Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.Zur Lankreform behörde in der Form einer Kontrollstelle zu schaffen, die dem Kaiserlichen Dem dritten Vorschlag Wagners, die Staatskontrolle auch auf die Depo¬ Ein Blick ans den Kurszettel zeigt uns eine Fülle von industriellen Unter¬ Einmal hat die moderne Bankpraxis für das Publikum segensreich ge¬ Zur Lankreform behörde in der Form einer Kontrollstelle zu schaffen, die dem Kaiserlichen Dem dritten Vorschlag Wagners, die Staatskontrolle auch auf die Depo¬ Ein Blick ans den Kurszettel zeigt uns eine Fülle von industriellen Unter¬ Einmal hat die moderne Bankpraxis für das Publikum segensreich ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0478" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239266"/> <fw type="header" place="top"> Zur Lankreform</fw><lb/> <p xml:id="ID_2332" prev="#ID_2331"> behörde in der Form einer Kontrollstelle zu schaffen, die dem Kaiserlichen<lb/> Aufsichtsamt für das Privatversicherungswesen nachgebildet sein solle. Die<lb/> Konferenz der Hhpothckenbankvertrcter mit dem Landwirtschaftsminister am<lb/> 8. April aber brachte in keinem Punkte ein wesentliches Ergebnis. Hinsichtlich<lb/> der Bestellung von Staatskommissaren, die in Süddeutschlnnd allgemein üblich<lb/> ist und auch in Preußen auf Grund des § 4 des Hypothckenbankgesetzes der<lb/> Regierung zusteht, verhielten sich die Regierungsvertreter ablehnend. Sie scheuten<lb/> eine Veränderung des gegenwärtigen Zustandes, wonach die Regierungspräsi¬<lb/> denten und diesen zur Seite gestellte Bankinsvcktoren das Aufsichtsrecht über<lb/> die Hypothekenbanken haben, und fürchteten, durch die Bestellung vou Staats¬<lb/> kommissaren die Verantwortlichkeit der Regierung zu steigern. Die Banlvcr-<lb/> tretcr dagegen sprachen sich für das Bankkommissariat aus und wollten ihre<lb/> Institute deu übrigen deutschen Hypothekenbanken auch in Bezug auf die Auf¬<lb/> sicht gleichgestellt wissen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2333"> Dem dritten Vorschlag Wagners, die Staatskontrolle auch auf die Depo¬<lb/> siten- und Effektenbanken auszudehnen, muß man doch mit einer gewissen Skepsis<lb/> entgegentreten. Ehe man Änderungen von so weittragender Bedeutung wie die<lb/> Staatsaufsicht für unsre Effektenbanken einführt, muß man sich doch fragen,<lb/> ob wirklich die heutigen Zustände im Bankwesen so verbesserungsbedürftig sind,<lb/> und ob die vorgeschlaguen Änderungen eine Verbesserung gegenüber den jetzigen,<lb/> und nicht vielmehr eine Verschlechterung bedeuten. Für die Beantwortung<lb/> dieser Frage muß man sich vor allem über die Verrichtungen klar werden,<lb/> die unsre Banken schon für den volkswirtschaftlichen Organismus geleistet haben<lb/> und noch zu leisten imstande sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_2334"> Ein Blick ans den Kurszettel zeigt uns eine Fülle von industriellen Unter¬<lb/> nehmungen, deren Aktien an der Börse gehandelt werden. Hat nun das<lb/> sparende Publikum das in diesen Werten angelegte Kapital aus eignem Antrieb<lb/> hergegeben? Nein, sondern nur durch die Vermittlung des Bankkredits. Erst<lb/> später, als die Unternehmen ihre Daseinsberechtigung nachgewiesen und ihre ersten<lb/> Erträgnisse abgeworfen hatten, wurden ihre Anteilscheine ins Publikum gesandt.<lb/> Nur durch die 5Lrcditvermittlungsthätigkeit der Banken konnte Deutschland zu<lb/> seiner blühenden Industrie gelangen. Denn die Kapitalansnmmlnngsthätigkeit des<lb/> Volkes hielt uicht Schritt mit dem Unternehmungsgeist der Massen, der in<lb/> oieser Beziehung uur schwerfällig war und langsam folgte. Und doch bedürfte<lb/> gerade die starke Käpitalansammlung in dieser Zeit much eines vergrößerten<lb/> Arbeitsfeldes. Aber in dieser Zeit, wo die Fülle überraschender Erfindungen<lb/> auf dem technischen Gebiete ganz neue Industrien mit neuen Kreditbedürfnissen<lb/> schuf, ging dein größern Publikum das Verständnis für die Tragweite dieser<lb/> Unternehmungen in volkswirtschaftlicher Beziehung noch ab, und es hielt mit<lb/> seinem Kapital scheu zurück. So drängte denn die ganze Entwicklung dazu,<lb/> daß die Kapitalkräftigsten, die Großbanken, in die Lücke einspringen mußten-<lb/> Damit verrichteten sie für die Volkswirtschaft eine Leistung von großer wirt¬<lb/> schaftlicher Bedeutung, die sich in zweierlei Hinsicht verfolgen läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2335" next="#ID_2336"> Einmal hat die moderne Bankpraxis für das Publikum segensreich ge¬<lb/> wirkt. Sie hat dem Privatknpital neue Gebiete der Thätigkeit erschlossen und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0478]
Zur Lankreform
behörde in der Form einer Kontrollstelle zu schaffen, die dem Kaiserlichen
Aufsichtsamt für das Privatversicherungswesen nachgebildet sein solle. Die
Konferenz der Hhpothckenbankvertrcter mit dem Landwirtschaftsminister am
8. April aber brachte in keinem Punkte ein wesentliches Ergebnis. Hinsichtlich
der Bestellung von Staatskommissaren, die in Süddeutschlnnd allgemein üblich
ist und auch in Preußen auf Grund des § 4 des Hypothckenbankgesetzes der
Regierung zusteht, verhielten sich die Regierungsvertreter ablehnend. Sie scheuten
eine Veränderung des gegenwärtigen Zustandes, wonach die Regierungspräsi¬
denten und diesen zur Seite gestellte Bankinsvcktoren das Aufsichtsrecht über
die Hypothekenbanken haben, und fürchteten, durch die Bestellung vou Staats¬
kommissaren die Verantwortlichkeit der Regierung zu steigern. Die Banlvcr-
tretcr dagegen sprachen sich für das Bankkommissariat aus und wollten ihre
Institute deu übrigen deutschen Hypothekenbanken auch in Bezug auf die Auf¬
sicht gleichgestellt wissen.
Dem dritten Vorschlag Wagners, die Staatskontrolle auch auf die Depo¬
siten- und Effektenbanken auszudehnen, muß man doch mit einer gewissen Skepsis
entgegentreten. Ehe man Änderungen von so weittragender Bedeutung wie die
Staatsaufsicht für unsre Effektenbanken einführt, muß man sich doch fragen,
ob wirklich die heutigen Zustände im Bankwesen so verbesserungsbedürftig sind,
und ob die vorgeschlaguen Änderungen eine Verbesserung gegenüber den jetzigen,
und nicht vielmehr eine Verschlechterung bedeuten. Für die Beantwortung
dieser Frage muß man sich vor allem über die Verrichtungen klar werden,
die unsre Banken schon für den volkswirtschaftlichen Organismus geleistet haben
und noch zu leisten imstande sind.
Ein Blick ans den Kurszettel zeigt uns eine Fülle von industriellen Unter¬
nehmungen, deren Aktien an der Börse gehandelt werden. Hat nun das
sparende Publikum das in diesen Werten angelegte Kapital aus eignem Antrieb
hergegeben? Nein, sondern nur durch die Vermittlung des Bankkredits. Erst
später, als die Unternehmen ihre Daseinsberechtigung nachgewiesen und ihre ersten
Erträgnisse abgeworfen hatten, wurden ihre Anteilscheine ins Publikum gesandt.
Nur durch die 5Lrcditvermittlungsthätigkeit der Banken konnte Deutschland zu
seiner blühenden Industrie gelangen. Denn die Kapitalansnmmlnngsthätigkeit des
Volkes hielt uicht Schritt mit dem Unternehmungsgeist der Massen, der in
oieser Beziehung uur schwerfällig war und langsam folgte. Und doch bedürfte
gerade die starke Käpitalansammlung in dieser Zeit much eines vergrößerten
Arbeitsfeldes. Aber in dieser Zeit, wo die Fülle überraschender Erfindungen
auf dem technischen Gebiete ganz neue Industrien mit neuen Kreditbedürfnissen
schuf, ging dein größern Publikum das Verständnis für die Tragweite dieser
Unternehmungen in volkswirtschaftlicher Beziehung noch ab, und es hielt mit
seinem Kapital scheu zurück. So drängte denn die ganze Entwicklung dazu,
daß die Kapitalkräftigsten, die Großbanken, in die Lücke einspringen mußten-
Damit verrichteten sie für die Volkswirtschaft eine Leistung von großer wirt¬
schaftlicher Bedeutung, die sich in zweierlei Hinsicht verfolgen läßt.
Einmal hat die moderne Bankpraxis für das Publikum segensreich ge¬
wirkt. Sie hat dem Privatknpital neue Gebiete der Thätigkeit erschlossen und
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