Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.Nationalitätskämpfe Bevölkerung gestiegen; in den Ortschaften Ncumcirkt, Lang, Buchholz sind In der ungarischen Reichshälfte halten die siebenbürger Sachsen noch Nationalitätskämpfe Bevölkerung gestiegen; in den Ortschaften Ncumcirkt, Lang, Buchholz sind In der ungarischen Reichshälfte halten die siebenbürger Sachsen noch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0549" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237073"/> <fw type="header" place="top"> Nationalitätskämpfe</fw><lb/> <p xml:id="ID_2252" prev="#ID_2251"> Bevölkerung gestiegen; in den Ortschaften Ncumcirkt, Lang, Buchholz sind<lb/> die Italiener entschieden zurückgedrängt worden. Daß sogar auf den Sprach¬<lb/> inseln Südtirols das Deutschtum in der letzten Zeit bemerkenswerte Fortschritte<lb/> gemacht hat, ist schon oben dnrch ein Beispiel belegt worden. So erfreulich<lb/> steht es sonst mit den deutschen Sprachinseln Österreichs nicht: in Krain und<lb/> im Küstenland, die schon außerhalb des geschlossenen deutschen Sprachgebiets<lb/> liegen, ist das Deutschtum überall wenigstens relativ zurückgegangen, so auch<lb/> auf der alten deutschen Sprachinsel Gottschee; einzig und allein in Görz hat<lb/> sich der Anteil der Deutschen von 7,4 Prozent im Jahre 1890 auf 10,9 Prozent<lb/> im Jahre 1900 gehoben (vergl. Deutsche Erde, September 1901. Ur. 166).</p><lb/> <p xml:id="ID_2253" next="#ID_2254"> In der ungarischen Reichshälfte halten die siebenbürger Sachsen noch<lb/> immer mit dem alten Mut und unerschütterlicher Zähigkeit die Fahne des<lb/> Deutschtums hoch. So sehr dieses Bild eines deutschen Stammes erfrent, der<lb/> der großen Sache des Volkstums jederzeit mit ganzem Herzen und nie wankender<lb/> Treue gedient hat, so erweckt der Blick in die Zukunft doch schwere Sorgen.<lb/> Die Treue der Sachsen wird auch fürder hell leuchten, aber ihre schwache<lb/> natürliche Vermehrung giebt ihren Gegnern, besonders den kinderreichen Ru¬<lb/> mänen, einen immer größern Vorsprung vor ihnen. Nach der Sprachzühlnng<lb/> von 1900 sind die Sachsen sogar in ihrer Hochburg Hermannstadt von<lb/> 61 Prozent der Bevölkerung (1890) auf 58 Prozent gesunken, in Mediasch<lb/> von 52 Prozent auf 50 Prozent, in Mühlbach von 31 Prozent auf 30 Pro¬<lb/> zent (vergl. Deutsche Erde, August 1901, Ur. 133). In dem Punkte steht<lb/> es weit besser um die Schwaben in Südungarn, die sich kräftig vermehren<lb/> und ihr Sprachgebiet ständig ausdehnen, indem sie die benachbarten Serben-<lb/> und Rumänendörfer allmählich auslaufen und mit ihren Söhnen und Schwieger¬<lb/> söhnen bevölkern. Nur deutsches Nationalbewußtsein war bisher bei diesen<lb/> Schwaben kaum vorhanden: sie haben immer magyarische Abgeordnete in<lb/> den Reichstag gesandt, haben sich widerstandslos mit magyarischen Volks¬<lb/> schulen beglücken lassen, und die Gebildeten unter ihnen, besonders in den<lb/> Städten, sind rettungslos dem Magyarentum anheimgefallen. Erst in der<lb/> allerneusten ^eit ist durch Einwirkung von den siebenbürger Sachsen aus ein<lb/> Umschwung angebahnt worden. In dem Deutschen Tagblatt für Ungarn er¬<lb/> stand in Temesvnr das erste nationale Schwnbenblatt größern Stils. Anfang<lb/> 1900 wurde in Wien die „Vereinigung deutscher Hochschüler aus den Ländern<lb/> ungarischen Krone" von südungarischen Schwaben mit stramm deutsch-<lb/> nationaler Tendenz begründet. Von vornherein wurde ein Zusammengehn mit<lb/> den siebenbürger Sachsen in Aussicht genommen, das sich auch sogleich bei<lb/> den von den Magyaren gegen die Neugründung gerichteten Angriffen bethätigen<lb/> kannte. Endlich ist man auch bei der jüngst vollzognen Reichtagswahl in<lb/> Südungarn zur Aufstellung deutscher Kandidaten geschritten. Wenn auch<lb/> diesesmal damit noch kein Erfolg erzielt worden ist, so läßt sich doch erkennen,<lb/> daß ein lebendiges deutsches Bewußtsein seinen Einzug in Südungarn gehalten<lb/> hat. Bald wird das erwachte süduugarische Deutschtum auch tüchtige Führer<lb/> haben in denen, die auf der Hochschule ihre deutsche Gesinnung bewiesen haben.<lb/> Die aus seinem Schoße hervorgehenden Gebildeten und die Stndtebcwohner</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0549]
