Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.Mont Se. Michel und der Michaelsknltus ihre Mission auf eine dreifache Weisung des Erzengels Michael berief, "ihrem Der Höhepunkt ist erreicht. Nach der Befreiung Frankreichs durch die Dafür erhob ihn Ludwig XI. zum höfischen Heiligen, indem er am 1. August (Fortsetzung folgt) Grcnzl'oder IV 1901>-i
Mont Se. Michel und der Michaelsknltus ihre Mission auf eine dreifache Weisung des Erzengels Michael berief, „ihrem Der Höhepunkt ist erreicht. Nach der Befreiung Frankreichs durch die Dafür erhob ihn Ludwig XI. zum höfischen Heiligen, indem er am 1. August (Fortsetzung folgt) Grcnzl'oder IV 1901>-i
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0097" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/235919"/> <fw type="header" place="top"> Mont Se. Michel und der Michaelsknltus</fw><lb/> <p xml:id="ID_309" prev="#ID_308"> ihre Mission auf eine dreifache Weisung des Erzengels Michael berief, „ihrem<lb/> König zu Hilfe zu eilen."</p><lb/> <p xml:id="ID_310"> Der Höhepunkt ist erreicht. Nach der Befreiung Frankreichs durch die<lb/> Jungfrau hat der Berg seiue aktive Rolle ausgespielt. Die Periode der ritter¬<lb/> lichen Kämpfe geht zu Ende mit der Einrichtung des ersten stehenden Heeres<lb/> durch Karl VII. Der politisch kluge Ludwig XI. leitet zur modernen Zeit über.<lb/> Er stützt sich auf das Bürgertum gegen den Großadel und befestigt die neu<lb/> gewonnene Einheit durch besonnene Verwaltung?'- und Finanzmaßregcln. Wie<lb/> wenn er seine ideale Mission erfüllt hätte, erscheint der Erzengel den Gläubigen<lb/> um 1452 ans dein Kirchturm des Berges. Wollte er als Nationalheiliger<lb/> Abschied nehmen?</p><lb/> <p xml:id="ID_311"> Dafür erhob ihn Ludwig XI. zum höfischen Heiligen, indem er am 1. August<lb/> 1469 deu Orden des Se. Michael für Verdienste um die Person des Königs<lb/> stiftete. Die Devise iinmsnsi tremor Oesaill am schwarzen Bande erinnerte<lb/> an den Beinamen an xsril <Zg ig. insr. Glänzende Kapitelversammlungen wurden<lb/> mehrfach in der Folgezeit abgehalten. Eine der glänzendsten veranstaltete<lb/> Franz I. bei seinem Besuche des Bergs im Jahre 1516. Wohl unter dem<lb/> Eindruck, den der kunstliebende Monarch dort empfangen hatte, erteilte er<lb/> Raphael deu Auftrag zu dem berühmten Bilde, das — 1518 gemalt — heute<lb/> im Louvre eine Zierde des Saals der Meisterwerke, das (Arr6 ist.<lb/> Wohl wird hier der beschwingte Engel, der Satan zu Boden tritt und zum<lb/> letzten Stoß mit der Lanze ausholt, als Gleichnis der siegreichen Kirche im<lb/> Kampf mit der Ketzerei aufgefaßt, doch weist der duftigblaue Ton, auf den das<lb/> ganze Gemälde bis zu den blan und goldig schimmernden Flügelfedern des<lb/> Engels gestimmt ist, und die blaue, felsige, weit ins Meer hiunusrngendc<lb/> Halbinsel, die der Engel von Satans Herrschaft befreit, deutlich zugleich auf<lb/> die lokale Beziehung zu seinem Hauptheiligtum am Meere hin, um das er nach<lb/> einer alten Legende mit dem Teufel gekümpft haben soll. Noch öfter ist in<lb/> spätern Bildern seine Gestalt als Symbol der die Häresie niederzwingenden<lb/> Kirche verwandt worden. Seltsam berührt es in diesem Zusammenhang, daß<lb/> Karl IX., der König der Pariser Bluthochzeit, der letzte französische König war,<lb/> der im Jahre 1561 zwölfjährig den Berg besuchte. Selten suchten ihn später<lb/> noch Prinzen als Sehenswürdigkeit auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_312"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grcnzl'oder IV 1901>-i</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0097]
Mont Se. Michel und der Michaelsknltus
ihre Mission auf eine dreifache Weisung des Erzengels Michael berief, „ihrem
König zu Hilfe zu eilen."
Der Höhepunkt ist erreicht. Nach der Befreiung Frankreichs durch die
Jungfrau hat der Berg seiue aktive Rolle ausgespielt. Die Periode der ritter¬
lichen Kämpfe geht zu Ende mit der Einrichtung des ersten stehenden Heeres
durch Karl VII. Der politisch kluge Ludwig XI. leitet zur modernen Zeit über.
Er stützt sich auf das Bürgertum gegen den Großadel und befestigt die neu
gewonnene Einheit durch besonnene Verwaltung?'- und Finanzmaßregcln. Wie
wenn er seine ideale Mission erfüllt hätte, erscheint der Erzengel den Gläubigen
um 1452 ans dein Kirchturm des Berges. Wollte er als Nationalheiliger
Abschied nehmen?
Dafür erhob ihn Ludwig XI. zum höfischen Heiligen, indem er am 1. August
1469 deu Orden des Se. Michael für Verdienste um die Person des Königs
stiftete. Die Devise iinmsnsi tremor Oesaill am schwarzen Bande erinnerte
an den Beinamen an xsril <Zg ig. insr. Glänzende Kapitelversammlungen wurden
mehrfach in der Folgezeit abgehalten. Eine der glänzendsten veranstaltete
Franz I. bei seinem Besuche des Bergs im Jahre 1516. Wohl unter dem
Eindruck, den der kunstliebende Monarch dort empfangen hatte, erteilte er
Raphael deu Auftrag zu dem berühmten Bilde, das — 1518 gemalt — heute
im Louvre eine Zierde des Saals der Meisterwerke, das (Arr6 ist.
Wohl wird hier der beschwingte Engel, der Satan zu Boden tritt und zum
letzten Stoß mit der Lanze ausholt, als Gleichnis der siegreichen Kirche im
Kampf mit der Ketzerei aufgefaßt, doch weist der duftigblaue Ton, auf den das
ganze Gemälde bis zu den blan und goldig schimmernden Flügelfedern des
Engels gestimmt ist, und die blaue, felsige, weit ins Meer hiunusrngendc
Halbinsel, die der Engel von Satans Herrschaft befreit, deutlich zugleich auf
die lokale Beziehung zu seinem Hauptheiligtum am Meere hin, um das er nach
einer alten Legende mit dem Teufel gekümpft haben soll. Noch öfter ist in
spätern Bildern seine Gestalt als Symbol der die Häresie niederzwingenden
Kirche verwandt worden. Seltsam berührt es in diesem Zusammenhang, daß
Karl IX., der König der Pariser Bluthochzeit, der letzte französische König war,
der im Jahre 1561 zwölfjährig den Berg besuchte. Selten suchten ihn später
noch Prinzen als Sehenswürdigkeit auf.
(Fortsetzung folgt)
Grcnzl'oder IV 1901>-i
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |