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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Was mit der Lüge und dem Wahne eigentlich gemeint war, war nicht recht
klar. Vielleicht die Majorität der Stadtverordneten. Jedenfalls kann der Lüge und
dem Wahne der Tod gar nicht oft genug geschworen werden.

Herr Alfred Sauerbrei war mit seinem Werke wohl zufrieden, las es unter
dem Siegel der Verschwiegenheit jedermann vor, ließ es drucken und feste sich mit
Hochgefühl an die Korrektur. Bei dieser Gelegenheit wurde der Lausbursche, der
mit einer Handvoll Papiere angetreten war, mit Hurra hinausgethan. Der
Lausbursche wollte Wachtel nachahmen und seine Papiere auch an die Erde werfen,
aber die Küchenfee kam ihm auf den Kopf, da mußte er artig sein.

So konnte also die bürgermeisterliche silberne Hochzeit kommen, und sie kam.
Der Bürgermeister hatte ein Faß Moselwein, Zeller Schattenseite, etwas sauer, aber
ein reiner und vorzüglicher Wein, und billig, und direkt vom Weinbauer bezogen,
kommen lassen; seine Frau, geborne Schöne, hatte russischen Salat in unglaublicher
Menge geschnitten und mehrere kalte Braten bereit gestellt, die Töchter, Schwieger¬
söhne und sonstige Verwandte waren angekommen. Es gab auf dem Gabentische
einen Überfluß von Silberpapier, Karten und Widmungen. Die freiwillige Feuer¬
wehr war schon vor Tagesanbruch angetreten und hatte mit ihren Tuthörnern
einen polizeiwidrigen Lärm gemacht, und der Herr Bürgermeister hatte, nur flüchtig
bekleidet, seine erste Rede halten müssen. Um elf Uhr war Magistratssitzung. Hier
hielt Herr Alfred Sanerbrei vor Eintritt in die Tagesordnung eine Ansprache, in
der er todesmutiges Eintreten der guten Bürger für ihren Bürgermeister in der
Stunde der Gefahr gelobte und der Lüge und dem Wahne den Tod schwur. Der
Herr Bürgermeister war ernstlich gerührt. Er dankte in seiner würdevollen Weise
-- denn er war auch in diesem Augenblick ganz Stadtvnter --, er hoffe, daß die Worte
des Vertrauens, die man ihm gewidmet habe, den nächsten Aufgaben: der Führung
der Schlichtstedt-Obstheimer Sekundnrbahu über Polkenrvda und der Vereinigung
der Privatschule mit der Lateinklasse des Rektors zu gute kommen werde. Dies,
meine Herren, sagte der Herr Bürgermeister, sind Lebensfragen unsrer Stadt. Ich
nehme gern Kenntnis davon, daß mich der Magistrat und die wohlgesinnte Bürger¬
schaft bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützen will. -- Darauf beschäftigte
niam sich mit der von den Anwohnern dringend geforderten Ausschlämmung der
Stinkkuhle hinterm Stadtgraben.

Alle, die im Laufe des Tages gratuliere hatten, versammelten sich des Abends
im Hause des Bürgermeisters zu Bowle und russischem Snlat. Auch der Herr
Stadlsekretcir, ein unangenehmer Mensch, war da. Es war nicht zu umgehn ge¬
wesen. Der Bürgermeister hätte den "greulichen Kerl," wie die Frau Bürger¬
meisterin sagte, längst entlassen, wenn nicht der Herr Zimmermeister Pfaffe und
andre wichtige Personen unter den Stadtverordnete einen wahren Narren an ihm
gefressen hätten. Der Herr Stadtsekretär benciinn sich schlecht, machte niederträchtige
Gesichter, aß ein großes Loch in der Frau Bürgermeister russischen Salat, trank
viel Bowle und setzte sich dann in einen Winkel und schlief ein. Sonst "störte kein
Mißton das schöne Fest."

Der Herr Stadtrat Sauerbrei stand groß da. Man sang sein Lied, alle
dreizehn Verse zweimal und den letzten Vers noch vielmal und zuletzt mit solcher
Begeisterung, daß die Gläser daran glauben mußten. Der Herr Bürgermeister
hielt eine schöne Dankrcde. Er war gerührt. Er fühlte sich getragen von dein
Vertrauen der Bürgerschaft; er konnte, der Anerkennung und der Unterstützung der
guten Bürger sicher, mit guter Zuversicht nu die Aufgabe" herantreten, die der
Verwaltung oblagen, der Vereinigung der Nektvratsklasse mit der Privatschule "no
der Führung der Schlichtstedt-Obstheiiner Bahn über Pvlkenrodci. Meine Herren,
sagte er, Pvlkcnroda geht einer Krisis entgegen. Eine weitschauende Verwaltung
wird ihr Augenmerk auf die beiden Lebensfragen der Stadt zu richten haben : d c
Erhaltung der Steuerkraft der Stadt und den Anschluß der Stadt an den geistigen
und den materiellen Verkehr der Jetztzeit. In diesem Sinne ... und so weiter.


Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Was mit der Lüge und dem Wahne eigentlich gemeint war, war nicht recht
klar. Vielleicht die Majorität der Stadtverordneten. Jedenfalls kann der Lüge und
dem Wahne der Tod gar nicht oft genug geschworen werden.

Herr Alfred Sauerbrei war mit seinem Werke wohl zufrieden, las es unter
dem Siegel der Verschwiegenheit jedermann vor, ließ es drucken und feste sich mit
Hochgefühl an die Korrektur. Bei dieser Gelegenheit wurde der Lausbursche, der
mit einer Handvoll Papiere angetreten war, mit Hurra hinausgethan. Der
Lausbursche wollte Wachtel nachahmen und seine Papiere auch an die Erde werfen,
aber die Küchenfee kam ihm auf den Kopf, da mußte er artig sein.

So konnte also die bürgermeisterliche silberne Hochzeit kommen, und sie kam.
Der Bürgermeister hatte ein Faß Moselwein, Zeller Schattenseite, etwas sauer, aber
ein reiner und vorzüglicher Wein, und billig, und direkt vom Weinbauer bezogen,
kommen lassen; seine Frau, geborne Schöne, hatte russischen Salat in unglaublicher
Menge geschnitten und mehrere kalte Braten bereit gestellt, die Töchter, Schwieger¬
söhne und sonstige Verwandte waren angekommen. Es gab auf dem Gabentische
einen Überfluß von Silberpapier, Karten und Widmungen. Die freiwillige Feuer¬
wehr war schon vor Tagesanbruch angetreten und hatte mit ihren Tuthörnern
einen polizeiwidrigen Lärm gemacht, und der Herr Bürgermeister hatte, nur flüchtig
bekleidet, seine erste Rede halten müssen. Um elf Uhr war Magistratssitzung. Hier
hielt Herr Alfred Sanerbrei vor Eintritt in die Tagesordnung eine Ansprache, in
der er todesmutiges Eintreten der guten Bürger für ihren Bürgermeister in der
Stunde der Gefahr gelobte und der Lüge und dem Wahne den Tod schwur. Der
Herr Bürgermeister war ernstlich gerührt. Er dankte in seiner würdevollen Weise
— denn er war auch in diesem Augenblick ganz Stadtvnter —, er hoffe, daß die Worte
des Vertrauens, die man ihm gewidmet habe, den nächsten Aufgaben: der Führung
der Schlichtstedt-Obstheimer Sekundnrbahu über Polkenrvda und der Vereinigung
der Privatschule mit der Lateinklasse des Rektors zu gute kommen werde. Dies,
meine Herren, sagte der Herr Bürgermeister, sind Lebensfragen unsrer Stadt. Ich
nehme gern Kenntnis davon, daß mich der Magistrat und die wohlgesinnte Bürger¬
schaft bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützen will. — Darauf beschäftigte
niam sich mit der von den Anwohnern dringend geforderten Ausschlämmung der
Stinkkuhle hinterm Stadtgraben.

Alle, die im Laufe des Tages gratuliere hatten, versammelten sich des Abends
im Hause des Bürgermeisters zu Bowle und russischem Snlat. Auch der Herr
Stadlsekretcir, ein unangenehmer Mensch, war da. Es war nicht zu umgehn ge¬
wesen. Der Bürgermeister hätte den „greulichen Kerl," wie die Frau Bürger¬
meisterin sagte, längst entlassen, wenn nicht der Herr Zimmermeister Pfaffe und
andre wichtige Personen unter den Stadtverordnete einen wahren Narren an ihm
gefressen hätten. Der Herr Stadtsekretär benciinn sich schlecht, machte niederträchtige
Gesichter, aß ein großes Loch in der Frau Bürgermeister russischen Salat, trank
viel Bowle und setzte sich dann in einen Winkel und schlief ein. Sonst „störte kein
Mißton das schöne Fest."

Der Herr Stadtrat Sauerbrei stand groß da. Man sang sein Lied, alle
dreizehn Verse zweimal und den letzten Vers noch vielmal und zuletzt mit solcher
Begeisterung, daß die Gläser daran glauben mußten. Der Herr Bürgermeister
hielt eine schöne Dankrcde. Er war gerührt. Er fühlte sich getragen von dein
Vertrauen der Bürgerschaft; er konnte, der Anerkennung und der Unterstützung der
guten Bürger sicher, mit guter Zuversicht nu die Aufgabe» herantreten, die der
Verwaltung oblagen, der Vereinigung der Nektvratsklasse mit der Privatschule »no
der Führung der Schlichtstedt-Obstheiiner Bahn über Pvlkenrodci. Meine Herren,
sagte er, Pvlkcnroda geht einer Krisis entgegen. Eine weitschauende Verwaltung
wird ihr Augenmerk auf die beiden Lebensfragen der Stadt zu richten haben : d c
Erhaltung der Steuerkraft der Stadt und den Anschluß der Stadt an den geistigen
und den materiellen Verkehr der Jetztzeit. In diesem Sinne ... und so weiter.


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[0442] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Was mit der Lüge und dem Wahne eigentlich gemeint war, war nicht recht klar. Vielleicht die Majorität der Stadtverordneten. Jedenfalls kann der Lüge und dem Wahne der Tod gar nicht oft genug geschworen werden. Herr Alfred Sauerbrei war mit seinem Werke wohl zufrieden, las es unter dem Siegel der Verschwiegenheit jedermann vor, ließ es drucken und feste sich mit Hochgefühl an die Korrektur. Bei dieser Gelegenheit wurde der Lausbursche, der mit einer Handvoll Papiere angetreten war, mit Hurra hinausgethan. Der Lausbursche wollte Wachtel nachahmen und seine Papiere auch an die Erde werfen, aber die Küchenfee kam ihm auf den Kopf, da mußte er artig sein. So konnte also die bürgermeisterliche silberne Hochzeit kommen, und sie kam. Der Bürgermeister hatte ein Faß Moselwein, Zeller Schattenseite, etwas sauer, aber ein reiner und vorzüglicher Wein, und billig, und direkt vom Weinbauer bezogen, kommen lassen; seine Frau, geborne Schöne, hatte russischen Salat in unglaublicher Menge geschnitten und mehrere kalte Braten bereit gestellt, die Töchter, Schwieger¬ söhne und sonstige Verwandte waren angekommen. Es gab auf dem Gabentische einen Überfluß von Silberpapier, Karten und Widmungen. Die freiwillige Feuer¬ wehr war schon vor Tagesanbruch angetreten und hatte mit ihren Tuthörnern einen polizeiwidrigen Lärm gemacht, und der Herr Bürgermeister hatte, nur flüchtig bekleidet, seine erste Rede halten müssen. Um elf Uhr war Magistratssitzung. Hier hielt Herr Alfred Sanerbrei vor Eintritt in die Tagesordnung eine Ansprache, in der er todesmutiges Eintreten der guten Bürger für ihren Bürgermeister in der Stunde der Gefahr gelobte und der Lüge und dem Wahne den Tod schwur. Der Herr Bürgermeister war ernstlich gerührt. Er dankte in seiner würdevollen Weise — denn er war auch in diesem Augenblick ganz Stadtvnter —, er hoffe, daß die Worte des Vertrauens, die man ihm gewidmet habe, den nächsten Aufgaben: der Führung der Schlichtstedt-Obstheimer Sekundnrbahu über Polkenrvda und der Vereinigung der Privatschule mit der Lateinklasse des Rektors zu gute kommen werde. Dies, meine Herren, sagte der Herr Bürgermeister, sind Lebensfragen unsrer Stadt. Ich nehme gern Kenntnis davon, daß mich der Magistrat und die wohlgesinnte Bürger¬ schaft bei der Erfüllung dieser Aufgaben unterstützen will. — Darauf beschäftigte niam sich mit der von den Anwohnern dringend geforderten Ausschlämmung der Stinkkuhle hinterm Stadtgraben. Alle, die im Laufe des Tages gratuliere hatten, versammelten sich des Abends im Hause des Bürgermeisters zu Bowle und russischem Snlat. Auch der Herr Stadlsekretcir, ein unangenehmer Mensch, war da. Es war nicht zu umgehn ge¬ wesen. Der Bürgermeister hätte den „greulichen Kerl," wie die Frau Bürger¬ meisterin sagte, längst entlassen, wenn nicht der Herr Zimmermeister Pfaffe und andre wichtige Personen unter den Stadtverordnete einen wahren Narren an ihm gefressen hätten. Der Herr Stadtsekretär benciinn sich schlecht, machte niederträchtige Gesichter, aß ein großes Loch in der Frau Bürgermeister russischen Salat, trank viel Bowle und setzte sich dann in einen Winkel und schlief ein. Sonst „störte kein Mißton das schöne Fest." Der Herr Stadtrat Sauerbrei stand groß da. Man sang sein Lied, alle dreizehn Verse zweimal und den letzten Vers noch vielmal und zuletzt mit solcher Begeisterung, daß die Gläser daran glauben mußten. Der Herr Bürgermeister hielt eine schöne Dankrcde. Er war gerührt. Er fühlte sich getragen von dein Vertrauen der Bürgerschaft; er konnte, der Anerkennung und der Unterstützung der guten Bürger sicher, mit guter Zuversicht nu die Aufgabe» herantreten, die der Verwaltung oblagen, der Vereinigung der Nektvratsklasse mit der Privatschule »no der Führung der Schlichtstedt-Obstheiiner Bahn über Pvlkenrodci. Meine Herren, sagte er, Pvlkcnroda geht einer Krisis entgegen. Eine weitschauende Verwaltung wird ihr Augenmerk auf die beiden Lebensfragen der Stadt zu richten haben : d c Erhaltung der Steuerkraft der Stadt und den Anschluß der Stadt an den geistigen und den materiellen Verkehr der Jetztzeit. In diesem Sinne ... und so weiter.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/442>, abgerufen am 01.09.2024.