Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.Populäre Musikerliiographien Arbeiten zu benutzen, und macht sich um das musikalische Glaubensbekennt¬ Eine sehr erfreuliche Arbeit ist dann wieder die Mcndelssohnbiographie Auch die Biographie Rob. Schumanns von Richard Batka gehört zu Den Schluß der Sammlung bildet die Biographie von Robert Franz, Nicht ans Tndelsucht sind hier die Mängel der Reclnmschen Biographien Populäre Musikerliiographien Arbeiten zu benutzen, und macht sich um das musikalische Glaubensbekennt¬ Eine sehr erfreuliche Arbeit ist dann wieder die Mcndelssohnbiographie Auch die Biographie Rob. Schumanns von Richard Batka gehört zu Den Schluß der Sammlung bildet die Biographie von Robert Franz, Nicht ans Tndelsucht sind hier die Mängel der Reclnmschen Biographien <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0042" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237328"/> <fw type="header" place="top"> Populäre Musikerliiographien</fw><lb/> <p xml:id="ID_143" prev="#ID_142"> Arbeiten zu benutzen, und macht sich um das musikalische Glaubensbekennt¬<lb/> nis seiner Gewährsmänner keine Skrupel. Wagner und Hanslick sind ihm<lb/> gleich lieb.</p><lb/> <p xml:id="ID_144"> Eine sehr erfreuliche Arbeit ist dann wieder die Mcndelssohnbiographie<lb/> von Bruno Schrader. Hier haben wir endlich wieder einen Autor, der die<lb/> Werke des behandelten Meisters genau keunt und die Zeit und die Kultur,<lb/> der sie entsprungen sind, dazu, der wissenschaftlich geschult ist und sich nicht<lb/> blähen, sondern den Lesern, namentlich der Jugend nützen will. Diese Biographie<lb/> vertrüge die strengste Prüfung im ganzen wie im einzelnen. Nur Marx finden<lb/> wir übergangen, was bei der „Svmmernachtstranmouverturc" auffällt. Merk¬<lb/> würdig, daß es zu einer großen wissenschaftlichen Biographie Mendelssohns nicht<lb/> kommen will! Auch wenn diese Lücke noch ausgefüllt werden sollte, wird<lb/> Schröters Arbeit ihren Wert behalten; unter den vorhandnen Biographien<lb/> des Meisters ist sie weitaus und unvergleichlich die beste.</p><lb/> <p xml:id="ID_145"> Auch die Biographie Rob. Schumanns von Richard Batka gehört zu<lb/> den bessern Stücken. Das Vorwort erweckt Befürchtungen, denn hier „gipfelt<lb/> die Musik zur Zeit Hündels und Bachs noch vorzugsweise in kunstreichem,<lb/> architektonischem Bau; in der Mozartschen Periode kommt dazu die Forde¬<lb/> rung des sinnlichen Wohlklangs, Beethoven, der Niese, entdeckt sodnnn die<lb/> unermeßliche Fähigkeit der Tonkunst, ganz individuelle Gefühle und Stim¬<lb/> mungen auszusprechen, und Wagner endlich verschwistert sie auf das innigste<lb/> mit der Poesie." Später aber verschont er uns mit seiner bodenlosen Kunst-<lb/> Philosophie und hält sich an die Werke Schumanns. Im allgemeinen wird<lb/> er ihnen gerecht, nur ist der Lyriker und der Meister der kleinen Formen zu<lb/> stark betont. Es war kein bloßer „Ehrcnwahn," der Schumann zur Sinfonie<lb/> und zum Oratorium führte, sondern die Grundzüge seines Naturells sind auch<lb/> diesen großen Gattungen zu gute gekommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_146"> Den Schluß der Sammlung bildet die Biographie von Robert Franz,<lb/> geschrieben von Rudolph Freiherr Prochäzka. Aus ihr ein Doppelheft zu<lb/> macheu, wäre unnötig gewesen, wenn der Verfasser vermieden hätte, die Frage<lb/> der Franzschen Bearbeitungen alter Vokalwerke vor dein Leser auszubreiten.<lb/> Dabei kommt nichts mehr heraus, die Sache ist entschieden; zudem kennt sie<lb/> Prochäzka nur einseitig. Franz als Liederkomponisten behandelt die Bio¬<lb/> graphie zu ermüdend im Detail und ausschließlich als Individualität. Seine<lb/> Bedeutung wird mir klar in seinem Zusammenhang mit der Berliner Liedcr-<lb/> schule, deren letzter großer modernisierter Ausläufer Franz gewesen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_147" next="#ID_148"> Nicht ans Tndelsucht sind hier die Mängel der Reclnmschen Biographien<lb/> hervorgehoben worden, sondern weil das Unternehmen für die musikalische<lb/> Volksbildung wichtig ist, und weil es dem Verleger leicht ist, sich bessere<lb/> Leistungen zu sichern. Hierzu braucht es nur einer einheitlichen Leitung durch<lb/> einen Redakteur von der Art Bruno Schröters. Dessen Amt würde es sein,<lb/> Kohnts und Kicselacks fern zu halten und Mitarbeiter zu finden, die mehr<lb/> als Deutsch schreiben können. Das ist heute zehnmal leichter als vor dreißig<lb/> Jahren, denn Jahr für Jahr gehn aus Berlin, Leipzig, München, Straßburg,<lb/> Wien junge Musiker ins Land, die ans eine gute praktische und theoretische</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
Populäre Musikerliiographien
Arbeiten zu benutzen, und macht sich um das musikalische Glaubensbekennt¬
nis seiner Gewährsmänner keine Skrupel. Wagner und Hanslick sind ihm
gleich lieb.
