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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Weihnachten vor Paris

jungen ins Hcchnsche Geschäft gebracht. Drei Jcihre später war er Witwer ge¬
worden -- der Müller natürlich, nicht der Junge --- und hatte vor zwei Jahren
wieder geheiratet, seiner Tochter Hermine zulieb, damit diese an der Stiefmutter
einen Ersatz für die ihr durch den Tod entrissene mütterliche Freundin hatte. Aber
er hätte auch ebensogut gleich einen richtigen Drachen mit schuppigem Schwanz und
Gluhaugen heiraten können. Das wäre für die arme Hermine nicht halb so schlimm
gewesen als dieser menschliche und doch so unmenschliche Drache, den man nicht
loswerden konnte, während Drachen mit schuppigen Schwänzen und Gluhaugen
regelmäßig von geharnischten Rittern erlegt werden.

Von den sonstigen Ränken und Kniffen der Dame können wir schweigen, da
wir glücklicherweise nur von weitem mit ihr zu thun haben werden: aber das Eine,
daß sie Hermine mit ihrem Neffen, einem sehr versoffnen und etwas krummbeinigen
Mühlenbnrschen in Jahna verheiraten wollte, konnten ihr ihre Stieftochter und
deren Paul schlechterdings nicht vergeben. Auch wenn der von seiner Tante prote¬
gierte junge Müllergeselle nicht "sehr versoffen und etwas krummbeinig," sondern
-- eine bei weitem günstigere Sachlage -- nur "etwas versoffen und sehr krumm¬
beinig" gewesen wäre, hätte man in ihm das um jeden Preis zu bekämpfende,
weil sich ihren Zukunftsplänen in den Weg stellende Element gesehen.

Wenn Herr Lehmann zu Hause war, durste der verhaßte Freier nicht er¬
scheinen, weil er in Verkennung der Sachlage und im Taumel bacchantischer Lust
seinen Werbungen zu sehr den Charakter von Überrumpelungeu gegeben halte, aber
sobald der Schindelmüller den Rücken drehte und eine Geschäftsreise antrat, erschien
das Scheusal wieder. Auch diesesmal war die Angst vor ihm der Grund gewesen,
warum Hermine an Paul geschrieben hatte. Herr Lehmann war nach Leipzig ge¬
fahren, und der sofort benachrichtigte und eingetroffne Neffe seiner Frau war in
den letzten vierundzwanzig Stunden schlimmer gewesen als je. Nicht daß die Oform
der Beine noch ausgesprochner gewesen wäre als bisher -- wenigstens hatte Hermine
davon in ihrem Briefe an den geliebten Paul nichts erwähnt --, aber das nicht
nüchtern sein war schlimmer als je, und das Berennen der Festung, dem der
Drache die Unterstützung einverständigen Znsehens und Geschehenlasseus lieh, sehr
beunruhigend gewesen.

Da er -- so überlegte Paul -- mit dem Prinzipal "fortmachte" -- der
Zug, mit dem sie zunächst bis Leipzig fahren wollten, ging abends sechs Uhr --
so mußte der Müllcrgeselle vorher unschädlich gemacht werden, und das konnte nach
Lage der Sache nur im Wege des Faustkampss geschehn. Der Vergleich mit dem
kleinen David und dem Niesen Goliath liegt zu nahe, als daß wir ihn für irgend
einen Christenmenschen oder Jsraeliten mit jubelnden Heureka aus der Requisiten¬
kammer hervorzuholen brauchten. Die Sache schien aber, vielleicht in Ermanglung
einer Hirtenschleuder, uicht den uns im Bericht des Alten Testaments so anmutenden
und rein befriedigenden Verlauf genommen zu haben, denn als sich Vater Hahn
im letzten Augenblick entschloß, das ConpL allein zu besteigen -- allein, d. h. in
Gesellschaft von wir wissen uicht wie viel Dutzend Paketen und Hüllen --, war
Paul, der kurz nach vier Uhr "hatte ausgehn müssen," noch nicht zurückgekehrt.

Wenn er doch noch "auftauchte" -- auf eine mögliche Fahnenflucht seinerseits
hatte nur der lauge Paul angespielt und war damit sehr schlecht angekommen --,
wenn er doch noch auftauchte, sollte er mit dem Nachtzug nachkommen und seinen
Prinzipal, der am andern Morgen weiter wollte, in "Stadt Hamburg" aufsuchen.

Paul war auch wirklich einige Zeit nach Abgang des Zugs aufgetaucht, aber in
beklagenswerten Zustande, "zu Marmelade verhauen," wie sich der lange Paul auszu¬
drücken für gut befand, eine schadenfrohe Äußerung, für die er noch an demselben Abend
von dem übrigen Personal in etwas gethan wurde, was keinen sehr hübschen Namen
hatte, im Wesen aber wie ein El dem andern dem glich, was wir Verruf nennen.

Über den Zweikampf selbst erfuhr Frau Hahn das Wesentliche nicht durch Paul,


Weihnachten vor Paris

jungen ins Hcchnsche Geschäft gebracht. Drei Jcihre später war er Witwer ge¬
worden — der Müller natürlich, nicht der Junge —- und hatte vor zwei Jahren
wieder geheiratet, seiner Tochter Hermine zulieb, damit diese an der Stiefmutter
einen Ersatz für die ihr durch den Tod entrissene mütterliche Freundin hatte. Aber
er hätte auch ebensogut gleich einen richtigen Drachen mit schuppigem Schwanz und
Gluhaugen heiraten können. Das wäre für die arme Hermine nicht halb so schlimm
gewesen als dieser menschliche und doch so unmenschliche Drache, den man nicht
loswerden konnte, während Drachen mit schuppigen Schwänzen und Gluhaugen
regelmäßig von geharnischten Rittern erlegt werden.

Von den sonstigen Ränken und Kniffen der Dame können wir schweigen, da
wir glücklicherweise nur von weitem mit ihr zu thun haben werden: aber das Eine,
daß sie Hermine mit ihrem Neffen, einem sehr versoffnen und etwas krummbeinigen
Mühlenbnrschen in Jahna verheiraten wollte, konnten ihr ihre Stieftochter und
deren Paul schlechterdings nicht vergeben. Auch wenn der von seiner Tante prote¬
gierte junge Müllergeselle nicht „sehr versoffen und etwas krummbeinig," sondern
— eine bei weitem günstigere Sachlage — nur „etwas versoffen und sehr krumm¬
beinig" gewesen wäre, hätte man in ihm das um jeden Preis zu bekämpfende,
weil sich ihren Zukunftsplänen in den Weg stellende Element gesehen.

Wenn Herr Lehmann zu Hause war, durste der verhaßte Freier nicht er¬
scheinen, weil er in Verkennung der Sachlage und im Taumel bacchantischer Lust
seinen Werbungen zu sehr den Charakter von Überrumpelungeu gegeben halte, aber
sobald der Schindelmüller den Rücken drehte und eine Geschäftsreise antrat, erschien
das Scheusal wieder. Auch diesesmal war die Angst vor ihm der Grund gewesen,
warum Hermine an Paul geschrieben hatte. Herr Lehmann war nach Leipzig ge¬
fahren, und der sofort benachrichtigte und eingetroffne Neffe seiner Frau war in
den letzten vierundzwanzig Stunden schlimmer gewesen als je. Nicht daß die Oform
der Beine noch ausgesprochner gewesen wäre als bisher — wenigstens hatte Hermine
davon in ihrem Briefe an den geliebten Paul nichts erwähnt —, aber das nicht
nüchtern sein war schlimmer als je, und das Berennen der Festung, dem der
Drache die Unterstützung einverständigen Znsehens und Geschehenlasseus lieh, sehr
beunruhigend gewesen.

Da er — so überlegte Paul — mit dem Prinzipal „fortmachte" — der
Zug, mit dem sie zunächst bis Leipzig fahren wollten, ging abends sechs Uhr —
so mußte der Müllcrgeselle vorher unschädlich gemacht werden, und das konnte nach
Lage der Sache nur im Wege des Faustkampss geschehn. Der Vergleich mit dem
kleinen David und dem Niesen Goliath liegt zu nahe, als daß wir ihn für irgend
einen Christenmenschen oder Jsraeliten mit jubelnden Heureka aus der Requisiten¬
kammer hervorzuholen brauchten. Die Sache schien aber, vielleicht in Ermanglung
einer Hirtenschleuder, uicht den uns im Bericht des Alten Testaments so anmutenden
und rein befriedigenden Verlauf genommen zu haben, denn als sich Vater Hahn
im letzten Augenblick entschloß, das ConpL allein zu besteigen — allein, d. h. in
Gesellschaft von wir wissen uicht wie viel Dutzend Paketen und Hüllen —, war
Paul, der kurz nach vier Uhr „hatte ausgehn müssen," noch nicht zurückgekehrt.

Wenn er doch noch „auftauchte" — auf eine mögliche Fahnenflucht seinerseits
hatte nur der lauge Paul angespielt und war damit sehr schlecht angekommen —,
wenn er doch noch auftauchte, sollte er mit dem Nachtzug nachkommen und seinen
Prinzipal, der am andern Morgen weiter wollte, in „Stadt Hamburg" aufsuchen.

Paul war auch wirklich einige Zeit nach Abgang des Zugs aufgetaucht, aber in
beklagenswerten Zustande, „zu Marmelade verhauen," wie sich der lange Paul auszu¬
drücken für gut befand, eine schadenfrohe Äußerung, für die er noch an demselben Abend
von dem übrigen Personal in etwas gethan wurde, was keinen sehr hübschen Namen
hatte, im Wesen aber wie ein El dem andern dem glich, was wir Verruf nennen.

Über den Zweikampf selbst erfuhr Frau Hahn das Wesentliche nicht durch Paul,


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[0626] Weihnachten vor Paris jungen ins Hcchnsche Geschäft gebracht. Drei Jcihre später war er Witwer ge¬ worden — der Müller natürlich, nicht der Junge —- und hatte vor zwei Jahren wieder geheiratet, seiner Tochter Hermine zulieb, damit diese an der Stiefmutter einen Ersatz für die ihr durch den Tod entrissene mütterliche Freundin hatte. Aber er hätte auch ebensogut gleich einen richtigen Drachen mit schuppigem Schwanz und Gluhaugen heiraten können. Das wäre für die arme Hermine nicht halb so schlimm gewesen als dieser menschliche und doch so unmenschliche Drache, den man nicht loswerden konnte, während Drachen mit schuppigen Schwänzen und Gluhaugen regelmäßig von geharnischten Rittern erlegt werden. Von den sonstigen Ränken und Kniffen der Dame können wir schweigen, da wir glücklicherweise nur von weitem mit ihr zu thun haben werden: aber das Eine, daß sie Hermine mit ihrem Neffen, einem sehr versoffnen und etwas krummbeinigen Mühlenbnrschen in Jahna verheiraten wollte, konnten ihr ihre Stieftochter und deren Paul schlechterdings nicht vergeben. Auch wenn der von seiner Tante prote¬ gierte junge Müllergeselle nicht „sehr versoffen und etwas krummbeinig," sondern — eine bei weitem günstigere Sachlage — nur „etwas versoffen und sehr krumm¬ beinig" gewesen wäre, hätte man in ihm das um jeden Preis zu bekämpfende, weil sich ihren Zukunftsplänen in den Weg stellende Element gesehen. Wenn Herr Lehmann zu Hause war, durste der verhaßte Freier nicht er¬ scheinen, weil er in Verkennung der Sachlage und im Taumel bacchantischer Lust seinen Werbungen zu sehr den Charakter von Überrumpelungeu gegeben halte, aber sobald der Schindelmüller den Rücken drehte und eine Geschäftsreise antrat, erschien das Scheusal wieder. Auch diesesmal war die Angst vor ihm der Grund gewesen, warum Hermine an Paul geschrieben hatte. Herr Lehmann war nach Leipzig ge¬ fahren, und der sofort benachrichtigte und eingetroffne Neffe seiner Frau war in den letzten vierundzwanzig Stunden schlimmer gewesen als je. Nicht daß die Oform der Beine noch ausgesprochner gewesen wäre als bisher — wenigstens hatte Hermine davon in ihrem Briefe an den geliebten Paul nichts erwähnt —, aber das nicht nüchtern sein war schlimmer als je, und das Berennen der Festung, dem der Drache die Unterstützung einverständigen Znsehens und Geschehenlasseus lieh, sehr beunruhigend gewesen. Da er — so überlegte Paul — mit dem Prinzipal „fortmachte" — der Zug, mit dem sie zunächst bis Leipzig fahren wollten, ging abends sechs Uhr — so mußte der Müllcrgeselle vorher unschädlich gemacht werden, und das konnte nach Lage der Sache nur im Wege des Faustkampss geschehn. Der Vergleich mit dem kleinen David und dem Niesen Goliath liegt zu nahe, als daß wir ihn für irgend einen Christenmenschen oder Jsraeliten mit jubelnden Heureka aus der Requisiten¬ kammer hervorzuholen brauchten. Die Sache schien aber, vielleicht in Ermanglung einer Hirtenschleuder, uicht den uns im Bericht des Alten Testaments so anmutenden und rein befriedigenden Verlauf genommen zu haben, denn als sich Vater Hahn im letzten Augenblick entschloß, das ConpL allein zu besteigen — allein, d. h. in Gesellschaft von wir wissen uicht wie viel Dutzend Paketen und Hüllen —, war Paul, der kurz nach vier Uhr „hatte ausgehn müssen," noch nicht zurückgekehrt. Wenn er doch noch „auftauchte" — auf eine mögliche Fahnenflucht seinerseits hatte nur der lauge Paul angespielt und war damit sehr schlecht angekommen —, wenn er doch noch auftauchte, sollte er mit dem Nachtzug nachkommen und seinen Prinzipal, der am andern Morgen weiter wollte, in „Stadt Hamburg" aufsuchen. Paul war auch wirklich einige Zeit nach Abgang des Zugs aufgetaucht, aber in beklagenswerten Zustande, „zu Marmelade verhauen," wie sich der lange Paul auszu¬ drücken für gut befand, eine schadenfrohe Äußerung, für die er noch an demselben Abend von dem übrigen Personal in etwas gethan wurde, was keinen sehr hübschen Namen hatte, im Wesen aber wie ein El dem andern dem glich, was wir Verruf nennen. Über den Zweikampf selbst erfuhr Frau Hahn das Wesentliche nicht durch Paul,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/626>, abgerufen am 28.07.2024.