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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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eins die Reform des Beichtinstituts als der Werkstätte der kasuistischen Moral, wofür
ganz bestimmte Vorschläge zu machen sind, und auf die Schaffung einer Sittenlehre,
die bei der Mehrheit des Volkes Anerkennung findet und der ultramontanen gegen¬
übergestellt werden kann. Eine solche giebt es nämlich zur Zeit nicht. Auch
wenn wir von der ethischen "Modernen" absehen, die entweder gar keine Pflichten
anerkennt oder die Pflichtcnlehre auf den Kopf stellt, bleibt nichts als Konfusion
übrig. Darin, daß Mord, Diebstahl, Raub, Wucher und Ehebruch Sünde sind,
und daß die Liebe des Gesetzes Erfüllung und zugleich die Wurzel aller Tugenden
ist, stimmt der moderne Protestantismus mit dem Katholizismus überein, aber was
nützt uns das im einzelnen konkreten Falle? Der Arbeiter erklärt die Lohnpraxis
des Unternehmers, der Unternehmer den Aufstand seiner Arbeiter für Diebstahl,
Erpressung, Raub und Wucher, und dieser Gegensatz der Interpretation zieht sich
durch alle Gebiete der Ethik wie durch alle sozialen Verbände, ja durch alle persön¬
lichen Verhältnisse hindurch. Zur Lösung dieser Schwierigkeit trägt Hoensbroech
nichts bei, deshalb werden die Katholiken der einzigen Autorität, die es auf diesem
Gebiete giebt, treu bleiben, mag sie auch höchst anfechtbar sein. Der einzige wesent¬
liche Unterschied in der protestantischen und der katholischen Moral ist, daß der
Katholik den Gehorsam gegen die Kirche und die Beobachtung der Kirchengebote
zu den sittlichen Pflichten rechnet. Von hier aus kann freilich die ganze Moral
in Grund und Boden verderbt werden; nicht bloß dadurch, daß die Kirchenobern
ihre willkürlichen Satzungen zu göttlichen Geboten stempeln und die Beobachtung
von Kirchengebräuchen oder von kirchlichen Ehegesetzen über die wirklichen sittlichen
Pflichten stellen, sondern auch durch die Hineinziehung toter Dinge in den Pflichten¬
kreis, indem die Verunehrung von Gebäuden, Geräten, Bildern, Totengebeinen und
schon die Unterlassung von Ehrfurchtsbezeugungen vor solchen Dingen und nament¬
lich vor der konsekrierten Hostie zum Sakrileg, also zu einer furchtbaren Sünde
gestempelt wird. All das ist selbstverständlich Rückfall ins Heidentum und Judentum.
Es ist, wie das ganze Heidentum, in menschlichen Empfindungen und Bedürfnissen
so tief begründet, daß sogar der moderne Staat die Verunehrung seiner Symbole:
der Wappen, Fahnen, Orden, Königsbilder als Beschimpfung oder als Verletzung
der Pietät bestraft. Aber wenn diese Dinge einen so breiten Raum einnehmen
wie im Katholizismus, können sie wirklich leicht die moralischen Begriffe verdunkeln
und die sittlichen Gefühle verwirren. In welchem Grade dies geschieht, das hängt
von ihrer Behandlung in Jugendunterricht, Predigt und Erbauungsbüchern ab.
Wo von der Erziehung der Geistlichen protestantische und moderne Anschauungen
sorgfältig fern gehalten werden, da wird Wohl überall das heidnisch-jüdische Element
überwiegen. Wir Freien, die wir keiner Autorität auf dem ethischen Gebiete zu
bedürfen glauben und mit Kant Autonomie für uns in Anspruch nehmen, dürfen
I. die Bedürfnisse der Masse nicht nach den unsern beurteilen.

Der Befähigungsnachweis im Baugewerbe. Als Mißstände, die an¬
geblich aus der durch die Neichsgewerbeordnnng erfolgten Aufhebung der obliga¬
torischen Meisterprüfung für das Baugewerbe hervorgegangen sind, werden im
allgemeinen die folgenden angeführt: 1. daß durch die fortwährend zunehmende
Konkurrenz Unbefähigter bei der Ausführung von Bauarbeiten die Thätigkeit der
wirklich Sachverständigen ungebührlich verdrängt werde; 2. daß die Ausbildung
eines sachkundigen Meisterstandes in Frage gestellt werde; 3. daß die technischen
Leistungen im Baugewerbe zurückgingen; 4. daß der wachsende Mangel an Sach¬
kenntnis die Gefahren bei der Ausführung sowohl wie bei der Benutzung der her¬
gestellten Bauwerke in bedenklicher Weise vermehre.

