Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.Schweizerische Fernsichten die Dinge jetzt liegen, so ist doch kein Zweifel, daß Frankreich keinen Augen¬ Was nun das "unbehagliche Gefühl" der Basler anlangt bei dem Ge¬ Was nun die Bestimmung des Pariser Friedens vom 20. November 1815 Schweizerische Fernsichten die Dinge jetzt liegen, so ist doch kein Zweifel, daß Frankreich keinen Augen¬ Was nun das „unbehagliche Gefühl" der Basler anlangt bei dem Ge¬ Was nun die Bestimmung des Pariser Friedens vom 20. November 1815 <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236771"/> <fw type="header" place="top"> Schweizerische Fernsichten</fw><lb/> <p xml:id="ID_936" prev="#ID_935"> die Dinge jetzt liegen, so ist doch kein Zweifel, daß Frankreich keinen Augen¬<lb/> blick zögern würde, auch die Basler Brücken zu benutzen, wenn die Not¬<lb/> wendigkeit oder die Zweckmäßigkeit erkannt wäre; steht aber unmittelbar jen-<lb/> seits eine kräftige Barriere, dann werden sie es sich dreimal überlegen, bevor<lb/> sie sich die Köpfe an den Wällen auf dem Tüllinger Berge einrennen. Für<lb/> Basel würde dies also einen direkten Schutz bedeuten, der noch dazu dem<lb/> Bunde, dem Kantone oder der Stadt keinen Rappen kostete!</p><lb/> <p xml:id="ID_937"> Was nun das „unbehagliche Gefühl" der Basler anlangt bei dem Ge¬<lb/> danken, im Bereiche fremder Kanonen zu liegen, so bemerkt der Verfasser des<lb/> Artikels in der Frankfurter Zeitung sehr richtig, daß deutscherseits immer, mit<lb/> oder ohne Festung, in kurzer Zeit Positionsgeschützc auf dein Tülliuger Berge<lb/> aufgestellt werden können; also schon das Vorhandensein des Berges allein<lb/> würde genügen, ungemütliche Gefühle hervorzubringen — den kann man aber<lb/> nicht versetzen!' Etwaige Befestigungen dürften dieses Gefühl uicht erhöhen,<lb/> denn mit ihnen schießt man ja nicht: sie sollen nur aufgestellte Geschütze gegen<lb/> Geschoßwirkung und Erstürmung schirmen. Da nun kein Mensch daran denkt,<lb/> daß etwa die neutralen Schweizer jemals einen Angriff gegen eine deutsche<lb/> Befestigung unternehmen würden, so liegt für sie auch hierin ein deutlicher<lb/> Hinweis darauf, gegen wen die Positionsgeschütze — falls solche auf den<lb/> Tüllinger Berg gebracht würden — durch Wälle zu sichern wären. Den Bau<lb/> von solchen Deckungswälleu könnte die Schweiz also auch keinesfalls als „un¬<lb/> freundlichen Akt" auslegen, wie der „empfindsame Schweizer" meint; eher<lb/> wäre es ein solcher, wenn die Schweiz nnr zu dem ausgesprochen Zwecke,<lb/> das deutsche Fort unter Feuer zu nehmen, auf der Chrischonahöhe eine Be¬<lb/> festigung anlegte. Aber auch hier trifft derselbe Fall ein, daß die schweize¬<lb/> rische Positionsartillerie jederzeit, auch ohne besondre fortifikatorische Anlagen,<lb/> schwere Geschütze auf diese,: den Tüllinger Hügel überhöhenden Berg bringen<lb/> 'lud ein deutsches Werk vou oben herab zerschießen könnte — dächte also die<lb/> deutsche Heeresleitung nur im entferntesten an einen solchen Konflikt mit der<lb/> Schweiz, so würde sie Wohl Bedenken tragen, für schweres Geld eine dem<lb/> schweizerischen Geschützfeuer so exponierte Befestigung anzulegen. Ebensowenig<lb/> würden doch anch von den Deutschen die kostspieligen und schwierigen, sonst<lb/> ganz zwecklosen strategischen Bahnlinien zur Vermeidung der schweizerischen<lb/> Grenzen gebaut worden sein, wenn nicht der feste Wille vorlüge, die Neu¬<lb/> tralität der Schweiz zu respektieren. Wo siudet sich, könnte man beiläufig<lb/> fragen, auf französischer Seite auch nur annähernd eine ähnliche Gewähr, oder<lb/> auch nur eine Andeutung dieser Absicht, statt der gegenteiligen? Der einzige<lb/> Fall, wo ein Tüllinger Fort für Basel uubeauem sein würde, wäre der, daß<lb/> diese Stadt französisch wäre oder würde; dies zu vermeiden und zu ver¬<lb/> hindern, müßte bei einem künftigen großen Konflikt, vor dein wir hoffentlich<lb/> bewahrt bleiben, die Sorge der schweizerischen Armee sein, die ja ihren Auf¬<lb/> gaben von Jahr zu Jahr immer mehr gewachsen zu sein scheint.</p><lb/> <p xml:id="ID_938" next="#ID_939"> Was nun die Bestimmung des Pariser Friedens vom 20. November 1815<lb/> anlangt, wonach Frankreich das Verbot auferlegt worden ist, innerhalb drei<lb/> Meilen von Basel Festungswerke aufzuführen, fo ist der Schreiber des mehr-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
Schweizerische Fernsichten
die Dinge jetzt liegen, so ist doch kein Zweifel, daß Frankreich keinen Augen¬
blick zögern würde, auch die Basler Brücken zu benutzen, wenn die Not¬
wendigkeit oder die Zweckmäßigkeit erkannt wäre; steht aber unmittelbar jen-
seits eine kräftige Barriere, dann werden sie es sich dreimal überlegen, bevor
sie sich die Köpfe an den Wällen auf dem Tüllinger Berge einrennen. Für
Basel würde dies also einen direkten Schutz bedeuten, der noch dazu dem
Bunde, dem Kantone oder der Stadt keinen Rappen kostete!
