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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

lich noch gute Seelen von altvaterischer Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit unter
deu Landlehrern, die mit der Höhe oder Niedrigkeit ihres Einkommens zufrieden
sein würden, wenn es -- wirklich und pünktlich einkäme. Aber dieses Einkommen
setzt sich aus einer Menge kleiner Beträge zusammen, die unregelmäßig eingehn,
oft erst eingemahnt und eingeklagt werden müssen, und die zum Teil in Naturalien
vestehn. Kürzlich bot sich mir eine Gelegenheit dar, die Schulverhältnisse eines
ostelbischeu Dorfes kennen zu lerne" und auch in den Genußzettel des Lehrers
Einsicht zu nehmen. Sein auf 1011 Mark 50 Pfennige festgesetzter Grundgehalt
setzt sich aus folgenden Posten zusammen: Bargehalt 500 Mark 16 Pfennige. Die
500 Mark zahlt die Regierung in Vierteljahrsraten, und diese vierteljährlichen
125 Mark sind das einzige, worauf er zum Tage rechnen kann. Die 10 Pfennige
haben Dominium und Gemeinde gemeinsam aufzubringen; diese zahlt drei Viertel,
also 12 Pfennige; das Dominium hat sein Viertel bis heute noch nicht gezahlt.
Was soll nun der Lehrer thun? Jedes Jahr wegen der 4 Pfennige um ebenso¬
viel Papier zu Mahnbriefen verwenden? Das wäre lächerlich. Dem Dominium
die 4 Pfennige schenken? Dazu ist er seines Nachfolgers wegen uicht berechtigt,
und außerdem ist so ein stillschweigender Verzicht gefährlich. Ist das Dominium
um die 4 Pfennige glücklich herumgekommen, so versucht es den Passiver Wider¬
stand später bei Posten von 4 und 40 Mark. Holz und Kohlen im Gesamtwert
von 119 Mark werdeu von der Gemeinde widerspruchslos geliefert und von den
Bauern angefahren, das Holz wird von den Jnliegern zerkleinert. Ferner liefert
die Gemeinde 11,24 Hektoliter Roggen, die eine Hälfte im April, die andre im
November, und Ende Februar 1,89 Hektoliter Hafer, das Dominium 1,89 Hekto¬
liter Weizen in zwei Raten: am 1. Januar und am 1. Juli. Nach der Ernte
erhält der Lehrer 52 Wcizengarben; das Dominium liefert 10, jeder Bauer 2.
Dann werden dem Lehrer ,Z2 Kartvffelfurchen (vom Dominium 1l, von jedem der
21 Bauern eine) zur Benutzung überlassen. Als Entschädigung für den Ertrag
der früher üblichen Umgänge zahlt die Gemeinde zu Neujahr und Ostern zusammen
18 Mark 10 Pfennige. Endlich hat der Lehrer 2,55 Hektar Schulacker, deu er
verpachtet. Außerdem soll er 55 Mark 50 Pfennige Legntzinsen erhalten, wovon
seine Frau 48 Mark als Lohn für die Erteilung des Jndustrieunterrichts zu fordern
hat, der Rest als Zuschuß zum Schulheiznugsgelde berechnet wird. Verwalter des
Legats ist der Dominialherr. Seit einem Jahre sind die Legatzinsen nicht mehr
gezahlt worden. Der Verwalter erklärt, er könne die Hypothek, in der das Legat
angelegt sei, nicht finden, und die Beschwerden des Lehrers bei den zunächst zu¬
ständigen Behörden bleiben unbeantwortet; wendet er sich an eine höhere Instanz,
so muß er fürchten, als Querulant ins schwarze Buch zu kommen. Mit dem
Dominialherrn korrespondiert er nicht. Er hat es nur mit der Schulkasfe zu thun,
in die alle ihm gebührenden Geldbeträge fließen; aber erhalt die Schulkasse nichts,
so zahlt sie nichts aus.) Ein paar von den Naturalleistnngeu, z. B. einige Knrtoffel-
furcheu, sind -- uicht auf dem gesetzlichen Wege, sondern durch privates Über¬
einkomme" -- in Geld abgelöst worden, das meiste muß der Lehrer erst durch
Verkauf zu Geld macheu. Die Lieferuugs- und Zahlungstermine werden schlecht
innegehalten.

So sieht also der Gehalt einer Klasse von Preußischen Staatsbeamten aus im
Jahre 1901! Können Staat und Landwirtschaft uicht mehr geben -- meinet¬
wegen! Aber die Ablösung und Konsolidierung dieser Lumpereien, die spätestens
ve> der Neuregelung der Gehalte durchgeführt werden mußte, hätte den Staat,
die Bauern und den Dominialherrn nicht einen Pfennig gekostet. Wenn der Lehrer
>ab seine Frau nicht Virtuosen in der Kunst des Hnnshnltens sind, geraten sie in
Schulden. Die Herren Landräte und Regiernugsräte sollen es doch einmal probieren,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

lich noch gute Seelen von altvaterischer Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit unter
deu Landlehrern, die mit der Höhe oder Niedrigkeit ihres Einkommens zufrieden
sein würden, wenn es — wirklich und pünktlich einkäme. Aber dieses Einkommen
setzt sich aus einer Menge kleiner Beträge zusammen, die unregelmäßig eingehn,
oft erst eingemahnt und eingeklagt werden müssen, und die zum Teil in Naturalien
vestehn. Kürzlich bot sich mir eine Gelegenheit dar, die Schulverhältnisse eines
ostelbischeu Dorfes kennen zu lerne» und auch in den Genußzettel des Lehrers
Einsicht zu nehmen. Sein auf 1011 Mark 50 Pfennige festgesetzter Grundgehalt
setzt sich aus folgenden Posten zusammen: Bargehalt 500 Mark 16 Pfennige. Die
500 Mark zahlt die Regierung in Vierteljahrsraten, und diese vierteljährlichen
125 Mark sind das einzige, worauf er zum Tage rechnen kann. Die 10 Pfennige
haben Dominium und Gemeinde gemeinsam aufzubringen; diese zahlt drei Viertel,
also 12 Pfennige; das Dominium hat sein Viertel bis heute noch nicht gezahlt.
Was soll nun der Lehrer thun? Jedes Jahr wegen der 4 Pfennige um ebenso¬
viel Papier zu Mahnbriefen verwenden? Das wäre lächerlich. Dem Dominium
die 4 Pfennige schenken? Dazu ist er seines Nachfolgers wegen uicht berechtigt,
und außerdem ist so ein stillschweigender Verzicht gefährlich. Ist das Dominium
um die 4 Pfennige glücklich herumgekommen, so versucht es den Passiver Wider¬
stand später bei Posten von 4 und 40 Mark. Holz und Kohlen im Gesamtwert
von 119 Mark werdeu von der Gemeinde widerspruchslos geliefert und von den
Bauern angefahren, das Holz wird von den Jnliegern zerkleinert. Ferner liefert
die Gemeinde 11,24 Hektoliter Roggen, die eine Hälfte im April, die andre im
November, und Ende Februar 1,89 Hektoliter Hafer, das Dominium 1,89 Hekto¬
liter Weizen in zwei Raten: am 1. Januar und am 1. Juli. Nach der Ernte
erhält der Lehrer 52 Wcizengarben; das Dominium liefert 10, jeder Bauer 2.
Dann werden dem Lehrer ,Z2 Kartvffelfurchen (vom Dominium 1l, von jedem der
21 Bauern eine) zur Benutzung überlassen. Als Entschädigung für den Ertrag
der früher üblichen Umgänge zahlt die Gemeinde zu Neujahr und Ostern zusammen
18 Mark 10 Pfennige. Endlich hat der Lehrer 2,55 Hektar Schulacker, deu er
verpachtet. Außerdem soll er 55 Mark 50 Pfennige Legntzinsen erhalten, wovon
seine Frau 48 Mark als Lohn für die Erteilung des Jndustrieunterrichts zu fordern
hat, der Rest als Zuschuß zum Schulheiznugsgelde berechnet wird. Verwalter des
Legats ist der Dominialherr. Seit einem Jahre sind die Legatzinsen nicht mehr
gezahlt worden. Der Verwalter erklärt, er könne die Hypothek, in der das Legat
angelegt sei, nicht finden, und die Beschwerden des Lehrers bei den zunächst zu¬
ständigen Behörden bleiben unbeantwortet; wendet er sich an eine höhere Instanz,
so muß er fürchten, als Querulant ins schwarze Buch zu kommen. Mit dem
Dominialherrn korrespondiert er nicht. Er hat es nur mit der Schulkasfe zu thun,
in die alle ihm gebührenden Geldbeträge fließen; aber erhalt die Schulkasse nichts,
so zahlt sie nichts aus.) Ein paar von den Naturalleistnngeu, z. B. einige Knrtoffel-
furcheu, sind — uicht auf dem gesetzlichen Wege, sondern durch privates Über¬
einkomme» — in Geld abgelöst worden, das meiste muß der Lehrer erst durch
Verkauf zu Geld macheu. Die Lieferuugs- und Zahlungstermine werden schlecht
innegehalten.

So sieht also der Gehalt einer Klasse von Preußischen Staatsbeamten aus im
Jahre 1901! Können Staat und Landwirtschaft uicht mehr geben — meinet¬
wegen! Aber die Ablösung und Konsolidierung dieser Lumpereien, die spätestens
ve> der Neuregelung der Gehalte durchgeführt werden mußte, hätte den Staat,
die Bauern und den Dominialherrn nicht einen Pfennig gekostet. Wenn der Lehrer
>ab seine Frau nicht Virtuosen in der Kunst des Hnnshnltens sind, geraten sie in
Schulden. Die Herren Landräte und Regiernugsräte sollen es doch einmal probieren,


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[0063] Maßgebliches und Unmaßgebliches lich noch gute Seelen von altvaterischer Bescheidenheit und Anspruchslosigkeit unter deu Landlehrern, die mit der Höhe oder Niedrigkeit ihres Einkommens zufrieden sein würden, wenn es — wirklich und pünktlich einkäme. Aber dieses Einkommen setzt sich aus einer Menge kleiner Beträge zusammen, die unregelmäßig eingehn, oft erst eingemahnt und eingeklagt werden müssen, und die zum Teil in Naturalien vestehn. Kürzlich bot sich mir eine Gelegenheit dar, die Schulverhältnisse eines ostelbischeu Dorfes kennen zu lerne» und auch in den Genußzettel des Lehrers Einsicht zu nehmen. Sein auf 1011 Mark 50 Pfennige festgesetzter Grundgehalt setzt sich aus folgenden Posten zusammen: Bargehalt 500 Mark 16 Pfennige. Die 500 Mark zahlt die Regierung in Vierteljahrsraten, und diese vierteljährlichen 125 Mark sind das einzige, worauf er zum Tage rechnen kann. Die 10 Pfennige haben Dominium und Gemeinde gemeinsam aufzubringen; diese zahlt drei Viertel, also 12 Pfennige; das Dominium hat sein Viertel bis heute noch nicht gezahlt. Was soll nun der Lehrer thun? Jedes Jahr wegen der 4 Pfennige um ebenso¬ viel Papier zu Mahnbriefen verwenden? Das wäre lächerlich. Dem Dominium die 4 Pfennige schenken? Dazu ist er seines Nachfolgers wegen uicht berechtigt, und außerdem ist so ein stillschweigender Verzicht gefährlich. Ist das Dominium um die 4 Pfennige glücklich herumgekommen, so versucht es den Passiver Wider¬ stand später bei Posten von 4 und 40 Mark. Holz und Kohlen im Gesamtwert von 119 Mark werdeu von der Gemeinde widerspruchslos geliefert und von den Bauern angefahren, das Holz wird von den Jnliegern zerkleinert. Ferner liefert die Gemeinde 11,24 Hektoliter Roggen, die eine Hälfte im April, die andre im November, und Ende Februar 1,89 Hektoliter Hafer, das Dominium 1,89 Hekto¬ liter Weizen in zwei Raten: am 1. Januar und am 1. Juli. Nach der Ernte erhält der Lehrer 52 Wcizengarben; das Dominium liefert 10, jeder Bauer 2. Dann werden dem Lehrer ,Z2 Kartvffelfurchen (vom Dominium 1l, von jedem der 21 Bauern eine) zur Benutzung überlassen. Als Entschädigung für den Ertrag der früher üblichen Umgänge zahlt die Gemeinde zu Neujahr und Ostern zusammen 18 Mark 10 Pfennige. Endlich hat der Lehrer 2,55 Hektar Schulacker, deu er verpachtet. Außerdem soll er 55 Mark 50 Pfennige Legntzinsen erhalten, wovon seine Frau 48 Mark als Lohn für die Erteilung des Jndustrieunterrichts zu fordern hat, der Rest als Zuschuß zum Schulheiznugsgelde berechnet wird. Verwalter des Legats ist der Dominialherr. Seit einem Jahre sind die Legatzinsen nicht mehr gezahlt worden. Der Verwalter erklärt, er könne die Hypothek, in der das Legat angelegt sei, nicht finden, und die Beschwerden des Lehrers bei den zunächst zu¬ ständigen Behörden bleiben unbeantwortet; wendet er sich an eine höhere Instanz, so muß er fürchten, als Querulant ins schwarze Buch zu kommen. Mit dem Dominialherrn korrespondiert er nicht. Er hat es nur mit der Schulkasfe zu thun, in die alle ihm gebührenden Geldbeträge fließen; aber erhalt die Schulkasse nichts, so zahlt sie nichts aus.) Ein paar von den Naturalleistnngeu, z. B. einige Knrtoffel- furcheu, sind — uicht auf dem gesetzlichen Wege, sondern durch privates Über¬ einkomme» — in Geld abgelöst worden, das meiste muß der Lehrer erst durch Verkauf zu Geld macheu. Die Lieferuugs- und Zahlungstermine werden schlecht innegehalten. So sieht also der Gehalt einer Klasse von Preußischen Staatsbeamten aus im Jahre 1901! Können Staat und Landwirtschaft uicht mehr geben — meinet¬ wegen! Aber die Ablösung und Konsolidierung dieser Lumpereien, die spätestens ve> der Neuregelung der Gehalte durchgeführt werden mußte, hätte den Staat, die Bauern und den Dominialherrn nicht einen Pfennig gekostet. Wenn der Lehrer >ab seine Frau nicht Virtuosen in der Kunst des Hnnshnltens sind, geraten sie in Schulden. Die Herren Landräte und Regiernugsräte sollen es doch einmal probieren,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/63>, abgerufen am 01.09.2024.