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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Im 'Kampf "ins Leben

Unrecht, um einem nider Bekannten vorüber zu fahren, aber als dieser auf die Seite
bog, fuhr Sören eilig vorüber, -- Das ist etwas andres als Ochsen! sagte Ane
und sah ganz glückselig aus. -- Ja; das sind zwei, die etwas WolleuI wiederholte
Söreu, und sie können mich etwas! Hu! Hu! Und das Herz hüpfte ihm vor
Freuden in der Brust. An diesem Tage überholte er alle mit Ochsen bespannten
Wagen der Düneubewohner, und als er ans dem Jahrmnrktsplatz ankam, wagte
er kaum die Augen aufzuschlagen, denn es war ihm, als ob aller Augen auf ihn
und auf seine kleinen gelben Pferde gerichtet seien. Die Häuslerfamilie arbeitete
sich durch einen wahren Ameisenhaufen von Menschen und Tieren und allerhand
Troß durch, wie es bei einem gut besuchten Jahrmarkt zu sein Pflegt, und kam
dabei um einem Zelt vorbei, wo eine Anzahl Dünenleute saß und trank. -- Hallo,
Sören! riefen sie ihm zu. -- Es wäre am besten, wenn du zu thuen hineingingest,
flüsterte Ane, ich wandre indessen mit den Kindern ein wenig herum. -- Als Sören
eintrat, wurde ihm auf der hintern Bank Platz angeboten, und sofort setzten sich
mehrere Müuncr zu beiden Seiten zu ihm. ----- Wir fahre" allerdings uur mit
Ochsen, begann ein rotbärtiger Mann schlncksend, aber du trinkst vielleicht trotzdem
ein Glas Punsch mit uns! -- Söreu schaute fragend um sich. Er erwartete nichts
Gutes von diesen erhitzten und breit grinsenden Gesichtern, die ihm zugewandt
waren. -- Wie kommt es denn, daß das Handpferd das eine Hinterbein hinauf¬
zieht? fragte einer. -- Damit kann sie leicht über eine Thürschwelle komme", fügte
ein andrer hinzu. - Vielleicht hat sie etwas wenig Gicht! meinte ein dritter. --
Ja, das stellt sich leicht mit den Jahren ein! sagte ein vierter. Diese und andre
anzügliche Bemerkungen stürmten auf Sören ein, und bei jedem Satze brachen die
Männer in ein rohes und schallendes Gelächter aus.

Wie weh that es Söreu, so als Zielscheibe für die Verhöhnungen seiner
Nachbarn und Gleichgestellten dasitzen zu müsse"! Würde denn dieser Krieg nie
ein Ende nehmen? Gab es nirgends eine friedliche Stelle, zu der er sich wenden
konnte? Er schlug der Gesellschaft eine "Runde" vor, einen Versöhnungsbecher,
der im Anfang auch wirklich die Herzen freundlicher zu stimmen schien. Aber einer
der Männer, ein schieläugiger Mensch, der bis jetzt unzusammenhängendes Zeug
geschwatzt hatte, erhob sich plötzlich und sagte, wie wenn er Sören erst jetzt gewahr
würde, zu ihm: Um Verlaub! Ist das nicht der Herr Plantngenbesitzer? -- Und
darauf folgte wieder eine dröhnende Lachsalve. Alsbald fuhr auch ein andrer fort
und sagte: O, Sören hat leicht Pferde kaufen. Solche Vänme! Da hat man
ordentliche Einnahme. -- Ja, als Brennholz ins Haus, meinst du! fügte ein
dritter hinzu, und das Hohngclcichter drang wie ein Hagelschauer spitzer Nadeln
"uf Sören ein.

Da entdeckte er Ane unter der Zeltthür, die nach ihm ausschaute, und er
erhob sich "ut wollte gehn. -- Es hat wohl keine so große Eile! warfen die
Bauern ein und wollten nun noch eine Runde trinken. -- Wollt ihr mich hinaus
^sser? fragte Sören bestimmt. Aber die Männer auf der Bank klemmten ihn auf
beiden Seiten ein, und mehrere riefen zugleich mit drohenden Blicken: Willst dn
"Usern Trunk verschmähn? Willst du uns trotzen?

Sörens Gesicht verfinsterte sich. Ich will hinaus! rief er, und ehe sichs jemand
"ersah, waren seine Füße auf dem Tisch, und weg war er über alle Köpfe. Die
Männer starrten auf den leeren Platz, und eiuer von ihnen bemerkte: Was der
Kerl will, das will er! Da ist nichts dagegen zu machen. -- Wo zum Teufel ist er nur
geblieben? fragte der Schieläugige und warf dabei das vor ihm stehende Glas um.

Aber Sören fuhr schon der Düne zu und ließ die kleinen Pferde laufen, was
sie konnten. Er sprach kein Wort, sondern starrte nur unverwandt geradeaus, mit
gerunzelter Stirn und fest zusammengepreßten Lippen. Das einzige, was sich in
dem harten Gesicht bewegte, waren die zitternden Nasenflügel. Ane fühlte, was
er litt. Sie drückte sich fest an ihn an, während ihr Herz mit hastigen Schläge"


Im 'Kampf »ins Leben

Unrecht, um einem nider Bekannten vorüber zu fahren, aber als dieser auf die Seite
bog, fuhr Sören eilig vorüber, — Das ist etwas andres als Ochsen! sagte Ane
und sah ganz glückselig aus. — Ja; das sind zwei, die etwas WolleuI wiederholte
Söreu, und sie können mich etwas! Hu! Hu! Und das Herz hüpfte ihm vor
Freuden in der Brust. An diesem Tage überholte er alle mit Ochsen bespannten
Wagen der Düneubewohner, und als er ans dem Jahrmnrktsplatz ankam, wagte
er kaum die Augen aufzuschlagen, denn es war ihm, als ob aller Augen auf ihn
und auf seine kleinen gelben Pferde gerichtet seien. Die Häuslerfamilie arbeitete
sich durch einen wahren Ameisenhaufen von Menschen und Tieren und allerhand
Troß durch, wie es bei einem gut besuchten Jahrmarkt zu sein Pflegt, und kam
dabei um einem Zelt vorbei, wo eine Anzahl Dünenleute saß und trank. — Hallo,
Sören! riefen sie ihm zu. — Es wäre am besten, wenn du zu thuen hineingingest,
flüsterte Ane, ich wandre indessen mit den Kindern ein wenig herum. — Als Sören
eintrat, wurde ihm auf der hintern Bank Platz angeboten, und sofort setzten sich
mehrere Müuncr zu beiden Seiten zu ihm. ----- Wir fahre» allerdings uur mit
Ochsen, begann ein rotbärtiger Mann schlncksend, aber du trinkst vielleicht trotzdem
ein Glas Punsch mit uns! — Söreu schaute fragend um sich. Er erwartete nichts
Gutes von diesen erhitzten und breit grinsenden Gesichtern, die ihm zugewandt
waren. — Wie kommt es denn, daß das Handpferd das eine Hinterbein hinauf¬
zieht? fragte einer. — Damit kann sie leicht über eine Thürschwelle komme«, fügte
ein andrer hinzu. - Vielleicht hat sie etwas wenig Gicht! meinte ein dritter. —
Ja, das stellt sich leicht mit den Jahren ein! sagte ein vierter. Diese und andre
anzügliche Bemerkungen stürmten auf Sören ein, und bei jedem Satze brachen die
Männer in ein rohes und schallendes Gelächter aus.

Wie weh that es Söreu, so als Zielscheibe für die Verhöhnungen seiner
Nachbarn und Gleichgestellten dasitzen zu müsse«! Würde denn dieser Krieg nie
ein Ende nehmen? Gab es nirgends eine friedliche Stelle, zu der er sich wenden
konnte? Er schlug der Gesellschaft eine „Runde" vor, einen Versöhnungsbecher,
der im Anfang auch wirklich die Herzen freundlicher zu stimmen schien. Aber einer
der Männer, ein schieläugiger Mensch, der bis jetzt unzusammenhängendes Zeug
geschwatzt hatte, erhob sich plötzlich und sagte, wie wenn er Sören erst jetzt gewahr
würde, zu ihm: Um Verlaub! Ist das nicht der Herr Plantngenbesitzer? — Und
darauf folgte wieder eine dröhnende Lachsalve. Alsbald fuhr auch ein andrer fort
und sagte: O, Sören hat leicht Pferde kaufen. Solche Vänme! Da hat man
ordentliche Einnahme. — Ja, als Brennholz ins Haus, meinst du! fügte ein
dritter hinzu, und das Hohngclcichter drang wie ein Hagelschauer spitzer Nadeln
"uf Sören ein.

Da entdeckte er Ane unter der Zeltthür, die nach ihm ausschaute, und er
erhob sich «ut wollte gehn. — Es hat wohl keine so große Eile! warfen die
Bauern ein und wollten nun noch eine Runde trinken. — Wollt ihr mich hinaus
^sser? fragte Sören bestimmt. Aber die Männer auf der Bank klemmten ihn auf
beiden Seiten ein, und mehrere riefen zugleich mit drohenden Blicken: Willst dn
"Usern Trunk verschmähn? Willst du uns trotzen?

Sörens Gesicht verfinsterte sich. Ich will hinaus! rief er, und ehe sichs jemand
"ersah, waren seine Füße auf dem Tisch, und weg war er über alle Köpfe. Die
Männer starrten auf den leeren Platz, und eiuer von ihnen bemerkte: Was der
Kerl will, das will er! Da ist nichts dagegen zu machen. — Wo zum Teufel ist er nur
geblieben? fragte der Schieläugige und warf dabei das vor ihm stehende Glas um.

Aber Sören fuhr schon der Düne zu und ließ die kleinen Pferde laufen, was
sie konnten. Er sprach kein Wort, sondern starrte nur unverwandt geradeaus, mit
gerunzelter Stirn und fest zusammengepreßten Lippen. Das einzige, was sich in
dem harten Gesicht bewegte, waren die zitternden Nasenflügel. Ane fühlte, was
er litt. Sie drückte sich fest an ihn an, während ihr Herz mit hastigen Schläge»


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[0663] Im 'Kampf »ins Leben Unrecht, um einem nider Bekannten vorüber zu fahren, aber als dieser auf die Seite bog, fuhr Sören eilig vorüber, — Das ist etwas andres als Ochsen! sagte Ane und sah ganz glückselig aus. — Ja; das sind zwei, die etwas WolleuI wiederholte Söreu, und sie können mich etwas! Hu! Hu! Und das Herz hüpfte ihm vor Freuden in der Brust. An diesem Tage überholte er alle mit Ochsen bespannten Wagen der Düneubewohner, und als er ans dem Jahrmnrktsplatz ankam, wagte er kaum die Augen aufzuschlagen, denn es war ihm, als ob aller Augen auf ihn und auf seine kleinen gelben Pferde gerichtet seien. Die Häuslerfamilie arbeitete sich durch einen wahren Ameisenhaufen von Menschen und Tieren und allerhand Troß durch, wie es bei einem gut besuchten Jahrmarkt zu sein Pflegt, und kam dabei um einem Zelt vorbei, wo eine Anzahl Dünenleute saß und trank. — Hallo, Sören! riefen sie ihm zu. — Es wäre am besten, wenn du zu thuen hineingingest, flüsterte Ane, ich wandre indessen mit den Kindern ein wenig herum. — Als Sören eintrat, wurde ihm auf der hintern Bank Platz angeboten, und sofort setzten sich mehrere Müuncr zu beiden Seiten zu ihm. ----- Wir fahre» allerdings uur mit Ochsen, begann ein rotbärtiger Mann schlncksend, aber du trinkst vielleicht trotzdem ein Glas Punsch mit uns! — Söreu schaute fragend um sich. Er erwartete nichts Gutes von diesen erhitzten und breit grinsenden Gesichtern, die ihm zugewandt waren. — Wie kommt es denn, daß das Handpferd das eine Hinterbein hinauf¬ zieht? fragte einer. — Damit kann sie leicht über eine Thürschwelle komme«, fügte ein andrer hinzu. - Vielleicht hat sie etwas wenig Gicht! meinte ein dritter. — Ja, das stellt sich leicht mit den Jahren ein! sagte ein vierter. Diese und andre anzügliche Bemerkungen stürmten auf Sören ein, und bei jedem Satze brachen die Männer in ein rohes und schallendes Gelächter aus. Wie weh that es Söreu, so als Zielscheibe für die Verhöhnungen seiner Nachbarn und Gleichgestellten dasitzen zu müsse«! Würde denn dieser Krieg nie ein Ende nehmen? Gab es nirgends eine friedliche Stelle, zu der er sich wenden konnte? Er schlug der Gesellschaft eine „Runde" vor, einen Versöhnungsbecher, der im Anfang auch wirklich die Herzen freundlicher zu stimmen schien. Aber einer der Männer, ein schieläugiger Mensch, der bis jetzt unzusammenhängendes Zeug geschwatzt hatte, erhob sich plötzlich und sagte, wie wenn er Sören erst jetzt gewahr würde, zu ihm: Um Verlaub! Ist das nicht der Herr Plantngenbesitzer? — Und darauf folgte wieder eine dröhnende Lachsalve. Alsbald fuhr auch ein andrer fort und sagte: O, Sören hat leicht Pferde kaufen. Solche Vänme! Da hat man ordentliche Einnahme. — Ja, als Brennholz ins Haus, meinst du! fügte ein dritter hinzu, und das Hohngclcichter drang wie ein Hagelschauer spitzer Nadeln "uf Sören ein. Da entdeckte er Ane unter der Zeltthür, die nach ihm ausschaute, und er erhob sich «ut wollte gehn. — Es hat wohl keine so große Eile! warfen die Bauern ein und wollten nun noch eine Runde trinken. — Wollt ihr mich hinaus ^sser? fragte Sören bestimmt. Aber die Männer auf der Bank klemmten ihn auf beiden Seiten ein, und mehrere riefen zugleich mit drohenden Blicken: Willst dn "Usern Trunk verschmähn? Willst du uns trotzen? Sörens Gesicht verfinsterte sich. Ich will hinaus! rief er, und ehe sichs jemand "ersah, waren seine Füße auf dem Tisch, und weg war er über alle Köpfe. Die Männer starrten auf den leeren Platz, und eiuer von ihnen bemerkte: Was der Kerl will, das will er! Da ist nichts dagegen zu machen. — Wo zum Teufel ist er nur geblieben? fragte der Schieläugige und warf dabei das vor ihm stehende Glas um. Aber Sören fuhr schon der Düne zu und ließ die kleinen Pferde laufen, was sie konnten. Er sprach kein Wort, sondern starrte nur unverwandt geradeaus, mit gerunzelter Stirn und fest zusammengepreßten Lippen. Das einzige, was sich in dem harten Gesicht bewegte, waren die zitternden Nasenflügel. Ane fühlte, was er litt. Sie drückte sich fest an ihn an, während ihr Herz mit hastigen Schläge»

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/663>, abgerufen am 01.09.2024.