Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Das englische Königtum

Abzug aller Verwaltungskosten usw. mehr als 60000 Pfund Sterling Rein¬
ertrag abwerfen. Dem Könige stehn also über 140000 Pfund Sterling zur
persönlichen Verfügun g.

Bei dem Mangel eines besondern Vermögens des königlichen Hauses hat
ferner das Parlament neben der Zivilliste, die nur für den König und seine
Gemahlin bestimmt ist, auch Mittel für den Unterhalt der Prinzen und Prin¬
zessinnen zu schaffen. Edward VII. hatte als Prinz von Wales 40000 Pfund
Sterling Einkommen, die Prinzessin von Wales 10000. Dazu kamen
die Einkünfte des Herzogtums Cornwall, aus denen der Prinz 1899 fast
67000 Pfund Sterling erhielt. Der neue Thronerbe, der Herzog von Cornwall
und Uork, tritt nun in den Genuß der Bezüge von Cornwall, aber bei ihrem
gegen früher ungemein höhern Wert hat das Parlament ihm ein geringeres
Jahrgeld von nur 20000 Pfund Sterling ausgesetzt. Die Herzogin von
Cornwall erhält dieselbe Summe wie früher die Prinzessin von Wales, nämlich
10000 Pfund Sterling.

Für die drei Töchter des Königs sind je 6000 bestimmt, und für die
übrigen Mitglieder des königlichen Hauses nach dem Hinscheiden der Kaiserin
Friedrich, deren 8000 Pfund Sterling jetzt wegfallen, 64000 Pfund Sterling.

Ohne die Ruhegehalte für die Dienerschaft der verstorbnen Königin zu
rechnen, die im Betrage von 25000 Pfund Sterling von der Privatknsse ab¬
gesetzt und vom Staate übernommen worden sind, fließen also der königlichen
Familie aus öffentlichen Mitteln 582000 Pfund Sterling zu und mit Ein¬
schluß der beiden Herzogtümer fast 700000 Pfund Sterling.

In Wirklichkeit ist aber das Einkommen als weit höher zu veranschlagen
(ganz abgesehen natürlich von den Privatvermögen), da es vielen Lasten nicht
unterworfen ist, die von den Zivillisten andrer Fürsten getragen werden müssen.
Die Unterhaltung der Schlösser und Gurten, soweit sie nicht persönliches
Eigentum sind, wie Balmoral, Osborne und Sandringham, geschieht auf Kosten
des Staats. Bei deutschen Fürsten gilt ferner die Unterstützung der Kunst
als eine Ehrensache. Seit Heinrich Julius von Braunschweig hat besonders
die dramatische Kunst bei ihnen jederzeit freigebige Förderung gefunden. Der
König von Preußen unterhält mehrere Theater, der König von Großbritannien
und Irland und den überseeischen britischen Gebieten auch uicht ein einziges.
Ein Hoftheater ist nie Brauch gewesen, und die Unterstützung, die der Hof
der dramatischen Kunst angedeihen läßt, beschränkt sich auf das Mieter einer
Loge in einigen Theatern Londons. Die Gunst, die andern Künsten zu teil
wird, läßt gleichfalls keinen Anspruch ans Mäzenatentum aufkommen. Eine
Reihe von Werken der Bildhauerkunst, wie sie Kaiser Wilhelm der Stadt
Berlin gestiftet hat, sucht man in London vergebens.

Dagegen kann sich Großbritannien eines fest angestellten Oberhofreime-
schmieds rühmen, der für sein Pegasusreiten die Summe von 72 Pfund Ster¬
ling erhält anstatt des Fasses Wein, womit sich seine Vorgänger zur Zeit des
lustigen Monarchen Karls II. zu hehren Lobgesüngen begeisterten. Wie lange
dieses Amt noch bestehn bleiben wird, ist fraglich. Nach Tennysons Tode


Das englische Königtum

Abzug aller Verwaltungskosten usw. mehr als 60000 Pfund Sterling Rein¬
ertrag abwerfen. Dem Könige stehn also über 140000 Pfund Sterling zur
persönlichen Verfügun g.

Bei dem Mangel eines besondern Vermögens des königlichen Hauses hat
ferner das Parlament neben der Zivilliste, die nur für den König und seine
Gemahlin bestimmt ist, auch Mittel für den Unterhalt der Prinzen und Prin¬
zessinnen zu schaffen. Edward VII. hatte als Prinz von Wales 40000 Pfund
Sterling Einkommen, die Prinzessin von Wales 10000. Dazu kamen
die Einkünfte des Herzogtums Cornwall, aus denen der Prinz 1899 fast
67000 Pfund Sterling erhielt. Der neue Thronerbe, der Herzog von Cornwall
und Uork, tritt nun in den Genuß der Bezüge von Cornwall, aber bei ihrem
gegen früher ungemein höhern Wert hat das Parlament ihm ein geringeres
Jahrgeld von nur 20000 Pfund Sterling ausgesetzt. Die Herzogin von
Cornwall erhält dieselbe Summe wie früher die Prinzessin von Wales, nämlich
10000 Pfund Sterling.

Für die drei Töchter des Königs sind je 6000 bestimmt, und für die
übrigen Mitglieder des königlichen Hauses nach dem Hinscheiden der Kaiserin
Friedrich, deren 8000 Pfund Sterling jetzt wegfallen, 64000 Pfund Sterling.

Ohne die Ruhegehalte für die Dienerschaft der verstorbnen Königin zu
rechnen, die im Betrage von 25000 Pfund Sterling von der Privatknsse ab¬
gesetzt und vom Staate übernommen worden sind, fließen also der königlichen
Familie aus öffentlichen Mitteln 582000 Pfund Sterling zu und mit Ein¬
schluß der beiden Herzogtümer fast 700000 Pfund Sterling.

