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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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nach seiner Ankunft, die Erleuchtung gekommen, die seine Politik bis Nikols-
burg und, darüber hinaus, bis zum Abschluß des Bündnisses mit Österreich
geleitet hat."

Aus der "Frankfurter Lehrzeit, die durch Veröffentlichung der amtlichen
Aktenstücke und zahlreicher privater Quellen zu den bestgekannten Perioden der
neuern Geschichte gehört, verdient die Darstellung des Anteils, den Bismarck
während des Krimkriegs an der neutralen Haltung Preußens gehabt hat, Be¬
achtung, namentlich deshalb, weil Lenz hier die Summe der eindringenden
kritischen Arbeit vorlegt, die er an dem betreffenden Kapitel der Gedanken und
Erinnerungen geleistet hat. Von allgemeineren Interesse sind seine Ausführungen
über das Verhältnis Bismarcks zum Könige Wilhelm im Augenblick seiner
Berufung ins Ministerium. Mit großem Nachdruck betont Lenz, daß zwischen
dem König und dem neuen Ministerpräsidenten ein tiefer Unterschied in der
Auffassung der auswärtigen Politik bestanden habe; das Bewußtsein dieses
Unterschieds sei es vor allein gewesen, was den Monarchen so lange zurück¬
gehalten habe, dem Drängen Novus nachzugeben und den Retter in der Not
herbeizurufen. Kurz, die schweren Bedenken des Königs erscheinen ausschlie߬
lich als Wirkung eines ans die auswärtigen Verhältnisse gerichteten Kalküls.
Gegenüber dieser Auffassung, die dem unsterblichen Verdienste Wilhelms, als
er Bismarck berief, nicht ganz gerecht wird, sei auf die Darstellung von Marcks
hingewiesen, der ich auch heute noch, nach abermaliger Prüfung der Frage,
den Vorzug gebe. Die entscheidenden Sätze lauten: "Wilhelm vertrug be¬
deutende Männer und ließ Novus herbe Männlichkeit weit gewähren; aber vor
diesem Genius -- Bismarck -- durfte der Sohn Friedrich Wilhelms III. wohl
ein gewisses Unbehagen spüren, vor diesem Gewaltigen, dessen Naturkraft über
alles Korrekte und Überkommene so souverän hinwegsprnng, vor diesem Manne
des kalten Überlegens und der heißen Leidenschaft, des überwältigenden un¬
geheuern Willens.' Die herzliche Tiefe dieser Persönlichkeit konnte der König
noch nicht ermessen, von ihrer unbedingten Treue mochte er überzeugt sein;
aber wohin Bismarck ihn reißen könnte, davor hat ihm, so darf man ver¬
muten, im stillen gegraut. Seine eigne, vornehme, gerade Art, allem Dämo¬
nischen so ganz fremd, männlich aber milde, von jener Reinheit, die sich niemals
beflecken kann, aber eben deshalb auch nicht dazu fähig ist, im harten Zu¬
sammenstoße des Weltlichen das Große selber zu thun, das nun einmal nicht
ausgeführt werden kann ohne den Griff mich in den Ruß und in den Schmutz
diese sittlich empfindliche Natur, die überdies die eigne monarchische Würde
sehr bestimmt empfand, wurde von Bismarcks dänionischer Kraft zurückgestoßen,
sie mußte sich selber erst überwinden, ehe sie sich ihm anheimgab."

Daß der neue Minister, dessen Ernennung bekanntlich Öl in das Feuer
des innerpolitisch eil Haders goß und zunächst den Konflikt verschärfte, in den
ersten Wochen in vollem Ernst eine Versöhnung mit der Kammermehrheit
gesucht hat, giebt Lenz zu, doch deutet er um, bei einigen spätern Anlässen
habe Bismarck, um deu König an seiner Seite zu halten und von den Liberalen
zu entfernen, den Zwist geschürt, besonders in den kritischen Wochen nach dem
Beginn der Schleswig-holsteinischen Bewegung, über deren Ziel die Absichten des
Königs mit den Wünschen des liberalen Dentschlands mehr zusammentrafen,
als es Bismarck für die Interessen Preußens gut schien. Man erinnert sich
des Ingrimms, womit er die Anschauungen und Ratschläge seiner Gegner -- der
"Professoren, Kreisrichter und kleinstädtischen Schwätzer," wie er spottete
als Irrtümer politischer Dilettanten abzufertigen liebte° Gegen diesen Vorwurf
nimmt Lenz die damaligen Gegner Bismarcks in Schutz: die Historie dürfe
dieses Urteil Bismarcks nicht nachsprechen, denn wenn sie es thue, wiederhole
sie ein Schlagwort, das, im Parteikampf entstanden, an sich nicht berechtigt
sei; dennoch sei es fast ein Glaubenssatz in unserm öffentlichen Leben ge-


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nach seiner Ankunft, die Erleuchtung gekommen, die seine Politik bis Nikols-
burg und, darüber hinaus, bis zum Abschluß des Bündnisses mit Österreich
geleitet hat."

Aus der „Frankfurter Lehrzeit, die durch Veröffentlichung der amtlichen
Aktenstücke und zahlreicher privater Quellen zu den bestgekannten Perioden der
neuern Geschichte gehört, verdient die Darstellung des Anteils, den Bismarck
während des Krimkriegs an der neutralen Haltung Preußens gehabt hat, Be¬
achtung, namentlich deshalb, weil Lenz hier die Summe der eindringenden
kritischen Arbeit vorlegt, die er an dem betreffenden Kapitel der Gedanken und
Erinnerungen geleistet hat. Von allgemeineren Interesse sind seine Ausführungen
über das Verhältnis Bismarcks zum Könige Wilhelm im Augenblick seiner
Berufung ins Ministerium. Mit großem Nachdruck betont Lenz, daß zwischen
dem König und dem neuen Ministerpräsidenten ein tiefer Unterschied in der
Auffassung der auswärtigen Politik bestanden habe; das Bewußtsein dieses
Unterschieds sei es vor allein gewesen, was den Monarchen so lange zurück¬
gehalten habe, dem Drängen Novus nachzugeben und den Retter in der Not
herbeizurufen. Kurz, die schweren Bedenken des Königs erscheinen ausschlie߬
lich als Wirkung eines ans die auswärtigen Verhältnisse gerichteten Kalküls.
Gegenüber dieser Auffassung, die dem unsterblichen Verdienste Wilhelms, als
er Bismarck berief, nicht ganz gerecht wird, sei auf die Darstellung von Marcks
hingewiesen, der ich auch heute noch, nach abermaliger Prüfung der Frage,
den Vorzug gebe. Die entscheidenden Sätze lauten: „Wilhelm vertrug be¬
deutende Männer und ließ Novus herbe Männlichkeit weit gewähren; aber vor
diesem Genius — Bismarck — durfte der Sohn Friedrich Wilhelms III. wohl
ein gewisses Unbehagen spüren, vor diesem Gewaltigen, dessen Naturkraft über
alles Korrekte und Überkommene so souverän hinwegsprnng, vor diesem Manne
des kalten Überlegens und der heißen Leidenschaft, des überwältigenden un¬
geheuern Willens.' Die herzliche Tiefe dieser Persönlichkeit konnte der König
noch nicht ermessen, von ihrer unbedingten Treue mochte er überzeugt sein;
aber wohin Bismarck ihn reißen könnte, davor hat ihm, so darf man ver¬
muten, im stillen gegraut. Seine eigne, vornehme, gerade Art, allem Dämo¬
nischen so ganz fremd, männlich aber milde, von jener Reinheit, die sich niemals
beflecken kann, aber eben deshalb auch nicht dazu fähig ist, im harten Zu¬
sammenstoße des Weltlichen das Große selber zu thun, das nun einmal nicht
ausgeführt werden kann ohne den Griff mich in den Ruß und in den Schmutz
diese sittlich empfindliche Natur, die überdies die eigne monarchische Würde
sehr bestimmt empfand, wurde von Bismarcks dänionischer Kraft zurückgestoßen,
sie mußte sich selber erst überwinden, ehe sie sich ihm anheimgab."

Daß der neue Minister, dessen Ernennung bekanntlich Öl in das Feuer
des innerpolitisch eil Haders goß und zunächst den Konflikt verschärfte, in den
ersten Wochen in vollem Ernst eine Versöhnung mit der Kammermehrheit
gesucht hat, giebt Lenz zu, doch deutet er um, bei einigen spätern Anlässen
habe Bismarck, um deu König an seiner Seite zu halten und von den Liberalen
zu entfernen, den Zwist geschürt, besonders in den kritischen Wochen nach dem
Beginn der Schleswig-holsteinischen Bewegung, über deren Ziel die Absichten des
Königs mit den Wünschen des liberalen Dentschlands mehr zusammentrafen,
als es Bismarck für die Interessen Preußens gut schien. Man erinnert sich
des Ingrimms, womit er die Anschauungen und Ratschläge seiner Gegner — der
„Professoren, Kreisrichter und kleinstädtischen Schwätzer," wie er spottete
als Irrtümer politischer Dilettanten abzufertigen liebte° Gegen diesen Vorwurf
nimmt Lenz die damaligen Gegner Bismarcks in Schutz: die Historie dürfe
dieses Urteil Bismarcks nicht nachsprechen, denn wenn sie es thue, wiederhole
sie ein Schlagwort, das, im Parteikampf entstanden, an sich nicht berechtigt
sei; dennoch sei es fast ein Glaubenssatz in unserm öffentlichen Leben ge-


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[0542] Line neue Geschichte Bismarcks nach seiner Ankunft, die Erleuchtung gekommen, die seine Politik bis Nikols- burg und, darüber hinaus, bis zum Abschluß des Bündnisses mit Österreich geleitet hat." Aus der „Frankfurter Lehrzeit, die durch Veröffentlichung der amtlichen Aktenstücke und zahlreicher privater Quellen zu den bestgekannten Perioden der neuern Geschichte gehört, verdient die Darstellung des Anteils, den Bismarck während des Krimkriegs an der neutralen Haltung Preußens gehabt hat, Be¬ achtung, namentlich deshalb, weil Lenz hier die Summe der eindringenden kritischen Arbeit vorlegt, die er an dem betreffenden Kapitel der Gedanken und Erinnerungen geleistet hat. Von allgemeineren Interesse sind seine Ausführungen über das Verhältnis Bismarcks zum Könige Wilhelm im Augenblick seiner Berufung ins Ministerium. Mit großem Nachdruck betont Lenz, daß zwischen dem König und dem neuen Ministerpräsidenten ein tiefer Unterschied in der Auffassung der auswärtigen Politik bestanden habe; das Bewußtsein dieses Unterschieds sei es vor allein gewesen, was den Monarchen so lange zurück¬ gehalten habe, dem Drängen Novus nachzugeben und den Retter in der Not herbeizurufen. Kurz, die schweren Bedenken des Königs erscheinen ausschlie߬ lich als Wirkung eines ans die auswärtigen Verhältnisse gerichteten Kalküls. Gegenüber dieser Auffassung, die dem unsterblichen Verdienste Wilhelms, als er Bismarck berief, nicht ganz gerecht wird, sei auf die Darstellung von Marcks hingewiesen, der ich auch heute noch, nach abermaliger Prüfung der Frage, den Vorzug gebe. Die entscheidenden Sätze lauten: „Wilhelm vertrug be¬ deutende Männer und ließ Novus herbe Männlichkeit weit gewähren; aber vor diesem Genius — Bismarck — durfte der Sohn Friedrich Wilhelms III. wohl ein gewisses Unbehagen spüren, vor diesem Gewaltigen, dessen Naturkraft über alles Korrekte und Überkommene so souverän hinwegsprnng, vor diesem Manne des kalten Überlegens und der heißen Leidenschaft, des überwältigenden un¬ geheuern Willens.' Die herzliche Tiefe dieser Persönlichkeit konnte der König noch nicht ermessen, von ihrer unbedingten Treue mochte er überzeugt sein; aber wohin Bismarck ihn reißen könnte, davor hat ihm, so darf man ver¬ muten, im stillen gegraut. Seine eigne, vornehme, gerade Art, allem Dämo¬ nischen so ganz fremd, männlich aber milde, von jener Reinheit, die sich niemals beflecken kann, aber eben deshalb auch nicht dazu fähig ist, im harten Zu¬ sammenstoße des Weltlichen das Große selber zu thun, das nun einmal nicht ausgeführt werden kann ohne den Griff mich in den Ruß und in den Schmutz diese sittlich empfindliche Natur, die überdies die eigne monarchische Würde sehr bestimmt empfand, wurde von Bismarcks dänionischer Kraft zurückgestoßen, sie mußte sich selber erst überwinden, ehe sie sich ihm anheimgab." Daß der neue Minister, dessen Ernennung bekanntlich Öl in das Feuer des innerpolitisch eil Haders goß und zunächst den Konflikt verschärfte, in den ersten Wochen in vollem Ernst eine Versöhnung mit der Kammermehrheit gesucht hat, giebt Lenz zu, doch deutet er um, bei einigen spätern Anlässen habe Bismarck, um deu König an seiner Seite zu halten und von den Liberalen zu entfernen, den Zwist geschürt, besonders in den kritischen Wochen nach dem Beginn der Schleswig-holsteinischen Bewegung, über deren Ziel die Absichten des Königs mit den Wünschen des liberalen Dentschlands mehr zusammentrafen, als es Bismarck für die Interessen Preußens gut schien. Man erinnert sich des Ingrimms, womit er die Anschauungen und Ratschläge seiner Gegner — der „Professoren, Kreisrichter und kleinstädtischen Schwätzer," wie er spottete als Irrtümer politischer Dilettanten abzufertigen liebte° Gegen diesen Vorwurf nimmt Lenz die damaligen Gegner Bismarcks in Schutz: die Historie dürfe dieses Urteil Bismarcks nicht nachsprechen, denn wenn sie es thue, wiederhole sie ein Schlagwort, das, im Parteikampf entstanden, an sich nicht berechtigt sei; dennoch sei es fast ein Glaubenssatz in unserm öffentlichen Leben ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/542>, abgerufen am 01.09.2024.