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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Dus englische Aönigtnni

Nichts hindert den König, den ihm als oberstem Kriegsherr,? zukommenden
Einfluß nuf das Heer zur Geltung zu bringen. Nichts verpflichtet ihn, allem
zuzustimmen, was die Parteipäpste in ihrem Kabinett genannten Parteiaus-
schnsse zu beschließen geruhn. Er wäre in seinem Recht, wenn er dem Kabinett
die Anerkennung verweigerte und verlangte, daß alle Staatsangelegenheiten
unter seinem Vorsitz in einem aus den Ministern bestehenden Ausschusse des
geheimen Rats verhandelt würden. Das gäbe ihm gebührenden Einfluß auf
die Führung der Staatsmaschine, ohne den Rechten des geringsten seiner Unter¬
thanen Abbruch zu thun, und wenn er ganz von seiner hohen Aufgabe erfüllt
wäre, würde er sich Geltung zu verschaffen wissen. Er brauchte deswegen
keine Revolution zu fürchten. Die Engländer sind konservativ, und solange
er die Gesetze achtet, ist sein Thron sicher.

Wenn König Edward wollte, die Zeit ist günstig, das Königtum wieder
zu einer den beiden Häusern des Parlaments gleichberechtigten und gleich¬
wertigen Macht zu erheben. Aber wird er wollen, fühlt er noch die Kraft
in sich, den Widerstand der Parteipüpste zu überwinden? Er ist in einem
Alter, wo sich die meisten Menschen nach Ruhe sehnen, und nach menschlichem
Ermessen kann ihm keine lange Regierung beschieden sein.

Nach ihm würde sich jedoch auch seinem Nachfolger Gelegenheit bieten,
und für das Königtum ist es wichtig, daß schon auf zwei weitere Geschlechter
der Mannsstamm des Hauses Koburg gesichert erscheint. Wenn nämlich der
Herzog von Cornwall und keine Nachkommenschaft hätte, dann ginge
die Krone wie aus dem welsischen Hause auch aus dem koburgischen und an
die Tochter der Prinzessin Luise und des Herzogs von Fife, die Lady Alexandra
Dllfs über.") Von einer Königin aus dem Hause Duff, das erst 1735 die
Peerswürde und 1889 die Herzogswürde erlangt hat, würde kaum eine Be¬
hauptung, sicherlich keine Geltendmachung der alten Rechte der Krone erwartet
werden können.

Die Heirat der Tochter Jakobs I, mit dem Pfalzgrafen erschien den Eng¬
ländern als nicht ganz standesgemäß für eine englische Prinzessin, in dem
Prinzen Albert sahen sie einen Hungerprinzen, dem schon zuviel Ehre geschah,
wenn das Parlament ihm statt der beantragten 50000 Pfund Sterling die
Snimne von 30000 Pfund Sterling gewährte, die Vermählung der Prinzessin
Viktoria "ut dem zukünftigen preußischen Thronerben galt ihnen als eine ganz
außerordentliche Herablassung, Welches Maß der Achtung würde da einer
Königin aus dem Hause Duff gezollt werden?

Glücklicherweise hat der Herzog von Cornwall und A^'k schon drei
Söhne und eine Tochter, Zwar von den neunzehn Kindern der Königin
Anna überlebte kein einziges die Mutter, und von den fünfzehn Kindern



") Die Aussichten des Herzogs von Connaught sind gleich Null. Nach der bestehenden
Thronfolgeordnung, die freilich vom Parlament geändert werden kann, muß die gesamte männ¬
liche und weibliche Nachkommenschaft des Königs ausgestorben sem, bevor sein Bruder nach¬
folgen kann. Herrschte das salische Gesetz, dann wäre der Herzog von Cmnberlnnb König, und
die Stelle der Königin Alexandra würde von ihrer Schwester Thyrn eingenommen.
Dus englische Aönigtnni

Nichts hindert den König, den ihm als oberstem Kriegsherr,? zukommenden
Einfluß nuf das Heer zur Geltung zu bringen. Nichts verpflichtet ihn, allem
zuzustimmen, was die Parteipäpste in ihrem Kabinett genannten Parteiaus-
schnsse zu beschließen geruhn. Er wäre in seinem Recht, wenn er dem Kabinett
die Anerkennung verweigerte und verlangte, daß alle Staatsangelegenheiten
unter seinem Vorsitz in einem aus den Ministern bestehenden Ausschusse des
geheimen Rats verhandelt würden. Das gäbe ihm gebührenden Einfluß auf
die Führung der Staatsmaschine, ohne den Rechten des geringsten seiner Unter¬
thanen Abbruch zu thun, und wenn er ganz von seiner hohen Aufgabe erfüllt
wäre, würde er sich Geltung zu verschaffen wissen. Er brauchte deswegen
keine Revolution zu fürchten. Die Engländer sind konservativ, und solange
er die Gesetze achtet, ist sein Thron sicher.

Wenn König Edward wollte, die Zeit ist günstig, das Königtum wieder
zu einer den beiden Häusern des Parlaments gleichberechtigten und gleich¬
wertigen Macht zu erheben. Aber wird er wollen, fühlt er noch die Kraft
in sich, den Widerstand der Parteipüpste zu überwinden? Er ist in einem
Alter, wo sich die meisten Menschen nach Ruhe sehnen, und nach menschlichem
Ermessen kann ihm keine lange Regierung beschieden sein.

Nach ihm würde sich jedoch auch seinem Nachfolger Gelegenheit bieten,
und für das Königtum ist es wichtig, daß schon auf zwei weitere Geschlechter
der Mannsstamm des Hauses Koburg gesichert erscheint. Wenn nämlich der
Herzog von Cornwall und keine Nachkommenschaft hätte, dann ginge
die Krone wie aus dem welsischen Hause auch aus dem koburgischen und an
die Tochter der Prinzessin Luise und des Herzogs von Fife, die Lady Alexandra
Dllfs über.") Von einer Königin aus dem Hause Duff, das erst 1735 die
Peerswürde und 1889 die Herzogswürde erlangt hat, würde kaum eine Be¬
hauptung, sicherlich keine Geltendmachung der alten Rechte der Krone erwartet
werden können.

Die Heirat der Tochter Jakobs I, mit dem Pfalzgrafen erschien den Eng¬
ländern als nicht ganz standesgemäß für eine englische Prinzessin, in dem
Prinzen Albert sahen sie einen Hungerprinzen, dem schon zuviel Ehre geschah,
wenn das Parlament ihm statt der beantragten 50000 Pfund Sterling die
Snimne von 30000 Pfund Sterling gewährte, die Vermählung der Prinzessin
Viktoria »ut dem zukünftigen preußischen Thronerben galt ihnen als eine ganz
außerordentliche Herablassung, Welches Maß der Achtung würde da einer
Königin aus dem Hause Duff gezollt werden?

Glücklicherweise hat der Herzog von Cornwall und A^'k schon drei
Söhne und eine Tochter, Zwar von den neunzehn Kindern der Königin
Anna überlebte kein einziges die Mutter, und von den fünfzehn Kindern



») Die Aussichten des Herzogs von Connaught sind gleich Null. Nach der bestehenden
Thronfolgeordnung, die freilich vom Parlament geändert werden kann, muß die gesamte männ¬
liche und weibliche Nachkommenschaft des Königs ausgestorben sem, bevor sein Bruder nach¬
folgen kann. Herrschte das salische Gesetz, dann wäre der Herzog von Cmnberlnnb König, und
die Stelle der Königin Alexandra würde von ihrer Schwester Thyrn eingenommen.
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[0541] Dus englische Aönigtnni Nichts hindert den König, den ihm als oberstem Kriegsherr,? zukommenden Einfluß nuf das Heer zur Geltung zu bringen. Nichts verpflichtet ihn, allem zuzustimmen, was die Parteipäpste in ihrem Kabinett genannten Parteiaus- schnsse zu beschließen geruhn. Er wäre in seinem Recht, wenn er dem Kabinett die Anerkennung verweigerte und verlangte, daß alle Staatsangelegenheiten unter seinem Vorsitz in einem aus den Ministern bestehenden Ausschusse des geheimen Rats verhandelt würden. Das gäbe ihm gebührenden Einfluß auf die Führung der Staatsmaschine, ohne den Rechten des geringsten seiner Unter¬ thanen Abbruch zu thun, und wenn er ganz von seiner hohen Aufgabe erfüllt wäre, würde er sich Geltung zu verschaffen wissen. Er brauchte deswegen keine Revolution zu fürchten. Die Engländer sind konservativ, und solange er die Gesetze achtet, ist sein Thron sicher. Wenn König Edward wollte, die Zeit ist günstig, das Königtum wieder zu einer den beiden Häusern des Parlaments gleichberechtigten und gleich¬ wertigen Macht zu erheben. Aber wird er wollen, fühlt er noch die Kraft in sich, den Widerstand der Parteipüpste zu überwinden? Er ist in einem Alter, wo sich die meisten Menschen nach Ruhe sehnen, und nach menschlichem Ermessen kann ihm keine lange Regierung beschieden sein. Nach ihm würde sich jedoch auch seinem Nachfolger Gelegenheit bieten, und für das Königtum ist es wichtig, daß schon auf zwei weitere Geschlechter der Mannsstamm des Hauses Koburg gesichert erscheint. Wenn nämlich der Herzog von Cornwall und keine Nachkommenschaft hätte, dann ginge die Krone wie aus dem welsischen Hause auch aus dem koburgischen und an die Tochter der Prinzessin Luise und des Herzogs von Fife, die Lady Alexandra Dllfs über.") Von einer Königin aus dem Hause Duff, das erst 1735 die Peerswürde und 1889 die Herzogswürde erlangt hat, würde kaum eine Be¬ hauptung, sicherlich keine Geltendmachung der alten Rechte der Krone erwartet werden können. Die Heirat der Tochter Jakobs I, mit dem Pfalzgrafen erschien den Eng¬ ländern als nicht ganz standesgemäß für eine englische Prinzessin, in dem Prinzen Albert sahen sie einen Hungerprinzen, dem schon zuviel Ehre geschah, wenn das Parlament ihm statt der beantragten 50000 Pfund Sterling die Snimne von 30000 Pfund Sterling gewährte, die Vermählung der Prinzessin Viktoria »ut dem zukünftigen preußischen Thronerben galt ihnen als eine ganz außerordentliche Herablassung, Welches Maß der Achtung würde da einer Königin aus dem Hause Duff gezollt werden? Glücklicherweise hat der Herzog von Cornwall und A^'k schon drei Söhne und eine Tochter, Zwar von den neunzehn Kindern der Königin Anna überlebte kein einziges die Mutter, und von den fünfzehn Kindern ») Die Aussichten des Herzogs von Connaught sind gleich Null. Nach der bestehenden Thronfolgeordnung, die freilich vom Parlament geändert werden kann, muß die gesamte männ¬ liche und weibliche Nachkommenschaft des Königs ausgestorben sem, bevor sein Bruder nach¬ folgen kann. Herrschte das salische Gesetz, dann wäre der Herzog von Cmnberlnnb König, und die Stelle der Königin Alexandra würde von ihrer Schwester Thyrn eingenommen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/541>, abgerufen am 01.09.2024.