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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Skizzen c"is unserm heutigen Volksleben

Das waren, wie gesagt, dunkle Punkte; im übrigen aber befand sich die Woh-
nnugsgenossenschnft ganz wohl. Man zankte sich nicht. Die Leute sagen, daß manche
weibliche Genossenschaft schon daran zu Grnnde gegangen sei, daß man sich nicht
vertragen habe. Man vertrug sich sehr gut. Fräulein Scherbitz kümmerte sich grund¬
sätzlich nicht um das Wohl und Wehe andrer Leute, Eleonore Gross! schwebte in
den obern Regionen der Kunst und ließ in den irdischen Regionen alles gehn, wie
es gehn wollte, und Trudchen machte alle Arbeit, die den andern unbequem war.
Trudchen war energisch und praktisch und griff lieber selber zu, als mit rudern
lange Reden über das ob und wie auszutauschen.

Als der Herbst kam, hatte man Rat gehalten, wie man die Wohnung ver¬
schönern könnte. Zunächst bedurften die Fußböden eines neuen Anstrichs. Probsts
waren nicht zu bewegen gewesen, etwas für die Wohnung zu thun; aber auf eigne
Kosten den Maler kommen zu lassen, war eine zu terre Sache. Wißt ihr was?
sagte Trndchen, wir streichen uns unsre Dielen selber. Fräulein Scherbitz hatte
Bedenken, und Eleonore Gross! war zu solcher Arbeit unbrauchbar. Also blieb die
Sache wieder bei Trudchen hängen, die sich auch nicht lange besann, Farben und
Pinsel kaufte, ihre Stube auskramte, ein entsprechendes Kostüm anlegte, und während
die beiden Genossinnen aufmerksam zuschauten, anfing, den Fußboden ihres Zimmers
nach allen Regeln der Kunst anzustreichen.

Die Arbeit wurde sehr schön. Schon hatten Kleid, Hände und Gesicht ihr
Teil Farbe abbekommen -- Herr Gott, da klingelte es. Wo war Antonie? An-
tonie war natürlich nicht dn. Wenn Trudchen die Thür nicht selbst zugeschlossen
hätte, so hätte natürlich die Thür wieder aufgestanden, und man hätte den Menschen
schon auf dem Halse. Eben erst hatte man von einem neuen Überfall auf eine
dreiuudsiebzigjährige Dame, die vor Schrecken krank geworden war, gelesen, wer
sagte gut dafür, daß der da draußen nicht der Mörder war, der ein neues Opfer
suchte? -- Es klingelte wieder, hart, grausam, gewaltthätig. So konnte mir ein
Mörder klingeln. Trudchen war aufgesprungen. Die Gesangsheroine zitterte, und
Fräulein Scherbitz machte sich bereit, sich in ihr Zimmer zurückzuziehn und die Thür
zu verrammeln. Aber etwas mußte geschehn. Trudchen schlich sich ein die Kvrridor-
lhür und schaute durch das Guckloch. Da stand ein Mensch draußen mit breit¬
krempigen Hute, unter dem eine spitze Nase hervorsnh, und einem Banditcnmcmtel.
Mau sah nichts weiter als Hut, Nasenspitze und Mantel. In der Hand konnte er
lwuz gut ein Brecheisen und in der Tasche Dolch und Revolver tragen. Trudchen
lehrte zurück und berichtete.

Wenn uur ein Dienstmädchen im Hause wäre, sagte Eleonore Gross!, die konnte
nufmncheu, und einem Dienstmädchen thut kein Mörder etwas. Und wir könnten
uns einschließen.

Gut, sagte Trudchen, ich werde das Dienstmädchen vorstellen.

Der Mensch draußen klingelte schon wieder. Es war nicht mehr schön, wie
er die Glocke in Bewegung setzte. Eleonore Grossi und Fräulein Scherbitz ver¬
schwanden in der nächsten Thür, die zum Musikzimmer führte, Trndchen nahm ihren
Farbenpiusel in die Hand, entschlossen, dem Menschen, wenn er sich irgend gewalt¬
thätig zeigen würde,° mit dem Pinsel und SMativ in die Augen zu fahren, was
""es ein Mörder nicht vertragen kann.

Sie öffnete. Da stand ein ganz gefährlicher Mensch vor ihr. Ein bleiches,
bartloses Gesicht, aus demi eine krumme, scharfe Nase hervorsah, eiugekniffner Mund,
stechende Augen, dazu ein Garibaldihut und ein Radmnutel, dessen rechter Flügel
über die linke Schulter geworfen war. In der Hand trug er eine Papierrolle.
Was aber war in dieser Rolle? Niemand konnte es wissen. Trndchen erschrak
"ut faßte ihre Waffe fester. Ach, es war nur ein Ölfarbenpinsel, und sie war,
obwohl Vorsteherin einer Wohnungsgcnossenschnft, doch nur ein Mädchen, das sich
vor jedem Manne fürchten mußte. Doch sie ließ sich nichts merken, sondern fragte
schnippisch, was der Herr wolle.


