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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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vorkommen werden. Daß bei Spekulativusbauten, bei denen es sich darum handelt,
ein Verkaufsobjekt zum billigsten Preise herzustellen, vielfach Pfuscharbeit -- und zwar
nicht selten gegen besseres Wissen -- geleistet wird, kann mau nicht verkennen;
aber man kann nicht zugeben, daß durch die Einführung der obligatorischen Meister-
Prüfung hiergegen Abhilfe geschafft werden würde. Der Spekulant würde gewisse als
Meister geprüfte Personen, die im übrigen nichts zu verlieren haben, in reichlicher Zahl
bereit finden, gegen geringes Entgelt die sorglosen Ausführungen seiner Ballten
mit ihrem Namen zu decken. Die Prüfung eines Handwerksmeisters darf nicht
so schwierig gemacht werden, daß sie nur mit großem Aufwands vou Zeit und Geld
von hervorragend Befähigten bestanden werden könnte, in deren Interesse es dann
liegen würde, das teuer erworbne Privilegium nicht durch Unzuverlässigkeit bei der
Ausübung des Berufs in Frage zu stellen. Die Prüfungsvorschriften würden sich
vielmehr nur, um den einfachen, mit gewöhnlicher Volksschulbildung ausgerüsteten
Manu nicht auszuschließen, in dem Rahmen der bis 1870 giltigen Verordnung
vom 24. Juni 1856 bewege" können. Bei den heutigen gegen früher so sehr
vermehrten Gelegenheiten zur technischen Ausbildung durch Bauhandwerker- und
Gewerbeschulen würde es für viele junge Leute verlockend und nicht schwierig sein,
sich durch Ablegung der Prüfung als Bangewerksmeister ein Privilegium zu er-
werben, das die leichtsinnigen und unzuverlässigen unter ihnen so lange im Dienste
der Spekulation ausnützen würden, bis sie einmal die Grenze des Erlaubten über¬
schritten hätten und ihre Berechtigung verlieren würden. Derartige Meister gab
es schon vor der Einführung der Reichsgewerbeordnung. Es war nur die Nach¬
frage uach ihnen nicht groß, weil eben die Bauherren selbst ein großes Interesse
an der Solidität ihres Baues hatten und einen solchen Meister der Form wegen
nur dann annahmen, wenn sie ihren Bau durch eiuen Polier oder Gesellen aus¬
führen lassen wollten, dem sie volles Vertraues schenkten. Wenn aber der Bauherr nur
das Interesse verfolgt, mit dem geringsten Kostenaufwand einen Bau herstellen zu
lassen, dessen er sich bald durch Verkauf zu entledigen wünscht -- und daraufhin
geht ja das Interesse der spekulierenden Kapitalisten, Ballgesellschaften usw. --, dann
Wird er auch bei neu eingeführter Meisterprüfung leicht solche finden, die ihm zu
willen sind, und die Nachfrage wird um so leichter zu befriedigen sein, als ein
einziger Meister mit seinem Namen viele Ballten decken kann.

Wenn also der Bauherr mala. Käs handeln will, so wird er durch Einführung
der obligatorischen Meisterprüfung darin nicht behindert werden. Damit soll freilich
nicht in Abrede gestellt werden, daß unter den heutigen Verhältnissen auch ein Bau¬
herr, der bona, nah handelt, einem unzuverlässigen Bauunternehmer in die Hände
senken kann. Aber es dürfte heute wohl nicht mehr als eine Aufgabe der Staats¬
verwaltung angesehen werden, das Publikum in seinen Privatunternehmungen zu
bevormunden, sondern es vielmehr zu veranlassen, sein eignes Urteil zu scharfen
Und anzuwenden. Fühlt sich ein Bauherr in dieser Beziehung nicht sicher, so mag
er sich an einen Junungsmeister wenden, und daß hierzu reichliche Gelegenheit
durch Unterstützung des Innungswesens und der fakultativen Meisterprüfungen ge¬
geben werde, das scheint allerdings wünschenswert.

Die Behauptungen unter 2 und 3 werden einfach durch den Hinweis auf das
Widerlegt, was seit den letzten dreißig Jahren im Baugewerbe geleistet worden ist.
Wo so zahlreiche Baute" in anerkannt tüchtiger "ud gediegner Ausführung her¬
gestellt worden sind, da müssen eben auch die Meister dafür vorhanden sein. Freilich
sind es uicht gerade solche Meister wie die, die das Baugewerbe vor 1870 be¬
herrschten. Damals waren es Maurer- und Zimmernleister, die mit ihren durch die
Prüfung bewiesenen, für die gute Ausübung des Handwerks genügenden Kenntnissen
die meisten Privatbauten in wenig künstlerischer aber sonst tüchtiger Weise nach
Hnndwerlsgebrauch und Gewohnheit ausführten; heute sind es zahlreiche akademisch
gebildete Architekten, die mit ungleich größerer Sachkenntnis, mit einer Ausbildung,
die in nichts gegen die der Baukünstler andrer Länder zurücksteht, die führende
Rolle im Privatbauwesen spielen. Daß uuter ihrer Leitung das Bauhandwerk in
seiner Fertigkeit in den technischen Leistungen im Rückgange begriffen sei, ist eine


vorkommen werden. Daß bei Spekulativusbauten, bei denen es sich darum handelt,
ein Verkaufsobjekt zum billigsten Preise herzustellen, vielfach Pfuscharbeit — und zwar
nicht selten gegen besseres Wissen — geleistet wird, kann mau nicht verkennen;
aber man kann nicht zugeben, daß durch die Einführung der obligatorischen Meister-
Prüfung hiergegen Abhilfe geschafft werden würde. Der Spekulant würde gewisse als
Meister geprüfte Personen, die im übrigen nichts zu verlieren haben, in reichlicher Zahl
bereit finden, gegen geringes Entgelt die sorglosen Ausführungen seiner Ballten
mit ihrem Namen zu decken. Die Prüfung eines Handwerksmeisters darf nicht
so schwierig gemacht werden, daß sie nur mit großem Aufwands vou Zeit und Geld
von hervorragend Befähigten bestanden werden könnte, in deren Interesse es dann
liegen würde, das teuer erworbne Privilegium nicht durch Unzuverlässigkeit bei der
Ausübung des Berufs in Frage zu stellen. Die Prüfungsvorschriften würden sich
vielmehr nur, um den einfachen, mit gewöhnlicher Volksschulbildung ausgerüsteten
Manu nicht auszuschließen, in dem Rahmen der bis 1870 giltigen Verordnung
vom 24. Juni 1856 bewege» können. Bei den heutigen gegen früher so sehr
vermehrten Gelegenheiten zur technischen Ausbildung durch Bauhandwerker- und
Gewerbeschulen würde es für viele junge Leute verlockend und nicht schwierig sein,
sich durch Ablegung der Prüfung als Bangewerksmeister ein Privilegium zu er-
werben, das die leichtsinnigen und unzuverlässigen unter ihnen so lange im Dienste
der Spekulation ausnützen würden, bis sie einmal die Grenze des Erlaubten über¬
schritten hätten und ihre Berechtigung verlieren würden. Derartige Meister gab
es schon vor der Einführung der Reichsgewerbeordnung. Es war nur die Nach¬
frage uach ihnen nicht groß, weil eben die Bauherren selbst ein großes Interesse
an der Solidität ihres Baues hatten und einen solchen Meister der Form wegen
nur dann annahmen, wenn sie ihren Bau durch eiuen Polier oder Gesellen aus¬
führen lassen wollten, dem sie volles Vertraues schenkten. Wenn aber der Bauherr nur
das Interesse verfolgt, mit dem geringsten Kostenaufwand einen Bau herstellen zu
lassen, dessen er sich bald durch Verkauf zu entledigen wünscht — und daraufhin
geht ja das Interesse der spekulierenden Kapitalisten, Ballgesellschaften usw. —, dann
Wird er auch bei neu eingeführter Meisterprüfung leicht solche finden, die ihm zu
willen sind, und die Nachfrage wird um so leichter zu befriedigen sein, als ein
einziger Meister mit seinem Namen viele Ballten decken kann.

Wenn also der Bauherr mala. Käs handeln will, so wird er durch Einführung
der obligatorischen Meisterprüfung darin nicht behindert werden. Damit soll freilich
nicht in Abrede gestellt werden, daß unter den heutigen Verhältnissen auch ein Bau¬
herr, der bona, nah handelt, einem unzuverlässigen Bauunternehmer in die Hände
senken kann. Aber es dürfte heute wohl nicht mehr als eine Aufgabe der Staats¬
verwaltung angesehen werden, das Publikum in seinen Privatunternehmungen zu
bevormunden, sondern es vielmehr zu veranlassen, sein eignes Urteil zu scharfen
Und anzuwenden. Fühlt sich ein Bauherr in dieser Beziehung nicht sicher, so mag
er sich an einen Junungsmeister wenden, und daß hierzu reichliche Gelegenheit
durch Unterstützung des Innungswesens und der fakultativen Meisterprüfungen ge¬
geben werde, das scheint allerdings wünschenswert.

Die Behauptungen unter 2 und 3 werden einfach durch den Hinweis auf das
Widerlegt, was seit den letzten dreißig Jahren im Baugewerbe geleistet worden ist.
Wo so zahlreiche Baute« in anerkannt tüchtiger «ud gediegner Ausführung her¬
gestellt worden sind, da müssen eben auch die Meister dafür vorhanden sein. Freilich
sind es uicht gerade solche Meister wie die, die das Baugewerbe vor 1870 be¬
herrschten. Damals waren es Maurer- und Zimmernleister, die mit ihren durch die
Prüfung bewiesenen, für die gute Ausübung des Handwerks genügenden Kenntnissen
die meisten Privatbauten in wenig künstlerischer aber sonst tüchtiger Weise nach
Hnndwerlsgebrauch und Gewohnheit ausführten; heute sind es zahlreiche akademisch
gebildete Architekten, die mit ungleich größerer Sachkenntnis, mit einer Ausbildung,
die in nichts gegen die der Baukünstler andrer Länder zurücksteht, die führende
Rolle im Privatbauwesen spielen. Daß uuter ihrer Leitung das Bauhandwerk in
seiner Fertigkeit in den technischen Leistungen im Rückgange begriffen sei, ist eine


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/177>, abgerufen am 01.09.2024.