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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Ver Professor, Gillet Zinnober, Rosamunde und Ärmchen

sieh doch, dort lugt es hell herein -- das ist der Mond! Und es webt schon
silbern wie ein zarter Lichtschleier zwischen den Bäumen, und die Blätter blitzen
und funkeln -- und horch, jetzt hebt auch das Klingen wieder an. Ja, das ist
ganz Schubert, dieser Wechsel von Dur und Moll! Das ist der echte Rosamnnden-
ton, der immer und immer bei ihm anklingt!

Und sieh! dort wird es licht; ob da der Wald sein Ende hat?

Es war ihm, als würde er von der Musik getragen, als er auf die Lichtung
vor sich zueilte. Da öffnete sich eine Waldwiese vor ihm, auf der das Mondlicht
lag. Er sah erstaunt um sich. Die Bäume kannte er doch, den Bach, der dort
rieselte, und drüben über dem Gehege die verschleierte Ferne -- wo hatte er sie
nur gesehen? Mein Gott, dachte er, bin ich denn im Kreise gegangen, das ist
doch das Bild, das Onkel Zinnober--wo ist er nur? Er wollte den Mund
aufthun, um ihn zu rufen, da blieb er starr stehn und sah auf eine seltsame Gruppe
drüben unter den Bäumen. Da saß ein Faun und blies auf der Syrinx, und
neben ihm zusammengekauert, sich an ihn schmiegend, saß eine Faunin und tränkte
ihr Junges. Daher kam also das süße Getön, das ihn gelockt hatte! Er stand
atemlos da und wagte nicht, sich zu rühren, um das entzückende Bild und die
holden Klänge nicht zu stören. "Der Vollmond strahlt auf Bergeshöhn" -- o Gott
ja, so mußte es klingen, wie der es da drüben blies -- --

Da fuhr er zusammen. Dicht neben ihm war etwas ins Gras geplumpst von
dem Baum über ihm. Er sah auf den Boden: da saß schimmernd im Monden-
schein mit seinein nackten Körperchen ein allerliebster kleiner Putte, der die Ärmchen
rückwärts ins Gras stemmte und ihn mit schelmischen Augen anlachte.

Mich wundert gar nichts mehr, sagte der Professor. Du bist der reine
Rafael, aber du Paßt zu der Musik. Was treibst du kleiner Reuaisscmcebcngel
denn hier?

Über ihm kicherte es. Er hob die Augen und sah droben über sich auf einem
Aste eine ganze Reihe Putten sitzen, die sich im Takte zu der Musik schaukelten
und ihn anlachten. Plötzlich flatterten sie alle herab in das Gras, fingen an sich
zu seinen Füßen zu überkollern, zu springen und um ihn zu tanzen.

Jungens, rief er, treibt es nicht zu toll! Da kann man ja schwindlig werden!
Aber da flatterten sie alle auf einmal auf, über die Wiese gegen den Wald zu
und gaukelten um einen Zug, der aus dem Walde herauskam, gerade da, wo der
Professor ebeu erst herausgetreten war.

Voran kam dick und weinselig Silen auf seinem Esel geritten, rechts und
links von ein paar üppigen Nymphen gestützt. Der Esel hob ein paar mal den Kopf
und legte die Ohren zurück, als wollte er zu schreien beginnen, aber sobald der
flötende Faun den Finger erhob, ließ er den Kopf wieder sinken, spitzte die Ohren
nach vorn und schritt ehrbar weiter. Vorbei an der Faunfamilie, quer über die
Waldwiese -- ein Gedränge von thyrsosschwingenden und beckenschlagenden Satyrn
und tanzenden Nymphen hinterher -- war das noch die Zwischenaktsmusik? Nein,
das war ja gar nicht mehr Schubert. Was war es nur? Ach ja! Jetzt wußte
er es -- das erhob sich wie gewaltiges Sturmgebrause, das war der Weihegesang
am Schlüsse der Anoli.

Und mit einem mal war es, als flösse alles Licht und alles Tönen in einen
Glanz auf eine Stelle zusammen: aus dem Walde traten zwei Weiße Hirsche, die
einen zweirädrigen Wagen zogen, auf dem ein herrliches Frauenbild ruhte. Mit
ruhigem Schritt gingen in hochgeschürztem Chiton Jägerinnen mit Köchern und
Bogen neben dem Wagen und hinter ihm her, und schlanke Jagdhunde umkreisten
ihn mit zierlichen Sprüngen.

War es der Mond, was wie ein silbern leuchtender Schein um sie stand?
Ging das Licht von ihr selbst aus? Weiß schimmerten die herrlichen Glieder zu
ihm herüber, licht wie Mondesstrahlen war das leichtgelockte Haar, das ihren Kopf
mit dem glänzenden Diadem umgab und sich am Hinterhaupt in einen Knoten


Ver Professor, Gillet Zinnober, Rosamunde und Ärmchen

sieh doch, dort lugt es hell herein — das ist der Mond! Und es webt schon
silbern wie ein zarter Lichtschleier zwischen den Bäumen, und die Blätter blitzen
und funkeln — und horch, jetzt hebt auch das Klingen wieder an. Ja, das ist
ganz Schubert, dieser Wechsel von Dur und Moll! Das ist der echte Rosamnnden-
ton, der immer und immer bei ihm anklingt!

Und sieh! dort wird es licht; ob da der Wald sein Ende hat?

Es war ihm, als würde er von der Musik getragen, als er auf die Lichtung
vor sich zueilte. Da öffnete sich eine Waldwiese vor ihm, auf der das Mondlicht
lag. Er sah erstaunt um sich. Die Bäume kannte er doch, den Bach, der dort
rieselte, und drüben über dem Gehege die verschleierte Ferne — wo hatte er sie
nur gesehen? Mein Gott, dachte er, bin ich denn im Kreise gegangen, das ist
doch das Bild, das Onkel Zinnober--wo ist er nur? Er wollte den Mund
aufthun, um ihn zu rufen, da blieb er starr stehn und sah auf eine seltsame Gruppe
drüben unter den Bäumen. Da saß ein Faun und blies auf der Syrinx, und
neben ihm zusammengekauert, sich an ihn schmiegend, saß eine Faunin und tränkte
ihr Junges. Daher kam also das süße Getön, das ihn gelockt hatte! Er stand
atemlos da und wagte nicht, sich zu rühren, um das entzückende Bild und die
holden Klänge nicht zu stören. „Der Vollmond strahlt auf Bergeshöhn" — o Gott
ja, so mußte es klingen, wie der es da drüben blies — —

Da fuhr er zusammen. Dicht neben ihm war etwas ins Gras geplumpst von
dem Baum über ihm. Er sah auf den Boden: da saß schimmernd im Monden-
schein mit seinein nackten Körperchen ein allerliebster kleiner Putte, der die Ärmchen
rückwärts ins Gras stemmte und ihn mit schelmischen Augen anlachte.

Mich wundert gar nichts mehr, sagte der Professor. Du bist der reine
Rafael, aber du Paßt zu der Musik. Was treibst du kleiner Reuaisscmcebcngel
denn hier?

Über ihm kicherte es. Er hob die Augen und sah droben über sich auf einem
Aste eine ganze Reihe Putten sitzen, die sich im Takte zu der Musik schaukelten
und ihn anlachten. Plötzlich flatterten sie alle herab in das Gras, fingen an sich
zu seinen Füßen zu überkollern, zu springen und um ihn zu tanzen.

Jungens, rief er, treibt es nicht zu toll! Da kann man ja schwindlig werden!
Aber da flatterten sie alle auf einmal auf, über die Wiese gegen den Wald zu
und gaukelten um einen Zug, der aus dem Walde herauskam, gerade da, wo der
Professor ebeu erst herausgetreten war.

Voran kam dick und weinselig Silen auf seinem Esel geritten, rechts und
links von ein paar üppigen Nymphen gestützt. Der Esel hob ein paar mal den Kopf
und legte die Ohren zurück, als wollte er zu schreien beginnen, aber sobald der
flötende Faun den Finger erhob, ließ er den Kopf wieder sinken, spitzte die Ohren
nach vorn und schritt ehrbar weiter. Vorbei an der Faunfamilie, quer über die
Waldwiese — ein Gedränge von thyrsosschwingenden und beckenschlagenden Satyrn
und tanzenden Nymphen hinterher — war das noch die Zwischenaktsmusik? Nein,
das war ja gar nicht mehr Schubert. Was war es nur? Ach ja! Jetzt wußte
er es — das erhob sich wie gewaltiges Sturmgebrause, das war der Weihegesang
am Schlüsse der Anoli.

Und mit einem mal war es, als flösse alles Licht und alles Tönen in einen
Glanz auf eine Stelle zusammen: aus dem Walde traten zwei Weiße Hirsche, die
einen zweirädrigen Wagen zogen, auf dem ein herrliches Frauenbild ruhte. Mit
ruhigem Schritt gingen in hochgeschürztem Chiton Jägerinnen mit Köchern und
Bogen neben dem Wagen und hinter ihm her, und schlanke Jagdhunde umkreisten
ihn mit zierlichen Sprüngen.

War es der Mond, was wie ein silbern leuchtender Schein um sie stand?
Ging das Licht von ihr selbst aus? Weiß schimmerten die herrlichen Glieder zu
ihm herüber, licht wie Mondesstrahlen war das leichtgelockte Haar, das ihren Kopf
mit dem glänzenden Diadem umgab und sich am Hinterhaupt in einen Knoten


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[0692] Ver Professor, Gillet Zinnober, Rosamunde und Ärmchen sieh doch, dort lugt es hell herein — das ist der Mond! Und es webt schon silbern wie ein zarter Lichtschleier zwischen den Bäumen, und die Blätter blitzen und funkeln — und horch, jetzt hebt auch das Klingen wieder an. Ja, das ist ganz Schubert, dieser Wechsel von Dur und Moll! Das ist der echte Rosamnnden- ton, der immer und immer bei ihm anklingt! Und sieh! dort wird es licht; ob da der Wald sein Ende hat? Es war ihm, als würde er von der Musik getragen, als er auf die Lichtung vor sich zueilte. Da öffnete sich eine Waldwiese vor ihm, auf der das Mondlicht lag. Er sah erstaunt um sich. Die Bäume kannte er doch, den Bach, der dort rieselte, und drüben über dem Gehege die verschleierte Ferne — wo hatte er sie nur gesehen? Mein Gott, dachte er, bin ich denn im Kreise gegangen, das ist doch das Bild, das Onkel Zinnober--wo ist er nur? Er wollte den Mund aufthun, um ihn zu rufen, da blieb er starr stehn und sah auf eine seltsame Gruppe drüben unter den Bäumen. Da saß ein Faun und blies auf der Syrinx, und neben ihm zusammengekauert, sich an ihn schmiegend, saß eine Faunin und tränkte ihr Junges. Daher kam also das süße Getön, das ihn gelockt hatte! Er stand atemlos da und wagte nicht, sich zu rühren, um das entzückende Bild und die holden Klänge nicht zu stören. „Der Vollmond strahlt auf Bergeshöhn" — o Gott ja, so mußte es klingen, wie der es da drüben blies — — Da fuhr er zusammen. Dicht neben ihm war etwas ins Gras geplumpst von dem Baum über ihm. Er sah auf den Boden: da saß schimmernd im Monden- schein mit seinein nackten Körperchen ein allerliebster kleiner Putte, der die Ärmchen rückwärts ins Gras stemmte und ihn mit schelmischen Augen anlachte. Mich wundert gar nichts mehr, sagte der Professor. Du bist der reine Rafael, aber du Paßt zu der Musik. Was treibst du kleiner Reuaisscmcebcngel denn hier? Über ihm kicherte es. Er hob die Augen und sah droben über sich auf einem Aste eine ganze Reihe Putten sitzen, die sich im Takte zu der Musik schaukelten und ihn anlachten. Plötzlich flatterten sie alle herab in das Gras, fingen an sich zu seinen Füßen zu überkollern, zu springen und um ihn zu tanzen. Jungens, rief er, treibt es nicht zu toll! Da kann man ja schwindlig werden! Aber da flatterten sie alle auf einmal auf, über die Wiese gegen den Wald zu und gaukelten um einen Zug, der aus dem Walde herauskam, gerade da, wo der Professor ebeu erst herausgetreten war. Voran kam dick und weinselig Silen auf seinem Esel geritten, rechts und links von ein paar üppigen Nymphen gestützt. Der Esel hob ein paar mal den Kopf und legte die Ohren zurück, als wollte er zu schreien beginnen, aber sobald der flötende Faun den Finger erhob, ließ er den Kopf wieder sinken, spitzte die Ohren nach vorn und schritt ehrbar weiter. Vorbei an der Faunfamilie, quer über die Waldwiese — ein Gedränge von thyrsosschwingenden und beckenschlagenden Satyrn und tanzenden Nymphen hinterher — war das noch die Zwischenaktsmusik? Nein, das war ja gar nicht mehr Schubert. Was war es nur? Ach ja! Jetzt wußte er es — das erhob sich wie gewaltiges Sturmgebrause, das war der Weihegesang am Schlüsse der Anoli. Und mit einem mal war es, als flösse alles Licht und alles Tönen in einen Glanz auf eine Stelle zusammen: aus dem Walde traten zwei Weiße Hirsche, die einen zweirädrigen Wagen zogen, auf dem ein herrliches Frauenbild ruhte. Mit ruhigem Schritt gingen in hochgeschürztem Chiton Jägerinnen mit Köchern und Bogen neben dem Wagen und hinter ihm her, und schlanke Jagdhunde umkreisten ihn mit zierlichen Sprüngen. War es der Mond, was wie ein silbern leuchtender Schein um sie stand? Ging das Licht von ihr selbst aus? Weiß schimmerten die herrlichen Glieder zu ihm herüber, licht wie Mondesstrahlen war das leichtgelockte Haar, das ihren Kopf mit dem glänzenden Diadem umgab und sich am Hinterhaupt in einen Knoten

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/692>, abgerufen am 01.09.2024.