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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Zur Umgestaltung der Wasserwirtschaft

wird auch bei Eisenbahn- und Chausseebauten in solchen Thälern tvenig Rück-
sicht uns die Aufgaben des Flutrückstaues genommen, freilich nicht mit Absicht,
sondern weil diese Frage bis jetzt überhaupt nicht beachtet worden ist. Es wäre
zu wi'zusehen, daß derartige Nerbaullugen in Zukunft möglichst verhindert
würden. Das würde möglich sein, ohne daß man der weitem wirtschaftlichen
Erschließung der Gebirgsgegenden irgendwie hindernd in den Weg träte, wenn
durch sachverständige Kommissionen die Thäler geprüft würden, und wenn von
Fall zu Fall bei den Anträgen ans SiedlnugSgeuehmigungen und bei der
Planfeststellnng von Chaussee- und Bahnprojekten die Zwecke der allgemeinen
Landesknltur berücksichtigt würden. Ein Vorgang nach dieser Richtung ist
z. B, der K 47 des schlesischen Hochwassergesetzes vom Juli 1900,

Die neben den Thalsperrbecken hier in Anregung gebrachte durchgreifende
und planmäßige Anlegung von Horizontalgräben in Verbindung mit kleinern
Stnfenteichen in den Nunseu und Wildbächen der Gebirgsforsten wird haupt¬
sächlich eine Aufgabe der Staats- und Kommunalfvrstverwaltnngen sein, Ihrer
Durchführung stehn weder gesetzliche noch technische Schwierigkeiten im Wege.
Soweit solche Alllagen aber in Privat- oder Geuosseuschaftsforsten errichtet
werden sollten, würde" allerdings neue Gesetze in .Kraft treten müssen, denen
vielleicht die Bestimmungen des Gesetzes wegen der "Schutzmaßregeln im Quell¬
gebiete der linksseitigen Zuflüsse der Oder in der Provinz Schlesien von,
16. September 1899" und die damit gemachten Erfahrungen zu Grunde gelegt
werden könnten.

Die Revision der Grabennetze in den Berg- und Hügellandfeldmarken
wegen eiuer weniger beschleunigten Abschicknng und wegen Einstauuug des
Tagewassers neben kleinern Mcliorationsnnternehmungen würde voraussichtlich
eine vorteilhafte Aufgabe der Auseinanderselningsbehörden sein. Es bedarf
hierzu eines besondern Gesetzes und dessen möglichst einheitlicher Handhabung,
sowie lokaler Kommissionen mit eingehender Kenntnis der Abflußverhältuifse
und aller Meliorativns- und Wirtschaftsbedürfnisse der ihnen unterstellten Land¬
bezirke.

Dringend notwendig erscheint es außerdem, für die einzelnen Gebirgs-,
Hügel- und Flachlandgegenden ein eingehenderes Studium des Abflußvorgangs
der Niederschläge in Angriff zu nehmen. In den meteorologischen Sammel¬
stellen der einzelnen Staaten sind seit den letzten Jahrzehnten die Niederschlags-
beobachtnngen einer großen Anzahl von Regenstationen gesammelt worden.
Diese Beobachtltngsergebttifse sind sehr wertvoll. Es würde eine dankbare
Aufgabe sein, sie mit den gleichfalls seit langen Jahren an den mittlern und
kleinern Flüssen gemachten Pegelbeobachtnngen dadurch zu verbinden, daß an
geeigneten Pegelstationen für alle Wasserhosen die mittlern Durchsluß-
geschwiudigkeiteu und die Profilinhalte gemessen und danach für alle Peget-
stände die entsprechenden Abflnßmengen in der Sekunde festgestellt würden.

Hieraus ergäbe sich ein doppelter, für die Beurteilung und Nergleichuug
der einzelnen Abflnßvorgänge ungemein wichtiger Gewinn. Zunächst könnte


Zur Umgestaltung der Wasserwirtschaft

wird auch bei Eisenbahn- und Chausseebauten in solchen Thälern tvenig Rück-
sicht uns die Aufgaben des Flutrückstaues genommen, freilich nicht mit Absicht,
sondern weil diese Frage bis jetzt überhaupt nicht beachtet worden ist. Es wäre
zu wi'zusehen, daß derartige Nerbaullugen in Zukunft möglichst verhindert
würden. Das würde möglich sein, ohne daß man der weitem wirtschaftlichen
Erschließung der Gebirgsgegenden irgendwie hindernd in den Weg träte, wenn
durch sachverständige Kommissionen die Thäler geprüft würden, und wenn von
Fall zu Fall bei den Anträgen ans SiedlnugSgeuehmigungen und bei der
Planfeststellnng von Chaussee- und Bahnprojekten die Zwecke der allgemeinen
Landesknltur berücksichtigt würden. Ein Vorgang nach dieser Richtung ist
z. B, der K 47 des schlesischen Hochwassergesetzes vom Juli 1900,

Die neben den Thalsperrbecken hier in Anregung gebrachte durchgreifende
und planmäßige Anlegung von Horizontalgräben in Verbindung mit kleinern
Stnfenteichen in den Nunseu und Wildbächen der Gebirgsforsten wird haupt¬
sächlich eine Aufgabe der Staats- und Kommunalfvrstverwaltnngen sein, Ihrer
Durchführung stehn weder gesetzliche noch technische Schwierigkeiten im Wege.
Soweit solche Alllagen aber in Privat- oder Geuosseuschaftsforsten errichtet
werden sollten, würde» allerdings neue Gesetze in .Kraft treten müssen, denen
vielleicht die Bestimmungen des Gesetzes wegen der „Schutzmaßregeln im Quell¬
gebiete der linksseitigen Zuflüsse der Oder in der Provinz Schlesien von,
16. September 1899" und die damit gemachten Erfahrungen zu Grunde gelegt
werden könnten.

Die Revision der Grabennetze in den Berg- und Hügellandfeldmarken
wegen eiuer weniger beschleunigten Abschicknng und wegen Einstauuug des
Tagewassers neben kleinern Mcliorationsnnternehmungen würde voraussichtlich
eine vorteilhafte Aufgabe der Auseinanderselningsbehörden sein. Es bedarf
hierzu eines besondern Gesetzes und dessen möglichst einheitlicher Handhabung,
sowie lokaler Kommissionen mit eingehender Kenntnis der Abflußverhältuifse
und aller Meliorativns- und Wirtschaftsbedürfnisse der ihnen unterstellten Land¬
bezirke.

Dringend notwendig erscheint es außerdem, für die einzelnen Gebirgs-,
Hügel- und Flachlandgegenden ein eingehenderes Studium des Abflußvorgangs
der Niederschläge in Angriff zu nehmen. In den meteorologischen Sammel¬
stellen der einzelnen Staaten sind seit den letzten Jahrzehnten die Niederschlags-
beobachtnngen einer großen Anzahl von Regenstationen gesammelt worden.
Diese Beobachtltngsergebttifse sind sehr wertvoll. Es würde eine dankbare
Aufgabe sein, sie mit den gleichfalls seit langen Jahren an den mittlern und
kleinern Flüssen gemachten Pegelbeobachtnngen dadurch zu verbinden, daß an
geeigneten Pegelstationen für alle Wasserhosen die mittlern Durchsluß-
geschwiudigkeiteu und die Profilinhalte gemessen und danach für alle Peget-
stände die entsprechenden Abflnßmengen in der Sekunde festgestellt würden.

Hieraus ergäbe sich ein doppelter, für die Beurteilung und Nergleichuug
der einzelnen Abflnßvorgänge ungemein wichtiger Gewinn. Zunächst könnte


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/88>, abgerufen am 27.07.2024.