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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Weihnachten vor Paris

sagte zu Zeisig: Der ihre Tochter, Eugen, dus wäre me Frau für Sie gewesen,
wenn se sich nich verworfen hat, seit ich se zum letzten male gesehen habe. Und
me Schwiegermutter, wie sie im Buche steht. Rosa hier, meine Tochter, die sieht
er c bissel ähnlich, der Tochter heißt das, ooch der Mutter e bissel, aber meine
Rosa, die will keenen Fleischer und ooch keenen Bäcker heiraten.

Na wen will sie denn da heiraten, fragte einer von den Fleischern, dem "so
was" noch nicht vorgekommen war.

Karl wirds Ihnen sagen, wenn wir wieder fort sind. Ich habe versprochen,
ich will reinen Mund halten.

Die von unsern Lesern, die damals nicht mit in Villeparisis waren, haben
vielleicht noch nicht an die Schwierigkeit gedacht, die unter den damaligen Um¬
ständen dem entgegentrat, der dort für zwei junge Daumen Nachtquartier ausfindig
zu machen wünschte, noch dazu für zwei junge Damen, von denen nur die eine
echt war, und die man deshalb in zwei besondern Zimmern unterbringen mußte.
Von Franzosen war so gut wie niemand in Villevarisis geblieben, und man wäre
ohne den Stabskoch, den Vater Hunger, wirklich in Verlegenheit geraten. Er
hatte bei den seltnen Einkäufen, zu denen sich ub und zu Gelegenheit bot, Madame
Lemoine keimen gelernt, eine brave alte Dame, die sehr glänzende Tage gesehen hatte
und noch immer wohlhabend war. Sie hatte in einer Ecke von Villevarisis, wo man
wirklich nur hinkam, wenn man den Weg wußte, ein nettes altertümliches Wohnhaus
mit Garten, das sie nicht hatte verlassen wollen. Sie war zu alt, sagte sie, als daß sie
nochmals ihre Penaten hätte abbrechen mögen, deshalb hatte sie es drauf ankommen
lassen, war mit ihrer Nichte dageblieben und hatte es nicht zu bereuen gehabt,
deun sie war in jeder Beziehung völlig unbehelligt geblieben. Wie dergleichen Ge¬
fühl zuweilen vilznrtig und ohne zuvor eingestreuten Samen aus der Erde schießt,
so war man gleichsam vou selbst unter dem deutschen Kriegsvolk darüber einig ge¬
worden, daß sie eine gute, brave Frau wäre, und wir würden niemand geraten
haben, ihr etwas zuleide zu thun; die Schützen wie die Bombenschmeißer würden
ihm eklig heimgeleuchtet haben. Zu ihr War der gute Stabskvch gegangen und
hatte ihr die Sache auseinandergesetzt. Ein Vater, der mit seiner Tochter und
einem Kommis gekommen war, um nach seinem Sohn zu sehen, durchaus fried¬
liche, ehrbare Leute. Madame Lemoine, die so etwas rein aus Gefälligkeit that, hatte
sofort ja gesagt. Der alte Herr und der Kommis könnten in ihrem Fremdenzimmer
je ein Bett haben, und das junge Mädchen könnte mit in der Schlafstube ihrer
Nichte schlafen, in der ohnehin zwei Betten stünden. Der gute Vater Hunger
hatte auch größerer Vorsicht halber erwähnt, warum das junge Mädchen in Männer-
kleidung reise. Es war also alles in Ordnung.

Vater Hunger hatte bei der fideler Hahnschen und Zeisigschen Gesellschaft
noch ein Stündchen gesessen, als mit einemmal beim Aufbruche Vater Hahn, der
einen kleinen Schwibbs hatte und -- das muß ja auch zugegeben werden --
Julius für einen jungen Mann hielt, auf die Hinterbeine trat. Als ehrbarer und
verheirateter Mann konnte er es nicht zulassen, daß man einen jungen Mann, der
sich, allerdings aus ganz stichhaltigen Gründen, für ein Mädchen ausgab, zu der
Nichte der guten Dame ins Zimmer steckte, und -- hier guckte freilich der Affe
ein wenig heraus -- was Paul anlange, so sehe er ganz wie ein Mädchen aus,
und jedermann in Villevarisis halte ihn dafür. Mit ihm in demselben Zimmer
zu schlafen, passe sich für ihn, den Vater Hahn, auch nicht. In dem Stadium
war nichts mit ihm anzufangen: ein Maultier wäre eher über einen wackligen
Steg gegangen, als man ihn in einem solchen Augenblicke von einer einmal ge¬
faßten Meinung hätte abbringen können. Das wußte Karl. Auf der Straße
konnte man nicht bleiben; er teilte ihm also mit, wer Julius war, und wie alles
zusammenhing. Aber Gott bewahre, das rührte ihn nicht: das floß von ihm ab
wie dus Wasser vom Hunde. Er ließ sich kein X für ein U machen: so - - er


Weihnachten vor Paris

sagte zu Zeisig: Der ihre Tochter, Eugen, dus wäre me Frau für Sie gewesen,
wenn se sich nich verworfen hat, seit ich se zum letzten male gesehen habe. Und
me Schwiegermutter, wie sie im Buche steht. Rosa hier, meine Tochter, die sieht
er c bissel ähnlich, der Tochter heißt das, ooch der Mutter e bissel, aber meine
Rosa, die will keenen Fleischer und ooch keenen Bäcker heiraten.

Na wen will sie denn da heiraten, fragte einer von den Fleischern, dem „so
was" noch nicht vorgekommen war.

Karl wirds Ihnen sagen, wenn wir wieder fort sind. Ich habe versprochen,
ich will reinen Mund halten.

Die von unsern Lesern, die damals nicht mit in Villeparisis waren, haben
vielleicht noch nicht an die Schwierigkeit gedacht, die unter den damaligen Um¬
ständen dem entgegentrat, der dort für zwei junge Daumen Nachtquartier ausfindig
zu machen wünschte, noch dazu für zwei junge Damen, von denen nur die eine
echt war, und die man deshalb in zwei besondern Zimmern unterbringen mußte.
Von Franzosen war so gut wie niemand in Villevarisis geblieben, und man wäre
ohne den Stabskoch, den Vater Hunger, wirklich in Verlegenheit geraten. Er
hatte bei den seltnen Einkäufen, zu denen sich ub und zu Gelegenheit bot, Madame
Lemoine keimen gelernt, eine brave alte Dame, die sehr glänzende Tage gesehen hatte
und noch immer wohlhabend war. Sie hatte in einer Ecke von Villevarisis, wo man
wirklich nur hinkam, wenn man den Weg wußte, ein nettes altertümliches Wohnhaus
mit Garten, das sie nicht hatte verlassen wollen. Sie war zu alt, sagte sie, als daß sie
nochmals ihre Penaten hätte abbrechen mögen, deshalb hatte sie es drauf ankommen
lassen, war mit ihrer Nichte dageblieben und hatte es nicht zu bereuen gehabt,
deun sie war in jeder Beziehung völlig unbehelligt geblieben. Wie dergleichen Ge¬
fühl zuweilen vilznrtig und ohne zuvor eingestreuten Samen aus der Erde schießt,
so war man gleichsam vou selbst unter dem deutschen Kriegsvolk darüber einig ge¬
worden, daß sie eine gute, brave Frau wäre, und wir würden niemand geraten
haben, ihr etwas zuleide zu thun; die Schützen wie die Bombenschmeißer würden
ihm eklig heimgeleuchtet haben. Zu ihr War der gute Stabskvch gegangen und
hatte ihr die Sache auseinandergesetzt. Ein Vater, der mit seiner Tochter und
einem Kommis gekommen war, um nach seinem Sohn zu sehen, durchaus fried¬
liche, ehrbare Leute. Madame Lemoine, die so etwas rein aus Gefälligkeit that, hatte
sofort ja gesagt. Der alte Herr und der Kommis könnten in ihrem Fremdenzimmer
je ein Bett haben, und das junge Mädchen könnte mit in der Schlafstube ihrer
Nichte schlafen, in der ohnehin zwei Betten stünden. Der gute Vater Hunger
hatte auch größerer Vorsicht halber erwähnt, warum das junge Mädchen in Männer-
kleidung reise. Es war also alles in Ordnung.

Vater Hunger hatte bei der fideler Hahnschen und Zeisigschen Gesellschaft
noch ein Stündchen gesessen, als mit einemmal beim Aufbruche Vater Hahn, der
einen kleinen Schwibbs hatte und — das muß ja auch zugegeben werden —
Julius für einen jungen Mann hielt, auf die Hinterbeine trat. Als ehrbarer und
verheirateter Mann konnte er es nicht zulassen, daß man einen jungen Mann, der
sich, allerdings aus ganz stichhaltigen Gründen, für ein Mädchen ausgab, zu der
Nichte der guten Dame ins Zimmer steckte, und — hier guckte freilich der Affe
ein wenig heraus — was Paul anlange, so sehe er ganz wie ein Mädchen aus,
und jedermann in Villevarisis halte ihn dafür. Mit ihm in demselben Zimmer
zu schlafen, passe sich für ihn, den Vater Hahn, auch nicht. In dem Stadium
war nichts mit ihm anzufangen: ein Maultier wäre eher über einen wackligen
Steg gegangen, als man ihn in einem solchen Augenblicke von einer einmal ge¬
faßten Meinung hätte abbringen können. Das wußte Karl. Auf der Straße
konnte man nicht bleiben; er teilte ihm also mit, wer Julius war, und wie alles
zusammenhing. Aber Gott bewahre, das rührte ihn nicht: das floß von ihm ab
wie dus Wasser vom Hunde. Er ließ sich kein X für ein U machen: so - - er


