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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

sich Dienstag Mittag unmutig und mit wüstem Kopfe zur Arbeit und verrichtete,
um trotzdem sein Wochenpensnm fertig zu bringen, seine Arbeit flüchtig und schlecht.
Eine solche Ware aber vermochte den Zoll nicht zu tragen und war in Amerika nicht
verkäuflich.

Die Fabrik von Alfred Sauerbrei war von dem Werkmeister Wachtel, der als
Vertreter einer sozialistischen Genossenschaft handelte, gekauft worden. In der so¬
zialistischen Presse wurde über das Ereignis Hnlleluja gesungen. Mau sah das Kommen
der neuen Zeit, die Expropriation des Besitzstandes; man rüstete sich, der Welt zu
beweisen, daß alles glorreich gehe, wenn es nur in die rechten Hände komme. Aber
>"an machte die Erfahrung, daß Hcrrnspielen gar nicht so leicht ist, wie man gedacht
hatte. Zinsen müssen hier wie da gezahlt werden, und die bösen Amerikaner nahmen
wie ihren Zöllen auf die Polkenroder Weltverbesserer gar keine Rücksicht. Und diese
Not mit den Arbeitern, die nichts leisteten, sondern nur immer Geld haben wollten!
-^an hatte es ja früher selbst mitgemacht, aber jetzt war die Sache doch ganz anders.
Wachtel warf in Heller Wut seine Felle, die er gerade in der Hand hatte, an die
^rde und schrie, er wolle die faule Bande schon zwiebeln, und wenn sie keine Ver¬
nunft annähmen, so würde sie schon der Hunger zahm machen. So sagte ein Genosse
d°n seinen Mitgenossen. War das nicht schrecklich? Als nun die Verhältnisse immer
schlechter wurden, fing Wachtel wirklich an, seine Arbeiter zu zwiebeln. Was wollte
^ machen? So, wie es bisher gegangen war, konnte es nicht weiter gehn, dabei
konnte das Unternehmen nicht besteh", und so erlebte die Welt das erbauliche Schauspiel,
Genossen wider ein genossenschaftliches Unternehmen den Aufstand predigten.

In der Hnndschnhfabrikation dieser Gegend ist die Einrichtung getroffen, daß man
^ Gruppen zusammen arbeitet, allemal drei Arbeiter und ein Lehrling. Um nun Lohn
sparen, stellte Wachtel zwei Lehrlinge in die Gruppe, und andre Fabriken folgten
"ach, EA ^h9v sich ein Sturm von Entrüstung. Man berief Arbeiterversamm-
uugen und beschloß die Forderung zu erheben, es dürfe überhaupt kein Lehrling
Zugestellt werden, so lange ein unbeschäftigter Vollarbciter vorhanden sei. Wenn die
"übrikanteu darauf nicht eingehn wollten, so werde man in einen allgemeinen Auf-
l und eintreten. Hier fehlten nun allerdings nicht besonnene Leute, die ihre warnende
iiiume erhoben und sagten, es wären jetzt schlechte Zeiten, und man sollte mit dem
treit lieber noch warten. Ach was, wurde von den arbeitslosen Arbeitern gcant-
ortet, sie hätten auch schlechte Zeit, und wenn sie nichts hätten, dann brauchten
"Ndre auch nichts zu haben. Nachdem man sich bis Mitternacht gestritten und sich gegen-
^ ehrenrührigsten Dinge vorgeworfen hatte, einigte man sich dahin, daß vor
usbruch des Streiks der Bürgermeister als Schiedsrichter angerufen werden sollte.

So geschah es. De" Fabrikanten wurde el" Ultimatum vorgelegt, und diese
Hüten, wie sie gar nicht anders konnten, ab. Der Herr Bürgermeister aber nahm
. Schiedsrichteramt an und besprach sich mit seinen Gesinnungsgenossen. Man
^ stillen der Meinung, daß die 'Arbeiter mit ihrem Streik verrückt sein müßten;
no^ ^ Bürgermeister um seine Hintermänner gebunden war, so hingen diese
n>^ ? von den sozialistischen Hilfskräften in der Stadtverordnetenversammlung ab,
U deren Hilfe sie die Majorität gewonnen hatten. Und dazu erhob die Reaktion
A'k""s- 6""^ wieder schamlos ihr Haupt. Das heißt die Herren Optimaten und
u,!>^, ^ waren, nachdem die Dinge gar zu bunt geworden waren, aufgewacht
uns Pfaffe und Genosse" zu Felde zu zieh". Wenn jetzt der äußerste
G ^ ^ Versagte, so konnte die Herrschaft verloren gehn. Man durfte also um
°etes willen nicht gegen die Arbeiter entscheiden.

Das war die Meinung des Parteiführers und darum auch die des Herrn
se^co'M^s. Dieser berief also eine Konferenz. Er machte den Fabrikanten eine
N "lUche Miene und appellierte an ihrem Patriotismus und Gerechtigkeitssinn. Den
Arbeitern riet er zur Mäßigung, ließ aber durchblicken, daß sie eigentlich im Recht
' w, und so führten die Verhandlungen zu keinem Resultat, und die Arbeit wurde
"gestellt. Den Fabrikanten hätte es recht sein können, da nur geringe und schlecht


Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

sich Dienstag Mittag unmutig und mit wüstem Kopfe zur Arbeit und verrichtete,
um trotzdem sein Wochenpensnm fertig zu bringen, seine Arbeit flüchtig und schlecht.
Eine solche Ware aber vermochte den Zoll nicht zu tragen und war in Amerika nicht
verkäuflich.

Die Fabrik von Alfred Sauerbrei war von dem Werkmeister Wachtel, der als
Vertreter einer sozialistischen Genossenschaft handelte, gekauft worden. In der so¬
zialistischen Presse wurde über das Ereignis Hnlleluja gesungen. Mau sah das Kommen
der neuen Zeit, die Expropriation des Besitzstandes; man rüstete sich, der Welt zu
beweisen, daß alles glorreich gehe, wenn es nur in die rechten Hände komme. Aber
>»an machte die Erfahrung, daß Hcrrnspielen gar nicht so leicht ist, wie man gedacht
hatte. Zinsen müssen hier wie da gezahlt werden, und die bösen Amerikaner nahmen
wie ihren Zöllen auf die Polkenroder Weltverbesserer gar keine Rücksicht. Und diese
Not mit den Arbeitern, die nichts leisteten, sondern nur immer Geld haben wollten!
-^an hatte es ja früher selbst mitgemacht, aber jetzt war die Sache doch ganz anders.
Wachtel warf in Heller Wut seine Felle, die er gerade in der Hand hatte, an die
^rde und schrie, er wolle die faule Bande schon zwiebeln, und wenn sie keine Ver¬
nunft annähmen, so würde sie schon der Hunger zahm machen. So sagte ein Genosse
d°n seinen Mitgenossen. War das nicht schrecklich? Als nun die Verhältnisse immer
schlechter wurden, fing Wachtel wirklich an, seine Arbeiter zu zwiebeln. Was wollte
^ machen? So, wie es bisher gegangen war, konnte es nicht weiter gehn, dabei
konnte das Unternehmen nicht besteh», und so erlebte die Welt das erbauliche Schauspiel,
Genossen wider ein genossenschaftliches Unternehmen den Aufstand predigten.

In der Hnndschnhfabrikation dieser Gegend ist die Einrichtung getroffen, daß man
^ Gruppen zusammen arbeitet, allemal drei Arbeiter und ein Lehrling. Um nun Lohn
sparen, stellte Wachtel zwei Lehrlinge in die Gruppe, und andre Fabriken folgten
"ach, EA ^h9v sich ein Sturm von Entrüstung. Man berief Arbeiterversamm-
uugen und beschloß die Forderung zu erheben, es dürfe überhaupt kein Lehrling
Zugestellt werden, so lange ein unbeschäftigter Vollarbciter vorhanden sei. Wenn die
ȟbrikanteu darauf nicht eingehn wollten, so werde man in einen allgemeinen Auf-
l und eintreten. Hier fehlten nun allerdings nicht besonnene Leute, die ihre warnende
iiiume erhoben und sagten, es wären jetzt schlechte Zeiten, und man sollte mit dem
treit lieber noch warten. Ach was, wurde von den arbeitslosen Arbeitern gcant-
ortet, sie hätten auch schlechte Zeit, und wenn sie nichts hätten, dann brauchten
"Ndre auch nichts zu haben. Nachdem man sich bis Mitternacht gestritten und sich gegen-
^ ehrenrührigsten Dinge vorgeworfen hatte, einigte man sich dahin, daß vor
usbruch des Streiks der Bürgermeister als Schiedsrichter angerufen werden sollte.

So geschah es. De» Fabrikanten wurde el» Ultimatum vorgelegt, und diese
Hüten, wie sie gar nicht anders konnten, ab. Der Herr Bürgermeister aber nahm
. Schiedsrichteramt an und besprach sich mit seinen Gesinnungsgenossen. Man
^ stillen der Meinung, daß die 'Arbeiter mit ihrem Streik verrückt sein müßten;
no^ ^ Bürgermeister um seine Hintermänner gebunden war, so hingen diese
n>^ ? von den sozialistischen Hilfskräften in der Stadtverordnetenversammlung ab,
U deren Hilfe sie die Majorität gewonnen hatten. Und dazu erhob die Reaktion
A'k""s- 6""^ wieder schamlos ihr Haupt. Das heißt die Herren Optimaten und
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uns Pfaffe und Genosse» zu Felde zu zieh». Wenn jetzt der äußerste
G ^ ^ Versagte, so konnte die Herrschaft verloren gehn. Man durfte also um
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Das war die Meinung des Parteiführers und darum auch die des Herrn
se^co'M^s. Dieser berief also eine Konferenz. Er machte den Fabrikanten eine
N "lUche Miene und appellierte an ihrem Patriotismus und Gerechtigkeitssinn. Den
Arbeitern riet er zur Mäßigung, ließ aber durchblicken, daß sie eigentlich im Recht
' w, und so führten die Verhandlungen zu keinem Resultat, und die Arbeit wurde
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[0449] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben sich Dienstag Mittag unmutig und mit wüstem Kopfe zur Arbeit und verrichtete, um trotzdem sein Wochenpensnm fertig zu bringen, seine Arbeit flüchtig und schlecht. Eine solche Ware aber vermochte den Zoll nicht zu tragen und war in Amerika nicht verkäuflich. Die Fabrik von Alfred Sauerbrei war von dem Werkmeister Wachtel, der als Vertreter einer sozialistischen Genossenschaft handelte, gekauft worden. In der so¬ zialistischen Presse wurde über das Ereignis Hnlleluja gesungen. Mau sah das Kommen der neuen Zeit, die Expropriation des Besitzstandes; man rüstete sich, der Welt zu beweisen, daß alles glorreich gehe, wenn es nur in die rechten Hände komme. Aber >»an machte die Erfahrung, daß Hcrrnspielen gar nicht so leicht ist, wie man gedacht hatte. Zinsen müssen hier wie da gezahlt werden, und die bösen Amerikaner nahmen wie ihren Zöllen auf die Polkenroder Weltverbesserer gar keine Rücksicht. Und diese Not mit den Arbeitern, die nichts leisteten, sondern nur immer Geld haben wollten! -^an hatte es ja früher selbst mitgemacht, aber jetzt war die Sache doch ganz anders. Wachtel warf in Heller Wut seine Felle, die er gerade in der Hand hatte, an die ^rde und schrie, er wolle die faule Bande schon zwiebeln, und wenn sie keine Ver¬ nunft annähmen, so würde sie schon der Hunger zahm machen. So sagte ein Genosse d°n seinen Mitgenossen. War das nicht schrecklich? Als nun die Verhältnisse immer schlechter wurden, fing Wachtel wirklich an, seine Arbeiter zu zwiebeln. Was wollte ^ machen? So, wie es bisher gegangen war, konnte es nicht weiter gehn, dabei konnte das Unternehmen nicht besteh», und so erlebte die Welt das erbauliche Schauspiel, Genossen wider ein genossenschaftliches Unternehmen den Aufstand predigten. In der Hnndschnhfabrikation dieser Gegend ist die Einrichtung getroffen, daß man ^ Gruppen zusammen arbeitet, allemal drei Arbeiter und ein Lehrling. Um nun Lohn sparen, stellte Wachtel zwei Lehrlinge in die Gruppe, und andre Fabriken folgten "ach, EA ^h9v sich ein Sturm von Entrüstung. Man berief Arbeiterversamm- uugen und beschloß die Forderung zu erheben, es dürfe überhaupt kein Lehrling Zugestellt werden, so lange ein unbeschäftigter Vollarbciter vorhanden sei. Wenn die »übrikanteu darauf nicht eingehn wollten, so werde man in einen allgemeinen Auf- l und eintreten. Hier fehlten nun allerdings nicht besonnene Leute, die ihre warnende iiiume erhoben und sagten, es wären jetzt schlechte Zeiten, und man sollte mit dem treit lieber noch warten. Ach was, wurde von den arbeitslosen Arbeitern gcant- ortet, sie hätten auch schlechte Zeit, und wenn sie nichts hätten, dann brauchten "Ndre auch nichts zu haben. Nachdem man sich bis Mitternacht gestritten und sich gegen- ^ ehrenrührigsten Dinge vorgeworfen hatte, einigte man sich dahin, daß vor usbruch des Streiks der Bürgermeister als Schiedsrichter angerufen werden sollte. So geschah es. De» Fabrikanten wurde el» Ultimatum vorgelegt, und diese Hüten, wie sie gar nicht anders konnten, ab. Der Herr Bürgermeister aber nahm . Schiedsrichteramt an und besprach sich mit seinen Gesinnungsgenossen. Man ^ stillen der Meinung, daß die 'Arbeiter mit ihrem Streik verrückt sein müßten; no^ ^ Bürgermeister um seine Hintermänner gebunden war, so hingen diese n>^ ? von den sozialistischen Hilfskräften in der Stadtverordnetenversammlung ab, U deren Hilfe sie die Majorität gewonnen hatten. Und dazu erhob die Reaktion A'k""s- 6""^ wieder schamlos ihr Haupt. Das heißt die Herren Optimaten und u,!>^, ^ waren, nachdem die Dinge gar zu bunt geworden waren, aufgewacht uns Pfaffe und Genosse» zu Felde zu zieh». Wenn jetzt der äußerste G ^ ^ Versagte, so konnte die Herrschaft verloren gehn. Man durfte also um °etes willen nicht gegen die Arbeiter entscheiden. Das war die Meinung des Parteiführers und darum auch die des Herrn se^co'M^s. Dieser berief also eine Konferenz. Er machte den Fabrikanten eine N "lUche Miene und appellierte an ihrem Patriotismus und Gerechtigkeitssinn. Den Arbeitern riet er zur Mäßigung, ließ aber durchblicken, daß sie eigentlich im Recht ' w, und so führten die Verhandlungen zu keinem Resultat, und die Arbeit wurde "gestellt. Den Fabrikanten hätte es recht sein können, da nur geringe und schlecht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/449>, abgerufen am 01.09.2024.