Der unter 1 aufgeführte Mißstand muß in einem gewissen Maße als vorhanden
anerkannt werden; dieses Maß begreift aber im wesentlichen nur die Bauten, die
das spekulierende Kapital gleichsam als Handelsware herstellt. Die Zahl und der
Umfang solcher Bauten ist je nach der Konjunktur verschieden, ihr Verhältnis zu
den übrigen Bauten dürfte in rasch anwachsenden Großstädten überwiegend sein,
während auf dem Lande und in kleinen Städten Spekulationsbauteu nur selten


eins die Reform des Beichtinstituts als der Werkstätte der kasuistischen Moral, wofür
ganz bestimmte Vorschläge zu machen sind, und auf die Schaffung einer Sittenlehre,
die bei der Mehrheit des Volkes Anerkennung findet und der ultramontanen gegen¬
übergestellt werden kann. Eine solche giebt es nämlich zur Zeit nicht. Auch
wenn wir von der ethischen „Modernen" absehen, die entweder gar keine Pflichten
anerkennt oder die Pflichtcnlehre auf den Kopf stellt, bleibt nichts als Konfusion
übrig. Darin, daß Mord, Diebstahl, Raub, Wucher und Ehebruch Sünde sind,
und daß die Liebe des Gesetzes Erfüllung und zugleich die Wurzel aller Tugenden
ist, stimmt der moderne Protestantismus mit dem Katholizismus überein, aber was
nützt uns das im einzelnen konkreten Falle? Der Arbeiter erklärt die Lohnpraxis
des Unternehmers, der Unternehmer den Aufstand seiner Arbeiter für Diebstahl,
Erpressung, Raub und Wucher, und dieser Gegensatz der Interpretation zieht sich
durch alle Gebiete der Ethik wie durch alle sozialen Verbände, ja durch alle persön¬
lichen Verhältnisse hindurch. Zur Lösung dieser Schwierigkeit trägt Hoensbroech
nichts bei, deshalb werden die Katholiken der einzigen Autorität, die es auf diesem
Gebiete giebt, treu bleiben, mag sie auch höchst anfechtbar sein. Der einzige wesent¬
liche Unterschied in der protestantischen und der katholischen Moral ist, daß der
Katholik den Gehorsam gegen die Kirche und die Beobachtung der Kirchengebote
zu den sittlichen Pflichten rechnet. Von hier aus kann freilich die ganze Moral
in Grund und Boden verderbt werden; nicht bloß dadurch, daß die Kirchenobern
ihre willkürlichen Satzungen zu göttlichen Geboten stempeln und die Beobachtung
von Kirchengebräuchen oder von kirchlichen Ehegesetzen über die wirklichen sittlichen
Pflichten stellen, sondern auch durch die Hineinziehung toter Dinge in den Pflichten¬
kreis, indem die Verunehrung von Gebäuden, Geräten, Bildern, Totengebeinen und
schon die Unterlassung von Ehrfurchtsbezeugungen vor solchen Dingen und nament¬
lich vor der konsekrierten Hostie zum Sakrileg, also zu einer furchtbaren Sünde
gestempelt wird. All das ist selbstverständlich Rückfall ins Heidentum und Judentum.
Es ist, wie das ganze Heidentum, in menschlichen Empfindungen und Bedürfnissen
so tief begründet, daß sogar der moderne Staat die Verunehrung seiner Symbole:
der Wappen, Fahnen, Orden, Königsbilder als Beschimpfung oder als Verletzung
der Pietät bestraft. Aber wenn diese Dinge einen so breiten Raum einnehmen
wie im Katholizismus, können sie wirklich leicht die moralischen Begriffe verdunkeln
und die sittlichen Gefühle verwirren. In welchem Grade dies geschieht, das hängt
von ihrer Behandlung in Jugendunterricht, Predigt und Erbauungsbüchern ab.
Wo von der Erziehung der Geistlichen protestantische und moderne Anschauungen
sorgfältig fern gehalten werden, da wird Wohl überall das heidnisch-jüdische Element
überwiegen. Wir Freien, die wir keiner Autorität auf dem ethischen Gebiete zu
bedürfen glauben und mit Kant Autonomie für uns in Anspruch nehmen, dürfen
I. die Bedürfnisse der Masse nicht nach den unsern beurteilen.

Der Befähigungsnachweis im Baugewerbe. Als Mißstände, die an¬
geblich aus der durch die Neichsgewerbeordnnng erfolgten Aufhebung der obliga¬
torischen Meisterprüfung für das Baugewerbe hervorgegangen sind, werden im
allgemeinen die folgenden angeführt: 1. daß durch die fortwährend zunehmende
Konkurrenz Unbefähigter bei der Ausführung von Bauarbeiten die Thätigkeit der
wirklich Sachverständigen ungebührlich verdrängt werde; 2. daß die Ausbildung
eines sachkundigen Meisterstandes in Frage gestellt werde; 3. daß die technischen
Leistungen im Baugewerbe zurückgingen; 4. daß der wachsende Mangel an Sach¬
kenntnis die Gefahren bei der Ausführung sowohl wie bei der Benutzung der her¬
gestellten Bauwerke in bedenklicher Weise vermehre.

Der unter 1 aufgeführte Mißstand muß in einem gewissen Maße als vorhanden
anerkannt werden; dieses Maß begreift aber im wesentlichen nur die Bauten, die
das spekulierende Kapital gleichsam als Handelsware herstellt. Die Zahl und der
Umfang solcher Bauten ist je nach der Konjunktur verschieden, ihr Verhältnis zu
den übrigen Bauten dürfte in rasch anwachsenden Großstädten überwiegend sein,
während auf dem Lande und in kleinen Städten Spekulationsbauteu nur selten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/176>, abgerufen am 01.09.2024.