Eine sehr erfreuliche Arbeit ist dann wieder die Mcndelssohnbiographie
von Bruno Schrader. Hier haben wir endlich wieder einen Autor, der die
Werke des behandelten Meisters genau keunt und die Zeit und die Kultur,
der sie entsprungen sind, dazu, der wissenschaftlich geschult ist und sich nicht
blähen, sondern den Lesern, namentlich der Jugend nützen will. Diese Biographie
vertrüge die strengste Prüfung im ganzen wie im einzelnen. Nur Marx finden
wir übergangen, was bei der „Svmmernachtstranmouverturc" auffällt. Merk¬
würdig, daß es zu einer großen wissenschaftlichen Biographie Mendelssohns nicht
kommen will! Auch wenn diese Lücke noch ausgefüllt werden sollte, wird
Schröters Arbeit ihren Wert behalten; unter den vorhandnen Biographien
des Meisters ist sie weitaus und unvergleichlich die beste.
Auch die Biographie Rob. Schumanns von Richard Batka gehört zu
den bessern Stücken. Das Vorwort erweckt Befürchtungen, denn hier „gipfelt
die Musik zur Zeit Hündels und Bachs noch vorzugsweise in kunstreichem,
architektonischem Bau; in der Mozartschen Periode kommt dazu die Forde¬
rung des sinnlichen Wohlklangs, Beethoven, der Niese, entdeckt sodnnn die
unermeßliche Fähigkeit der Tonkunst, ganz individuelle Gefühle und Stim¬
mungen auszusprechen, und Wagner endlich verschwistert sie auf das innigste
mit der Poesie." Später aber verschont er uns mit seiner bodenlosen Kunst-
Philosophie und hält sich an die Werke Schumanns. Im allgemeinen wird
er ihnen gerecht, nur ist der Lyriker und der Meister der kleinen Formen zu
stark betont. Es war kein bloßer „Ehrcnwahn," der Schumann zur Sinfonie
und zum Oratorium führte, sondern die Grundzüge seines Naturells sind auch
diesen großen Gattungen zu gute gekommen.
Den Schluß der Sammlung bildet die Biographie von Robert Franz,
geschrieben von Rudolph Freiherr Prochäzka. Aus ihr ein Doppelheft zu
macheu, wäre unnötig gewesen, wenn der Verfasser vermieden hätte, die Frage
der Franzschen Bearbeitungen alter Vokalwerke vor dein Leser auszubreiten.
Dabei kommt nichts mehr heraus, die Sache ist entschieden; zudem kennt sie
Prochäzka nur einseitig. Franz als Liederkomponisten behandelt die Bio¬
graphie zu ermüdend im Detail und ausschließlich als Individualität. Seine
Bedeutung wird mir klar in seinem Zusammenhang mit der Berliner Liedcr-
schule, deren letzter großer modernisierter Ausläufer Franz gewesen ist.
Nicht ans Tndelsucht sind hier die Mängel der Reclnmschen Biographien
hervorgehoben worden, sondern weil das Unternehmen für die musikalische
Volksbildung wichtig ist, und weil es dem Verleger leicht ist, sich bessere
Leistungen zu sichern. Hierzu braucht es nur einer einheitlichen Leitung durch
einen Redakteur von der Art Bruno Schröters. Dessen Amt würde es sein,
Kohnts und Kicselacks fern zu halten und Mitarbeiter zu finden, die mehr
als Deutsch schreiben können. Das ist heute zehnmal leichter als vor dreißig
Jahren, denn Jahr für Jahr gehn aus Berlin, Leipzig, München, Straßburg,
Wien junge Musiker ins Land, die ans eine gute praktische und theoretische
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |