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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Die türkischen Finanzen

beiden Fällen handelt es sich um sehr entwicklungsfähige Einnahmequellen,
Zur Zeit liefern die Zölle ungefähr zwei Millionen türk. Pf. Sie sind
rein fiskalisch und nicht von Prinzipien und Theorien beeinflußt. Die Zölle
werden viüorsm erhoben, ohne Unterscheidung zwischen Rohstoffen und
Fabrikaten. Die Sätze betragen 8 Prozent für die Einfuhr, 1 Prozent für
Ausfuhr und Transit. In den Jahren 1861 und 1862 hat sich die Türkei
mit dreizehn Mächten verständigt: die in der Vereinbarung genannten Artikel
werden demgemäß verzollt, für andre Artikel, die Mehrzahl, ist die Verstän¬
digung zwischen Zollbehörden und Importeuren nötig. Der Zoll kann in
Naturalien gezahlt werden, und wo das nicht angeht, kann die Zollbehörde
das strittige Objekt kaufen. Die Tarifierung ist vor fünfzehn Jahren erfolgt.
Kautionen für den Transitverkehr werden bei Vorlage des Ausfuhrzertifikats
zurückgegeben; die dafür festgesetzte Frist von sechs Monaten ist zu kurz.

Dazu kommen noch Vinnenabgaben, die bis 1874 8 Prozent für Land-
nnd Seetransporte betrugen, seit 1874 werden sie nur vou den Seetransporten
erhoben. Die einheimische Produktion ist durch die Begünstigung der Einfuhren
stark benachteiligt. neuerdings ist die Abgabe auf 2 Prozent herabgesetzt,
sie sollte auch aus die Einfuhr ausgedehnt werden, aber das haben die Diplo¬
maten verhindert.

Eine Handelsstatistik giebt es nicht, nur einmal, 1878/79, erfolgte ein
Bericht über die Güterbewegung in den Zollhäusern.
Der auswärtige Handel wird so berechnet-.

Einfuhr
Türk. Pfd.Ausfuhr
Türk. Pfd.
1891/9224553 94015 370050
1892/982446698515725 542
1898/942410866013262416
1894/95>2407549013753805
1895/962057567015535 625
1896/9721360 00015428000
1897/982407000013 750000

Die Tribute, die der Türkei bezahlt werden, bestehn aus: dem Tribut
Ägyptens (einschließlich 15000 türk. Pf. für Zeilah am Golf von Aden)
765000, Ost-Rumelien 265000, Cypern 102596, Samos 3000, Berg Athos
720 türk. Pf.

Der Tribut Ägyptens reicht in das Jahr 1517 zurück, als Selim 1-,
Sieger über Tumult Bey, den letzten Mamelucken, Ägypten eroberte. Der
Tribut ist jederzeit pünktlich bezahlt worden; seit 1880 von der Ls-isss as es,
Dstts Lg^xtisirus unter Garantie der Mächte.

Die kaiserliche Zivilliste beläuft sich auf 577172 türk. Pf.; ferner 305378
türk. Pf. für Prinzen und Prinzessinnen. Seit 25 Jahren sind die Ausgaben
stark zurückgegangen. Der Sultan selbst hat keine kostspieligen Gewohnheiten-
Die Ausgaben erfordern jedoch so hohe Summen, daß sie ohne das sehr große
Privatvermögen des Herrschers nicht gedeckt werden könnten. Dieses wird von
einem Rat von elf Mitgliedern und einem Dvmünenvorstand von zehn Mit¬
gliedern verwaltet. Die Güter sind über alle Provinzen zerstreut; in Syrien
und in Mesopotamien bedecken sie 30 Prozent des bebauten Landes.

Die "Vciwfs" sind die Güter der Toten Hand. Ihr jährlicher Ertrag


Die türkischen Finanzen

beiden Fällen handelt es sich um sehr entwicklungsfähige Einnahmequellen,
Zur Zeit liefern die Zölle ungefähr zwei Millionen türk. Pf. Sie sind
rein fiskalisch und nicht von Prinzipien und Theorien beeinflußt. Die Zölle
werden viüorsm erhoben, ohne Unterscheidung zwischen Rohstoffen und
Fabrikaten. Die Sätze betragen 8 Prozent für die Einfuhr, 1 Prozent für
Ausfuhr und Transit. In den Jahren 1861 und 1862 hat sich die Türkei
mit dreizehn Mächten verständigt: die in der Vereinbarung genannten Artikel
werden demgemäß verzollt, für andre Artikel, die Mehrzahl, ist die Verstän¬
digung zwischen Zollbehörden und Importeuren nötig. Der Zoll kann in
Naturalien gezahlt werden, und wo das nicht angeht, kann die Zollbehörde
das strittige Objekt kaufen. Die Tarifierung ist vor fünfzehn Jahren erfolgt.
Kautionen für den Transitverkehr werden bei Vorlage des Ausfuhrzertifikats
zurückgegeben; die dafür festgesetzte Frist von sechs Monaten ist zu kurz.

Dazu kommen noch Vinnenabgaben, die bis 1874 8 Prozent für Land-
nnd Seetransporte betrugen, seit 1874 werden sie nur vou den Seetransporten
erhoben. Die einheimische Produktion ist durch die Begünstigung der Einfuhren
stark benachteiligt. neuerdings ist die Abgabe auf 2 Prozent herabgesetzt,
sie sollte auch aus die Einfuhr ausgedehnt werden, aber das haben die Diplo¬
maten verhindert.

Eine Handelsstatistik giebt es nicht, nur einmal, 1878/79, erfolgte ein
Bericht über die Güterbewegung in den Zollhäusern.
Der auswärtige Handel wird so berechnet-.

Einfuhr
Türk. Pfd.Ausfuhr
Türk. Pfd.
1891/9224553 94015 370050
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1896/9721360 00015428000
1897/982407000013 750000

Die Tribute, die der Türkei bezahlt werden, bestehn aus: dem Tribut
Ägyptens (einschließlich 15000 türk. Pf. für Zeilah am Golf von Aden)
765000, Ost-Rumelien 265000, Cypern 102596, Samos 3000, Berg Athos
720 türk. Pf.

Der Tribut Ägyptens reicht in das Jahr 1517 zurück, als Selim 1-,
Sieger über Tumult Bey, den letzten Mamelucken, Ägypten eroberte. Der
Tribut ist jederzeit pünktlich bezahlt worden; seit 1880 von der Ls-isss as es,
Dstts Lg^xtisirus unter Garantie der Mächte.

Die kaiserliche Zivilliste beläuft sich auf 577172 türk. Pf.; ferner 305378
türk. Pf. für Prinzen und Prinzessinnen. Seit 25 Jahren sind die Ausgaben
stark zurückgegangen. Der Sultan selbst hat keine kostspieligen Gewohnheiten-
Die Ausgaben erfordern jedoch so hohe Summen, daß sie ohne das sehr große
Privatvermögen des Herrschers nicht gedeckt werden könnten. Dieses wird von
einem Rat von elf Mitgliedern und einem Dvmünenvorstand von zehn Mit¬
gliedern verwaltet. Die Güter sind über alle Provinzen zerstreut; in Syrien
und in Mesopotamien bedecken sie 30 Prozent des bebauten Landes.

Die „Vciwfs" sind die Güter der Toten Hand. Ihr jährlicher Ertrag


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[0604] Die türkischen Finanzen beiden Fällen handelt es sich um sehr entwicklungsfähige Einnahmequellen, Zur Zeit liefern die Zölle ungefähr zwei Millionen türk. Pf. Sie sind rein fiskalisch und nicht von Prinzipien und Theorien beeinflußt. Die Zölle werden viüorsm erhoben, ohne Unterscheidung zwischen Rohstoffen und Fabrikaten. Die Sätze betragen 8 Prozent für die Einfuhr, 1 Prozent für Ausfuhr und Transit. In den Jahren 1861 und 1862 hat sich die Türkei mit dreizehn Mächten verständigt: die in der Vereinbarung genannten Artikel werden demgemäß verzollt, für andre Artikel, die Mehrzahl, ist die Verstän¬ digung zwischen Zollbehörden und Importeuren nötig. Der Zoll kann in Naturalien gezahlt werden, und wo das nicht angeht, kann die Zollbehörde das strittige Objekt kaufen. Die Tarifierung ist vor fünfzehn Jahren erfolgt. Kautionen für den Transitverkehr werden bei Vorlage des Ausfuhrzertifikats zurückgegeben; die dafür festgesetzte Frist von sechs Monaten ist zu kurz. Dazu kommen noch Vinnenabgaben, die bis 1874 8 Prozent für Land- nnd Seetransporte betrugen, seit 1874 werden sie nur vou den Seetransporten erhoben. Die einheimische Produktion ist durch die Begünstigung der Einfuhren stark benachteiligt. neuerdings ist die Abgabe auf 2 Prozent herabgesetzt, sie sollte auch aus die Einfuhr ausgedehnt werden, aber das haben die Diplo¬ maten verhindert. Eine Handelsstatistik giebt es nicht, nur einmal, 1878/79, erfolgte ein Bericht über die Güterbewegung in den Zollhäusern. Der auswärtige Handel wird so berechnet-. Einfuhr Türk. Pfd.Ausfuhr Türk. Pfd. 1891/9224553 94015 370050 1892/982446698515725 542 1898/942410866013262416 1894/95>2407549013753805 1895/962057567015535 625 1896/9721360 00015428000 1897/982407000013 750000 Die Tribute, die der Türkei bezahlt werden, bestehn aus: dem Tribut Ägyptens (einschließlich 15000 türk. Pf. für Zeilah am Golf von Aden) 765000, Ost-Rumelien 265000, Cypern 102596, Samos 3000, Berg Athos 720 türk. Pf. Der Tribut Ägyptens reicht in das Jahr 1517 zurück, als Selim 1-, Sieger über Tumult Bey, den letzten Mamelucken, Ägypten eroberte. Der Tribut ist jederzeit pünktlich bezahlt worden; seit 1880 von der Ls-isss as es, Dstts Lg^xtisirus unter Garantie der Mächte. Die kaiserliche Zivilliste beläuft sich auf 577172 türk. Pf.; ferner 305378 türk. Pf. für Prinzen und Prinzessinnen. Seit 25 Jahren sind die Ausgaben stark zurückgegangen. Der Sultan selbst hat keine kostspieligen Gewohnheiten- Die Ausgaben erfordern jedoch so hohe Summen, daß sie ohne das sehr große Privatvermögen des Herrschers nicht gedeckt werden könnten. Dieses wird von einem Rat von elf Mitgliedern und einem Dvmünenvorstand von zehn Mit¬ gliedern verwaltet. Die Güter sind über alle Provinzen zerstreut; in Syrien und in Mesopotamien bedecken sie 30 Prozent des bebauten Landes. Die „Vciwfs" sind die Güter der Toten Hand. Ihr jährlicher Ertrag

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/604>, abgerufen am 01.09.2024.