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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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stitutionelle Monarchie, die der Krone neben dem Parlament ausgedehnte
Rechte, namentlich der Initiative, einräumt, die geeignete Regierungsform, die
sich auch in Preußen ausgezeichnet bewährt hat.

Solange man in der Habsburgischen Monarchie nicht von der bisherigen
Regierungsmanier grundsätzlich Abstand nehmen wird, ist natürlich an eine
Besserung der Verhältnisse nicht zu denken. Wenn aber nicht alle Anzeichen
täuschen, so siud in den letzten drei Jahren wenigstens die ersten Anfänge
einer Änderung zu erkennen gewesein Mit der Methode, daß es hoffentlich
dein Baron T gelingen werde, was dem Grafen A nicht geglückt und woran
Fürst Z gescheitert war, hat man gebrochen und ist zum Beamtemninisterium
übergegangen. Das mit anerkennenswerter Geschicklichkeit amtierende Ministerium
Körber hat schon eine Dauer von dritthalb Jahren erreicht, und viele An¬
zeichen sprechen dafür, daß es einen sichern Rückhalt bei der Krone hat, deren
unmittelbare Einwirkung gegenüber dem österreichischen Parlament, gegenüber
den Tschechen und in neuerer Zeit auch bei den Ausgleichsverhandlnngen mit
Ungarn erfolgreich zu Tage getreten ist. Daß auf diesem Wege nicht nnr noch
mehr, sondern alles zu erreichen ist, werden genaue Kenner der österreichischen
Monarchie ohne weiteres bestätigen. Die Bedingungen für diese den Ver-
fassungsverhültnissen durchaus entsprechende Praktik der Regierung liegen dort
viel günstiger als anderswo. Zunächst ist der Einfluß der Krone bedeutender
als in andern Staaten -- das gilt insbesondre auch von Ungarn; hieran
ändern einige antidynastische Skandale der Kvssuthianer ebensowenig, wie auf
der andern Seite das Gebaren der Schöuererianer. Weiter ist keine der
Nationen mächtig genug, sich in eine ernste Opposition gegen den Willen der
Krone einzulassen, da ohne deren Geneigtheit keine einzige auch nur einen
Bruchteil ihrer Bestrebungen durchzusetzen vermöchte. Schließlich haben die
parlamentarischen Zustände der letzten Jahre namentlich in Österreich den Ruf
nach einem liberalen Absolutismus immer hüusiger und nachdrücklicher erhoben;
selbstverständlich ist auch dieser Wunsch nur dahin aufzufassen, daß eine kräftigere
Betonung der Kronrechte eintreten möge, denn kein vernünftig urteilender
Politiker denkt heute nur einen Augenblick daran, daß ein absolutistisches
Regiment von Dauer sein konnte. Daß das entschiednere Betonen der Kron¬
rechte auch einige Schwierigkeiten und Verstimmungen mit sich bringen wird,
liegt auf der Hand, aber diese werdeu nicht schlimmer sein als der jetzige
Wirrwarr, der nur noch zunehmen wird, wenn der schon betretene Weg wieder
verlassen werden sollte. Und er wird doch einmal eingehalten werden müssen,
wenn nicht unter Kaiser Franz Joseph, dann unter seinem Nachfolger. Natür¬
lich wird man nur schrittweise vorgehn können und vermeiden müssen, alles
auf einmal erreichen zu wollen. Zunächst gilt es, den Ausgleich und den
Zolltarif für die Handclsvertragsverhandlungen zu Ende zu bringen, sowie
für die Zukunft ein stündiges Verhältnis zu Ungarn anzubahnen. Nach dieser
Richtung hin wird sich auch die einzig notwendige Änderung der verfasstmgs-
müßigen Bestimmungen nötig machen, im übrigen ist mit dem Bestehenden
ganz gut auszukommen.

Alle aus einer kräftigern Bethätigung der Regierungsgewalt erwachsenden


stitutionelle Monarchie, die der Krone neben dem Parlament ausgedehnte
Rechte, namentlich der Initiative, einräumt, die geeignete Regierungsform, die
sich auch in Preußen ausgezeichnet bewährt hat.

Solange man in der Habsburgischen Monarchie nicht von der bisherigen
Regierungsmanier grundsätzlich Abstand nehmen wird, ist natürlich an eine
Besserung der Verhältnisse nicht zu denken. Wenn aber nicht alle Anzeichen
täuschen, so siud in den letzten drei Jahren wenigstens die ersten Anfänge
einer Änderung zu erkennen gewesein Mit der Methode, daß es hoffentlich
dein Baron T gelingen werde, was dem Grafen A nicht geglückt und woran
Fürst Z gescheitert war, hat man gebrochen und ist zum Beamtemninisterium
übergegangen. Das mit anerkennenswerter Geschicklichkeit amtierende Ministerium
Körber hat schon eine Dauer von dritthalb Jahren erreicht, und viele An¬
zeichen sprechen dafür, daß es einen sichern Rückhalt bei der Krone hat, deren
unmittelbare Einwirkung gegenüber dem österreichischen Parlament, gegenüber
den Tschechen und in neuerer Zeit auch bei den Ausgleichsverhandlnngen mit
Ungarn erfolgreich zu Tage getreten ist. Daß auf diesem Wege nicht nnr noch
mehr, sondern alles zu erreichen ist, werden genaue Kenner der österreichischen
Monarchie ohne weiteres bestätigen. Die Bedingungen für diese den Ver-
fassungsverhültnissen durchaus entsprechende Praktik der Regierung liegen dort
viel günstiger als anderswo. Zunächst ist der Einfluß der Krone bedeutender
als in andern Staaten — das gilt insbesondre auch von Ungarn; hieran
ändern einige antidynastische Skandale der Kvssuthianer ebensowenig, wie auf
der andern Seite das Gebaren der Schöuererianer. Weiter ist keine der
Nationen mächtig genug, sich in eine ernste Opposition gegen den Willen der
Krone einzulassen, da ohne deren Geneigtheit keine einzige auch nur einen
Bruchteil ihrer Bestrebungen durchzusetzen vermöchte. Schließlich haben die
parlamentarischen Zustände der letzten Jahre namentlich in Österreich den Ruf
nach einem liberalen Absolutismus immer hüusiger und nachdrücklicher erhoben;
selbstverständlich ist auch dieser Wunsch nur dahin aufzufassen, daß eine kräftigere
Betonung der Kronrechte eintreten möge, denn kein vernünftig urteilender
Politiker denkt heute nur einen Augenblick daran, daß ein absolutistisches
Regiment von Dauer sein konnte. Daß das entschiednere Betonen der Kron¬
rechte auch einige Schwierigkeiten und Verstimmungen mit sich bringen wird,
liegt auf der Hand, aber diese werdeu nicht schlimmer sein als der jetzige
Wirrwarr, der nur noch zunehmen wird, wenn der schon betretene Weg wieder
verlassen werden sollte. Und er wird doch einmal eingehalten werden müssen,
wenn nicht unter Kaiser Franz Joseph, dann unter seinem Nachfolger. Natür¬
lich wird man nur schrittweise vorgehn können und vermeiden müssen, alles
auf einmal erreichen zu wollen. Zunächst gilt es, den Ausgleich und den
Zolltarif für die Handclsvertragsverhandlungen zu Ende zu bringen, sowie
für die Zukunft ein stündiges Verhältnis zu Ungarn anzubahnen. Nach dieser
Richtung hin wird sich auch die einzig notwendige Änderung der verfasstmgs-
müßigen Bestimmungen nötig machen, im übrigen ist mit dem Bestehenden
ganz gut auszukommen.

