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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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damit er nicht grimmig wird, wenn er dahinter kommt, daß die Personen dieses
kleinen Jntermezzos keine Helden noch Heldinnen, sondern knapp Mittelgut, zum
Teil sogar Ausschuß sind. Wir werden ein andermal für diesen Maugel aus¬
zukommen suchen und bei einer spätern Galavorstellung unsre allernobelsten Puppen
aus der Kiste holen.

Die Hahns die Hähne, wie mau in Meißen sagte -- wäre" zu keiner
Zeit Wolkenschieber oder Tngenddrachcn gewesen. Der leichte Schatten von Vcr-
bnmmlnng, der Gott und die Innung mögen uns die Sünde verzeihen --
Bäcker so besonders gut kleidet, war immer vorhanden gewesen, und wenn die
Lebemänner der Stadt und der Umgegend sich so gern bei Hahns zu einem
Stückchen Kuchen - - das war der Ausdruck -- einfanden, so war es nicht bloß
der Kuchen und der Wein, die ihnen mundeten, nein, es war vor allen Dingen
die über dem Lokal schwebende behagliche Bnmmelntmosvhäre, die den Zuspruch so
ständig und das Verhältnis der Gäste zur Wirtsfnmilie so innig machte. Der
Leser muß uns nicht mißverstehn. Marquis Posa und Torquato Tasso stehn anch
uns höher als Hahns, wenigstens reden wir uns das ein und thun unser Mög¬
lichstes, unsern Geschmack auf die Hohe idealer Anschauung hinaufzuschrauben, aber
nett waren die beiden Hähne, Vater und Sohn, in ihrem etwas banausischen,
animalischen Wohlbehagen doch. Schon allein der schleudernde Gang, wenn sie
hinten aus der Backstube vorkamen, um in der Gast- oder in der Wohnstube etwas
Stärkendes, meist in tropfbar flüssiger Gestalt zu sich zu nehmen, und der erfreu¬
liche Friede, der von ihnen ausging, wenn sie fragten, wie es einem gehe! In
den heiligen Hallen des Hahnschen Hauses kannte man weder Eile noch Wettbewerb,
auch sonst fand sich in ihnen nichts vor, was an die schreckliche, unter Thränen zur
Welt gekommne Idealforderung des wiedergebornen oder gar des Übermenschen hätte
erinnern können.

Unser väterlicher Freund, als wir noch ans dem Se. Afraberge an der Brust
der /Um" ma.lor lagen, war der damalige Vater und spätere Großvater gewesen,
aber der war 1870 schou zu seinen Vätern und Großvätern versammelt worden.
Wie er noch da war, lautete der weise Rat, den er den bei ihm verkehrenden
"Scheitern" zu geben pflegte, dahin, man solle sich Zeit nehmen, und jeder solle
seinen Kuchen in Ruhe verzehren- Hintergcschlungnes gedeihe einem nicht. Und in
der That, wenn wir uns umsehen und uns fragen, was uns der verzehrende Feuer¬
eifer genützt hat, so wird es uns klar, daß er Recht hatte. Wir hätten das, was
wir erreicht haben, auch erreichen können, wenn wir uns Zeit genommen und unsern
Kuchen in Ruhe verzehrt hätten.

Karl hatte seinen Kuchen immer in Ruhe gegessen, und wenn er nicht zu
den privilegierten Sterblichen gehörte, die sich Herz und Gewissen mit der Zehn-
geboteseife fleckenrein zu scheuern versteh", so hatte das nicht daran gelegen, daß
es ihm an der nötigen Muße zu dergleichen Selbstreinigungsakten gefehlt hätte.
Denn für das "Gewerge" und dafür, daß es zu keiner Zeit im Laden an Brot,
Semmeln und Kuchen fehlte, hatten die Gesellen und die Jungen zu sorgen. Die
Hähne, Vater und Sohn, sahen, obwohl sie von früh bis abend wie echte Bäcker
mit Mehl bestäubt und nur halb angezogen waren, die Arbeit doch nur als äilotw
an, handhabten sie, wie man nach einem guten Diner das Billardspiel traktiert,
als verdauungbefördernde Leibesübung. Jeder Bekannte, der als Gast vorsprach,
um seinen Durst zu löschen, war, je nach seinem Alter, für Vater oder Sohn Ver¬
anlassung zu einen: Abstecher ins Gastzimmer und zu einer sich namentlich in tropfbar
flüssiger Form empfehlenden Stärkung.

Es ist nicht nötig und anch nicht ratsam, bei der Schilderung solcher Zustände
und Sitten sehr auf Einzelheiten einzugehn. Der sachkundige Leser fühlt ohne
Zweifel schon ans diesen wenigen Andeutungen heraus, wie es bei Hahns zuging,
"ut der nicht sachkundige braucht sich die Sache nicht weiter schlimm vorzustellen.


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damit er nicht grimmig wird, wenn er dahinter kommt, daß die Personen dieses
kleinen Jntermezzos keine Helden noch Heldinnen, sondern knapp Mittelgut, zum
Teil sogar Ausschuß sind. Wir werden ein andermal für diesen Maugel aus¬
zukommen suchen und bei einer spätern Galavorstellung unsre allernobelsten Puppen
aus der Kiste holen.

Die Hahns die Hähne, wie mau in Meißen sagte — wäre» zu keiner
Zeit Wolkenschieber oder Tngenddrachcn gewesen. Der leichte Schatten von Vcr-
bnmmlnng, der Gott und die Innung mögen uns die Sünde verzeihen —
Bäcker so besonders gut kleidet, war immer vorhanden gewesen, und wenn die
Lebemänner der Stadt und der Umgegend sich so gern bei Hahns zu einem
Stückchen Kuchen - - das war der Ausdruck — einfanden, so war es nicht bloß
der Kuchen und der Wein, die ihnen mundeten, nein, es war vor allen Dingen
die über dem Lokal schwebende behagliche Bnmmelntmosvhäre, die den Zuspruch so
ständig und das Verhältnis der Gäste zur Wirtsfnmilie so innig machte. Der
Leser muß uns nicht mißverstehn. Marquis Posa und Torquato Tasso stehn anch
uns höher als Hahns, wenigstens reden wir uns das ein und thun unser Mög¬
lichstes, unsern Geschmack auf die Hohe idealer Anschauung hinaufzuschrauben, aber
nett waren die beiden Hähne, Vater und Sohn, in ihrem etwas banausischen,
animalischen Wohlbehagen doch. Schon allein der schleudernde Gang, wenn sie
hinten aus der Backstube vorkamen, um in der Gast- oder in der Wohnstube etwas
Stärkendes, meist in tropfbar flüssiger Gestalt zu sich zu nehmen, und der erfreu¬
liche Friede, der von ihnen ausging, wenn sie fragten, wie es einem gehe! In
den heiligen Hallen des Hahnschen Hauses kannte man weder Eile noch Wettbewerb,
auch sonst fand sich in ihnen nichts vor, was an die schreckliche, unter Thränen zur
Welt gekommne Idealforderung des wiedergebornen oder gar des Übermenschen hätte
erinnern können.

Unser väterlicher Freund, als wir noch ans dem Se. Afraberge an der Brust
der /Um» ma.lor lagen, war der damalige Vater und spätere Großvater gewesen,
aber der war 1870 schou zu seinen Vätern und Großvätern versammelt worden.
Wie er noch da war, lautete der weise Rat, den er den bei ihm verkehrenden
„Scheitern" zu geben pflegte, dahin, man solle sich Zeit nehmen, und jeder solle
seinen Kuchen in Ruhe verzehren- Hintergcschlungnes gedeihe einem nicht. Und in
der That, wenn wir uns umsehen und uns fragen, was uns der verzehrende Feuer¬
eifer genützt hat, so wird es uns klar, daß er Recht hatte. Wir hätten das, was
wir erreicht haben, auch erreichen können, wenn wir uns Zeit genommen und unsern
Kuchen in Ruhe verzehrt hätten.

Karl hatte seinen Kuchen immer in Ruhe gegessen, und wenn er nicht zu
den privilegierten Sterblichen gehörte, die sich Herz und Gewissen mit der Zehn-
geboteseife fleckenrein zu scheuern versteh», so hatte das nicht daran gelegen, daß
es ihm an der nötigen Muße zu dergleichen Selbstreinigungsakten gefehlt hätte.
Denn für das „Gewerge" und dafür, daß es zu keiner Zeit im Laden an Brot,
Semmeln und Kuchen fehlte, hatten die Gesellen und die Jungen zu sorgen. Die
Hähne, Vater und Sohn, sahen, obwohl sie von früh bis abend wie echte Bäcker
mit Mehl bestäubt und nur halb angezogen waren, die Arbeit doch nur als äilotw
an, handhabten sie, wie man nach einem guten Diner das Billardspiel traktiert,
als verdauungbefördernde Leibesübung. Jeder Bekannte, der als Gast vorsprach,
um seinen Durst zu löschen, war, je nach seinem Alter, für Vater oder Sohn Ver¬
anlassung zu einen: Abstecher ins Gastzimmer und zu einer sich namentlich in tropfbar
flüssiger Form empfehlenden Stärkung.

Es ist nicht nötig und anch nicht ratsam, bei der Schilderung solcher Zustände
und Sitten sehr auf Einzelheiten einzugehn. Der sachkundige Leser fühlt ohne
Zweifel schon ans diesen wenigen Andeutungen heraus, wie es bei Hahns zuging,
»ut der nicht sachkundige braucht sich die Sache nicht weiter schlimm vorzustellen.


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[0620] lvrilniachtcu vor Paris damit er nicht grimmig wird, wenn er dahinter kommt, daß die Personen dieses kleinen Jntermezzos keine Helden noch Heldinnen, sondern knapp Mittelgut, zum Teil sogar Ausschuß sind. Wir werden ein andermal für diesen Maugel aus¬ zukommen suchen und bei einer spätern Galavorstellung unsre allernobelsten Puppen aus der Kiste holen. Die Hahns die Hähne, wie mau in Meißen sagte — wäre» zu keiner Zeit Wolkenschieber oder Tngenddrachcn gewesen. Der leichte Schatten von Vcr- bnmmlnng, der Gott und die Innung mögen uns die Sünde verzeihen — Bäcker so besonders gut kleidet, war immer vorhanden gewesen, und wenn die Lebemänner der Stadt und der Umgegend sich so gern bei Hahns zu einem Stückchen Kuchen - - das war der Ausdruck — einfanden, so war es nicht bloß der Kuchen und der Wein, die ihnen mundeten, nein, es war vor allen Dingen die über dem Lokal schwebende behagliche Bnmmelntmosvhäre, die den Zuspruch so ständig und das Verhältnis der Gäste zur Wirtsfnmilie so innig machte. Der Leser muß uns nicht mißverstehn. Marquis Posa und Torquato Tasso stehn anch uns höher als Hahns, wenigstens reden wir uns das ein und thun unser Mög¬ lichstes, unsern Geschmack auf die Hohe idealer Anschauung hinaufzuschrauben, aber nett waren die beiden Hähne, Vater und Sohn, in ihrem etwas banausischen, animalischen Wohlbehagen doch. Schon allein der schleudernde Gang, wenn sie hinten aus der Backstube vorkamen, um in der Gast- oder in der Wohnstube etwas Stärkendes, meist in tropfbar flüssiger Gestalt zu sich zu nehmen, und der erfreu¬ liche Friede, der von ihnen ausging, wenn sie fragten, wie es einem gehe! In den heiligen Hallen des Hahnschen Hauses kannte man weder Eile noch Wettbewerb, auch sonst fand sich in ihnen nichts vor, was an die schreckliche, unter Thränen zur Welt gekommne Idealforderung des wiedergebornen oder gar des Übermenschen hätte erinnern können. Unser väterlicher Freund, als wir noch ans dem Se. Afraberge an der Brust der /Um» ma.lor lagen, war der damalige Vater und spätere Großvater gewesen, aber der war 1870 schou zu seinen Vätern und Großvätern versammelt worden. Wie er noch da war, lautete der weise Rat, den er den bei ihm verkehrenden „Scheitern" zu geben pflegte, dahin, man solle sich Zeit nehmen, und jeder solle seinen Kuchen in Ruhe verzehren- Hintergcschlungnes gedeihe einem nicht. Und in der That, wenn wir uns umsehen und uns fragen, was uns der verzehrende Feuer¬ eifer genützt hat, so wird es uns klar, daß er Recht hatte. Wir hätten das, was wir erreicht haben, auch erreichen können, wenn wir uns Zeit genommen und unsern Kuchen in Ruhe verzehrt hätten. Karl hatte seinen Kuchen immer in Ruhe gegessen, und wenn er nicht zu den privilegierten Sterblichen gehörte, die sich Herz und Gewissen mit der Zehn- geboteseife fleckenrein zu scheuern versteh», so hatte das nicht daran gelegen, daß es ihm an der nötigen Muße zu dergleichen Selbstreinigungsakten gefehlt hätte. Denn für das „Gewerge" und dafür, daß es zu keiner Zeit im Laden an Brot, Semmeln und Kuchen fehlte, hatten die Gesellen und die Jungen zu sorgen. Die Hähne, Vater und Sohn, sahen, obwohl sie von früh bis abend wie echte Bäcker mit Mehl bestäubt und nur halb angezogen waren, die Arbeit doch nur als äilotw an, handhabten sie, wie man nach einem guten Diner das Billardspiel traktiert, als verdauungbefördernde Leibesübung. Jeder Bekannte, der als Gast vorsprach, um seinen Durst zu löschen, war, je nach seinem Alter, für Vater oder Sohn Ver¬ anlassung zu einen: Abstecher ins Gastzimmer und zu einer sich namentlich in tropfbar flüssiger Form empfehlenden Stärkung. Es ist nicht nötig und anch nicht ratsam, bei der Schilderung solcher Zustände und Sitten sehr auf Einzelheiten einzugehn. Der sachkundige Leser fühlt ohne Zweifel schon ans diesen wenigen Andeutungen heraus, wie es bei Hahns zuging, »ut der nicht sachkundige braucht sich die Sache nicht weiter schlimm vorzustellen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/620>, abgerufen am 28.07.2024.