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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Zur Bcmkreform

hätte? Gewiß wäre eine Belastung des Geldgeschäfts neben dein Warenhcmdel
und eine Abgabe von den Kapitalzinsen ein durchaus gerechtes und in der
Stadt Frankfurt auch sehr wirksames Mittel gewesen. Allein bis zur Ein¬
kommen- und Vermögenssteuer in ihrer heutigen Form war noch ein weiter
Weg, lind wir dürfen von den Frühern keine politische Einsicht verlangen,
die erst dnrch die Arbeit ganzer Generationen gewonnen worden ist.




Zur Vankreform

!ein Zweig wirtschaftlicher Thätigkeit ist so sehr von dem Auf- und
dem Abfluten der Konjunkturwcllen abhängig wie die Bankthätigkeit.
Die Vermittlerrolle in der modernen Kreditwirtschaft gab den
Banken zwar die dominierende Stellung im gesamten Wirtschafts-
! leben, machte sie zum Herzen unsers Wirtschaftsorganismus, aber
sie zog sie dafür auch in den Bannkreis des Kvnjunkturenwechsels in den unter¬
stützten Unternehmungen und machte sie so von dem Geschäftsgange dieser ab¬
hängig. In den Zeiten der Hauffe ist diese Verflechtung der Großbanken mit
der Industrie ganz unbedenklich, aber wenn dann der Hochflut die Ebbe folgt,
kann die enge Verbindung den Banken oftmals gefährlich werden. Die jüngste
6eit hat diese Behauptung wieder um einige Beispiele bereichert. Es ist kein
Wunder, wenn in solchen Zeiten die Lehre beim Publikum Eingang findet, daß
die Verbindung der Großbanken mit der Industrie in wirtschaftlicher Beziehung
unheilvolle Folgen zeitige. Von den Gelehrten sind es hauptsächlich Ad. Wagner
und seine Schule, die für diese Lehre eintreten. Eine Autorität auf dem Gebiete
^'Finanz- und der Steuerpolitik, ist Wagner allmählich auf das benachbarte
Gebiet der Bankpolitik übergegangen. Das Prinzip der Beeinflussung und
Regelung der einzelnen volkswirtschaftlichen Prozesse dnrch den Staat hat sich
k^i ihm immer mehr in den Vordergrund gedrängt, und so will er auch die
^nzelueu Zweige der Bankthätigkeit durch den Staat bevormunden. Das Ver-
sicheruugsgeschäft will er verstaatlichen und ihm abgegrenzte Arbeitsfelder zuweisen,
Hypothekenbanken Null er nnter Staatsaufsicht stellen und uns diese Weise
^ jetzt von den Hypothekenbanken angepriesene "staatliche Kontrolle" von einer
W'melken zu einer thatsächlichen machen; aber auch für die Depositen- und
^ffektenbankeu verlangt er gesetzliche Bestimmungen und Staatsaufsicht.

Die beiden ersten Vorschlüge Wagners können wir mit großem Beifall
'grüßen. Die Geschäftspraxis, um die es sich dort handelt.'ist so, daß sie
N'hr wohl eine mehr schabloncnmüßige Behandlung, wie sie der Staatsbetrieb
''"t sich bringt, und eine Berlangsmuung der Entschlüsse, wie sie die Staats-
vutrolle zur Folge hat, vertrage,, kann. Und in der That ist man in Re-
glerungskreiscn schon dem zweiten Vorschlage näher getreten. Die Presse über-
"Jahde das Publikum Eude Januar mit der Mitteilung, daß im Landwirt-
Nhaftsministeriunl die Absicht bestünde, für die Hypothekeubanken eine Aufsichts-


Zur Bcmkreform

hätte? Gewiß wäre eine Belastung des Geldgeschäfts neben dein Warenhcmdel
und eine Abgabe von den Kapitalzinsen ein durchaus gerechtes und in der
Stadt Frankfurt auch sehr wirksames Mittel gewesen. Allein bis zur Ein¬
kommen- und Vermögenssteuer in ihrer heutigen Form war noch ein weiter
Weg, lind wir dürfen von den Frühern keine politische Einsicht verlangen,
die erst dnrch die Arbeit ganzer Generationen gewonnen worden ist.




Zur Vankreform

!ein Zweig wirtschaftlicher Thätigkeit ist so sehr von dem Auf- und
dem Abfluten der Konjunkturwcllen abhängig wie die Bankthätigkeit.
Die Vermittlerrolle in der modernen Kreditwirtschaft gab den
Banken zwar die dominierende Stellung im gesamten Wirtschafts-
! leben, machte sie zum Herzen unsers Wirtschaftsorganismus, aber
sie zog sie dafür auch in den Bannkreis des Kvnjunkturenwechsels in den unter¬
stützten Unternehmungen und machte sie so von dem Geschäftsgange dieser ab¬
hängig. In den Zeiten der Hauffe ist diese Verflechtung der Großbanken mit
der Industrie ganz unbedenklich, aber wenn dann der Hochflut die Ebbe folgt,
kann die enge Verbindung den Banken oftmals gefährlich werden. Die jüngste
6eit hat diese Behauptung wieder um einige Beispiele bereichert. Es ist kein
Wunder, wenn in solchen Zeiten die Lehre beim Publikum Eingang findet, daß
die Verbindung der Großbanken mit der Industrie in wirtschaftlicher Beziehung
unheilvolle Folgen zeitige. Von den Gelehrten sind es hauptsächlich Ad. Wagner
und seine Schule, die für diese Lehre eintreten. Eine Autorität auf dem Gebiete
^'Finanz- und der Steuerpolitik, ist Wagner allmählich auf das benachbarte
Gebiet der Bankpolitik übergegangen. Das Prinzip der Beeinflussung und
Regelung der einzelnen volkswirtschaftlichen Prozesse dnrch den Staat hat sich
k^i ihm immer mehr in den Vordergrund gedrängt, und so will er auch die
^nzelueu Zweige der Bankthätigkeit durch den Staat bevormunden. Das Ver-
sicheruugsgeschäft will er verstaatlichen und ihm abgegrenzte Arbeitsfelder zuweisen,
Hypothekenbanken Null er nnter Staatsaufsicht stellen und uns diese Weise
^ jetzt von den Hypothekenbanken angepriesene „staatliche Kontrolle" von einer
W'melken zu einer thatsächlichen machen; aber auch für die Depositen- und
^ffektenbankeu verlangt er gesetzliche Bestimmungen und Staatsaufsicht.

Die beiden ersten Vorschlüge Wagners können wir mit großem Beifall
'grüßen. Die Geschäftspraxis, um die es sich dort handelt.'ist so, daß sie
N'hr wohl eine mehr schabloncnmüßige Behandlung, wie sie der Staatsbetrieb
''"t sich bringt, und eine Berlangsmuung der Entschlüsse, wie sie die Staats-
vutrolle zur Folge hat, vertrage,, kann. Und in der That ist man in Re-
glerungskreiscn schon dem zweiten Vorschlage näher getreten. Die Presse über-
"Jahde das Publikum Eude Januar mit der Mitteilung, daß im Landwirt-
Nhaftsministeriunl die Absicht bestünde, für die Hypothekeubanken eine Aufsichts-


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[0477] Zur Bcmkreform hätte? Gewiß wäre eine Belastung des Geldgeschäfts neben dein Warenhcmdel und eine Abgabe von den Kapitalzinsen ein durchaus gerechtes und in der Stadt Frankfurt auch sehr wirksames Mittel gewesen. Allein bis zur Ein¬ kommen- und Vermögenssteuer in ihrer heutigen Form war noch ein weiter Weg, lind wir dürfen von den Frühern keine politische Einsicht verlangen, die erst dnrch die Arbeit ganzer Generationen gewonnen worden ist. Zur Vankreform !ein Zweig wirtschaftlicher Thätigkeit ist so sehr von dem Auf- und dem Abfluten der Konjunkturwcllen abhängig wie die Bankthätigkeit. Die Vermittlerrolle in der modernen Kreditwirtschaft gab den Banken zwar die dominierende Stellung im gesamten Wirtschafts- ! leben, machte sie zum Herzen unsers Wirtschaftsorganismus, aber sie zog sie dafür auch in den Bannkreis des Kvnjunkturenwechsels in den unter¬ stützten Unternehmungen und machte sie so von dem Geschäftsgange dieser ab¬ hängig. In den Zeiten der Hauffe ist diese Verflechtung der Großbanken mit der Industrie ganz unbedenklich, aber wenn dann der Hochflut die Ebbe folgt, kann die enge Verbindung den Banken oftmals gefährlich werden. Die jüngste 6eit hat diese Behauptung wieder um einige Beispiele bereichert. Es ist kein Wunder, wenn in solchen Zeiten die Lehre beim Publikum Eingang findet, daß die Verbindung der Großbanken mit der Industrie in wirtschaftlicher Beziehung unheilvolle Folgen zeitige. Von den Gelehrten sind es hauptsächlich Ad. Wagner und seine Schule, die für diese Lehre eintreten. Eine Autorität auf dem Gebiete ^'Finanz- und der Steuerpolitik, ist Wagner allmählich auf das benachbarte Gebiet der Bankpolitik übergegangen. Das Prinzip der Beeinflussung und Regelung der einzelnen volkswirtschaftlichen Prozesse dnrch den Staat hat sich k^i ihm immer mehr in den Vordergrund gedrängt, und so will er auch die ^nzelueu Zweige der Bankthätigkeit durch den Staat bevormunden. Das Ver- sicheruugsgeschäft will er verstaatlichen und ihm abgegrenzte Arbeitsfelder zuweisen, Hypothekenbanken Null er nnter Staatsaufsicht stellen und uns diese Weise ^ jetzt von den Hypothekenbanken angepriesene „staatliche Kontrolle" von einer W'melken zu einer thatsächlichen machen; aber auch für die Depositen- und ^ffektenbankeu verlangt er gesetzliche Bestimmungen und Staatsaufsicht. Die beiden ersten Vorschlüge Wagners können wir mit großem Beifall 'grüßen. Die Geschäftspraxis, um die es sich dort handelt.'ist so, daß sie N'hr wohl eine mehr schabloncnmüßige Behandlung, wie sie der Staatsbetrieb ''"t sich bringt, und eine Berlangsmuung der Entschlüsse, wie sie die Staats- vutrolle zur Folge hat, vertrage,, kann. Und in der That ist man in Re- glerungskreiscn schon dem zweiten Vorschlage näher getreten. Die Presse über- "Jahde das Publikum Eude Januar mit der Mitteilung, daß im Landwirt- Nhaftsministeriunl die Absicht bestünde, für die Hypothekeubanken eine Aufsichts-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/477>, abgerufen am 01.09.2024.