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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

liebe Wohnung im ersten Stocke mieten! Das wirfts nicht ab. Nein, es ist scheußlich!
scheußlich!

Fräulein Gross! (eigentlich hieß sie Große), entgegnete Trndchen etwas altklug,
das erste ist, daß Sie sich abregen, und dann lassen Sie uns die Frage methodisch
anfassen. Die Wissenschaft -- '

Ich bitte Sie um Gottes willen, unterbrach sie die Sängerin, bleiben Sie
mir mit der Wissenschaft vom Leibe.

Erlauben Sie, sagte Trudchen. Unterschätzen Sie die Wissenschaft nicht. Wissen
Sie zum Beispiel den Wert der Koalition zu schätzen? Die Koalition ist die wirt¬
schaftliche Kraft des zwanzigsten Jahrhunderts.

Ich soll mich wohl mit der Rechenberg-Zeising koalisieren? Es ist schlimm
genug, daß ich, anstatt auf den Hohen der Kunst zu wandeln, zu denen ich mich
berufen fühle, mein Brot mit Singstunden verdienen muß, aber vor dieser schander-
haften Person, der Rechenberg-Zeising, zu Kreuz kriechen -- niemals. Nein, lieber
sterben als das!

Trudchen wurde immer erhabner. Sie ließ die Freundin austoben, kam auf
ihre Wissenschaft zurück und sagte im Lehrton: Der durchschnittliche Lebensunterhalt
einer Person beträgt bekanntlich 302,17 Mark --

Damit käme ich nicht aus, schaltete die Sängerin ein --

Ich auch nicht, fuhr Trndchen fort, aber der wissenschaftliche Wert ist nun
einmal 302,17 Mark, für zwei Personen sind es 513, für drei 771 Mark. Das
giebt ein Ersparnngsverhnltnis von -- ich weiß nicht mehr, wieviel. Egal, es ist
jedenfalls ganz riesig. Einzeln stehende Damen sollten sich also koalisieren. Wissen
Sie, Fräulein Grossi, wir sollten uns zusammenthun, eine Wohnnngsgenvssenschast
gründen und eine Familieuwohnung zwei Treppen hoch mieten. Das kostete weniger,
als wir beide einzeln zahlen, ich hätte ein hübsches Heim, und Sie kriegten Schüle¬
rinnen. Und wenn es zu zweien noch nicht reicht, so koalisieren wir uns zu dreien.

Fräulein Grossi staunte. Als sie den Plan begriffen hatte, sprang sie ans,
holte ihren Hut aus der Ecke, stülpte ihn ans den Kopf und sagte: Kommen Sie,
wir mieten uns eine Wohnung.

Aber heute abend doch nicht mehr, erwiderte Trudchen.

Das war richtig; für heute abend war es zu spät, dagegen noch Zeit genug,
den Plan gründlich zu überlegen. Die Sängerin blieb also den Abend dn. Man
trank viele Tassen Thee und stellte als ausgemacht fest, daß, wenn man in ge¬
dachter Weise eine Wvhnungsgenossenschaft gründe, kein Anlaß vorhanden sei, zu
heiraten oder Familienanschluß (schrecklich!) zu suchen. Und so schwur man sich
zum Schlüsse zu einem Rütlibnnde ein, umarmte sich und trank bei Thee Brüder¬
schaft. Es war ein herrlicher Abend.

Am nächsten Mittag sagte Lieschen Probst zu ihrer Mama: Mama, aber
heute war Fräulein Leverkühn zu komisch. Sie hat immer gelacht. Und in der
Zwischenstunde hat sie mit uns getanzt. Und dann hat sie uns gefragt, ob wir
wüßten, was eine -- Koh -- Kvhlv--unzi oder so etwas sei -- ich weiß nicht mehr.
Es war was von .Kohl drin -- Und da hat Emmi Ninklebeu gesagt, eS wäre
eine Verlobung. Und da hat sie Fräulein Leverkühn geküßt und gesagt, es wäre
noch etwas viel schöneres als eine Verlobung. So dumm. Als wenn es was
schöneres gäbe!

Währenddessen standen zwei junge Damen draußen auf der Straße und be¬
trachteten das zweite Stockwerk des Hauses, wo in einem Fenster der bekannte
Vermietungszettel zu sehen war. Man sah ihnen äußerlich nicht an, wie unent-
schlossen sie innerlich waren, und wie eine heimlich zur andern sagte: Geh dn doch.
Es war Trudchen Leverkühn und Eleonore Grossi. Da sich nun herausstellte, daß
die Sängerin trotz ihrer dramatischen Haltung die schüchternere war, so ging
Trudchen voraus. " Man klingelte, man ließ sich von Lieschens Mutter die Woh¬
nung zeigen, man fand sie wunderschön und auch nicht zu teuer. Aber sie war


Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

liebe Wohnung im ersten Stocke mieten! Das wirfts nicht ab. Nein, es ist scheußlich!
scheußlich!

