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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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helltmontum und Christentum

zufrieden zu stellen. Frage er einmal den Abgeordneten Hauffer, ob ihm genug
ist mit etwas Schonung der dänischen Sprache. Nein, "Nur" wollen nicht
nur das Recht der dänischen Sprache, sondern "wir" fordern auch eine Ver¬
legung der Grenze nach Süden. Und leider ist der größte Teil der dünisch-
gesiunteu Bevölkerung durch alle möglichen Mittel in dem Wahne erhalten
worden, daß die Wiedervereinigung mit Dänemark nur eine Frage der Zeit
sei. Auch Birkedal selbst kaun sich ja nicht der leisen Hoffnung entschlagen,
und es ist also ihm nur deshalb um den augenblicklichen Friedensschluß mit
Deutschland zu thun, daß die Möglichkeit einer spätern Verbindung mit Däne¬
mark offen gehalten werde.

Kann ein Däne im Ernst verlangen, daß Preußen unter diesen Verhält¬
nissen dem Däneutum in Nordschleswig Einräumungen mache? Auf dem Ge¬
biet der Sprache wären sie sehr zum Schade" der Bevölkerung selbst, was ich
hier nicht weiter ausführen möchte. Aber auch sonst würde ein Preisgeben
der Nordmark zum "Stoßkisseu" auf unabsehbare Zeiten nicht eine Beendigung
des nationalen Kampfes bedeuten, sondern nnr eine Verlängerung. Wollen
die Dünen hier im Lande Ruhe und Frieden halten, dann fühlen sie gar
keinen Druck der festen Hand. Wollen die Dänen im "Königreich" ein besseres
Verhältnis mit Deutschland, daun mögen sie sich der Unterstützung unsrer
intrausigeuten Dänen enthalten, besonders aber möge man darauf Bedacht
nehmen, den dänischen Beamten aller Art die geradezu unausstehlichen Treibereien
zu untersagen. Die eigentliche Hilfsquelle der dänischen Wühlereien liegt im
Auslande, in Dänemark. Zu eiuer Besserung des Verhältnisses zwischen
Deutschland und Dänemark hat dieses ganz allein die Initiative zu ergreifen,
aber mit "offne" Briefen" an das deutsche Volk auf Grund Birkednlscher
Vorschläge läßt sich nichts erreichen.




Hellenentum und Christentum
^0. Schlußbetrachtung

ein Leser der letzten vier Aufsätze wird sich die Frage aufgedrängt
haben, ob nicht heute das Christentum gegenüber der atheistischen
Philosophie genau in derselben Lage sei, wie in Julians Zeit
dem Christentum gegenüber die Religion der Griechen; man liebt
es ja überhaupt, unser Zeitalter dem der römischen Kaiser ähnlich
SU finden. Aber die Ähnlichkeiten sind sehr oberflächlicher Art, und die Uu-
ähnlichkeiten überwiegen. Auf dem sozialen und dem politischen Gebiete be¬
schränkt sich die Ähnlichkeit darauf, daß auch wir starke Gegensätze zwischen
^rin nud Reich und einen raffinierter Luxus haben, daß in einigen Staaten
^le Neigung zum Cäsarismus und zum Imperialismus hervortritt, und daß wir
U> Deutschland nach der Ansicht mancher Leute ein wenig Byzantiner geworden
^n sollen. Sieht man jedoch genauer hin, so gleicht unsre heutige Welt der


helltmontum und Christentum

zufrieden zu stellen. Frage er einmal den Abgeordneten Hauffer, ob ihm genug
ist mit etwas Schonung der dänischen Sprache. Nein, „Nur" wollen nicht
nur das Recht der dänischen Sprache, sondern „wir" fordern auch eine Ver¬
legung der Grenze nach Süden. Und leider ist der größte Teil der dünisch-
gesiunteu Bevölkerung durch alle möglichen Mittel in dem Wahne erhalten
worden, daß die Wiedervereinigung mit Dänemark nur eine Frage der Zeit
sei. Auch Birkedal selbst kaun sich ja nicht der leisen Hoffnung entschlagen,
und es ist also ihm nur deshalb um den augenblicklichen Friedensschluß mit
Deutschland zu thun, daß die Möglichkeit einer spätern Verbindung mit Däne¬
mark offen gehalten werde.

Kann ein Däne im Ernst verlangen, daß Preußen unter diesen Verhält¬
nissen dem Däneutum in Nordschleswig Einräumungen mache? Auf dem Ge¬
biet der Sprache wären sie sehr zum Schade» der Bevölkerung selbst, was ich
hier nicht weiter ausführen möchte. Aber auch sonst würde ein Preisgeben
der Nordmark zum „Stoßkisseu" auf unabsehbare Zeiten nicht eine Beendigung
des nationalen Kampfes bedeuten, sondern nnr eine Verlängerung. Wollen
die Dünen hier im Lande Ruhe und Frieden halten, dann fühlen sie gar
keinen Druck der festen Hand. Wollen die Dänen im „Königreich" ein besseres
Verhältnis mit Deutschland, daun mögen sie sich der Unterstützung unsrer
intrausigeuten Dänen enthalten, besonders aber möge man darauf Bedacht
nehmen, den dänischen Beamten aller Art die geradezu unausstehlichen Treibereien
zu untersagen. Die eigentliche Hilfsquelle der dänischen Wühlereien liegt im
Auslande, in Dänemark. Zu eiuer Besserung des Verhältnisses zwischen
Deutschland und Dänemark hat dieses ganz allein die Initiative zu ergreifen,
aber mit „offne» Briefen" an das deutsche Volk auf Grund Birkednlscher
Vorschläge läßt sich nichts erreichen.




