Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.Stimmungen und Strömungen im militärischen Italien G. v. Graevenitz von or einigen Jahren berichtete ich in diesen Blättern unter dem Legt man gewissen, neuerdings wieder an die Oberfläche tretenden Strö¬ Grenzboten II 1902 65
Stimmungen und Strömungen im militärischen Italien G. v. Graevenitz von or einigen Jahren berichtete ich in diesen Blättern unter dem Legt man gewissen, neuerdings wieder an die Oberfläche tretenden Strö¬ Grenzboten II 1902 65
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0521" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237807"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341875_237285/figures/grenzboten_341875_237285_237807_000.jpg"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Stimmungen und Strömungen im militärischen Italien<lb/><note type="byline"> G. v. Graevenitz</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_2667"> or einigen Jahren berichtete ich in diesen Blättern unter dem<lb/> Titel „Das italienische Heer und der Dreibund" über einen<lb/> Abschluß langjähriger Irrungen und Wirrungen in der Organi¬<lb/> sation der italienischen Armee, über das sogenannte Pellouxsche<lb/> Heeresgesetz vom Jahre 1897, das dem Heere des uns Ver¬<lb/> bündeten Staates die ersehnte feste Grundlage für seine Weiterentwicklung<lb/> geben sollte und thatsächlich gegeben hat. Seitdem ist des italienischen Heeres<lb/> in diesen Blättern wenig gedacht worden. Und das ist nnr natürlich. Denn<lb/> die Wehrkraftsfragen Italiens können an und für sich einen weitern deutscheu<lb/> Leserkreis nicht so interessieren, wie etwa die Frankreichs oder Rußlands.<lb/> Das italienische Heer wird Wohl kaum jemals vorbildlich für uus auftreten,<lb/> namentlich nicht in kriegstechnischen Fragen, die heute und für die nächste<lb/> Zukunft entscheidend sein werden; es wird in dieser Beziehung, wie z. B. jetzt<lb/> in der Feldgeschützfrage, vernünftigerweise die Ergebnisse und Maßnahmen der<lb/> größern Militärmächte abwarten und sich zu nutze machen. Uns interessiert das<lb/> italienische Heer militärisch nur als ein Machtmittel des Dreibundes. Sollte<lb/> Italien einmal aus diesem Bündnisverhältnis ausscheiden, so bliebe nur das inter¬<lb/> national-politische Interesse an der Frage, ob wir uus sein Heer als das eines<lb/> "ut Frankreich verbündeten Staates zu denken haben oder als das eines Staates,<lb/> sich, ohne Bündnispolitik zu treiben, auf die Defensive beschränkt. Eine un-<lb/> "nttelbare militärische Berührung mit dem durch die Schweiz von uns getrennten<lb/> Staate erscheint auch in diesen beiden Fällen durchaus unwahrscheinlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_2668" next="#ID_2669"> Legt man gewissen, neuerdings wieder an die Oberfläche tretenden Strö¬<lb/> mungen ini italienischen Heeresleben Gewicht bei, so würde der zweite der<lb/> ^ben berührten Fälle, Ausgestaltung seines Heeres zum Werkzeug eines reine<lb/> Defensivpolitik treibenden Staates, in den Bereich der Möglichkeit gerückt<lb/> I^n. Vor mir liegt ein Buch tVLssroito usi tgmxi uuovi (Roma, Enrico<lb/> ^oghera, 1901. 364 S.), das mit Liebe und Hingebung eine solche be¬<lb/> schränkter» Aufgaben angepaßte Organisation aufstellt und bis ins einzelne<lb/> Ichndert. Das Buch kommt damit Strömungen nicht nur bei den linksradikalen<lb/> Parteien, bei Republikanern und Sozialisten, sondern auch bei den Mitgliedern<lb/> Zentrums und der Rechten des Parlaments entgegen. Aus dein Parlament<lb/> heraus ist auch das einen durchaus militärischen Charakter bewahrende Werk ent-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II 1902 65</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0521]
[Abbildung]
Stimmungen und Strömungen im militärischen Italien
G. v. Graevenitz von
or einigen Jahren berichtete ich in diesen Blättern unter dem
Titel „Das italienische Heer und der Dreibund" über einen
Abschluß langjähriger Irrungen und Wirrungen in der Organi¬
sation der italienischen Armee, über das sogenannte Pellouxsche
Heeresgesetz vom Jahre 1897, das dem Heere des uns Ver¬
bündeten Staates die ersehnte feste Grundlage für seine Weiterentwicklung
geben sollte und thatsächlich gegeben hat. Seitdem ist des italienischen Heeres
in diesen Blättern wenig gedacht worden. Und das ist nnr natürlich. Denn
die Wehrkraftsfragen Italiens können an und für sich einen weitern deutscheu
Leserkreis nicht so interessieren, wie etwa die Frankreichs oder Rußlands.
Das italienische Heer wird Wohl kaum jemals vorbildlich für uus auftreten,
namentlich nicht in kriegstechnischen Fragen, die heute und für die nächste
Zukunft entscheidend sein werden; es wird in dieser Beziehung, wie z. B. jetzt
in der Feldgeschützfrage, vernünftigerweise die Ergebnisse und Maßnahmen der
größern Militärmächte abwarten und sich zu nutze machen. Uns interessiert das
italienische Heer militärisch nur als ein Machtmittel des Dreibundes. Sollte
Italien einmal aus diesem Bündnisverhältnis ausscheiden, so bliebe nur das inter¬
national-politische Interesse an der Frage, ob wir uus sein Heer als das eines
"ut Frankreich verbündeten Staates zu denken haben oder als das eines Staates,
sich, ohne Bündnispolitik zu treiben, auf die Defensive beschränkt. Eine un-
"nttelbare militärische Berührung mit dem durch die Schweiz von uns getrennten
Staate erscheint auch in diesen beiden Fällen durchaus unwahrscheinlich.
Legt man gewissen, neuerdings wieder an die Oberfläche tretenden Strö¬
mungen ini italienischen Heeresleben Gewicht bei, so würde der zweite der
^ben berührten Fälle, Ausgestaltung seines Heeres zum Werkzeug eines reine
Defensivpolitik treibenden Staates, in den Bereich der Möglichkeit gerückt
I^n. Vor mir liegt ein Buch tVLssroito usi tgmxi uuovi (Roma, Enrico
^oghera, 1901. 364 S.), das mit Liebe und Hingebung eine solche be¬
schränkter» Aufgaben angepaßte Organisation aufstellt und bis ins einzelne
Ichndert. Das Buch kommt damit Strömungen nicht nur bei den linksradikalen
Parteien, bei Republikanern und Sozialisten, sondern auch bei den Mitgliedern
Zentrums und der Rechten des Parlaments entgegen. Aus dein Parlament
heraus ist auch das einen durchaus militärischen Charakter bewahrende Werk ent-
Grenzboten II 1902 65
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |