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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Umnaßgebliches

beaufsichtigt habe. Die in Aussicht stehende Ersatzklage soll für die Lehrerschcift
von Bedeutung sein.

Es soll hier nicht auf die rechtliche Seite der Haftpflicht eingegangen werden,
denn es ist bekannt, daß die Lehrer nur für solche Schäden in Anspruch genommen
werden können, die sie selbst verschuldet haben, und dieses Verschulden muß ihnen
nachgewiesen werden. Der Beschädigte hat durch die beigebrachten Beweise zur
Überzeugung des Richters darzuthun, daß der Lehrer eine pflichtwidrige Handlung
oder Unterlassung begangen, die den schädigenden oder rechtswidrigen Erfolg her¬
beigeführt hat, und bei der er bei pflichtmäßiger Aufsicht hätte voraussehen können
und müssen, daß sie Schaden verursachen würde. Dabei wird nicht peinliche, über¬
triebne Achtsamkeit, sondern die übliche gewöhnliche Sorgfalt erwartet.

Das gesamte Nechtsverhnltnis ist gegen die frühern Bestimmungen im großen
und ganzen nicht geändert, und doch ist es merkwürdig, daß es jetzt in den Zeitungen
vou Haftpflichtfälleu in Schulsachen wimmelt, während z. B. in den siebenundvierzig
Bärbel? der Reichsgerichtsentscheidungcu kein einziger Fall eines Entschädigungspro¬
zesses gegen einen Lehrer vorkommt, wie Landgerichtsrat Dr. Haase in Halle a. d. S.
in einem Aufsatz über die Haftpflicht der Lehrer im ersten Hefte des Preußischen
Volksschülarchivs S. 6 festgestellt hat. Durch diese Haftpflichtfälle ist in die Lehrer¬
kreise eine Beunruhigung hineingetragen worden, die sehr nachteilig wirken muß
und auch schon die Aufmerksamkeit der Schulbehörden auf sich gelenkt hat. In
demselben Hefte des Volksschularchivs ist eine Verfügung der Königlichen Regierung
in Frankfurt a. d. O- über die durch das Gesetz geordnete Ersatzpflicht und das
dadurch angezeigte Verhalten der Lehrer abgedruckt is. 21), worin versucht wird,
die Lehrer zu beruhigen. Denn heißt es weiter: "Es kann nicht für zulässig er¬
achtet werden, daß die Lehrer aus übertriebner Ängstlichkeit den Bereich ihrer
amtlichen Bethätigung eigenmächtig einschränken und sich in gewissen Fällen des
Schullebens der durch den Beruf gebotnen Mitwirkung entziehn. Wenn hierzu
stellenweise der Ansatz gemacht worden ist und z. B. beim Turner die Geräte¬
übungen ausgesetzt oder ungebührlich eingeschränkt worden sind, wenn andre die
Teilnahme an Schulfestlichkeiten versagt oder den Ernst der Schulzucht pflicht¬
widrig abgeschwächt haben, so hegen wir doch zu dem gesunden Sinne unsrer Lehrer¬
schaft das Vertrauen, daß dieser Weg bald allgemein als nicht gangbar erkannt
werden wird, und daß wir der Notwendigkeit, einer derartigen Verirrung durch
ernste Maßnahmen der Dienstdisziplin entgegenzuwirken, werden überhoben bleiben."

Schließlich wird in dieser Verfügung den Lehrern aufgegeben, jeden Fall der
etwaigen Ersatzpflicht der Regierung sofort zu melden, damit diese nötigenfalls den
Kvmpetenzkonflikt erheben, also vom Oberverwaltungsgericht zuvor feststellen lassen
kann, ob sich der Lehrer der Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung
schuldig gemacht habe.

Eine ähnliche Verfügung hat die Regierung in Schleswig erlassen, und auch
die in Kostin hat besonders darauf hingewiesen, daß die Haftpflicht schon immer
bestanden und das Bürgerliche Gesetzbuch durchaus nichts neues bestimmt habe. Sie
überläßt es den Lehrern, sich gegen etwaige Schadenersatzansprüche zu versichern.

Die Beunruhigung ist also zweifellos da, und das ist bedauerlich, da darunter
ebenso zweifellos die Schulausflüge leiden werden. Man legt jetzt so großen Wert
auf den Anschauungsunterricht, auf die Heimatkunde und ans die körperliche Pflege
des Kindes. Alles das leisten zum großen Teil diese beliebten Schulwandrungen.
Der Lehrer zieht mit seiner Klasse unter Trommeln und Pfeifen frühmorgens zum
Thore hinaus; mau merkt deu Kindern die Freude nu den Angen an, es erschallen
die gelernten Lieder hier in der freien Natur und der reinen Luft noch einmal
so laut und fröhlich, wie im dumpfen Schulzimmer, die Brust weitet sich dabei,
und das Frühstück schmeckt den Kleinen besser als drinnen auf dem Schulhof. Auch
der Lehrer, wenn er eine nur halbwegs rege Natur ist, geht bei solcher Wnndrung
mehr ans sich heraus, er erzählt die Geschichte dieser oder jeuer Merkwürdigkeit


Maßgebliches und Umnaßgebliches

beaufsichtigt habe. Die in Aussicht stehende Ersatzklage soll für die Lehrerschcift
von Bedeutung sein.

