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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Doktor Dnttmüllcr und sein Freund

Da ertönte das Signal von unten. Bald darauf kam die Förderschale hoch.
Murmelnde Stimmen im Hause. Jetzt brachten vier Mann einen ächzenden, blut¬
überströmte" Menschen heraus, der vor kurzem noch ein Mann von frischer Jugend¬
kraft gewesen war. und legten ihn auf der Matratze nieder.

Rothkamm! Rothkamm! riefen sich die Frauen halblaut zu Eine erhob em
gellendes Klagegeschrei -- es war die Schwägerin des Verunglückten. -- Sein Sie
stille, Frischholzen, sein Sie stille! Er lebt ja noch.

Doktor Duttmüller machte sich an die Arbeit. Er schnitt deu Rock, der in
blutigen Fetzen um Schulter und Arm hing, auf; es kam eine furchtbare Ver¬
wundung zum Vorschein. Riß- und Quetschwunden, die den Oberarm, Schulter
und Brust bedeckten. Wer es erlebt ha", weiß, daß nicht Granaten, sondern
splitterndes Holz die schlimmsten Wunden verursachen. Duttmüller reinigte die
Wunden mit dem Schwamm und Wasser und schnitt lose Hautlappen weg, Da.
als er den Arm in eine andre Lage brachte, schoß ein dicker Blutstrahl hervor.
Die große Armschlagader war gerissen. Duttmüller griff hastig zu, und es gelang
ihm, die Ader zu erfassen und mit dem Daumen zuzudrücken. Mit der andern
Hand griff er nach seinem Messer, aber er konnte es nicht erreichen, und als man
es ihm gegeben hatte, konnte ers mit einer Hand nicht brauchen. Er sah sich nach
Hilfe um. Die schmutzigen, harten Fäuste der Bergleute waren nicht geeignet, hier
Anzufassen. Die Frauen hatten sich nahe herangedrängt und sahen zu. -- Kommen
Sie her, Frau, rief Duttmüller der nächsten zu, helfen Sie. Aber die Frau wich
schaudernd zurück. Da sprang Alice herzu und kniete neben dem Verwundeten
nieder. Es wollte ihr schwarz vor den Angen werden, als sie die furchtbare Wunde
sah. aber bei dem Anblick des armen Menschen, der wie ein Sterbender dalag und
i" wenig Minuten tot sein mußte, wenn man nicht half, stieg ein Gefühl tiefen
Erbarmens in ihrem Kerzen auf und machte sie stark.

Hier. Fräulein Alice, rief Duttmüller hastig, fassen Sie zu, wo ich meinen
Daumen hube, drücken Sie fest zu, lassen Sie ja nicht los, es geht um Tod und
Leben. -- Alice that, was ihr gesagt wurde. Das heiße Blut rieselte ihr über
die Hand, sie MM das Zucker des Verwundeten beim Schnitte des Messers, ihr
Herz wollte stillstehn, aber sie blieb tapfer. Es ging ja um Tod und Leben. -
Es gelang dem Arzte, das Ende der gerissenen Ader zu fassen und zu unter¬
binden. -- Lassen Sie los. sagte er, langsam, vorsichtig -- so! -- das Blut stand.
Ein Blick, in dem Dankbarkeit und Stolz zu lesen war, traf Alice. -- Nun bitte,
Watte -- die braune. die Verbaudrolle, das Messer! die Schere! -- Alice
arbeitete, als wäre sie Doktor Dnttmüllers Assistent, und sie that es, nachdem der
erste Schrecken überwunden war, mit einer großen innern Befriedigung, die sie
früher nie gefühlt hatte. Und Doktor Duttmüller unterließ nicht, bei jeder Ma߬
regel auseinander zu setzen, warum er dies so und dies so mache, und eine Reihe
gelehrte Bezeichnungen nufzuzähleu.

Das Signal aus dem Schacht ertönte. Der Kreis der Zuschauer, der sich
'"zwischen durch Zuzug aus dem Dorfe vergrößert hatte, drängte heran. Der
Portier war machtlos, und als der Direktor selber versuchte Raum zu schaffen,
streckten sich ihm die Fäuste der Frauen entgegen, und er erhielt von hinten her
einen Schlag auf deu Kopf, der ihm deu Hut über die Augen trieb. Und wer
weiß, was noch geschehn wäre, wenn ihm nicht Hegelmeier zu Hilfe gekommen
wäre und die Frauen beruhigt hätte. Die Fördcrschale erschien. Man brachte
einen Bergmann heraus, der mir das Bein gebrochen hatte, der aber so in dem
Bruchhvlze eingekeilt gewesen war und schon so tief im Wasser gesteckt hatte, daß
er nur mit viel Mühe und großer Gefahr hatte befreit werden können. Dutt-
Müller konnte, da er verbinden mußte, dem Neugebrachten noch nicht helfen, und so
übertrug er Alice die Aufgabe, ihn vorsichtig niederlegen zu lassen und das gebrochne
Bein zu unterstützen.

