Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Uonrad Ividerhold

noch auferlegt werden. Und eine solche Weitherzigst in der Duldung jedes
in echter Religiosität auf Grund wissenschaftlicher Überzeugung gewonnenen
Glaubcnsstandpunkts wird zugleich dazu dienen, dem Dienste der evangelischen
Kirche neue und zahlreiche Kräfte zuzuführen, während der heute meist fest-
gehaltne strenge Standpunkt der kirchenregimentlichen Behörden nicht wenige
vom edelsten religiösen Streben beseelte Jünglinge zum Schaden der Kirche
dem theologischen Berufe fernhält.


Heinrich Lehmann


Konrad Widerhold
All'eit Lambert'erger von

meer den Helden des Dreißigjährigen Krieges in Württemberg, die
in der geschichtlichen Erinnerung noch fortleben, ist Konrad Wider¬
hold der volkstümlichste, der tapfere Verteidiger Hohentwiels, der
fromme und wohlthätige Obervogt über Stadt und Amt Kirchheim.
Die Stadt Kirchheim, die ungemein lieblich zu Füßen der stolz in
malerischen Linien aufsteigenden alten Burg Teck liegt, des einstigen Schlosses
der alten Herzöge von Teck, ist heute noch voll von geschichtlichen und monu¬
mentalen Erinnerungen an Widerhold. Auf dem "Widerholdsplatz" liegt eine
Grabnische zwischen zwei Strebepfeilern der südlichen Außenwand der statt¬
lichen Kirche, das "Rnhekämmerleiu," das er für sich und seine Gemahlin
gewählt hatte. Zu dem ursprünglichen Denkmal vor dem großen Brande, der
einen Teil der Kirche und nahezu die ganze Stadt im Jahre 1690 in Asche
^gte, gehört der links an westlichen Strebepfeiler eingefügte Grabstein mit
dein Wappen Widerholds und dein seiner Gattin Anna Armgard, gebornen
^urckhartsch. Widerhold hatte sich schon längere Zeit vor seinem Hinscheiden
seinen Sarg und seinen Grabstein fertigen lassen und für diesen die Inschrift
s^bst gewählt. Das auf diesem ältesten Teil des Denkmals angebrachte
Wappen Widerholds zeigt einen in die Höhe stehenden Widder, das Wappen
seiner Gattin einen unter einem Baum ruhenden Hirsch. Unter dem ersten
steht die Inschrift:

Unter dem andern steht der Reim:

Unter beiden Inschriften sind anßer dem Schriftwort: "Selig sind die Toten,
^ in dem Herrn sterben von nun an; ja der Geist spricht, daß sie ruhen
von ihrer Arbeit, denn ihre Werke folgen ihnen nach," die Personalien der
"eiden Gatten angebracht in nachstehender Form:


"Also ruhen allhier der weiland Hochedle Gestreng und wahrhafte Held,

,
Herr Conrad Widerhold von und zu Neidlingen,


Uonrad Ividerhold

noch auferlegt werden. Und eine solche Weitherzigst in der Duldung jedes
in echter Religiosität auf Grund wissenschaftlicher Überzeugung gewonnenen
Glaubcnsstandpunkts wird zugleich dazu dienen, dem Dienste der evangelischen
Kirche neue und zahlreiche Kräfte zuzuführen, während der heute meist fest-
gehaltne strenge Standpunkt der kirchenregimentlichen Behörden nicht wenige
vom edelsten religiösen Streben beseelte Jünglinge zum Schaden der Kirche
dem theologischen Berufe fernhält.


Heinrich Lehmann


Konrad Widerhold
All'eit Lambert'erger von

meer den Helden des Dreißigjährigen Krieges in Württemberg, die
in der geschichtlichen Erinnerung noch fortleben, ist Konrad Wider¬
hold der volkstümlichste, der tapfere Verteidiger Hohentwiels, der
fromme und wohlthätige Obervogt über Stadt und Amt Kirchheim.
Die Stadt Kirchheim, die ungemein lieblich zu Füßen der stolz in
malerischen Linien aufsteigenden alten Burg Teck liegt, des einstigen Schlosses
der alten Herzöge von Teck, ist heute noch voll von geschichtlichen und monu¬
mentalen Erinnerungen an Widerhold. Auf dem „Widerholdsplatz" liegt eine
Grabnische zwischen zwei Strebepfeilern der südlichen Außenwand der statt¬
lichen Kirche, das „Rnhekämmerleiu," das er für sich und seine Gemahlin
gewählt hatte. Zu dem ursprünglichen Denkmal vor dem großen Brande, der
einen Teil der Kirche und nahezu die ganze Stadt im Jahre 1690 in Asche
^gte, gehört der links an westlichen Strebepfeiler eingefügte Grabstein mit
dein Wappen Widerholds und dein seiner Gattin Anna Armgard, gebornen
^urckhartsch. Widerhold hatte sich schon längere Zeit vor seinem Hinscheiden
seinen Sarg und seinen Grabstein fertigen lassen und für diesen die Inschrift
s^bst gewählt. Das auf diesem ältesten Teil des Denkmals angebrachte
Wappen Widerholds zeigt einen in die Höhe stehenden Widder, das Wappen
seiner Gattin einen unter einem Baum ruhenden Hirsch. Unter dem ersten
steht die Inschrift:

Unter dem andern steht der Reim:

Unter beiden Inschriften sind anßer dem Schriftwort: „Selig sind die Toten,
^ in dem Herrn sterben von nun an; ja der Geist spricht, daß sie ruhen
von ihrer Arbeit, denn ihre Werke folgen ihnen nach," die Personalien der
»eiden Gatten angebracht in nachstehender Form:


„Also ruhen allhier der weiland Hochedle Gestreng und wahrhafte Held,

,
Herr Conrad Widerhold von und zu Neidlingen,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0667" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239455"/>
          <fw type="header" place="top"> Uonrad Ividerhold</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_3069" prev="#ID_3068"> noch auferlegt werden. Und eine solche Weitherzigst in der Duldung jedes<lb/>
in echter Religiosität auf Grund wissenschaftlicher Überzeugung gewonnenen<lb/>
Glaubcnsstandpunkts wird zugleich dazu dienen, dem Dienste der evangelischen<lb/>
Kirche neue und zahlreiche Kräfte zuzuführen, während der heute meist fest-<lb/>
gehaltne strenge Standpunkt der kirchenregimentlichen Behörden nicht wenige<lb/>
vom edelsten religiösen Streben beseelte Jünglinge zum Schaden der Kirche<lb/>
dem theologischen Berufe fernhält.</p><lb/>
          <note type="byline"> Heinrich Lehmann</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Konrad Widerhold<lb/><note type="byline"> All'eit Lambert'erger</note> von </head><lb/>
          <p xml:id="ID_3070"> meer den Helden des Dreißigjährigen Krieges in Württemberg, die<lb/>
in der geschichtlichen Erinnerung noch fortleben, ist Konrad Wider¬<lb/>
hold der volkstümlichste, der tapfere Verteidiger Hohentwiels, der<lb/>
fromme und wohlthätige Obervogt über Stadt und Amt Kirchheim.<lb/>
Die Stadt Kirchheim, die ungemein lieblich zu Füßen der stolz in<lb/>
malerischen Linien aufsteigenden alten Burg Teck liegt, des einstigen Schlosses<lb/>
der alten Herzöge von Teck, ist heute noch voll von geschichtlichen und monu¬<lb/>
mentalen Erinnerungen an Widerhold. Auf dem &#x201E;Widerholdsplatz" liegt eine<lb/>
Grabnische zwischen zwei Strebepfeilern der südlichen Außenwand der statt¬<lb/>
lichen Kirche, das &#x201E;Rnhekämmerleiu," das er für sich und seine Gemahlin<lb/>
gewählt hatte. Zu dem ursprünglichen Denkmal vor dem großen Brande, der<lb/>
einen Teil der Kirche und nahezu die ganze Stadt im Jahre 1690 in Asche<lb/>
^gte, gehört der links an westlichen Strebepfeiler eingefügte Grabstein mit<lb/>
dein Wappen Widerholds und dein seiner Gattin Anna Armgard, gebornen<lb/>
^urckhartsch. Widerhold hatte sich schon längere Zeit vor seinem Hinscheiden<lb/>
seinen Sarg und seinen Grabstein fertigen lassen und für diesen die Inschrift<lb/>
s^bst gewählt. Das auf diesem ältesten Teil des Denkmals angebrachte<lb/>
Wappen Widerholds zeigt einen in die Höhe stehenden Widder, das Wappen<lb/>
seiner Gattin einen unter einem Baum ruhenden Hirsch. Unter dem ersten<lb/>
steht die Inschrift:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_39" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_3071"> Unter dem andern steht der Reim:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_40" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_3072"> Unter beiden Inschriften sind anßer dem Schriftwort: &#x201E;Selig sind die Toten,<lb/>
^ in dem Herrn sterben von nun an; ja der Geist spricht, daß sie ruhen<lb/>
von ihrer Arbeit, denn ihre Werke folgen ihnen nach," die Personalien der<lb/>
»eiden Gatten angebracht in nachstehender Form:</p><lb/>
          <quote> &#x201E;Also ruhen allhier der weiland Hochedle Gestreng und wahrhafte Held,<lb/><p xml:id="ID_3073"> ,<lb/>
Herr Conrad Widerhold von und zu Neidlingen,</p></quote><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0667] Uonrad Ividerhold noch auferlegt werden. Und eine solche Weitherzigst in der Duldung jedes in echter Religiosität auf Grund wissenschaftlicher Überzeugung gewonnenen Glaubcnsstandpunkts wird zugleich dazu dienen, dem Dienste der evangelischen Kirche neue und zahlreiche Kräfte zuzuführen, während der heute meist fest- gehaltne strenge Standpunkt der kirchenregimentlichen Behörden nicht wenige vom edelsten religiösen Streben beseelte Jünglinge zum Schaden der Kirche dem theologischen Berufe fernhält. Heinrich Lehmann Konrad Widerhold All'eit Lambert'erger von meer den Helden des Dreißigjährigen Krieges in Württemberg, die in der geschichtlichen Erinnerung noch fortleben, ist Konrad Wider¬ hold der volkstümlichste, der tapfere Verteidiger Hohentwiels, der fromme und wohlthätige Obervogt über Stadt und Amt Kirchheim. Die Stadt Kirchheim, die ungemein lieblich zu Füßen der stolz in malerischen Linien aufsteigenden alten Burg Teck liegt, des einstigen Schlosses der alten Herzöge von Teck, ist heute noch voll von geschichtlichen und monu¬ mentalen Erinnerungen an Widerhold. Auf dem „Widerholdsplatz" liegt eine Grabnische zwischen zwei Strebepfeilern der südlichen Außenwand der statt¬ lichen Kirche, das „Rnhekämmerleiu," das er für sich und seine Gemahlin gewählt hatte. Zu dem ursprünglichen Denkmal vor dem großen Brande, der einen Teil der Kirche und nahezu die ganze Stadt im Jahre 1690 in Asche ^gte, gehört der links an westlichen Strebepfeiler eingefügte Grabstein mit dein Wappen Widerholds und dein seiner Gattin Anna Armgard, gebornen ^urckhartsch. Widerhold hatte sich schon längere Zeit vor seinem Hinscheiden seinen Sarg und seinen Grabstein fertigen lassen und für diesen die Inschrift s^bst gewählt. Das auf diesem ältesten Teil des Denkmals angebrachte Wappen Widerholds zeigt einen in die Höhe stehenden Widder, das Wappen seiner Gattin einen unter einem Baum ruhenden Hirsch. Unter dem ersten steht die Inschrift: Unter dem andern steht der Reim: Unter beiden Inschriften sind anßer dem Schriftwort: „Selig sind die Toten, ^ in dem Herrn sterben von nun an; ja der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer Arbeit, denn ihre Werke folgen ihnen nach," die Personalien der »eiden Gatten angebracht in nachstehender Form: „Also ruhen allhier der weiland Hochedle Gestreng und wahrhafte Held, , Herr Conrad Widerhold von und zu Neidlingen,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/667
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/667>, abgerufen am 01.09.2024.