Es soll hier nicht auf die rechtliche Seite der Haftpflicht eingegangen werden,
denn es ist bekannt, daß die Lehrer nur für solche Schäden in Anspruch genommen
werden können, die sie selbst verschuldet haben, und dieses Verschulden muß ihnen
nachgewiesen werden. Der Beschädigte hat durch die beigebrachten Beweise zur
Überzeugung des Richters darzuthun, daß der Lehrer eine pflichtwidrige Handlung
oder Unterlassung begangen, die den schädigenden oder rechtswidrigen Erfolg her¬
beigeführt hat, und bei der er bei pflichtmäßiger Aufsicht hätte voraussehen können
und müssen, daß sie Schaden verursachen würde. Dabei wird nicht peinliche, über¬
triebne Achtsamkeit, sondern die übliche gewöhnliche Sorgfalt erwartet.

Das gesamte Nechtsverhnltnis ist gegen die frühern Bestimmungen im großen
und ganzen nicht geändert, und doch ist es merkwürdig, daß es jetzt in den Zeitungen
vou Haftpflichtfälleu in Schulsachen wimmelt, während z. B. in den siebenundvierzig
Bärbel? der Reichsgerichtsentscheidungcu kein einziger Fall eines Entschädigungspro¬
zesses gegen einen Lehrer vorkommt, wie Landgerichtsrat Dr. Haase in Halle a. d. S.
in einem Aufsatz über die Haftpflicht der Lehrer im ersten Hefte des Preußischen
Volksschülarchivs S. 6 festgestellt hat. Durch diese Haftpflichtfälle ist in die Lehrer¬
kreise eine Beunruhigung hineingetragen worden, die sehr nachteilig wirken muß
und auch schon die Aufmerksamkeit der Schulbehörden auf sich gelenkt hat. In
demselben Hefte des Volksschularchivs ist eine Verfügung der Königlichen Regierung
in Frankfurt a. d. O- über die durch das Gesetz geordnete Ersatzpflicht und das
dadurch angezeigte Verhalten der Lehrer abgedruckt is. 21), worin versucht wird,
die Lehrer zu beruhigen. Denn heißt es weiter: „Es kann nicht für zulässig er¬
achtet werden, daß die Lehrer aus übertriebner Ängstlichkeit den Bereich ihrer
amtlichen Bethätigung eigenmächtig einschränken und sich in gewissen Fällen des
Schullebens der durch den Beruf gebotnen Mitwirkung entziehn. Wenn hierzu
stellenweise der Ansatz gemacht worden ist und z. B. beim Turner die Geräte¬
übungen ausgesetzt oder ungebührlich eingeschränkt worden sind, wenn andre die
Teilnahme an Schulfestlichkeiten versagt oder den Ernst der Schulzucht pflicht¬
widrig abgeschwächt haben, so hegen wir doch zu dem gesunden Sinne unsrer Lehrer¬
schaft das Vertrauen, daß dieser Weg bald allgemein als nicht gangbar erkannt
werden wird, und daß wir der Notwendigkeit, einer derartigen Verirrung durch
ernste Maßnahmen der Dienstdisziplin entgegenzuwirken, werden überhoben bleiben."

Schließlich wird in dieser Verfügung den Lehrern aufgegeben, jeden Fall der
etwaigen Ersatzpflicht der Regierung sofort zu melden, damit diese nötigenfalls den
Kvmpetenzkonflikt erheben, also vom Oberverwaltungsgericht zuvor feststellen lassen
kann, ob sich der Lehrer der Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung
schuldig gemacht habe.

Eine ähnliche Verfügung hat die Regierung in Schleswig erlassen, und auch
die in Kostin hat besonders darauf hingewiesen, daß die Haftpflicht schon immer
bestanden und das Bürgerliche Gesetzbuch durchaus nichts neues bestimmt habe. Sie
überläßt es den Lehrern, sich gegen etwaige Schadenersatzansprüche zu versichern.

Die Beunruhigung ist also zweifellos da, und das ist bedauerlich, da darunter
ebenso zweifellos die Schulausflüge leiden werden. Man legt jetzt so großen Wert
auf den Anschauungsunterricht, auf die Heimatkunde und ans die körperliche Pflege
des Kindes. Alles das leisten zum großen Teil diese beliebten Schulwandrungen.
Der Lehrer zieht mit seiner Klasse unter Trommeln und Pfeifen frühmorgens zum
Thore hinaus; mau merkt deu Kindern die Freude nu den Angen an, es erschallen
die gelernten Lieder hier in der freien Natur und der reinen Luft noch einmal
so laut und fröhlich, wie im dumpfen Schulzimmer, die Brust weitet sich dabei,
und das Frühstück schmeckt den Kleinen besser als drinnen auf dem Schulhof. Auch
der Lehrer, wenn er eine nur halbwegs rege Natur ist, geht bei solcher Wnndrung
mehr ans sich heraus, er erzählt die Geschichte dieser oder jeuer Merkwürdigkeit


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[0344] Maßgebliches und Umnaßgebliches beaufsichtigt habe. Die in Aussicht stehende Ersatzklage soll für die Lehrerschcift von Bedeutung sein. Es soll hier nicht auf die rechtliche Seite der Haftpflicht eingegangen werden, denn es ist bekannt, daß die Lehrer nur für solche Schäden in Anspruch genommen werden können, die sie selbst verschuldet haben, und dieses Verschulden muß ihnen nachgewiesen werden. Der Beschädigte hat durch die beigebrachten Beweise zur Überzeugung des Richters darzuthun, daß der Lehrer eine pflichtwidrige Handlung oder Unterlassung begangen, die den schädigenden oder rechtswidrigen Erfolg her¬ beigeführt hat, und bei der er bei pflichtmäßiger Aufsicht hätte voraussehen können und müssen, daß sie Schaden verursachen würde. Dabei wird nicht peinliche, über¬ triebne Achtsamkeit, sondern die übliche gewöhnliche Sorgfalt erwartet. Das gesamte Nechtsverhnltnis ist gegen die frühern Bestimmungen im großen und ganzen nicht geändert, und doch ist es merkwürdig, daß es jetzt in den Zeitungen vou Haftpflichtfälleu in Schulsachen wimmelt, während z. B. in den siebenundvierzig Bärbel? der Reichsgerichtsentscheidungcu kein einziger Fall eines Entschädigungspro¬ zesses gegen einen Lehrer vorkommt, wie Landgerichtsrat Dr. Haase in Halle a. d. S. in einem Aufsatz über die Haftpflicht der Lehrer im ersten Hefte des Preußischen Volksschülarchivs S. 6 festgestellt hat. Durch diese Haftpflichtfälle ist in die Lehrer¬ kreise eine Beunruhigung hineingetragen worden, die sehr nachteilig wirken muß und auch schon die Aufmerksamkeit der Schulbehörden auf sich gelenkt hat. In demselben Hefte des Volksschularchivs ist eine Verfügung der Königlichen Regierung in Frankfurt a. d. O- über die durch das Gesetz geordnete Ersatzpflicht und das dadurch angezeigte Verhalten der Lehrer abgedruckt is. 21), worin versucht wird, die Lehrer zu beruhigen. Denn heißt es weiter: „Es kann nicht für zulässig er¬ achtet werden, daß die Lehrer aus übertriebner Ängstlichkeit den Bereich ihrer amtlichen Bethätigung eigenmächtig einschränken und sich in gewissen Fällen des Schullebens der durch den Beruf gebotnen Mitwirkung entziehn. Wenn hierzu stellenweise der Ansatz gemacht worden ist und z. B. beim Turner die Geräte¬ übungen ausgesetzt oder ungebührlich eingeschränkt worden sind, wenn andre die Teilnahme an Schulfestlichkeiten versagt oder den Ernst der Schulzucht pflicht¬ widrig abgeschwächt haben, so hegen wir doch zu dem gesunden Sinne unsrer Lehrer¬ schaft das Vertrauen, daß dieser Weg bald allgemein als nicht gangbar erkannt werden wird, und daß wir der Notwendigkeit, einer derartigen Verirrung durch ernste Maßnahmen der Dienstdisziplin entgegenzuwirken, werden überhoben bleiben." Schließlich wird in dieser Verfügung den Lehrern aufgegeben, jeden Fall der etwaigen Ersatzpflicht der Regierung sofort zu melden, damit diese nötigenfalls den Kvmpetenzkonflikt erheben, also vom Oberverwaltungsgericht zuvor feststellen lassen kann, ob sich der Lehrer der Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung schuldig gemacht habe. Eine ähnliche Verfügung hat die Regierung in Schleswig erlassen, und auch die in Kostin hat besonders darauf hingewiesen, daß die Haftpflicht schon immer bestanden und das Bürgerliche Gesetzbuch durchaus nichts neues bestimmt habe. Sie überläßt es den Lehrern, sich gegen etwaige Schadenersatzansprüche zu versichern. Die Beunruhigung ist also zweifellos da, und das ist bedauerlich, da darunter ebenso zweifellos die Schulausflüge leiden werden. Man legt jetzt so großen Wert auf den Anschauungsunterricht, auf die Heimatkunde und ans die körperliche Pflege des Kindes. Alles das leisten zum großen Teil diese beliebten Schulwandrungen. Der Lehrer zieht mit seiner Klasse unter Trommeln und Pfeifen frühmorgens zum Thore hinaus; mau merkt deu Kindern die Freude nu den Angen an, es erschallen die gelernten Lieder hier in der freien Natur und der reinen Luft noch einmal so laut und fröhlich, wie im dumpfen Schulzimmer, die Brust weitet sich dabei, und das Frühstück schmeckt den Kleinen besser als drinnen auf dem Schulhof. Auch der Lehrer, wenn er eine nur halbwegs rege Natur ist, geht bei solcher Wnndrung mehr ans sich heraus, er erzählt die Geschichte dieser oder jeuer Merkwürdigkeit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/344>, abgerufen am 01.09.2024.