Da kam eine oben weiße und unten bunte Gestalt mit Nachtjacke und Nacht-


Doktor Dnttmüllcr und sein Freund

Da ertönte das Signal von unten. Bald darauf kam die Förderschale hoch.
Murmelnde Stimmen im Hause. Jetzt brachten vier Mann einen ächzenden, blut¬
überströmte» Menschen heraus, der vor kurzem noch ein Mann von frischer Jugend¬
kraft gewesen war. und legten ihn auf der Matratze nieder.

Rothkamm! Rothkamm! riefen sich die Frauen halblaut zu Eine erhob em
gellendes Klagegeschrei — es war die Schwägerin des Verunglückten. — Sein Sie
stille, Frischholzen, sein Sie stille! Er lebt ja noch.

Doktor Duttmüller machte sich an die Arbeit. Er schnitt deu Rock, der in
blutigen Fetzen um Schulter und Arm hing, auf; es kam eine furchtbare Ver¬
wundung zum Vorschein. Riß- und Quetschwunden, die den Oberarm, Schulter
und Brust bedeckten. Wer es erlebt ha«, weiß, daß nicht Granaten, sondern
splitterndes Holz die schlimmsten Wunden verursachen. Duttmüller reinigte die
Wunden mit dem Schwamm und Wasser und schnitt lose Hautlappen weg, Da.
als er den Arm in eine andre Lage brachte, schoß ein dicker Blutstrahl hervor.
Die große Armschlagader war gerissen. Duttmüller griff hastig zu, und es gelang
ihm, die Ader zu erfassen und mit dem Daumen zuzudrücken. Mit der andern
Hand griff er nach seinem Messer, aber er konnte es nicht erreichen, und als man
es ihm gegeben hatte, konnte ers mit einer Hand nicht brauchen. Er sah sich nach
Hilfe um. Die schmutzigen, harten Fäuste der Bergleute waren nicht geeignet, hier
Anzufassen. Die Frauen hatten sich nahe herangedrängt und sahen zu. — Kommen
Sie her, Frau, rief Duttmüller der nächsten zu, helfen Sie. Aber die Frau wich
schaudernd zurück. Da sprang Alice herzu und kniete neben dem Verwundeten
nieder. Es wollte ihr schwarz vor den Angen werden, als sie die furchtbare Wunde
sah. aber bei dem Anblick des armen Menschen, der wie ein Sterbender dalag und
i" wenig Minuten tot sein mußte, wenn man nicht half, stieg ein Gefühl tiefen
Erbarmens in ihrem Kerzen auf und machte sie stark.

Hier. Fräulein Alice, rief Duttmüller hastig, fassen Sie zu, wo ich meinen
Daumen hube, drücken Sie fest zu, lassen Sie ja nicht los, es geht um Tod und
Leben. — Alice that, was ihr gesagt wurde. Das heiße Blut rieselte ihr über
die Hand, sie MM das Zucker des Verwundeten beim Schnitte des Messers, ihr
Herz wollte stillstehn, aber sie blieb tapfer. Es ging ja um Tod und Leben. -
Es gelang dem Arzte, das Ende der gerissenen Ader zu fassen und zu unter¬
binden. — Lassen Sie los. sagte er, langsam, vorsichtig — so! — das Blut stand.
Ein Blick, in dem Dankbarkeit und Stolz zu lesen war, traf Alice. — Nun bitte,
Watte — die braune. die Verbaudrolle, das Messer! die Schere! — Alice
arbeitete, als wäre sie Doktor Dnttmüllers Assistent, und sie that es, nachdem der
erste Schrecken überwunden war, mit einer großen innern Befriedigung, die sie
früher nie gefühlt hatte. Und Doktor Duttmüller unterließ nicht, bei jeder Ma߬
regel auseinander zu setzen, warum er dies so und dies so mache, und eine Reihe
gelehrte Bezeichnungen nufzuzähleu.

Das Signal aus dem Schacht ertönte. Der Kreis der Zuschauer, der sich
'"zwischen durch Zuzug aus dem Dorfe vergrößert hatte, drängte heran. Der
Portier war machtlos, und als der Direktor selber versuchte Raum zu schaffen,
streckten sich ihm die Fäuste der Frauen entgegen, und er erhielt von hinten her
einen Schlag auf deu Kopf, der ihm deu Hut über die Augen trieb. Und wer
weiß, was noch geschehn wäre, wenn ihm nicht Hegelmeier zu Hilfe gekommen
wäre und die Frauen beruhigt hätte. Die Fördcrschale erschien. Man brachte
einen Bergmann heraus, der mir das Bein gebrochen hatte, der aber so in dem
Bruchhvlze eingekeilt gewesen war und schon so tief im Wasser gesteckt hatte, daß
er nur mit viel Mühe und großer Gefahr hatte befreit werden können. Dutt-
Müller konnte, da er verbinden mußte, dem Neugebrachten noch nicht helfen, und so
übertrug er Alice die Aufgabe, ihn vorsichtig niederlegen zu lassen und das gebrochne
Bein zu unterstützen.