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[0685] Weihnachten vor Paris sagte zu Zeisig: Der ihre Tochter, Eugen, dus wäre me Frau für Sie gewesen, wenn se sich nich verworfen hat, seit ich se zum letzten male gesehen habe. Und me Schwiegermutter, wie sie im Buche steht. Rosa hier, meine Tochter, die sieht er c bissel ähnlich, der Tochter heißt das, ooch der Mutter e bissel, aber meine Rosa, die will keenen Fleischer und ooch keenen Bäcker heiraten. Na wen will sie denn da heiraten, fragte einer von den Fleischern, dem „so was" noch nicht vorgekommen war. Karl wirds Ihnen sagen, wenn wir wieder fort sind. Ich habe versprochen, ich will reinen Mund halten. Die von unsern Lesern, die damals nicht mit in Villeparisis waren, haben vielleicht noch nicht an die Schwierigkeit gedacht, die unter den damaligen Um¬ ständen dem entgegentrat, der dort für zwei junge Daumen Nachtquartier ausfindig zu machen wünschte, noch dazu für zwei junge Damen, von denen nur die eine echt war, und die man deshalb in zwei besondern Zimmern unterbringen mußte. Von Franzosen war so gut wie niemand in Villevarisis geblieben, und man wäre ohne den Stabskoch, den Vater Hunger, wirklich in Verlegenheit geraten. Er hatte bei den seltnen Einkäufen, zu denen sich ub und zu Gelegenheit bot, Madame Lemoine keimen gelernt, eine brave alte Dame, die sehr glänzende Tage gesehen hatte und noch immer wohlhabend war. Sie hatte in einer Ecke von Villevarisis, wo man wirklich nur hinkam, wenn man den Weg wußte, ein nettes altertümliches Wohnhaus mit Garten, das sie nicht hatte verlassen wollen. Sie war zu alt, sagte sie, als daß sie nochmals ihre Penaten hätte abbrechen mögen, deshalb hatte sie es drauf ankommen lassen, war mit ihrer Nichte dageblieben und hatte es nicht zu bereuen gehabt, deun sie war in jeder Beziehung völlig unbehelligt geblieben. Wie dergleichen Ge¬ fühl zuweilen vilznrtig und ohne zuvor eingestreuten Samen aus der Erde schießt, so war man gleichsam vou selbst unter dem deutschen Kriegsvolk darüber einig ge¬ worden, daß sie eine gute, brave Frau wäre, und wir würden niemand geraten haben, ihr etwas zuleide zu thun; die Schützen wie die Bombenschmeißer würden ihm eklig heimgeleuchtet haben. Zu ihr War der gute Stabskvch gegangen und hatte ihr die Sache auseinandergesetzt. Ein Vater, der mit seiner Tochter und einem Kommis gekommen war, um nach seinem Sohn zu sehen, durchaus fried¬ liche, ehrbare Leute. Madame Lemoine, die so etwas rein aus Gefälligkeit that, hatte sofort ja gesagt. Der alte Herr und der Kommis könnten in ihrem Fremdenzimmer je ein Bett haben, und das junge Mädchen könnte mit in der Schlafstube ihrer Nichte schlafen, in der ohnehin zwei Betten stünden. Der gute Vater Hunger hatte auch größerer Vorsicht halber erwähnt, warum das junge Mädchen in Männer- kleidung reise. Es war also alles in Ordnung. Vater Hunger hatte bei der fideler Hahnschen und Zeisigschen Gesellschaft noch ein Stündchen gesessen, als mit einemmal beim Aufbruche Vater Hahn, der einen kleinen Schwibbs hatte und — das muß ja auch zugegeben werden — Julius für einen jungen Mann hielt, auf die Hinterbeine trat. Als ehrbarer und verheirateter Mann konnte er es nicht zulassen, daß man einen jungen Mann, der sich, allerdings aus ganz stichhaltigen Gründen, für ein Mädchen ausgab, zu der Nichte der guten Dame ins Zimmer steckte, und — hier guckte freilich der Affe ein wenig heraus — was Paul anlange, so sehe er ganz wie ein Mädchen aus, und jedermann in Villevarisis halte ihn dafür. Mit ihm in demselben Zimmer zu schlafen, passe sich für ihn, den Vater Hahn, auch nicht. In dem Stadium war nichts mit ihm anzufangen: ein Maultier wäre eher über einen wackligen Steg gegangen, als man ihn in einem solchen Augenblicke von einer einmal ge¬ faßten Meinung hätte abbringen können. Das wußte Karl. Auf der Straße konnte man nicht bleiben; er teilte ihm also mit, wer Julius war, und wie alles zusammenhing. Aber Gott bewahre, das rührte ihn nicht: das floß von ihm ab wie dus Wasser vom Hunde. Er ließ sich kein X für ein U machen: so - - er

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/685>, abgerufen am 01.09.2024.