Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.wie ein Redner mich einem großen Erfolge, Herr Gockel, nachdem er dem Wirte Nun mein lieber Herr Larisch, fragte im weitern Verlause des Abends der Menschenliebe, Herr Schulze, erwiderte Larisch, die reine Menschenliebe. Wir Was studieren? Die tote Asse. Zum Deibel, Schulze. Sie wissen doch, was die tote Asse ist; Kinder, hört mal zu, rief der Schulze, der die ganze Geschichte für eine Aber wir, entgegnete Larisch. Und auf dieser Wissenschaft beruht unser Unter¬ Bolze erhob sich, lockerte den Kehlkopf im Stehkragen, betrachtete seinen Blei- Warum fangen Sie denn nicht gleich bei Adam und Eva an? fragte Larisch. Stören Sie mich nicht. Dieser Fischreichtum war im Mittelalter so groß -- So lassen Sie doch Ihr dummes Mittelalter und kommen Sie auf die Gegenwart. -- war so groß, fuhr Bolze unbeirrt fort, daß es gesetzlich verboten war. Natürlich, schaltete Larisch ein, soll denn der Himmel grün und die Wiese r, wie ein Redner mich einem großen Erfolge, Herr Gockel, nachdem er dem Wirte Nun mein lieber Herr Larisch, fragte im weitern Verlause des Abends der Menschenliebe, Herr Schulze, erwiderte Larisch, die reine Menschenliebe. Wir Was studieren? Die tote Asse. Zum Deibel, Schulze. Sie wissen doch, was die tote Asse ist; Kinder, hört mal zu, rief der Schulze, der die ganze Geschichte für eine Aber wir, entgegnete Larisch. Und auf dieser Wissenschaft beruht unser Unter¬ Bolze erhob sich, lockerte den Kehlkopf im Stehkragen, betrachtete seinen Blei- Warum fangen Sie denn nicht gleich bei Adam und Eva an? fragte Larisch. Stören Sie mich nicht. Dieser Fischreichtum war im Mittelalter so groß — So lassen Sie doch Ihr dummes Mittelalter und kommen Sie auf die Gegenwart. — war so groß, fuhr Bolze unbeirrt fort, daß es gesetzlich verboten war. Natürlich, schaltete Larisch ein, soll denn der Himmel grün und die Wiese r, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0163" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236687"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_552" prev="#ID_551"> wie ein Redner mich einem großen Erfolge, Herr Gockel, nachdem er dem Wirte<lb/> einen Auftrag gegeben hatte, Herr Bernhard Scholz mit altfränkischer Höflichkeit, Herr<lb/> Lehrende Bolze nach einigen vorhergehenden Erörterungen über Plätze im allge¬<lb/> meinen und Holzbänke im besondern, und Herr Doktor Salix wichtig und förmlich,<lb/> nachdem er rechts und links modern-steife Verbeugungen gemacht hatte. Er behielt<lb/> auch dann noch einen schönen Anstand bei, als er sich erst rechts und dann links<lb/> mit dem Arme aufstützte und sich mit seiner Zigarette beschäftigte. Hierauf brachte<lb/> der Wirt Bier in Hülle und Fülle, das der Braumeister zu Ehren seiner Firma<lb/> zum beste» gab. Man ließ sich nicht nötigen, sondern griff zu und lobte Bier und<lb/> Brauerei.</p><lb/> <p xml:id="ID_553"> Nun mein lieber Herr Larisch, fragte im weitern Verlause des Abends der<lb/> Schulze, was führt Sie denn hierher in unser Holzweißig?</p><lb/> <p xml:id="ID_554"> Menschenliebe, Herr Schulze, erwiderte Larisch, die reine Menschenliebe. Wir<lb/> wollen unserm Göckel helfen, Zeche zu machen, damit er sich nicht vor der Zeit tot¬<lb/> säuft. Außerdem siud wir — hier legte er seine Stirn in Falten und zog den<lb/> Mund in die Breite, daß er aussah wie ein selbstbewußter Frosch —, außerdem<lb/> sind wir auf einer Studienreise. Wir beabsichtigen, die tote Asse zu studieren.</p><lb/> <p xml:id="ID_555"> Was studieren?</p><lb/> <p xml:id="ID_556"> Die tote Asse. Zum Deibel, Schulze. Sie wissen doch, was die tote Asse ist;<lb/> der Arm des Asseflusses hinterm Kalkbruche auf Altum zu, der bei der Regulierung<lb/> abgeschnitten worden ist. Diese tote Asse wollen wir auffischen.</p><lb/> <p xml:id="ID_557"> Kinder, hört mal zu, rief der Schulze, der die ganze Geschichte für eine<lb/> Eulenspiegelei von Larisch hielt, die Herren wollen die tote Asse auffischen. Ich<lb/> habe doch mein Lebtag nicht gehört, daß da Fische drin sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_558"> Aber wir, entgegnete Larisch. Und auf dieser Wissenschaft beruht unser Unter¬<lb/> nehmen. Und das sage ich Ihnen, Schulze, wenn Sie sich beikommen lassen, zu<lb/> Wilddieben, so werden Sie in Ihr eignes Spritzenhaus gesperrt. Sehen Sie hier,<lb/> weine Herren — damit warf er ein Schriftstück auf den Tisch und schlug mit der<lb/> Hand darauf —, hier liegt ein ordnungsmäßiger Kontrakt mit dem Fischermeister<lb/> Oskar Hofmann in Altum vor, auf Grund dessen wir die Fischereigerechtsame in<lb/> der toten Asse gepachtet haben. Also Hand von der Butter, oder man trete in<lb/> die Gesellschaft ein. Bolze, tragen Sie einmal den Fall im Zusammenhange vor.</p><lb/> <p xml:id="ID_559"> Bolze erhob sich, lockerte den Kehlkopf im Stehkragen, betrachtete seinen Blei-<lb/> Ast und begann: Der Fischreichtum unsrer deutschen Ströme war im Mittelalter<lb/> berühmt —</p><lb/> <p xml:id="ID_560"> Warum fangen Sie denn nicht gleich bei Adam und Eva an? fragte Larisch.<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_561"> Stören Sie mich nicht. Dieser Fischreichtum war im Mittelalter so groß —</p><lb/> <p xml:id="ID_562"> So lassen Sie doch Ihr dummes Mittelalter und kommen Sie auf die Gegenwart.</p><lb/> <p xml:id="ID_563"> — war so groß, fuhr Bolze unbeirrt fort, daß es gesetzlich verboten war.<lb/> dem Dienstboten öfter als dreimal in der Woche Fische vorzusetzen. Wie haben sich<lb/> die Zeiten geändert! Fische sind eine Delikatesse geworden, der deutsche Maun<lb/> wuß pekuniäre Opfer bringen — und wer brächte gern Opfer —, um zu einem<lb/> Gerichte von Fischen zu gelangen. Es war am vierzehnten dieses Monats, als<lb/> Herr Larisch und ich, um Orchideen und Wasserpflanzen zu sammeln, die Ane der<lb/> Asse durchstreiften. Es war ein schöner Sommertag, die Wiese war so grün, und<lb/> der Himmel war so blau — ^ ^ .</p><lb/> <p xml:id="ID_564"> Natürlich, schaltete Larisch ein, soll denn der Himmel grün und die Wiese<lb/> blau ausgesehen haben? Bvlze, Sie siud ein Leimsieder. ^ - </p><lb/> <p xml:id="ID_565"> r,<lb/> Unterbrechen Sie mich uicht. Und so konnten wir denn, am Wasserspiegel<lb/> der toten Asse stehend, deutlich sehen, daß in dem Teiche zahlreiche Fische standen.<lb/> Fische von ansehnlicher Größe. Bolze, sagte Larisch. die müssen wir haben. Larisch.<lb/> entgegnete ich. sehr wohl, aber xor tÄs nicht xe-r notks. Bolze, sagte Larisch.<lb/> natürlich per Faß- auf ein paar Zentner können wir bestimmt rechnen. Larisch,<lb/> sagte ich. Ihr Latein ist für die .Satze. 1''».s heißt Recht, und liet-r8 Unrecht.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0163]
wie ein Redner mich einem großen Erfolge, Herr Gockel, nachdem er dem Wirte
einen Auftrag gegeben hatte, Herr Bernhard Scholz mit altfränkischer Höflichkeit, Herr
Lehrende Bolze nach einigen vorhergehenden Erörterungen über Plätze im allge¬
meinen und Holzbänke im besondern, und Herr Doktor Salix wichtig und förmlich,
nachdem er rechts und links modern-steife Verbeugungen gemacht hatte. Er behielt
auch dann noch einen schönen Anstand bei, als er sich erst rechts und dann links
mit dem Arme aufstützte und sich mit seiner Zigarette beschäftigte. Hierauf brachte
der Wirt Bier in Hülle und Fülle, das der Braumeister zu Ehren seiner Firma
zum beste» gab. Man ließ sich nicht nötigen, sondern griff zu und lobte Bier und
Brauerei.
Nun mein lieber Herr Larisch, fragte im weitern Verlause des Abends der
Schulze, was führt Sie denn hierher in unser Holzweißig?
Menschenliebe, Herr Schulze, erwiderte Larisch, die reine Menschenliebe. Wir
wollen unserm Göckel helfen, Zeche zu machen, damit er sich nicht vor der Zeit tot¬
säuft. Außerdem siud wir — hier legte er seine Stirn in Falten und zog den
Mund in die Breite, daß er aussah wie ein selbstbewußter Frosch —, außerdem
sind wir auf einer Studienreise. Wir beabsichtigen, die tote Asse zu studieren.
Was studieren?
Die tote Asse. Zum Deibel, Schulze. Sie wissen doch, was die tote Asse ist;
der Arm des Asseflusses hinterm Kalkbruche auf Altum zu, der bei der Regulierung
abgeschnitten worden ist. Diese tote Asse wollen wir auffischen.
Kinder, hört mal zu, rief der Schulze, der die ganze Geschichte für eine
Eulenspiegelei von Larisch hielt, die Herren wollen die tote Asse auffischen. Ich
habe doch mein Lebtag nicht gehört, daß da Fische drin sind.
Aber wir, entgegnete Larisch. Und auf dieser Wissenschaft beruht unser Unter¬
nehmen. Und das sage ich Ihnen, Schulze, wenn Sie sich beikommen lassen, zu
Wilddieben, so werden Sie in Ihr eignes Spritzenhaus gesperrt. Sehen Sie hier,
weine Herren — damit warf er ein Schriftstück auf den Tisch und schlug mit der
Hand darauf —, hier liegt ein ordnungsmäßiger Kontrakt mit dem Fischermeister
Oskar Hofmann in Altum vor, auf Grund dessen wir die Fischereigerechtsame in
der toten Asse gepachtet haben. Also Hand von der Butter, oder man trete in
die Gesellschaft ein. Bolze, tragen Sie einmal den Fall im Zusammenhange vor.
Bolze erhob sich, lockerte den Kehlkopf im Stehkragen, betrachtete seinen Blei-
Ast und begann: Der Fischreichtum unsrer deutschen Ströme war im Mittelalter
berühmt —
Warum fangen Sie denn nicht gleich bei Adam und Eva an? fragte Larisch.
'
Stören Sie mich nicht. Dieser Fischreichtum war im Mittelalter so groß —
So lassen Sie doch Ihr dummes Mittelalter und kommen Sie auf die Gegenwart.
— war so groß, fuhr Bolze unbeirrt fort, daß es gesetzlich verboten war.
dem Dienstboten öfter als dreimal in der Woche Fische vorzusetzen. Wie haben sich
die Zeiten geändert! Fische sind eine Delikatesse geworden, der deutsche Maun
wuß pekuniäre Opfer bringen — und wer brächte gern Opfer —, um zu einem
Gerichte von Fischen zu gelangen. Es war am vierzehnten dieses Monats, als
Herr Larisch und ich, um Orchideen und Wasserpflanzen zu sammeln, die Ane der
Asse durchstreiften. Es war ein schöner Sommertag, die Wiese war so grün, und
der Himmel war so blau — ^ ^ .
Natürlich, schaltete Larisch ein, soll denn der Himmel grün und die Wiese
blau ausgesehen haben? Bvlze, Sie siud ein Leimsieder. ^ -
r,
Unterbrechen Sie mich uicht. Und so konnten wir denn, am Wasserspiegel
der toten Asse stehend, deutlich sehen, daß in dem Teiche zahlreiche Fische standen.
Fische von ansehnlicher Größe. Bolze, sagte Larisch. die müssen wir haben. Larisch.
entgegnete ich. sehr wohl, aber xor tÄs nicht xe-r notks. Bolze, sagte Larisch.
natürlich per Faß- auf ein paar Zentner können wir bestimmt rechnen. Larisch,
sagte ich. Ihr Latein ist für die .Satze. 1''».s heißt Recht, und liet-r8 Unrecht.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |