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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Die Geschichte hatte ein mich erfreuendes Nachspiel. Ich erzählte später in
Reiße im Kameradenkreise meine italienische Berichterstattung "von Magdeburg
aus". Da fragte mich der anwesende Direktor der Kriegsschule, Major Seichte
(der spätere Generalstnbschef des Prinzen Friedrich Karl), auf Ehrenwort: ob dies
wahr sei? Als ich dies bejahte, erzählte er lachend, daß er damals im Großen
Generalstabe gestanden habe und alles darüber ungehalten gewesen wäre, daß nicht
eine Zeitung vernünftige Berichte aus dem Kriege in Italien zu bringen vermöge.
Eines Morgens aber sei General v. Moltke zufriedner Antlitzes unter sie getreten
mit einer großen Karte von Italien und -- der "Illustrierten Zeitung" in der
Hand. "Endlich -- hat er gesagt -- finde ich einen trefflich orientierten Bericht¬
erstatter, auf den wir uns verlassen können!" Von nun an seien alle acht Tage
nach Erscheinen der Zeitung die Herren vom Generalstabe zusammengetrommelt, mit
Fähnchen die Marschrouten der Korps bezeichnet und verfolgt worden, und Moltke
hätte ihnen dabei nach dem Wortlaut des "trefflichen Berichterstatters" aus Italien
den Fortgang des Feldzugs erläutert."

Nach diesem Erfolg kommt bald eine kleine Schrift "Über den Einfluß der
gezognen Geschütze auf den Festnngskrieg," dann ein "Sappeur-Rcglementsentwnrf,"
kurzum der Dienst um der Feder wird immer eifriger. Aber auch als praktischer
Militär macht Scheibert seinem guten Kopfe soviel Ehre, daß ihm ein schwieriger
Auftrag nach dem andern und eine ganze Reihe ungewöhnlicher Spezialkommandos
übergeben wird. Durch die Vermittlung des Fürsten Radziwill, dessen besondre
Zuneigung er sich durch Leistungen und Wesen erwirbt, wird er dann 1863 als
"Rentier Scheibert" zu der Armee der Konföderierten geschickt, um in dem belagerten
Charleston Beobachtungen über Panzerplatten und gezogne Geschütze zu machen.
Seine Erlebnisse im Sezessionskriege nehmen fast die Hälfte des Buches ein und
machen wohl seinen geschichtlich wichtigsten Teil aus. Die fernere Litteratur über
den sogenannten und vermeintlichen Sklavenkrieg wird es zu beachten haben, das;
ein in Motive und Getriebe der Parteien so tief eingeweihter Zeuge wie Scheibert
für die Nordnmerikaner keine Shmpathien hat. Jedenfalls ist es immer wieder von
Wert, die Verhältnisse, die die neuen Geschicke des andern Kontinents bestimmt
haben, mit andern Augen als den der Mrs. Bcecher-Stowe betrachtet zu sehen und
höchst anerkennende Urteile über die Führer der Südländer zu hören. Noch mehr
als Lee und Stunrt bewundert S. den alten Jackson, diesen "herrlichen General"
und ist des Lobes voll über den Cromwellschen Geist, der im Heer der Konföderierten
lebte. Von der Armee der Nordstanten bekam er dagegen gleich in New-Iork
einen Übeln Begriff. "Was ich (von Soldaten) sah, schreibt er, machte ans mich,
den Zögling eines stehenden Heeres, natürlich einen sehr wenig imposanten Eindruck;
einige ölgeleckte swolls, die in irgend einem Militärburenu als Söhne großer Lichter
ein sichres Dasein führten, einige Schildwnchen, die gähnend sich auf ihr Gewehr
lehnten, die schloddrig herumflankierenden volnntsors, sowie nachlässig einherschlendernde
Patrouillen reizten mich damals zur Heiterkeit, bis ich mich daran gewöhnt hatte,
Milizen vor mir zu sehen, die man mit anderm Maßstabe messen muß als reguläre
Truppen. An eins konnte ich mich allerdings nicht gewöhnen, an die sogenannten
Zuavcn-Regimenter der Jankees, die eines großen Ansehens -- nicht etwa bei ihren
Gegnern! sondern in der Stadt -- genossen. Diese habe ich nie ohne inneres Er¬
götzen sehen können. Den Eindruck, den ich in New-Uork von der Armee der zukünf¬
tigen Gegner empfing, war daher kein glänzender; er ist, wie wir sehen werden, auch
später im Kriege kein erheblich besserer geworden." Eine besonders schlechte Zensur
erhalten die Deutschamerikaner, und nicht bloß wegen der Schlacht bei Wilderneß.

Außer der politischen und militärischen Bedeutung hat der amerikanische Ab¬
schnitt von Schetberts Erinnerungen anch einen großen Lesewert durch die Fülle
spannender Abenteuer und Bravourstückchen des Kriegers oder des Reisende", die
er mitteilt. Es ist nach dieser Seite hin eins von den Büchern, nu denen das
reifere Knabenalter sich nicht satt lesen kann, um denen es den Wert von Kaltblütig¬
keit und Geistesgegenwart schätze" lernt.


Die Geschichte hatte ein mich erfreuendes Nachspiel. Ich erzählte später in
Reiße im Kameradenkreise meine italienische Berichterstattung »von Magdeburg
aus«. Da fragte mich der anwesende Direktor der Kriegsschule, Major Seichte
(der spätere Generalstnbschef des Prinzen Friedrich Karl), auf Ehrenwort: ob dies
wahr sei? Als ich dies bejahte, erzählte er lachend, daß er damals im Großen
Generalstabe gestanden habe und alles darüber ungehalten gewesen wäre, daß nicht
eine Zeitung vernünftige Berichte aus dem Kriege in Italien zu bringen vermöge.
Eines Morgens aber sei General v. Moltke zufriedner Antlitzes unter sie getreten
mit einer großen Karte von Italien und — der »Illustrierten Zeitung« in der
Hand. »Endlich — hat er gesagt — finde ich einen trefflich orientierten Bericht¬
erstatter, auf den wir uns verlassen können!« Von nun an seien alle acht Tage
nach Erscheinen der Zeitung die Herren vom Generalstabe zusammengetrommelt, mit
Fähnchen die Marschrouten der Korps bezeichnet und verfolgt worden, und Moltke
hätte ihnen dabei nach dem Wortlaut des »trefflichen Berichterstatters« aus Italien
den Fortgang des Feldzugs erläutert."

Nach diesem Erfolg kommt bald eine kleine Schrift „Über den Einfluß der
gezognen Geschütze auf den Festnngskrieg," dann ein „Sappeur-Rcglementsentwnrf,"
kurzum der Dienst um der Feder wird immer eifriger. Aber auch als praktischer
Militär macht Scheibert seinem guten Kopfe soviel Ehre, daß ihm ein schwieriger
Auftrag nach dem andern und eine ganze Reihe ungewöhnlicher Spezialkommandos
übergeben wird. Durch die Vermittlung des Fürsten Radziwill, dessen besondre
Zuneigung er sich durch Leistungen und Wesen erwirbt, wird er dann 1863 als
„Rentier Scheibert" zu der Armee der Konföderierten geschickt, um in dem belagerten
Charleston Beobachtungen über Panzerplatten und gezogne Geschütze zu machen.
Seine Erlebnisse im Sezessionskriege nehmen fast die Hälfte des Buches ein und
machen wohl seinen geschichtlich wichtigsten Teil aus. Die fernere Litteratur über
den sogenannten und vermeintlichen Sklavenkrieg wird es zu beachten haben, das;
ein in Motive und Getriebe der Parteien so tief eingeweihter Zeuge wie Scheibert
für die Nordnmerikaner keine Shmpathien hat. Jedenfalls ist es immer wieder von
Wert, die Verhältnisse, die die neuen Geschicke des andern Kontinents bestimmt
haben, mit andern Augen als den der Mrs. Bcecher-Stowe betrachtet zu sehen und
höchst anerkennende Urteile über die Führer der Südländer zu hören. Noch mehr
als Lee und Stunrt bewundert S. den alten Jackson, diesen „herrlichen General"
und ist des Lobes voll über den Cromwellschen Geist, der im Heer der Konföderierten
lebte. Von der Armee der Nordstanten bekam er dagegen gleich in New-Iork
einen Übeln Begriff. „Was ich (von Soldaten) sah, schreibt er, machte ans mich,
den Zögling eines stehenden Heeres, natürlich einen sehr wenig imposanten Eindruck;
einige ölgeleckte swolls, die in irgend einem Militärburenu als Söhne großer Lichter
ein sichres Dasein führten, einige Schildwnchen, die gähnend sich auf ihr Gewehr
lehnten, die schloddrig herumflankierenden volnntsors, sowie nachlässig einherschlendernde
Patrouillen reizten mich damals zur Heiterkeit, bis ich mich daran gewöhnt hatte,
Milizen vor mir zu sehen, die man mit anderm Maßstabe messen muß als reguläre
Truppen. An eins konnte ich mich allerdings nicht gewöhnen, an die sogenannten
Zuavcn-Regimenter der Jankees, die eines großen Ansehens — nicht etwa bei ihren
Gegnern! sondern in der Stadt — genossen. Diese habe ich nie ohne inneres Er¬
götzen sehen können. Den Eindruck, den ich in New-Uork von der Armee der zukünf¬
tigen Gegner empfing, war daher kein glänzender; er ist, wie wir sehen werden, auch
später im Kriege kein erheblich besserer geworden." Eine besonders schlechte Zensur
erhalten die Deutschamerikaner, und nicht bloß wegen der Schlacht bei Wilderneß.

Außer der politischen und militärischen Bedeutung hat der amerikanische Ab¬
schnitt von Schetberts Erinnerungen anch einen großen Lesewert durch die Fülle
spannender Abenteuer und Bravourstückchen des Kriegers oder des Reisende», die
er mitteilt. Es ist nach dieser Seite hin eins von den Büchern, nu denen das
reifere Knabenalter sich nicht satt lesen kann, um denen es den Wert von Kaltblütig¬
keit und Geistesgegenwart schätze» lernt.


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[0064] Die Geschichte hatte ein mich erfreuendes Nachspiel. Ich erzählte später in Reiße im Kameradenkreise meine italienische Berichterstattung »von Magdeburg aus«. Da fragte mich der anwesende Direktor der Kriegsschule, Major Seichte (der spätere Generalstnbschef des Prinzen Friedrich Karl), auf Ehrenwort: ob dies wahr sei? Als ich dies bejahte, erzählte er lachend, daß er damals im Großen Generalstabe gestanden habe und alles darüber ungehalten gewesen wäre, daß nicht eine Zeitung vernünftige Berichte aus dem Kriege in Italien zu bringen vermöge. Eines Morgens aber sei General v. Moltke zufriedner Antlitzes unter sie getreten mit einer großen Karte von Italien und — der »Illustrierten Zeitung« in der Hand. »Endlich — hat er gesagt — finde ich einen trefflich orientierten Bericht¬ erstatter, auf den wir uns verlassen können!« Von nun an seien alle acht Tage nach Erscheinen der Zeitung die Herren vom Generalstabe zusammengetrommelt, mit Fähnchen die Marschrouten der Korps bezeichnet und verfolgt worden, und Moltke hätte ihnen dabei nach dem Wortlaut des »trefflichen Berichterstatters« aus Italien den Fortgang des Feldzugs erläutert." Nach diesem Erfolg kommt bald eine kleine Schrift „Über den Einfluß der gezognen Geschütze auf den Festnngskrieg," dann ein „Sappeur-Rcglementsentwnrf," kurzum der Dienst um der Feder wird immer eifriger. Aber auch als praktischer Militär macht Scheibert seinem guten Kopfe soviel Ehre, daß ihm ein schwieriger Auftrag nach dem andern und eine ganze Reihe ungewöhnlicher Spezialkommandos übergeben wird. Durch die Vermittlung des Fürsten Radziwill, dessen besondre Zuneigung er sich durch Leistungen und Wesen erwirbt, wird er dann 1863 als „Rentier Scheibert" zu der Armee der Konföderierten geschickt, um in dem belagerten Charleston Beobachtungen über Panzerplatten und gezogne Geschütze zu machen. Seine Erlebnisse im Sezessionskriege nehmen fast die Hälfte des Buches ein und machen wohl seinen geschichtlich wichtigsten Teil aus. Die fernere Litteratur über den sogenannten und vermeintlichen Sklavenkrieg wird es zu beachten haben, das; ein in Motive und Getriebe der Parteien so tief eingeweihter Zeuge wie Scheibert für die Nordnmerikaner keine Shmpathien hat. Jedenfalls ist es immer wieder von Wert, die Verhältnisse, die die neuen Geschicke des andern Kontinents bestimmt haben, mit andern Augen als den der Mrs. Bcecher-Stowe betrachtet zu sehen und höchst anerkennende Urteile über die Führer der Südländer zu hören. Noch mehr als Lee und Stunrt bewundert S. den alten Jackson, diesen „herrlichen General" und ist des Lobes voll über den Cromwellschen Geist, der im Heer der Konföderierten lebte. Von der Armee der Nordstanten bekam er dagegen gleich in New-Iork einen Übeln Begriff. „Was ich (von Soldaten) sah, schreibt er, machte ans mich, den Zögling eines stehenden Heeres, natürlich einen sehr wenig imposanten Eindruck; einige ölgeleckte swolls, die in irgend einem Militärburenu als Söhne großer Lichter ein sichres Dasein führten, einige Schildwnchen, die gähnend sich auf ihr Gewehr lehnten, die schloddrig herumflankierenden volnntsors, sowie nachlässig einherschlendernde Patrouillen reizten mich damals zur Heiterkeit, bis ich mich daran gewöhnt hatte, Milizen vor mir zu sehen, die man mit anderm Maßstabe messen muß als reguläre Truppen. An eins konnte ich mich allerdings nicht gewöhnen, an die sogenannten Zuavcn-Regimenter der Jankees, die eines großen Ansehens — nicht etwa bei ihren Gegnern! sondern in der Stadt — genossen. Diese habe ich nie ohne inneres Er¬ götzen sehen können. Den Eindruck, den ich in New-Uork von der Armee der zukünf¬ tigen Gegner empfing, war daher kein glänzender; er ist, wie wir sehen werden, auch später im Kriege kein erheblich besserer geworden." Eine besonders schlechte Zensur erhalten die Deutschamerikaner, und nicht bloß wegen der Schlacht bei Wilderneß. Außer der politischen und militärischen Bedeutung hat der amerikanische Ab¬ schnitt von Schetberts Erinnerungen anch einen großen Lesewert durch die Fülle spannender Abenteuer und Bravourstückchen des Kriegers oder des Reisende», die er mitteilt. Es ist nach dieser Seite hin eins von den Büchern, nu denen das reifere Knabenalter sich nicht satt lesen kann, um denen es den Wert von Kaltblütig¬ keit und Geistesgegenwart schätze» lernt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/64>, abgerufen am 01.09.2024.