Was nun das „unbehagliche Gefühl" der Basler anlangt bei dem Ge¬
danken, im Bereiche fremder Kanonen zu liegen, so bemerkt der Verfasser des
Artikels in der Frankfurter Zeitung sehr richtig, daß deutscherseits immer, mit
oder ohne Festung, in kurzer Zeit Positionsgeschützc auf dein Tülliuger Berge
aufgestellt werden können; also schon das Vorhandensein des Berges allein
würde genügen, ungemütliche Gefühle hervorzubringen — den kann man aber
nicht versetzen!' Etwaige Befestigungen dürften dieses Gefühl uicht erhöhen,
denn mit ihnen schießt man ja nicht: sie sollen nur aufgestellte Geschütze gegen
Geschoßwirkung und Erstürmung schirmen. Da nun kein Mensch daran denkt,
daß etwa die neutralen Schweizer jemals einen Angriff gegen eine deutsche
Befestigung unternehmen würden, so liegt für sie auch hierin ein deutlicher
Hinweis darauf, gegen wen die Positionsgeschütze — falls solche auf den
Tüllinger Berg gebracht würden — durch Wälle zu sichern wären. Den Bau
von solchen Deckungswälleu könnte die Schweiz also auch keinesfalls als „un¬
freundlichen Akt" auslegen, wie der „empfindsame Schweizer" meint; eher
wäre es ein solcher, wenn die Schweiz nnr zu dem ausgesprochen Zwecke,
das deutsche Fort unter Feuer zu nehmen, auf der Chrischonahöhe eine Be¬
festigung anlegte. Aber auch hier trifft derselbe Fall ein, daß die schweize¬
rische Positionsartillerie jederzeit, auch ohne besondre fortifikatorische Anlagen,
schwere Geschütze auf diese,: den Tüllinger Hügel überhöhenden Berg bringen
'lud ein deutsches Werk vou oben herab zerschießen könnte — dächte also die
deutsche Heeresleitung nur im entferntesten an einen solchen Konflikt mit der
Schweiz, so würde sie Wohl Bedenken tragen, für schweres Geld eine dem
schweizerischen Geschützfeuer so exponierte Befestigung anzulegen. Ebensowenig
würden doch anch von den Deutschen die kostspieligen und schwierigen, sonst
ganz zwecklosen strategischen Bahnlinien zur Vermeidung der schweizerischen
Grenzen gebaut worden sein, wenn nicht der feste Wille vorlüge, die Neu¬
tralität der Schweiz zu respektieren. Wo siudet sich, könnte man beiläufig
fragen, auf französischer Seite auch nur annähernd eine ähnliche Gewähr, oder
auch nur eine Andeutung dieser Absicht, statt der gegenteiligen? Der einzige
Fall, wo ein Tüllinger Fort für Basel uubeauem sein würde, wäre der, daß
diese Stadt französisch wäre oder würde; dies zu vermeiden und zu ver¬
hindern, müßte bei einem künftigen großen Konflikt, vor dein wir hoffentlich
bewahrt bleiben, die Sorge der schweizerischen Armee sein, die ja ihren Auf¬
gaben von Jahr zu Jahr immer mehr gewachsen zu sein scheint.
Was nun die Bestimmung des Pariser Friedens vom 20. November 1815
anlangt, wonach Frankreich das Verbot auferlegt worden ist, innerhalb drei
Meilen von Basel Festungswerke aufzuführen, fo ist der Schreiber des mehr-
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