenkammer und Senat
besteht. Grundsätzlich tagen und beschließen beide Kammern getrennt, wie im Deutschen
Reich Reichstag und Bundesrat. Zum Kongreß unter Vorsitz des Senatspräsidenteu
treten sie nur in besondern Fällen, z. B. bei der Wahl eines Vundesprüsidenten
zusammen. Ein Gesetz kommt zu stände, wenn die Mehrheitsbeschlüsse beider Körper¬
schaften übereinstimmen. Einige Vorrechte hat noch die Deputiertenkammer, so die
Prüfung der Jahresrcchnuugen, die Erteilung von Mißtrauensvoten an Minister,
die Ernennung des Gencralstaatsanwalts.

Die Exekutive ruht beim Buudesprcisideuteu und dem Regierungsrate. Dieser
ist eine ganz besondre Behörde, die auch keine Ähnlichkeit mit dem schweizerischen
Bundesrat aufweist. Er ist aus neun Vertretern der nenn Einzelstaaten zusammen¬
gesetzt und vorzugsweise zur Beratung des Bundespräsidenten und der Minister


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Stelle bemerkt werden soll, ist gerade der Umstand, daß eine Verfassung zu unio-
nistisch oder nicht unionistisch ist, der stete Anlaß zu Bürgerkriegen in Südamerika
und in Mexiko gewesen. Er wird auch gegenwärtig die Hauptursache der Unruhen
in Venezuela sein. Die Anhänger der Zentralisation Wollen eine starke Bundes¬
regierung und sehr abhängige, namentlich zahlende Einzelstaaten. Die Födera¬
listen wünschen vollkommne Gleichberechtigung und keine Hegemonie eines mächtigen
Vorortes.

Nach den Verfassungsänderungen von 1857 und 1858 kam es zu einem
dreijährigen Bürgerkriege, worin die Föderalisten siegten. Die Regierungspartei, selbst
zentralistisch gesinnt, mußte mit den Siegern einen Vertrag schließen, der ihnen
Vorteile bei der Präsidentenwahl sicherte. Es kam denn auch ein Föderalist, der
General Fnlcon, ans Nuder. Am 28. März 1864 erhielt Venezuela eine reine
Bundesverfassung und nahm die Bezeichnung „Vereinigte Staaten von Venezuela"
an. Von hier stammt die neuere politische Geschichte des Bundes.

Bis 1881 bestand Venezuela aus zwanzig sehr selbständigen Staaten. Durch
die Verfassungsänderung von 1881 wurden die Staaten in Sektionen umgewandelt
und unter acht Grandes Estados verteilt, zu denen noch der Bundesdistrikt, sechs
Territorien und zwei Kolonien hinzukamen. Die neuste, jetzt geltende Verfassung
vom 21. Juni 1893 hat nur teilweise den frühern Zustand wieder hergestellt: die
Sektionen, die schon 1864 unabhängige Staaten waren, können wieder Staaten
werden, sobald sie hunderttausend Einwohner haben und sich zwei Drittel der
Distrikte dafür erklären. Schon in dieser Bestimmung des Artikels 4 der vene¬
zolanischen Verfassung liegt ein Anlaß zu Hader und Streit, denn die Zahl der
Parteigänger für und wider eine Unabhängigkeitserklnrung schwankt. Rasch ist auch
die südamerikanische Abstimmung mit den Waffen bewerkstelligt worden. Selbstän¬
dige Einzelstaaten sind folgende neun: Los Andes, Bermudez, Bolivar, Carabobo,
Falcon, Lärm, Miranda, Zamora, Zulia. Hierzu kommen noch der Bundesdistrikt
Caracas und die sechs Territorien: Colon, Goajira, Delta, Durunri, Wo Orinoco
und Amazonas.

Die Verfassung zeigt die Merkmale aller bekannten hündischen Staatenbildungen.
Nur der Bund ist für die auswärtigen Angelegenheiten, also für Kriegserklärung,
Friedensschluß, Gesandtschaftsrecht und Vertrage mit dem Auslande, zuständig. Sehr
interessieren dürfte übrigens die — leider nur theoretische — Bestimmung des Ar¬
tikels 111 der Bundesverfassung, wonach ausdrücklich in alle internationalen Ver¬
träge eine Bestimmung aufgenommen werden muß, kruse deren etwaige Streitig¬
keiten der vertragschließenden Mächte nicht durch Krieg, sondern durch ein Schieds¬
gericht eines oder mehrerer befreundeter Staaten entschieden werden sollen. Für die
Gesetzgebung über Post und Telegraphie, für Heeresorgauisation und Armee-
verwaltuug ist der Bund allein zuständig. Namentlich untersagt die Verfassung den
Einzelstaaten alle militärischen Operationen gegen den Bestand des Bundes oder
andrer Einzelstnaten. Insbesondre wird in Artikel 13 verboten, daß Einzelstaaten
gegeneinander Gewalt brauchen: sie sollen ihre Zwistigkeiten vielmehr dem Bunde
unterbreiten und von diesem schlichten lassen.

Die Gesetzgebung übt ein Kongreß aus, der aus Deputicrtenkammer und Senat
besteht. Grundsätzlich tagen und beschließen beide Kammern getrennt, wie im Deutschen
Reich Reichstag und Bundesrat. Zum Kongreß unter Vorsitz des Senatspräsidenteu
treten sie nur in besondern Fällen, z. B. bei der Wahl eines Vundesprüsidenten
zusammen. Ein Gesetz kommt zu stände, wenn die Mehrheitsbeschlüsse beider Körper¬
schaften übereinstimmen. Einige Vorrechte hat noch die Deputiertenkammer, so die
Prüfung der Jahresrcchnuugen, die Erteilung von Mißtrauensvoten an Minister,
die Ernennung des Gencralstaatsanwalts.

Die Exekutive ruht beim Buudesprcisideuteu und dem Regierungsrate. Dieser
ist eine ganz besondre Behörde, die auch keine Ähnlichkeit mit dem schweizerischen
Bundesrat aufweist. Er ist aus neun Vertretern der nenn Einzelstaaten zusammen¬
gesetzt und vorzugsweise zur Beratung des Bundespräsidenten und der Minister


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[0753] Maßgebliches und Unmaßgebliches Stelle bemerkt werden soll, ist gerade der Umstand, daß eine Verfassung zu unio- nistisch oder nicht unionistisch ist, der stete Anlaß zu Bürgerkriegen in Südamerika und in Mexiko gewesen. Er wird auch gegenwärtig die Hauptursache der Unruhen in Venezuela sein. Die Anhänger der Zentralisation Wollen eine starke Bundes¬ regierung und sehr abhängige, namentlich zahlende Einzelstaaten. Die Födera¬ listen wünschen vollkommne Gleichberechtigung und keine Hegemonie eines mächtigen Vorortes. Nach den Verfassungsänderungen von 1857 und 1858 kam es zu einem dreijährigen Bürgerkriege, worin die Föderalisten siegten. Die Regierungspartei, selbst zentralistisch gesinnt, mußte mit den Siegern einen Vertrag schließen, der ihnen Vorteile bei der Präsidentenwahl sicherte. Es kam denn auch ein Föderalist, der General Fnlcon, ans Nuder. Am 28. März 1864 erhielt Venezuela eine reine Bundesverfassung und nahm die Bezeichnung „Vereinigte Staaten von Venezuela" an. Von hier stammt die neuere politische Geschichte des Bundes. Bis 1881 bestand Venezuela aus zwanzig sehr selbständigen Staaten. Durch die Verfassungsänderung von 1881 wurden die Staaten in Sektionen umgewandelt und unter acht Grandes Estados verteilt, zu denen noch der Bundesdistrikt, sechs Territorien und zwei Kolonien hinzukamen. Die neuste, jetzt geltende Verfassung vom 21. Juni 1893 hat nur teilweise den frühern Zustand wieder hergestellt: die Sektionen, die schon 1864 unabhängige Staaten waren, können wieder Staaten werden, sobald sie hunderttausend Einwohner haben und sich zwei Drittel der Distrikte dafür erklären. Schon in dieser Bestimmung des Artikels 4 der vene¬ zolanischen Verfassung liegt ein Anlaß zu Hader und Streit, denn die Zahl der Parteigänger für und wider eine Unabhängigkeitserklnrung schwankt. Rasch ist auch die südamerikanische Abstimmung mit den Waffen bewerkstelligt worden. Selbstän¬ dige Einzelstaaten sind folgende neun: Los Andes, Bermudez, Bolivar, Carabobo, Falcon, Lärm, Miranda, Zamora, Zulia. Hierzu kommen noch der Bundesdistrikt Caracas und die sechs Territorien: Colon, Goajira, Delta, Durunri, Wo Orinoco und Amazonas. Die Verfassung zeigt die Merkmale aller bekannten hündischen Staatenbildungen. Nur der Bund ist für die auswärtigen Angelegenheiten, also für Kriegserklärung, Friedensschluß, Gesandtschaftsrecht und Vertrage mit dem Auslande, zuständig. Sehr interessieren dürfte übrigens die — leider nur theoretische — Bestimmung des Ar¬ tikels 111 der Bundesverfassung, wonach ausdrücklich in alle internationalen Ver¬ träge eine Bestimmung aufgenommen werden muß, kruse deren etwaige Streitig¬ keiten der vertragschließenden Mächte nicht durch Krieg, sondern durch ein Schieds¬ gericht eines oder mehrerer befreundeter Staaten entschieden werden sollen. Für die Gesetzgebung über Post und Telegraphie, für Heeresorgauisation und Armee- verwaltuug ist der Bund allein zuständig. Namentlich untersagt die Verfassung den Einzelstaaten alle militärischen Operationen gegen den Bestand des Bundes oder andrer Einzelstnaten. Insbesondre wird in Artikel 13 verboten, daß Einzelstaaten gegeneinander Gewalt brauchen: sie sollen ihre Zwistigkeiten vielmehr dem Bunde unterbreiten und von diesem schlichten lassen. Die Gesetzgebung übt ein Kongreß aus, der aus Deputicrtenkammer und Senat besteht. Grundsätzlich tagen und beschließen beide Kammern getrennt, wie im Deutschen Reich Reichstag und Bundesrat. Zum Kongreß unter Vorsitz des Senatspräsidenteu treten sie nur in besondern Fällen, z. B. bei der Wahl eines Vundesprüsidenten zusammen. Ein Gesetz kommt zu stände, wenn die Mehrheitsbeschlüsse beider Körper¬ schaften übereinstimmen. Einige Vorrechte hat noch die Deputiertenkammer, so die Prüfung der Jahresrcchnuugen, die Erteilung von Mißtrauensvoten an Minister, die Ernennung des Gencralstaatsanwalts. Die Exekutive ruht beim Buudesprcisideuteu und dem Regierungsrate. Dieser ist eine ganz besondre Behörde, die auch keine Ähnlichkeit mit dem schweizerischen Bundesrat aufweist. Er ist aus neun Vertretern der nenn Einzelstaaten zusammen¬ gesetzt und vorzugsweise zur Beratung des Bundespräsidenten und der Minister

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/753>, abgerufen am 01.09.2024.