Fräulein Gross! (eigentlich hieß sie Große), entgegnete Trndchen etwas altklug,
das erste ist, daß Sie sich abregen, und dann lassen Sie uns die Frage methodisch
anfassen. Die Wissenschaft — '

Ich bitte Sie um Gottes willen, unterbrach sie die Sängerin, bleiben Sie
mir mit der Wissenschaft vom Leibe.

Erlauben Sie, sagte Trudchen. Unterschätzen Sie die Wissenschaft nicht. Wissen
Sie zum Beispiel den Wert der Koalition zu schätzen? Die Koalition ist die wirt¬
schaftliche Kraft des zwanzigsten Jahrhunderts.

Ich soll mich wohl mit der Rechenberg-Zeising koalisieren? Es ist schlimm
genug, daß ich, anstatt auf den Hohen der Kunst zu wandeln, zu denen ich mich
berufen fühle, mein Brot mit Singstunden verdienen muß, aber vor dieser schander-
haften Person, der Rechenberg-Zeising, zu Kreuz kriechen — niemals. Nein, lieber
sterben als das!

Trudchen wurde immer erhabner. Sie ließ die Freundin austoben, kam auf
ihre Wissenschaft zurück und sagte im Lehrton: Der durchschnittliche Lebensunterhalt
einer Person beträgt bekanntlich 302,17 Mark —

Damit käme ich nicht aus, schaltete die Sängerin ein —

Ich auch nicht, fuhr Trndchen fort, aber der wissenschaftliche Wert ist nun
einmal 302,17 Mark, für zwei Personen sind es 513, für drei 771 Mark. Das
giebt ein Ersparnngsverhnltnis von — ich weiß nicht mehr, wieviel. Egal, es ist
jedenfalls ganz riesig. Einzeln stehende Damen sollten sich also koalisieren. Wissen
Sie, Fräulein Grossi, wir sollten uns zusammenthun, eine Wohnnngsgenvssenschast
gründen und eine Familieuwohnung zwei Treppen hoch mieten. Das kostete weniger,
als wir beide einzeln zahlen, ich hätte ein hübsches Heim, und Sie kriegten Schüle¬
rinnen. Und wenn es zu zweien noch nicht reicht, so koalisieren wir uns zu dreien.

Fräulein Grossi staunte. Als sie den Plan begriffen hatte, sprang sie ans,
holte ihren Hut aus der Ecke, stülpte ihn ans den Kopf und sagte: Kommen Sie,
wir mieten uns eine Wohnung.

Aber heute abend doch nicht mehr, erwiderte Trudchen.

Das war richtig; für heute abend war es zu spät, dagegen noch Zeit genug,
den Plan gründlich zu überlegen. Die Sängerin blieb also den Abend dn. Man
trank viele Tassen Thee und stellte als ausgemacht fest, daß, wenn man in ge¬
dachter Weise eine Wvhnungsgenossenschaft gründe, kein Anlaß vorhanden sei, zu
heiraten oder Familienanschluß (schrecklich!) zu suchen. Und so schwur man sich
zum Schlüsse zu einem Rütlibnnde ein, umarmte sich und trank bei Thee Brüder¬
schaft. Es war ein herrlicher Abend.

Am nächsten Mittag sagte Lieschen Probst zu ihrer Mama: Mama, aber
heute war Fräulein Leverkühn zu komisch. Sie hat immer gelacht. Und in der
Zwischenstunde hat sie mit uns getanzt. Und dann hat sie uns gefragt, ob wir
wüßten, was eine — Koh — Kvhlv—unzi oder so etwas sei — ich weiß nicht mehr.
Es war was von .Kohl drin — Und da hat Emmi Ninklebeu gesagt, eS wäre
eine Verlobung. Und da hat sie Fräulein Leverkühn geküßt und gesagt, es wäre
noch etwas viel schöneres als eine Verlobung. So dumm. Als wenn es was
schöneres gäbe!