Nationalitätskämpfe
Bevölkerung gestiegen; in den Ortschaften Ncumcirkt, Lang, Buchholz sind
die Italiener entschieden zurückgedrängt worden. Daß sogar auf den Sprach¬
inseln Südtirols das Deutschtum in der letzten Zeit bemerkenswerte Fortschritte
gemacht hat, ist schon oben dnrch ein Beispiel belegt worden. So erfreulich
steht es sonst mit den deutschen Sprachinseln Österreichs nicht: in Krain und
im Küstenland, die schon außerhalb des geschlossenen deutschen Sprachgebiets
liegen, ist das Deutschtum überall wenigstens relativ zurückgegangen, so auch
auf der alten deutschen Sprachinsel Gottschee; einzig und allein in Görz hat
sich der Anteil der Deutschen von 7,4 Prozent im Jahre 1890 auf 10,9 Prozent
im Jahre 1900 gehoben (vergl. Deutsche Erde, September 1901. Ur. 166).
In der ungarischen Reichshälfte halten die siebenbürger Sachsen noch
immer mit dem alten Mut und unerschütterlicher Zähigkeit die Fahne des
Deutschtums hoch. So sehr dieses Bild eines deutschen Stammes erfrent, der
der großen Sache des Volkstums jederzeit mit ganzem Herzen und nie wankender
Treue gedient hat, so erweckt der Blick in die Zukunft doch schwere Sorgen.
Die Treue der Sachsen wird auch fürder hell leuchten, aber ihre schwache
natürliche Vermehrung giebt ihren Gegnern, besonders den kinderreichen Ru¬
mänen, einen immer größern Vorsprung vor ihnen. Nach der Sprachzühlnng
von 1900 sind die Sachsen sogar in ihrer Hochburg Hermannstadt von
61 Prozent der Bevölkerung (1890) auf 58 Prozent gesunken, in Mediasch
von 52 Prozent auf 50 Prozent, in Mühlbach von 31 Prozent auf 30 Pro¬
zent (vergl. Deutsche Erde, August 1901, Ur. 133). In dem Punkte steht
es weit besser um die Schwaben in Südungarn, die sich kräftig vermehren
und ihr Sprachgebiet ständig ausdehnen, indem sie die benachbarten Serben-
und Rumänendörfer allmählich auslaufen und mit ihren Söhnen und Schwieger¬
söhnen bevölkern. Nur deutsches Nationalbewußtsein war bisher bei diesen
Schwaben kaum vorhanden: sie haben immer magyarische Abgeordnete in
den Reichstag gesandt, haben sich widerstandslos mit magyarischen Volks¬
schulen beglücken lassen, und die Gebildeten unter ihnen, besonders in den
Städten, sind rettungslos dem Magyarentum anheimgefallen. Erst in der
allerneusten ^eit ist durch Einwirkung von den siebenbürger Sachsen aus ein
Umschwung angebahnt worden. In dem Deutschen Tagblatt für Ungarn er¬
stand in Temesvnr das erste nationale Schwnbenblatt größern Stils. Anfang
1900 wurde in Wien die „Vereinigung deutscher Hochschüler aus den Ländern
ungarischen Krone" von südungarischen Schwaben mit stramm deutsch-
nationaler Tendenz begründet. Von vornherein wurde ein Zusammengehn mit
den siebenbürger Sachsen in Aussicht genommen, das sich auch sogleich bei
den von den Magyaren gegen die Neugründung gerichteten Angriffen bethätigen
kannte. Endlich ist man auch bei der jüngst vollzognen Reichtagswahl in
Südungarn zur Aufstellung deutscher Kandidaten geschritten. Wenn auch
diesesmal damit noch kein Erfolg erzielt worden ist, so läßt sich doch erkennen,
daß ein lebendiges deutsches Bewußtsein seinen Einzug in Südungarn gehalten
hat. Bald wird das erwachte süduugarische Deutschtum auch tüchtige Führer
haben in denen, die auf der Hochschule ihre deutsche Gesinnung bewiesen haben.
Die aus seinem Schoße hervorgehenden Gebildeten und die Stndtebcwohner
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