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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Jahns Leben zerfiel in zwei Teile, in die Zeit vor seiner Verheiratung und
in die Zeit nach seiner Verheiratung, und diese Teile waren um so schärfer von¬
einander geschieden, als sie sich in räumlich weit getrennten und landschaftlich un¬
gleichen Gegenden 'abgespielt hatten. Er war in Thüringen zwischen Berg und
Wald geboren und hatte ins platte Land in eine Wirtschaft des Oderbrnchs hinein¬
geheiratet -- nicht zu seinem Schaden, denn er war heute ein reichbegüterter Mann.
Mit seiner Frau hatte er verträglich gehaust, seine einzige Tochter war gut ein¬
geschlagen, und mit dem Schwiegersohn hatte er das große Los gezogen. Und
dann die Enkel, gut gewachsen und gut geraten, zwei Jungen und ein Mädchen,
und von den Jungen der ältere schon verheiratet.

Jahr nahm den Hut vom Kopf und legte ihn neben sich auf die Bank, dann
faßte er nach dem Scheitel, ob der unversehrt geblieben sei, zog ein Würstchen
heraus und glättete die .haare. Dabei weidete sich seine Brust aus, und ein weh¬
mütig schalkhaftes Lächeln"erschien auf seinen Lippe". Er dachte an Thüringen! an
sein Thüringen! -- an sein Thüringen, wo er jung gewesen war! Es zog ihm
ganz wunderbar durch den Sinn, als ob ihm einer ein Märchen erzählte, wie er
sich jetzt vorstellte, daß er einmal ein kleiner Junge gewesen sei, mit nackten Beinen
"ut kurzen .Höschen, und danach ein junger Bursch, der die eine nicht kriegte und
die andre nicht haben wollte. Seit zehn Jahren, wo er ins Altenteil gegangen
war, hatte der Gedanke an ihm gezogen: er wolle einmal in sein Heimatsörtchen
reisen, da die Wege und Stege sehen, die Berge, den Fichtenwald, die Saale und
deu grünen Wiesen. Er war auch neugierig, was ans seiner frühern Wirtschaft
geworden war. Und von Jahr zu Fahr wurden die Neugier und das Verlangen
stärker, bis ihn das richtige Heimweh packte.

Wenn er des Abends mit den Seinen bor der Hausthür saß, that er un¬
vermutet den Mund auf und fing an von Thüringen zu erzählen, von Beckmanns
Herbert, seinem besten Freunde, von der Alma vom Dietzel-Schmied aus Etzelmunde
und von des Tätschcrbäckers Tochter Priska. Mit stiller Neugier sprach er auch
Wohl einmal vom Pfeiff-Schneider.

Es war seiner Familie wohl bekannt, daß der Schneider Thomas Pfeiffer
um hinterlistiges, nichtsnutziges, rosthaariges Bengelchen gewesen war, das dem
Großvater zu mancher Züchtigung durch seine strenge Mutter verholfen hatte. Fast
immer war es ihm gelungen, was er selber verbrochen hatte, ans Adams Schultern
abzuwälzen Beinahe hätte er dann anch dessen Tod auf dem Gewissen gehabt.
Nach einer Prügelei, bei der er dem Adam die Jacke zerrissen hatte, jagte er ihn
mit Geschrei über die Saalwiesen vor sich her und erreichte richtig, daß Adam ^ahn,
aus Furcht vor dem, was Thomas noch anstiften könnte, nicht ans den Weg achtete
und mit zurückgewandtem Gesicht vorwärts lief. Und dann brach Thomas in
Elendes Gelächter ans - Adam Jahr war in die Saale gestürzt. Flößer zogen
den Knaben heraus, als er schon steif und kalt war und nur und Mühe wieder
ins Leben gerufen werden konnte. ,.

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, Auch späterhin, als junger Bursch, mochte er dem Großvater zu nah g trete
sein. Jahr sprach sich hierüber nicht ans; aber sein Groll saß tief K-r ging
weit, daß er einem Knecht abgeneigt war. nur weil er den Rufnamen seine" Fen des
führte. Ein Fohlen, das nicht einschlagen wollte, erhielt den Namen Thomas von
UM- Als es sich dann späterhin doch heransmachte. war der Alte beinahe mißmutig.

, So hatte er sich immer mehr in Jugenderinnerungen vertieft bis der Schwieger¬
sohn eines Tages gesagt hatte: Was hilft das alles, der Großvater fahrt eben mal hin

Die Großmutter hatte eine Familienreise daraus machen wolle". Aber der
Schwiegersohn widersprach. Wie ein Wanderbursch, mit dem Ranze auf der
Schulter und dem Stab in der Hand, müsse der Großvater in seine alte Heimat
"nzichu. An jedem Berg, den er wieder erkenne. müsse er sich erst satt sehen, in
feder Ortschaft müsse er sich erst wieder zurecht finden, jede Veränderung müsse er
erst überwinden ohne daß ein andres Ange sehe, wie schwer es ihm falle.


Liennkehr

Jahns Leben zerfiel in zwei Teile, in die Zeit vor seiner Verheiratung und
in die Zeit nach seiner Verheiratung, und diese Teile waren um so schärfer von¬
einander geschieden, als sie sich in räumlich weit getrennten und landschaftlich un¬
gleichen Gegenden 'abgespielt hatten. Er war in Thüringen zwischen Berg und
Wald geboren und hatte ins platte Land in eine Wirtschaft des Oderbrnchs hinein¬
geheiratet — nicht zu seinem Schaden, denn er war heute ein reichbegüterter Mann.
Mit seiner Frau hatte er verträglich gehaust, seine einzige Tochter war gut ein¬
geschlagen, und mit dem Schwiegersohn hatte er das große Los gezogen. Und
dann die Enkel, gut gewachsen und gut geraten, zwei Jungen und ein Mädchen,
und von den Jungen der ältere schon verheiratet.

Jahr nahm den Hut vom Kopf und legte ihn neben sich auf die Bank, dann
faßte er nach dem Scheitel, ob der unversehrt geblieben sei, zog ein Würstchen
heraus und glättete die .haare. Dabei weidete sich seine Brust aus, und ein weh¬
mütig schalkhaftes Lächeln"erschien auf seinen Lippe». Er dachte an Thüringen! an
sein Thüringen! — an sein Thüringen, wo er jung gewesen war! Es zog ihm
ganz wunderbar durch den Sinn, als ob ihm einer ein Märchen erzählte, wie er
sich jetzt vorstellte, daß er einmal ein kleiner Junge gewesen sei, mit nackten Beinen
"ut kurzen .Höschen, und danach ein junger Bursch, der die eine nicht kriegte und
die andre nicht haben wollte. Seit zehn Jahren, wo er ins Altenteil gegangen
war, hatte der Gedanke an ihm gezogen: er wolle einmal in sein Heimatsörtchen
reisen, da die Wege und Stege sehen, die Berge, den Fichtenwald, die Saale und
deu grünen Wiesen. Er war auch neugierig, was ans seiner frühern Wirtschaft
geworden war. Und von Jahr zu Fahr wurden die Neugier und das Verlangen
stärker, bis ihn das richtige Heimweh packte.

Wenn er des Abends mit den Seinen bor der Hausthür saß, that er un¬
vermutet den Mund auf und fing an von Thüringen zu erzählen, von Beckmanns
Herbert, seinem besten Freunde, von der Alma vom Dietzel-Schmied aus Etzelmunde
und von des Tätschcrbäckers Tochter Priska. Mit stiller Neugier sprach er auch
Wohl einmal vom Pfeiff-Schneider.

Es war seiner Familie wohl bekannt, daß der Schneider Thomas Pfeiffer
um hinterlistiges, nichtsnutziges, rosthaariges Bengelchen gewesen war, das dem
Großvater zu mancher Züchtigung durch seine strenge Mutter verholfen hatte. Fast
immer war es ihm gelungen, was er selber verbrochen hatte, ans Adams Schultern
abzuwälzen Beinahe hätte er dann anch dessen Tod auf dem Gewissen gehabt.
Nach einer Prügelei, bei der er dem Adam die Jacke zerrissen hatte, jagte er ihn
mit Geschrei über die Saalwiesen vor sich her und erreichte richtig, daß Adam ^ahn,
aus Furcht vor dem, was Thomas noch anstiften könnte, nicht ans den Weg achtete
und mit zurückgewandtem Gesicht vorwärts lief. Und dann brach Thomas in
Elendes Gelächter ans - Adam Jahr war in die Saale gestürzt. Flößer zogen
den Knaben heraus, als er schon steif und kalt war und nur und Mühe wieder
ins Leben gerufen werden konnte. ,.

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, Auch späterhin, als junger Bursch, mochte er dem Großvater zu nah g trete
sein. Jahr sprach sich hierüber nicht ans; aber sein Groll saß tief K-r ging
weit, daß er einem Knecht abgeneigt war. nur weil er den Rufnamen seine» Fen des
führte. Ein Fohlen, das nicht einschlagen wollte, erhielt den Namen Thomas von
UM- Als es sich dann späterhin doch heransmachte. war der Alte beinahe mißmutig.

, So hatte er sich immer mehr in Jugenderinnerungen vertieft bis der Schwieger¬
sohn eines Tages gesagt hatte: Was hilft das alles, der Großvater fahrt eben mal hin

Die Großmutter hatte eine Familienreise daraus machen wolle«. Aber der
Schwiegersohn widersprach. Wie ein Wanderbursch, mit dem Ranze auf der
Schulter und dem Stab in der Hand, müsse der Großvater in seine alte Heimat
"nzichu. An jedem Berg, den er wieder erkenne. müsse er sich erst satt sehen, in
feder Ortschaft müsse er sich erst wieder zurecht finden, jede Veränderung müsse er
erst überwinden ohne daß ein andres Ange sehe, wie schwer es ihm falle.


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[0053] Liennkehr Jahns Leben zerfiel in zwei Teile, in die Zeit vor seiner Verheiratung und in die Zeit nach seiner Verheiratung, und diese Teile waren um so schärfer von¬ einander geschieden, als sie sich in räumlich weit getrennten und landschaftlich un¬ gleichen Gegenden 'abgespielt hatten. Er war in Thüringen zwischen Berg und Wald geboren und hatte ins platte Land in eine Wirtschaft des Oderbrnchs hinein¬ geheiratet — nicht zu seinem Schaden, denn er war heute ein reichbegüterter Mann. Mit seiner Frau hatte er verträglich gehaust, seine einzige Tochter war gut ein¬ geschlagen, und mit dem Schwiegersohn hatte er das große Los gezogen. Und dann die Enkel, gut gewachsen und gut geraten, zwei Jungen und ein Mädchen, und von den Jungen der ältere schon verheiratet. Jahr nahm den Hut vom Kopf und legte ihn neben sich auf die Bank, dann faßte er nach dem Scheitel, ob der unversehrt geblieben sei, zog ein Würstchen heraus und glättete die .haare. Dabei weidete sich seine Brust aus, und ein weh¬ mütig schalkhaftes Lächeln"erschien auf seinen Lippe». Er dachte an Thüringen! an sein Thüringen! — an sein Thüringen, wo er jung gewesen war! Es zog ihm ganz wunderbar durch den Sinn, als ob ihm einer ein Märchen erzählte, wie er sich jetzt vorstellte, daß er einmal ein kleiner Junge gewesen sei, mit nackten Beinen "ut kurzen .Höschen, und danach ein junger Bursch, der die eine nicht kriegte und die andre nicht haben wollte. Seit zehn Jahren, wo er ins Altenteil gegangen war, hatte der Gedanke an ihm gezogen: er wolle einmal in sein Heimatsörtchen reisen, da die Wege und Stege sehen, die Berge, den Fichtenwald, die Saale und deu grünen Wiesen. Er war auch neugierig, was ans seiner frühern Wirtschaft geworden war. Und von Jahr zu Fahr wurden die Neugier und das Verlangen stärker, bis ihn das richtige Heimweh packte. Wenn er des Abends mit den Seinen bor der Hausthür saß, that er un¬ vermutet den Mund auf und fing an von Thüringen zu erzählen, von Beckmanns Herbert, seinem besten Freunde, von der Alma vom Dietzel-Schmied aus Etzelmunde und von des Tätschcrbäckers Tochter Priska. Mit stiller Neugier sprach er auch Wohl einmal vom Pfeiff-Schneider. Es war seiner Familie wohl bekannt, daß der Schneider Thomas Pfeiffer um hinterlistiges, nichtsnutziges, rosthaariges Bengelchen gewesen war, das dem Großvater zu mancher Züchtigung durch seine strenge Mutter verholfen hatte. Fast immer war es ihm gelungen, was er selber verbrochen hatte, ans Adams Schultern abzuwälzen Beinahe hätte er dann anch dessen Tod auf dem Gewissen gehabt. Nach einer Prügelei, bei der er dem Adam die Jacke zerrissen hatte, jagte er ihn mit Geschrei über die Saalwiesen vor sich her und erreichte richtig, daß Adam ^ahn, aus Furcht vor dem, was Thomas noch anstiften könnte, nicht ans den Weg achtete und mit zurückgewandtem Gesicht vorwärts lief. Und dann brach Thomas in Elendes Gelächter ans - Adam Jahr war in die Saale gestürzt. Flößer zogen den Knaben heraus, als er schon steif und kalt war und nur und Mühe wieder ins Leben gerufen werden konnte. ,. ^,< , Auch späterhin, als junger Bursch, mochte er dem Großvater zu nah g trete sein. Jahr sprach sich hierüber nicht ans; aber sein Groll saß tief K-r ging weit, daß er einem Knecht abgeneigt war. nur weil er den Rufnamen seine» Fen des führte. Ein Fohlen, das nicht einschlagen wollte, erhielt den Namen Thomas von UM- Als es sich dann späterhin doch heransmachte. war der Alte beinahe mißmutig. , So hatte er sich immer mehr in Jugenderinnerungen vertieft bis der Schwieger¬ sohn eines Tages gesagt hatte: Was hilft das alles, der Großvater fahrt eben mal hin Die Großmutter hatte eine Familienreise daraus machen wolle«. Aber der Schwiegersohn widersprach. Wie ein Wanderbursch, mit dem Ranze auf der Schulter und dem Stab in der Hand, müsse der Großvater in seine alte Heimat "nzichu. An jedem Berg, den er wieder erkenne. müsse er sich erst satt sehen, in feder Ortschaft müsse er sich erst wieder zurecht finden, jede Veränderung müsse er erst überwinden ohne daß ein andres Ange sehe, wie schwer es ihm falle.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/53>, abgerufen am 01.09.2024.