Skizzen c»is unserm heutigen Volksleben

Das waren, wie gesagt, dunkle Punkte; im übrigen aber befand sich die Woh-
nnugsgenossenschnft ganz wohl. Man zankte sich nicht. Die Leute sagen, daß manche
weibliche Genossenschaft schon daran zu Grnnde gegangen sei, daß man sich nicht
vertragen habe. Man vertrug sich sehr gut. Fräulein Scherbitz kümmerte sich grund¬
sätzlich nicht um das Wohl und Wehe andrer Leute, Eleonore Gross! schwebte in
den obern Regionen der Kunst und ließ in den irdischen Regionen alles gehn, wie
es gehn wollte, und Trudchen machte alle Arbeit, die den andern unbequem war.
Trudchen war energisch und praktisch und griff lieber selber zu, als mit rudern
lange Reden über das ob und wie auszutauschen.

Als der Herbst kam, hatte man Rat gehalten, wie man die Wohnung ver¬
schönern könnte. Zunächst bedurften die Fußböden eines neuen Anstrichs. Probsts
waren nicht zu bewegen gewesen, etwas für die Wohnung zu thun; aber auf eigne
Kosten den Maler kommen zu lassen, war eine zu terre Sache. Wißt ihr was?
sagte Trndchen, wir streichen uns unsre Dielen selber. Fräulein Scherbitz hatte
Bedenken, und Eleonore Gross! war zu solcher Arbeit unbrauchbar. Also blieb die
Sache wieder bei Trudchen hängen, die sich auch nicht lange besann, Farben und
Pinsel kaufte, ihre Stube auskramte, ein entsprechendes Kostüm anlegte, und während
die beiden Genossinnen aufmerksam zuschauten, anfing, den Fußboden ihres Zimmers
nach allen Regeln der Kunst anzustreichen.

Die Arbeit wurde sehr schön. Schon hatten Kleid, Hände und Gesicht ihr
Teil Farbe abbekommen — Herr Gott, da klingelte es. Wo war Antonie? An-
tonie war natürlich nicht dn. Wenn Trudchen die Thür nicht selbst zugeschlossen
hätte, so hätte natürlich die Thür wieder aufgestanden, und man hätte den Menschen
schon auf dem Halse. Eben erst hatte man von einem neuen Überfall auf eine
dreiuudsiebzigjährige Dame, die vor Schrecken krank geworden war, gelesen, wer
sagte gut dafür, daß der da draußen nicht der Mörder war, der ein neues Opfer
suchte? — Es klingelte wieder, hart, grausam, gewaltthätig. So konnte mir ein
Mörder klingeln. Trudchen war aufgesprungen. Die Gesangsheroine zitterte, und
Fräulein Scherbitz machte sich bereit, sich in ihr Zimmer zurückzuziehn und die Thür
zu verrammeln. Aber etwas mußte geschehn. Trudchen schlich sich ein die Kvrridor-
lhür und schaute durch das Guckloch. Da stand ein Mensch draußen mit breit¬
krempigen Hute, unter dem eine spitze Nase hervorsnh, und einem Banditcnmcmtel.
Mau sah nichts weiter als Hut, Nasenspitze und Mantel. In der Hand konnte er
lwuz gut ein Brecheisen und in der Tasche Dolch und Revolver tragen. Trudchen
lehrte zurück und berichtete.

Wenn uur ein Dienstmädchen im Hause wäre, sagte Eleonore Gross!, die konnte
nufmncheu, und einem Dienstmädchen thut kein Mörder etwas. Und wir könnten
uns einschließen.

Gut, sagte Trudchen, ich werde das Dienstmädchen vorstellen.

Der Mensch draußen klingelte schon wieder. Es war nicht mehr schön, wie
er die Glocke in Bewegung setzte. Eleonore Grossi und Fräulein Scherbitz ver¬
schwanden in der nächsten Thür, die zum Musikzimmer führte, Trndchen nahm ihren
Farbenpiusel in die Hand, entschlossen, dem Menschen, wenn er sich irgend gewalt¬
thätig zeigen würde,° mit dem Pinsel und SMativ in die Augen zu fahren, was
""es ein Mörder nicht vertragen kann.

Sie öffnete. Da stand ein ganz gefährlicher Mensch vor ihr. Ein bleiches,
bartloses Gesicht, aus demi eine krumme, scharfe Nase hervorsah, eiugekniffner Mund,
stechende Augen, dazu ein Garibaldihut und ein Radmnutel, dessen rechter Flügel
über die linke Schulter geworfen war. In der Hand trug er eine Papierrolle.
Was aber war in dieser Rolle? Niemand konnte es wissen. Trndchen erschrak
"ut faßte ihre Waffe fester. Ach, es war nur ein Ölfarbenpinsel, und sie war,
obwohl Vorsteherin einer Wohnungsgcnossenschnft, doch nur ein Mädchen, das sich
vor jedem Manne fürchten mußte. Doch sie ließ sich nichts merken, sondern fragte
schnippisch, was der Herr wolle.


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[0745] Skizzen c»is unserm heutigen Volksleben Das waren, wie gesagt, dunkle Punkte; im übrigen aber befand sich die Woh- nnugsgenossenschnft ganz wohl. Man zankte sich nicht. Die Leute sagen, daß manche weibliche Genossenschaft schon daran zu Grnnde gegangen sei, daß man sich nicht vertragen habe. Man vertrug sich sehr gut. Fräulein Scherbitz kümmerte sich grund¬ sätzlich nicht um das Wohl und Wehe andrer Leute, Eleonore Gross! schwebte in den obern Regionen der Kunst und ließ in den irdischen Regionen alles gehn, wie es gehn wollte, und Trudchen machte alle Arbeit, die den andern unbequem war. Trudchen war energisch und praktisch und griff lieber selber zu, als mit rudern lange Reden über das ob und wie auszutauschen. Als der Herbst kam, hatte man Rat gehalten, wie man die Wohnung ver¬ schönern könnte. Zunächst bedurften die Fußböden eines neuen Anstrichs. Probsts waren nicht zu bewegen gewesen, etwas für die Wohnung zu thun; aber auf eigne Kosten den Maler kommen zu lassen, war eine zu terre Sache. Wißt ihr was? sagte Trndchen, wir streichen uns unsre Dielen selber. Fräulein Scherbitz hatte Bedenken, und Eleonore Gross! war zu solcher Arbeit unbrauchbar. Also blieb die Sache wieder bei Trudchen hängen, die sich auch nicht lange besann, Farben und Pinsel kaufte, ihre Stube auskramte, ein entsprechendes Kostüm anlegte, und während die beiden Genossinnen aufmerksam zuschauten, anfing, den Fußboden ihres Zimmers nach allen Regeln der Kunst anzustreichen. Die Arbeit wurde sehr schön. Schon hatten Kleid, Hände und Gesicht ihr Teil Farbe abbekommen — Herr Gott, da klingelte es. Wo war Antonie? An- tonie war natürlich nicht dn. Wenn Trudchen die Thür nicht selbst zugeschlossen hätte, so hätte natürlich die Thür wieder aufgestanden, und man hätte den Menschen schon auf dem Halse. Eben erst hatte man von einem neuen Überfall auf eine dreiuudsiebzigjährige Dame, die vor Schrecken krank geworden war, gelesen, wer sagte gut dafür, daß der da draußen nicht der Mörder war, der ein neues Opfer suchte? — Es klingelte wieder, hart, grausam, gewaltthätig. So konnte mir ein Mörder klingeln. Trudchen war aufgesprungen. Die Gesangsheroine zitterte, und Fräulein Scherbitz machte sich bereit, sich in ihr Zimmer zurückzuziehn und die Thür zu verrammeln. Aber etwas mußte geschehn. Trudchen schlich sich ein die Kvrridor- lhür und schaute durch das Guckloch. Da stand ein Mensch draußen mit breit¬ krempigen Hute, unter dem eine spitze Nase hervorsnh, und einem Banditcnmcmtel. Mau sah nichts weiter als Hut, Nasenspitze und Mantel. In der Hand konnte er lwuz gut ein Brecheisen und in der Tasche Dolch und Revolver tragen. Trudchen lehrte zurück und berichtete. Wenn uur ein Dienstmädchen im Hause wäre, sagte Eleonore Gross!, die konnte nufmncheu, und einem Dienstmädchen thut kein Mörder etwas. Und wir könnten uns einschließen. Gut, sagte Trudchen, ich werde das Dienstmädchen vorstellen. Der Mensch draußen klingelte schon wieder. Es war nicht mehr schön, wie er die Glocke in Bewegung setzte. Eleonore Grossi und Fräulein Scherbitz ver¬ schwanden in der nächsten Thür, die zum Musikzimmer führte, Trndchen nahm ihren Farbenpiusel in die Hand, entschlossen, dem Menschen, wenn er sich irgend gewalt¬ thätig zeigen würde,° mit dem Pinsel und SMativ in die Augen zu fahren, was ""es ein Mörder nicht vertragen kann. Sie öffnete. Da stand ein ganz gefährlicher Mensch vor ihr. Ein bleiches, bartloses Gesicht, aus demi eine krumme, scharfe Nase hervorsah, eiugekniffner Mund, stechende Augen, dazu ein Garibaldihut und ein Radmnutel, dessen rechter Flügel über die linke Schulter geworfen war. In der Hand trug er eine Papierrolle. Was aber war in dieser Rolle? Niemand konnte es wissen. Trndchen erschrak "ut faßte ihre Waffe fester. Ach, es war nur ein Ölfarbenpinsel, und sie war, obwohl Vorsteherin einer Wohnungsgcnossenschnft, doch nur ein Mädchen, das sich vor jedem Manne fürchten mußte. Doch sie ließ sich nichts merken, sondern fragte schnippisch, was der Herr wolle.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/745>, abgerufen am 01.09.2024.