Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite

Stunde, wo mein sich zum Frühschoppen versammelte. Herr Kaufmann Schlegclmilch
that seineu Laden uns, bediente seine Kunden, steckte den Botenfrauen die Ladenhüter
in den Korb, die er in der Stadt nicht losgeworden wäre, und wickelte ein paar
Pantoffeln in die neuste Nummer des Pollenröder Tageblatts, die den Sitzungs¬
bericht des vorigen Tages enthielt, ohne dieses wichtige Aktenstück gelesen zu haben.
Herr Glimpf, eine der Stützen der Optimntenpartei, las diesen Bericht mit Auf¬
merksamkeit und teilte, was er darüber dachte, mit vorsichtig vorgehaltener Hand
seinen Gesinnungsgenossen beim Frühschoppen mit. Und der Herr Oberpfarrer
redete mit Entrüstung und Betrübnis seiner Frau gegenüber von den Geistern
der Finsternis, dem Wüten des Antichrists, und daß man in diesem allem die Vor¬
zeichen des Endes zu erkennen habe. Aber die Frau Oberprediger hielt es doch
sür nötig, inzwischen noch die Gardinen waschen zu lassen. Und der Herr Rektor
verbaute den jungen Pfaffe, indem er sich dabei vorstellte, daß er den alten in den
Klauen habe.

Am Stammtische bei Mutter Grüncberg spielte man wie alle Abende seinen
Skat und schien sich für ein merkwürdiges Grünsvlu ohne Fünf mehr zu interessieren,
"is für den Bürgermeister und seine Eisenbahn. Als jedoch Zimmermeister Pfaffe
^>d sein Freund der Stadlsekretär um Mitternacht nach Hanse gingen, stieß der
^tndtsekretnr seinen Freund an und sagte: Noch so eine Attacke, dann liegt der
Bürgermeister auf dem Rücken. Und der andre nickte verständnisinnig.

Der Bürgermeister war tief betrübt. Weniger darüber, daß seine Vorlage
""s so harten Widerstand gestoßen war, als darüber, daß er von seinen Freunden
^ schnöde verlassen wurde. In der That, diese Freunde hatten sich nicht gut be-
Uvinnien, sondern hatten den Bürgermeister allein kämpfen lassen und waren merklich
!"si geworden, als sie sahen, daß ihm der Erfolg fehlte. Denn es ist ja nichts
w der Welt erfolgreicher als der Erfolg. Inzwischen drängte die Eisenbahn-
öesellschcift uns Abschluß, indem sie drohte, bet weiterer Verzögerung die Linie über
^räheudvrf statt Polkenroda legen zu wollen. Hiermit trat der Bürgermeister in
"psychologischen Moment," wo sich zum Beispiel ein Feldherr entscheiden muß,
^ er, um die Schlacht zu retten, gegen den Befehl angreifen solle. Wenn der
Bürgermeister den Augenblick vorübergehn ließ, wenn er die Verhandlungen abbrach,
wenn die Gesellschaft ihre Drohung ausführte und die Bahn über' Krähendorf
führte, sti >var Poltenrvdas Zukunft für immer verloren.

^ndem er dies mit schmerzlicher Bewegung bedachte und dabei seine Angen
"er das verhängnisvolle Protokoll schweifen ließ, ging ihm plötzlich ein Licht auf.
^' hatte die Vorlage gemacht, daß die Stadt entweder 50000 Mark Kapital u, lvucis
^'^u zahlen oder eine Ziusgarantie in einer gewissen Höhe übernehmen solle.
Kapitalzahlung war abgelehnt worden, von der Zinsgarautie hatte nnr Dunkles
' Protokoll gestanden. Man konnte bei allerdings etwas gewaltsamer Auslegung"s Protokoll so versteh", daß unter Ablehnung der Knpitalzahluug die Zinsgarantie
genehmigt wordeu sei. Der Bürgermeister beschloß, das Protokoll in diesem Sinne
6" berstehn, und schloß mit der Eisenbahngesellschaft ab.

>, ^"5>" wurde gebaut, vollendet und abgenommen. Als der erste Zug
_ ranzt und angebrüllt zum Bahnhof von Polkenroda emporgeklettert war, als man
' y zum Festessen im Prinzen Ferdinand versammelt hatte und die Stöpsel der Sekt-
^'Jeder flogen, als der Bürgermeister von seinem Freunde Alfred Snncrbrei an-
d" ""d als Wohlthäter der Stadt gefeiert wurde, und als man wiederum
se/ ^ ""^ ^"h" ^" geschworen hatte, da erlebte der Bürgermeister
neu großen Tag. Und jedermann war zufrieden. Eine Eisenbahn war doch eine
w"e Sache. Sogar Pfaffes Schwager war zufrieden, denn er machte die Er-
^)rü"g, daß er wegen der Eisenbahn seine Pferde nicht abzuschaffen brauchte.
"d der besorgte Landwirt konnte nicht bestreiten, daß er für seineu Streifen Acker
^'.gutes Stück Geld bekommen habe, und daß der Nest des Ackers immer noch-^zen brachte.

Aber es kam der Tag, wo die Gesellschaft den Zinsznschuß forderte. Der Bürger-


Stunde, wo mein sich zum Frühschoppen versammelte. Herr Kaufmann Schlegclmilch
that seineu Laden uns, bediente seine Kunden, steckte den Botenfrauen die Ladenhüter
in den Korb, die er in der Stadt nicht losgeworden wäre, und wickelte ein paar
Pantoffeln in die neuste Nummer des Pollenröder Tageblatts, die den Sitzungs¬
bericht des vorigen Tages enthielt, ohne dieses wichtige Aktenstück gelesen zu haben.
Herr Glimpf, eine der Stützen der Optimntenpartei, las diesen Bericht mit Auf¬
merksamkeit und teilte, was er darüber dachte, mit vorsichtig vorgehaltener Hand
seinen Gesinnungsgenossen beim Frühschoppen mit. Und der Herr Oberpfarrer
redete mit Entrüstung und Betrübnis seiner Frau gegenüber von den Geistern
der Finsternis, dem Wüten des Antichrists, und daß man in diesem allem die Vor¬
zeichen des Endes zu erkennen habe. Aber die Frau Oberprediger hielt es doch
sür nötig, inzwischen noch die Gardinen waschen zu lassen. Und der Herr Rektor
verbaute den jungen Pfaffe, indem er sich dabei vorstellte, daß er den alten in den
Klauen habe.

Am Stammtische bei Mutter Grüncberg spielte man wie alle Abende seinen
Skat und schien sich für ein merkwürdiges Grünsvlu ohne Fünf mehr zu interessieren,
"is für den Bürgermeister und seine Eisenbahn. Als jedoch Zimmermeister Pfaffe
^>d sein Freund der Stadlsekretär um Mitternacht nach Hanse gingen, stieß der
^tndtsekretnr seinen Freund an und sagte: Noch so eine Attacke, dann liegt der
Bürgermeister auf dem Rücken. Und der andre nickte verständnisinnig.

Der Bürgermeister war tief betrübt. Weniger darüber, daß seine Vorlage
""s so harten Widerstand gestoßen war, als darüber, daß er von seinen Freunden
^ schnöde verlassen wurde. In der That, diese Freunde hatten sich nicht gut be-
Uvinnien, sondern hatten den Bürgermeister allein kämpfen lassen und waren merklich
!"si geworden, als sie sahen, daß ihm der Erfolg fehlte. Denn es ist ja nichts
w der Welt erfolgreicher als der Erfolg. Inzwischen drängte die Eisenbahn-
öesellschcift uns Abschluß, indem sie drohte, bet weiterer Verzögerung die Linie über
^räheudvrf statt Polkenroda legen zu wollen. Hiermit trat der Bürgermeister in
„psychologischen Moment," wo sich zum Beispiel ein Feldherr entscheiden muß,
^ er, um die Schlacht zu retten, gegen den Befehl angreifen solle. Wenn der
Bürgermeister den Augenblick vorübergehn ließ, wenn er die Verhandlungen abbrach,
wenn die Gesellschaft ihre Drohung ausführte und die Bahn über' Krähendorf
führte, sti >var Poltenrvdas Zukunft für immer verloren.