Alle aus einer kräftigern Bethätigung der Regierungsgewalt erwachsenden


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[0250] stitutionelle Monarchie, die der Krone neben dem Parlament ausgedehnte Rechte, namentlich der Initiative, einräumt, die geeignete Regierungsform, die sich auch in Preußen ausgezeichnet bewährt hat. Solange man in der Habsburgischen Monarchie nicht von der bisherigen Regierungsmanier grundsätzlich Abstand nehmen wird, ist natürlich an eine Besserung der Verhältnisse nicht zu denken. Wenn aber nicht alle Anzeichen täuschen, so siud in den letzten drei Jahren wenigstens die ersten Anfänge einer Änderung zu erkennen gewesein Mit der Methode, daß es hoffentlich dein Baron T gelingen werde, was dem Grafen A nicht geglückt und woran Fürst Z gescheitert war, hat man gebrochen und ist zum Beamtemninisterium übergegangen. Das mit anerkennenswerter Geschicklichkeit amtierende Ministerium Körber hat schon eine Dauer von dritthalb Jahren erreicht, und viele An¬ zeichen sprechen dafür, daß es einen sichern Rückhalt bei der Krone hat, deren unmittelbare Einwirkung gegenüber dem österreichischen Parlament, gegenüber den Tschechen und in neuerer Zeit auch bei den Ausgleichsverhandlnngen mit Ungarn erfolgreich zu Tage getreten ist. Daß auf diesem Wege nicht nnr noch mehr, sondern alles zu erreichen ist, werden genaue Kenner der österreichischen Monarchie ohne weiteres bestätigen. Die Bedingungen für diese den Ver- fassungsverhültnissen durchaus entsprechende Praktik der Regierung liegen dort viel günstiger als anderswo. Zunächst ist der Einfluß der Krone bedeutender als in andern Staaten — das gilt insbesondre auch von Ungarn; hieran ändern einige antidynastische Skandale der Kvssuthianer ebensowenig, wie auf der andern Seite das Gebaren der Schöuererianer. Weiter ist keine der Nationen mächtig genug, sich in eine ernste Opposition gegen den Willen der Krone einzulassen, da ohne deren Geneigtheit keine einzige auch nur einen Bruchteil ihrer Bestrebungen durchzusetzen vermöchte. Schließlich haben die parlamentarischen Zustände der letzten Jahre namentlich in Österreich den Ruf nach einem liberalen Absolutismus immer hüusiger und nachdrücklicher erhoben; selbstverständlich ist auch dieser Wunsch nur dahin aufzufassen, daß eine kräftigere Betonung der Kronrechte eintreten möge, denn kein vernünftig urteilender Politiker denkt heute nur einen Augenblick daran, daß ein absolutistisches Regiment von Dauer sein konnte. Daß das entschiednere Betonen der Kron¬ rechte auch einige Schwierigkeiten und Verstimmungen mit sich bringen wird, liegt auf der Hand, aber diese werdeu nicht schlimmer sein als der jetzige Wirrwarr, der nur noch zunehmen wird, wenn der schon betretene Weg wieder verlassen werden sollte. Und er wird doch einmal eingehalten werden müssen, wenn nicht unter Kaiser Franz Joseph, dann unter seinem Nachfolger. Natür¬ lich wird man nur schrittweise vorgehn können und vermeiden müssen, alles auf einmal erreichen zu wollen. Zunächst gilt es, den Ausgleich und den Zolltarif für die Handclsvertragsverhandlungen zu Ende zu bringen, sowie für die Zukunft ein stündiges Verhältnis zu Ungarn anzubahnen. Nach dieser Richtung hin wird sich auch die einzig notwendige Änderung der verfasstmgs- müßigen Bestimmungen nötig machen, im übrigen ist mit dem Bestehenden ganz gut auszukommen. Alle aus einer kräftigern Bethätigung der Regierungsgewalt erwachsenden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/250>, abgerufen am 01.09.2024.