Währenddessen standen zwei junge Damen draußen auf der Straße und be¬
trachteten das zweite Stockwerk des Hauses, wo in einem Fenster der bekannte
Vermietungszettel zu sehen war. Man sah ihnen äußerlich nicht an, wie unent-
schlossen sie innerlich waren, und wie eine heimlich zur andern sagte: Geh dn doch.
Es war Trudchen Leverkühn und Eleonore Grossi. Da sich nun herausstellte, daß
die Sängerin trotz ihrer dramatischen Haltung die schüchternere war, so ging
Trudchen voraus. " Man klingelte, man ließ sich von Lieschens Mutter die Woh¬
nung zeigen, man fand sie wunderschön und auch nicht zu teuer. Aber sie war


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[0740] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben liebe Wohnung im ersten Stocke mieten! Das wirfts nicht ab. Nein, es ist scheußlich! scheußlich! Fräulein Gross! (eigentlich hieß sie Große), entgegnete Trndchen etwas altklug, das erste ist, daß Sie sich abregen, und dann lassen Sie uns die Frage methodisch anfassen. Die Wissenschaft — ' Ich bitte Sie um Gottes willen, unterbrach sie die Sängerin, bleiben Sie mir mit der Wissenschaft vom Leibe. Erlauben Sie, sagte Trudchen. Unterschätzen Sie die Wissenschaft nicht. Wissen Sie zum Beispiel den Wert der Koalition zu schätzen? Die Koalition ist die wirt¬ schaftliche Kraft des zwanzigsten Jahrhunderts. Ich soll mich wohl mit der Rechenberg-Zeising koalisieren? Es ist schlimm genug, daß ich, anstatt auf den Hohen der Kunst zu wandeln, zu denen ich mich berufen fühle, mein Brot mit Singstunden verdienen muß, aber vor dieser schander- haften Person, der Rechenberg-Zeising, zu Kreuz kriechen — niemals. Nein, lieber sterben als das! Trudchen wurde immer erhabner. Sie ließ die Freundin austoben, kam auf ihre Wissenschaft zurück und sagte im Lehrton: Der durchschnittliche Lebensunterhalt einer Person beträgt bekanntlich 302,17 Mark — Damit käme ich nicht aus, schaltete die Sängerin ein — Ich auch nicht, fuhr Trndchen fort, aber der wissenschaftliche Wert ist nun einmal 302,17 Mark, für zwei Personen sind es 513, für drei 771 Mark. Das giebt ein Ersparnngsverhnltnis von — ich weiß nicht mehr, wieviel. Egal, es ist jedenfalls ganz riesig. Einzeln stehende Damen sollten sich also koalisieren. Wissen Sie, Fräulein Grossi, wir sollten uns zusammenthun, eine Wohnnngsgenvssenschast gründen und eine Familieuwohnung zwei Treppen hoch mieten. Das kostete weniger, als wir beide einzeln zahlen, ich hätte ein hübsches Heim, und Sie kriegten Schüle¬ rinnen. Und wenn es zu zweien noch nicht reicht, so koalisieren wir uns zu dreien. Fräulein Grossi staunte. Als sie den Plan begriffen hatte, sprang sie ans, holte ihren Hut aus der Ecke, stülpte ihn ans den Kopf und sagte: Kommen Sie, wir mieten uns eine Wohnung. Aber heute abend doch nicht mehr, erwiderte Trudchen. Das war richtig; für heute abend war es zu spät, dagegen noch Zeit genug, den Plan gründlich zu überlegen. Die Sängerin blieb also den Abend dn. Man trank viele Tassen Thee und stellte als ausgemacht fest, daß, wenn man in ge¬ dachter Weise eine Wvhnungsgenossenschaft gründe, kein Anlaß vorhanden sei, zu heiraten oder Familienanschluß (schrecklich!) zu suchen. Und so schwur man sich zum Schlüsse zu einem Rütlibnnde ein, umarmte sich und trank bei Thee Brüder¬ schaft. Es war ein herrlicher Abend. Am nächsten Mittag sagte Lieschen Probst zu ihrer Mama: Mama, aber heute war Fräulein Leverkühn zu komisch. Sie hat immer gelacht. Und in der Zwischenstunde hat sie mit uns getanzt. Und dann hat sie uns gefragt, ob wir wüßten, was eine — Koh — Kvhlv—unzi oder so etwas sei — ich weiß nicht mehr. Es war was von .Kohl drin — Und da hat Emmi Ninklebeu gesagt, eS wäre eine Verlobung. Und da hat sie Fräulein Leverkühn geküßt und gesagt, es wäre noch etwas viel schöneres als eine Verlobung. So dumm. Als wenn es was schöneres gäbe! Währenddessen standen zwei junge Damen draußen auf der Straße und be¬ trachteten das zweite Stockwerk des Hauses, wo in einem Fenster der bekannte Vermietungszettel zu sehen war. Man sah ihnen äußerlich nicht an, wie unent- schlossen sie innerlich waren, und wie eine heimlich zur andern sagte: Geh dn doch. Es war Trudchen Leverkühn und Eleonore Grossi. Da sich nun herausstellte, daß die Sängerin trotz ihrer dramatischen Haltung die schüchternere war, so ging Trudchen voraus. " Man klingelte, man ließ sich von Lieschens Mutter die Woh¬ nung zeigen, man fand sie wunderschön und auch nicht zu teuer. Aber sie war

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/740>, abgerufen am 01.09.2024.