Hellenentum und Christentum
^0. Schlußbetrachtung

ein Leser der letzten vier Aufsätze wird sich die Frage aufgedrängt
haben, ob nicht heute das Christentum gegenüber der atheistischen
Philosophie genau in derselben Lage sei, wie in Julians Zeit
dem Christentum gegenüber die Religion der Griechen; man liebt
es ja überhaupt, unser Zeitalter dem der römischen Kaiser ähnlich
SU finden. Aber die Ähnlichkeiten sind sehr oberflächlicher Art, und die Uu-
ähnlichkeiten überwiegen. Auf dem sozialen und dem politischen Gebiete be¬
schränkt sich die Ähnlichkeit darauf, daß auch wir starke Gegensätze zwischen
^rin nud Reich und einen raffinierter Luxus haben, daß in einigen Staaten
^le Neigung zum Cäsarismus und zum Imperialismus hervortritt, und daß wir
U> Deutschland nach der Ansicht mancher Leute ein wenig Byzantiner geworden
^n sollen. Sieht man jedoch genauer hin, so gleicht unsre heutige Welt der


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[0193] helltmontum und Christentum zufrieden zu stellen. Frage er einmal den Abgeordneten Hauffer, ob ihm genug ist mit etwas Schonung der dänischen Sprache. Nein, „Nur" wollen nicht nur das Recht der dänischen Sprache, sondern „wir" fordern auch eine Ver¬ legung der Grenze nach Süden. Und leider ist der größte Teil der dünisch- gesiunteu Bevölkerung durch alle möglichen Mittel in dem Wahne erhalten worden, daß die Wiedervereinigung mit Dänemark nur eine Frage der Zeit sei. Auch Birkedal selbst kaun sich ja nicht der leisen Hoffnung entschlagen, und es ist also ihm nur deshalb um den augenblicklichen Friedensschluß mit Deutschland zu thun, daß die Möglichkeit einer spätern Verbindung mit Däne¬ mark offen gehalten werde. Kann ein Däne im Ernst verlangen, daß Preußen unter diesen Verhält¬ nissen dem Däneutum in Nordschleswig Einräumungen mache? Auf dem Ge¬ biet der Sprache wären sie sehr zum Schade» der Bevölkerung selbst, was ich hier nicht weiter ausführen möchte. Aber auch sonst würde ein Preisgeben der Nordmark zum „Stoßkisseu" auf unabsehbare Zeiten nicht eine Beendigung des nationalen Kampfes bedeuten, sondern nnr eine Verlängerung. Wollen die Dünen hier im Lande Ruhe und Frieden halten, dann fühlen sie gar keinen Druck der festen Hand. Wollen die Dänen im „Königreich" ein besseres Verhältnis mit Deutschland, daun mögen sie sich der Unterstützung unsrer intrausigeuten Dänen enthalten, besonders aber möge man darauf Bedacht nehmen, den dänischen Beamten aller Art die geradezu unausstehlichen Treibereien zu untersagen. Die eigentliche Hilfsquelle der dänischen Wühlereien liegt im Auslande, in Dänemark. Zu eiuer Besserung des Verhältnisses zwischen Deutschland und Dänemark hat dieses ganz allein die Initiative zu ergreifen, aber mit „offne» Briefen" an das deutsche Volk auf Grund Birkednlscher Vorschläge läßt sich nichts erreichen. Hellenentum und Christentum ^0. Schlußbetrachtung ein Leser der letzten vier Aufsätze wird sich die Frage aufgedrängt haben, ob nicht heute das Christentum gegenüber der atheistischen Philosophie genau in derselben Lage sei, wie in Julians Zeit dem Christentum gegenüber die Religion der Griechen; man liebt es ja überhaupt, unser Zeitalter dem der römischen Kaiser ähnlich SU finden. Aber die Ähnlichkeiten sind sehr oberflächlicher Art, und die Uu- ähnlichkeiten überwiegen. Auf dem sozialen und dem politischen Gebiete be¬ schränkt sich die Ähnlichkeit darauf, daß auch wir starke Gegensätze zwischen ^rin nud Reich und einen raffinierter Luxus haben, daß in einigen Staaten ^le Neigung zum Cäsarismus und zum Imperialismus hervortritt, und daß wir U> Deutschland nach der Ansicht mancher Leute ein wenig Byzantiner geworden ^n sollen. Sieht man jedoch genauer hin, so gleicht unsre heutige Welt der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/193>, abgerufen am 01.09.2024.