Da kam eine oben weiße und unten bunte Gestalt mit Nachtjacke und Nacht-


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[0451] Doktor Dnttmüllcr und sein Freund Da ertönte das Signal von unten. Bald darauf kam die Förderschale hoch. Murmelnde Stimmen im Hause. Jetzt brachten vier Mann einen ächzenden, blut¬ überströmte» Menschen heraus, der vor kurzem noch ein Mann von frischer Jugend¬ kraft gewesen war. und legten ihn auf der Matratze nieder. Rothkamm! Rothkamm! riefen sich die Frauen halblaut zu Eine erhob em gellendes Klagegeschrei — es war die Schwägerin des Verunglückten. — Sein Sie stille, Frischholzen, sein Sie stille! Er lebt ja noch. Doktor Duttmüller machte sich an die Arbeit. Er schnitt deu Rock, der in blutigen Fetzen um Schulter und Arm hing, auf; es kam eine furchtbare Ver¬ wundung zum Vorschein. Riß- und Quetschwunden, die den Oberarm, Schulter und Brust bedeckten. Wer es erlebt ha«, weiß, daß nicht Granaten, sondern splitterndes Holz die schlimmsten Wunden verursachen. Duttmüller reinigte die Wunden mit dem Schwamm und Wasser und schnitt lose Hautlappen weg, Da. als er den Arm in eine andre Lage brachte, schoß ein dicker Blutstrahl hervor. Die große Armschlagader war gerissen. Duttmüller griff hastig zu, und es gelang ihm, die Ader zu erfassen und mit dem Daumen zuzudrücken. Mit der andern Hand griff er nach seinem Messer, aber er konnte es nicht erreichen, und als man es ihm gegeben hatte, konnte ers mit einer Hand nicht brauchen. Er sah sich nach Hilfe um. Die schmutzigen, harten Fäuste der Bergleute waren nicht geeignet, hier Anzufassen. Die Frauen hatten sich nahe herangedrängt und sahen zu. — Kommen Sie her, Frau, rief Duttmüller der nächsten zu, helfen Sie. Aber die Frau wich schaudernd zurück. Da sprang Alice herzu und kniete neben dem Verwundeten nieder. Es wollte ihr schwarz vor den Angen werden, als sie die furchtbare Wunde sah. aber bei dem Anblick des armen Menschen, der wie ein Sterbender dalag und i" wenig Minuten tot sein mußte, wenn man nicht half, stieg ein Gefühl tiefen Erbarmens in ihrem Kerzen auf und machte sie stark. Hier. Fräulein Alice, rief Duttmüller hastig, fassen Sie zu, wo ich meinen Daumen hube, drücken Sie fest zu, lassen Sie ja nicht los, es geht um Tod und Leben. — Alice that, was ihr gesagt wurde. Das heiße Blut rieselte ihr über die Hand, sie MM das Zucker des Verwundeten beim Schnitte des Messers, ihr Herz wollte stillstehn, aber sie blieb tapfer. Es ging ja um Tod und Leben. - Es gelang dem Arzte, das Ende der gerissenen Ader zu fassen und zu unter¬ binden. — Lassen Sie los. sagte er, langsam, vorsichtig — so! — das Blut stand. Ein Blick, in dem Dankbarkeit und Stolz zu lesen war, traf Alice. — Nun bitte, Watte — die braune. die Verbaudrolle, das Messer! die Schere! — Alice arbeitete, als wäre sie Doktor Dnttmüllers Assistent, und sie that es, nachdem der erste Schrecken überwunden war, mit einer großen innern Befriedigung, die sie früher nie gefühlt hatte. Und Doktor Duttmüller unterließ nicht, bei jeder Ma߬ regel auseinander zu setzen, warum er dies so und dies so mache, und eine Reihe gelehrte Bezeichnungen nufzuzähleu. Das Signal aus dem Schacht ertönte. Der Kreis der Zuschauer, der sich '"zwischen durch Zuzug aus dem Dorfe vergrößert hatte, drängte heran. Der Portier war machtlos, und als der Direktor selber versuchte Raum zu schaffen, streckten sich ihm die Fäuste der Frauen entgegen, und er erhielt von hinten her einen Schlag auf deu Kopf, der ihm deu Hut über die Augen trieb. Und wer weiß, was noch geschehn wäre, wenn ihm nicht Hegelmeier zu Hilfe gekommen wäre und die Frauen beruhigt hätte. Die Fördcrschale erschien. Man brachte einen Bergmann heraus, der mir das Bein gebrochen hatte, der aber so in dem Bruchhvlze eingekeilt gewesen war und schon so tief im Wasser gesteckt hatte, daß er nur mit viel Mühe und großer Gefahr hatte befreit werden können. Dutt- Müller konnte, da er verbinden mußte, dem Neugebrachten noch nicht helfen, und so übertrug er Alice die Aufgabe, ihn vorsichtig niederlegen zu lassen und das gebrochne Bein zu unterstützen. Da kam eine oben weiße und unten bunte Gestalt mit Nachtjacke und Nacht-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/451>, abgerufen am 27.09.2024.