^ndem er dies mit schmerzlicher Bewegung bedachte und dabei seine Angen
»er das verhängnisvolle Protokoll schweifen ließ, ging ihm plötzlich ein Licht auf.
^' hatte die Vorlage gemacht, daß die Stadt entweder 50000 Mark Kapital u, lvucis
^'^u zahlen oder eine Ziusgarantie in einer gewissen Höhe übernehmen solle.
Kapitalzahlung war abgelehnt worden, von der Zinsgarautie hatte nnr Dunkles
' Protokoll gestanden. Man konnte bei allerdings etwas gewaltsamer Auslegung"s Protokoll so versteh», daß unter Ablehnung der Knpitalzahluug die Zinsgarantie
genehmigt wordeu sei. Der Bürgermeister beschloß, das Protokoll in diesem Sinne
6" berstehn, und schloß mit der Eisenbahngesellschaft ab.

>, ^"5>" wurde gebaut, vollendet und abgenommen. Als der erste Zug
_ ranzt und angebrüllt zum Bahnhof von Polkenroda emporgeklettert war, als man
' y zum Festessen im Prinzen Ferdinand versammelt hatte und die Stöpsel der Sekt-
^'Jeder flogen, als der Bürgermeister von seinem Freunde Alfred Snncrbrei an-
d» ""d als Wohlthäter der Stadt gefeiert wurde, und als man wiederum
se/ ^ ""^ ^"h" ^" geschworen hatte, da erlebte der Bürgermeister
neu großen Tag. Und jedermann war zufrieden. Eine Eisenbahn war doch eine
w»e Sache. Sogar Pfaffes Schwager war zufrieden, denn er machte die Er-
^)rü"g, daß er wegen der Eisenbahn seine Pferde nicht abzuschaffen brauchte.
"d der besorgte Landwirt konnte nicht bestreiten, daß er für seineu Streifen Acker
^'.gutes Stück Geld bekommen habe, und daß der Nest des Ackers immer noch-^zen brachte.

Aber es kam der Tag, wo die Gesellschaft den Zinsznschuß forderte. Der Bürger-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0445" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239233"/>
            <fw type="header" place="top"/><lb/>
            <p xml:id="ID_2214" prev="#ID_2213"> Stunde, wo mein sich zum Frühschoppen versammelte. Herr Kaufmann Schlegclmilch<lb/>
that seineu Laden uns, bediente seine Kunden, steckte den Botenfrauen die Ladenhüter<lb/>
in den Korb, die er in der Stadt nicht losgeworden wäre, und wickelte ein paar<lb/>
Pantoffeln in die neuste Nummer des Pollenröder Tageblatts, die den Sitzungs¬<lb/>
bericht des vorigen Tages enthielt, ohne dieses wichtige Aktenstück gelesen zu haben.<lb/>
Herr Glimpf, eine der Stützen der Optimntenpartei, las diesen Bericht mit Auf¬<lb/>
merksamkeit und teilte, was er darüber dachte, mit vorsichtig vorgehaltener Hand<lb/>
seinen Gesinnungsgenossen beim Frühschoppen mit. Und der Herr Oberpfarrer<lb/>
redete mit Entrüstung und Betrübnis seiner Frau gegenüber von den Geistern<lb/>
der Finsternis, dem Wüten des Antichrists, und daß man in diesem allem die Vor¬<lb/>
zeichen des Endes zu erkennen habe. Aber die Frau Oberprediger hielt es doch<lb/>
sür nötig, inzwischen noch die Gardinen waschen zu lassen. Und der Herr Rektor<lb/>
verbaute den jungen Pfaffe, indem er sich dabei vorstellte, daß er den alten in den<lb/>
Klauen habe.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2215"> Am Stammtische bei Mutter Grüncberg spielte man wie alle Abende seinen<lb/>
Skat und schien sich für ein merkwürdiges Grünsvlu ohne Fünf mehr zu interessieren,<lb/>
"is für den Bürgermeister und seine Eisenbahn. Als jedoch Zimmermeister Pfaffe<lb/>
^&gt;d sein Freund der Stadlsekretär um Mitternacht nach Hanse gingen, stieß der<lb/>
^tndtsekretnr seinen Freund an und sagte: Noch so eine Attacke, dann liegt der<lb/>
Bürgermeister auf dem Rücken.  Und der andre nickte verständnisinnig.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2216"> Der Bürgermeister war tief betrübt. Weniger darüber, daß seine Vorlage<lb/>
""s so harten Widerstand gestoßen war, als darüber, daß er von seinen Freunden<lb/>
^ schnöde verlassen wurde. In der That, diese Freunde hatten sich nicht gut be-<lb/>
Uvinnien, sondern hatten den Bürgermeister allein kämpfen lassen und waren merklich<lb/>
!"si geworden, als sie sahen, daß ihm der Erfolg fehlte. Denn es ist ja nichts<lb/>
w der Welt erfolgreicher als der Erfolg. Inzwischen drängte die Eisenbahn-<lb/>
öesellschcift uns Abschluß, indem sie drohte, bet weiterer Verzögerung die Linie über<lb/>
^räheudvrf statt Polkenroda legen zu wollen. Hiermit trat der Bürgermeister in<lb/>
&#x201E;psychologischen Moment," wo sich zum Beispiel ein Feldherr entscheiden muß,<lb/>
^ er, um die Schlacht zu retten, gegen den Befehl angreifen solle. Wenn der<lb/>
Bürgermeister den Augenblick vorübergehn ließ, wenn er die Verhandlungen abbrach,<lb/>
wenn die Gesellschaft ihre Drohung ausführte und die Bahn über' Krähendorf<lb/>
führte, sti &gt;var Poltenrvdas Zukunft für immer verloren.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2217"> ^ndem er dies mit schmerzlicher Bewegung bedachte und dabei seine Angen<lb/>
»er das verhängnisvolle Protokoll schweifen ließ, ging ihm plötzlich ein Licht auf.<lb/>
^' hatte die Vorlage gemacht, daß die Stadt entweder 50000 Mark Kapital u, lvucis<lb/>
^'^u zahlen oder eine Ziusgarantie in einer gewissen Höhe übernehmen solle.<lb/>
Kapitalzahlung war abgelehnt worden, von der Zinsgarautie hatte nnr Dunkles<lb/>
' Protokoll gestanden. Man konnte bei allerdings etwas gewaltsamer Auslegung"s Protokoll so versteh», daß unter Ablehnung der Knpitalzahluug die Zinsgarantie<lb/>
genehmigt wordeu sei. Der Bürgermeister beschloß, das Protokoll in diesem Sinne<lb/>
6" berstehn, und schloß mit der Eisenbahngesellschaft ab.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2218"> &gt;, ^"5&gt;" wurde gebaut, vollendet und abgenommen. Als der erste Zug<lb/>
_ ranzt und angebrüllt zum Bahnhof von Polkenroda emporgeklettert war, als man<lb/>
' y zum Festessen im Prinzen Ferdinand versammelt hatte und die Stöpsel der Sekt-<lb/>
^'Jeder flogen, als der Bürgermeister von seinem Freunde Alfred Snncrbrei an-<lb/>
d» ""d als Wohlthäter der Stadt gefeiert wurde, und als man wiederum<lb/>
se/   ^ ""^    ^"h" ^"    geschworen hatte, da erlebte der Bürgermeister<lb/>
neu großen Tag. Und jedermann war zufrieden. Eine Eisenbahn war doch eine<lb/>
w»e Sache.  Sogar Pfaffes Schwager war zufrieden, denn er machte die Er-<lb/>
^)rü"g, daß er wegen der Eisenbahn seine Pferde nicht abzuschaffen brauchte.<lb/>
"d der besorgte Landwirt konnte nicht bestreiten, daß er für seineu Streifen Acker<lb/>
^'.gutes Stück Geld bekommen habe, und daß der Nest des Ackers immer noch-^zen brachte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2219" next="#ID_2220"> Aber es kam der Tag, wo die Gesellschaft den Zinsznschuß forderte. Der Bürger-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0445] Stunde, wo mein sich zum Frühschoppen versammelte. Herr Kaufmann Schlegclmilch that seineu Laden uns, bediente seine Kunden, steckte den Botenfrauen die Ladenhüter in den Korb, die er in der Stadt nicht losgeworden wäre, und wickelte ein paar Pantoffeln in die neuste Nummer des Pollenröder Tageblatts, die den Sitzungs¬ bericht des vorigen Tages enthielt, ohne dieses wichtige Aktenstück gelesen zu haben. Herr Glimpf, eine der Stützen der Optimntenpartei, las diesen Bericht mit Auf¬ merksamkeit und teilte, was er darüber dachte, mit vorsichtig vorgehaltener Hand seinen Gesinnungsgenossen beim Frühschoppen mit. Und der Herr Oberpfarrer redete mit Entrüstung und Betrübnis seiner Frau gegenüber von den Geistern der Finsternis, dem Wüten des Antichrists, und daß man in diesem allem die Vor¬ zeichen des Endes zu erkennen habe. Aber die Frau Oberprediger hielt es doch sür nötig, inzwischen noch die Gardinen waschen zu lassen. Und der Herr Rektor verbaute den jungen Pfaffe, indem er sich dabei vorstellte, daß er den alten in den Klauen habe. Am Stammtische bei Mutter Grüncberg spielte man wie alle Abende seinen Skat und schien sich für ein merkwürdiges Grünsvlu ohne Fünf mehr zu interessieren, "is für den Bürgermeister und seine Eisenbahn. Als jedoch Zimmermeister Pfaffe ^>d sein Freund der Stadlsekretär um Mitternacht nach Hanse gingen, stieß der ^tndtsekretnr seinen Freund an und sagte: Noch so eine Attacke, dann liegt der Bürgermeister auf dem Rücken. Und der andre nickte verständnisinnig. Der Bürgermeister war tief betrübt. Weniger darüber, daß seine Vorlage ""s so harten Widerstand gestoßen war, als darüber, daß er von seinen Freunden ^ schnöde verlassen wurde. In der That, diese Freunde hatten sich nicht gut be- Uvinnien, sondern hatten den Bürgermeister allein kämpfen lassen und waren merklich !"si geworden, als sie sahen, daß ihm der Erfolg fehlte. Denn es ist ja nichts w der Welt erfolgreicher als der Erfolg. Inzwischen drängte die Eisenbahn- öesellschcift uns Abschluß, indem sie drohte, bet weiterer Verzögerung die Linie über ^räheudvrf statt Polkenroda legen zu wollen. Hiermit trat der Bürgermeister in „psychologischen Moment," wo sich zum Beispiel ein Feldherr entscheiden muß, ^ er, um die Schlacht zu retten, gegen den Befehl angreifen solle. Wenn der Bürgermeister den Augenblick vorübergehn ließ, wenn er die Verhandlungen abbrach, wenn die Gesellschaft ihre Drohung ausführte und die Bahn über' Krähendorf führte, sti >var Poltenrvdas Zukunft für immer verloren. ^ndem er dies mit schmerzlicher Bewegung bedachte und dabei seine Angen »er das verhängnisvolle Protokoll schweifen ließ, ging ihm plötzlich ein Licht auf. ^' hatte die Vorlage gemacht, daß die Stadt entweder 50000 Mark Kapital u, lvucis ^'^u zahlen oder eine Ziusgarantie in einer gewissen Höhe übernehmen solle. Kapitalzahlung war abgelehnt worden, von der Zinsgarautie hatte nnr Dunkles ' Protokoll gestanden. Man konnte bei allerdings etwas gewaltsamer Auslegung"s Protokoll so versteh», daß unter Ablehnung der Knpitalzahluug die Zinsgarantie genehmigt wordeu sei. Der Bürgermeister beschloß, das Protokoll in diesem Sinne 6" berstehn, und schloß mit der Eisenbahngesellschaft ab. >, ^"5>" wurde gebaut, vollendet und abgenommen. Als der erste Zug _ ranzt und angebrüllt zum Bahnhof von Polkenroda emporgeklettert war, als man ' y zum Festessen im Prinzen Ferdinand versammelt hatte und die Stöpsel der Sekt- ^'Jeder flogen, als der Bürgermeister von seinem Freunde Alfred Snncrbrei an- d» ""d als Wohlthäter der Stadt gefeiert wurde, und als man wiederum se/ ^ ""^ ^"h" ^" geschworen hatte, da erlebte der Bürgermeister neu großen Tag. Und jedermann war zufrieden. Eine Eisenbahn war doch eine w»e Sache. Sogar Pfaffes Schwager war zufrieden, denn er machte die Er- ^)rü"g, daß er wegen der Eisenbahn seine Pferde nicht abzuschaffen brauchte. "d der besorgte Landwirt konnte nicht bestreiten, daß er für seineu Streifen Acker ^'.gutes Stück Geld bekommen habe, und daß der Nest des Ackers immer noch-^zen brachte. Aber es kam der Tag, wo die Gesellschaft den Zinsznschuß forderte. Der Bürger-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/445
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/445>, abgerufen am 01.09.2024.