In Wirklichkeit ist aber das Einkommen als weit höher zu veranschlagen
(ganz abgesehen natürlich von den Privatvermögen), da es vielen Lasten nicht
unterworfen ist, die von den Zivillisten andrer Fürsten getragen werden müssen.
Die Unterhaltung der Schlösser und Gurten, soweit sie nicht persönliches
Eigentum sind, wie Balmoral, Osborne und Sandringham, geschieht auf Kosten
des Staats. Bei deutschen Fürsten gilt ferner die Unterstützung der Kunst
als eine Ehrensache. Seit Heinrich Julius von Braunschweig hat besonders
die dramatische Kunst bei ihnen jederzeit freigebige Förderung gefunden. Der
König von Preußen unterhält mehrere Theater, der König von Großbritannien
und Irland und den überseeischen britischen Gebieten auch uicht ein einziges.
Ein Hoftheater ist nie Brauch gewesen, und die Unterstützung, die der Hof
der dramatischen Kunst angedeihen läßt, beschränkt sich auf das Mieter einer
Loge in einigen Theatern Londons. Die Gunst, die andern Künsten zu teil
wird, läßt gleichfalls keinen Anspruch ans Mäzenatentum aufkommen. Eine
Reihe von Werken der Bildhauerkunst, wie sie Kaiser Wilhelm der Stadt
Berlin gestiftet hat, sucht man in London vergebens.

Dagegen kann sich Großbritannien eines fest angestellten Oberhofreime-
schmieds rühmen, der für sein Pegasusreiten die Summe von 72 Pfund Ster¬
ling erhält anstatt des Fasses Wein, womit sich seine Vorgänger zur Zeit des
lustigen Monarchen Karls II. zu hehren Lobgesüngen begeisterten. Wie lange
dieses Amt noch bestehn bleiben wird, ist fraglich. Nach Tennysons Tode


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0530" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/236352"/>
          <fw type="header" place="top"> Das englische Königtum</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2015" prev="#ID_2014"> Abzug aller Verwaltungskosten usw. mehr als 60000 Pfund Sterling Rein¬<lb/>
ertrag abwerfen. Dem Könige stehn also über 140000 Pfund Sterling zur<lb/>
persönlichen Verfügun g.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2016"> Bei dem Mangel eines besondern Vermögens des königlichen Hauses hat<lb/>
ferner das Parlament neben der Zivilliste, die nur für den König und seine<lb/>
Gemahlin bestimmt ist, auch Mittel für den Unterhalt der Prinzen und Prin¬<lb/>
zessinnen zu schaffen. Edward VII. hatte als Prinz von Wales 40000 Pfund<lb/>
Sterling Einkommen, die Prinzessin von Wales 10000. Dazu kamen<lb/>
die Einkünfte des Herzogtums Cornwall, aus denen der Prinz 1899 fast<lb/>
67000 Pfund Sterling erhielt. Der neue Thronerbe, der Herzog von Cornwall<lb/>
und Uork, tritt nun in den Genuß der Bezüge von Cornwall, aber bei ihrem<lb/>
gegen früher ungemein höhern Wert hat das Parlament ihm ein geringeres<lb/>
Jahrgeld von nur 20000 Pfund Sterling ausgesetzt. Die Herzogin von<lb/>
Cornwall erhält dieselbe Summe wie früher die Prinzessin von Wales, nämlich<lb/>
10000 Pfund Sterling.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2017"> Für die drei Töchter des Königs sind je 6000 bestimmt, und für die<lb/>
übrigen Mitglieder des königlichen Hauses nach dem Hinscheiden der Kaiserin<lb/>
Friedrich, deren 8000 Pfund Sterling jetzt wegfallen, 64000 Pfund Sterling.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2018"> Ohne die Ruhegehalte für die Dienerschaft der verstorbnen Königin zu<lb/>
rechnen, die im Betrage von 25000 Pfund Sterling von der Privatknsse ab¬<lb/>
gesetzt und vom Staate übernommen worden sind, fließen also der königlichen<lb/>
Familie aus öffentlichen Mitteln 582000 Pfund Sterling zu und mit Ein¬<lb/>
schluß der beiden Herzogtümer fast 700000 Pfund Sterling.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2019"> In Wirklichkeit ist aber das Einkommen als weit höher zu veranschlagen<lb/>
(ganz abgesehen natürlich von den Privatvermögen), da es vielen Lasten nicht<lb/>
unterworfen ist, die von den Zivillisten andrer Fürsten getragen werden müssen.<lb/>
Die Unterhaltung der Schlösser und Gurten, soweit sie nicht persönliches<lb/>
Eigentum sind, wie Balmoral, Osborne und Sandringham, geschieht auf Kosten<lb/>
des Staats. Bei deutschen Fürsten gilt ferner die Unterstützung der Kunst<lb/>
als eine Ehrensache. Seit Heinrich Julius von Braunschweig hat besonders<lb/>
die dramatische Kunst bei ihnen jederzeit freigebige Förderung gefunden. Der<lb/>
König von Preußen unterhält mehrere Theater, der König von Großbritannien<lb/>
und Irland und den überseeischen britischen Gebieten auch uicht ein einziges.<lb/>
Ein Hoftheater ist nie Brauch gewesen, und die Unterstützung, die der Hof<lb/>
der dramatischen Kunst angedeihen läßt, beschränkt sich auf das Mieter einer<lb/>
Loge in einigen Theatern Londons. Die Gunst, die andern Künsten zu teil<lb/>
wird, läßt gleichfalls keinen Anspruch ans Mäzenatentum aufkommen. Eine<lb/>
Reihe von Werken der Bildhauerkunst, wie sie Kaiser Wilhelm der Stadt<lb/>
Berlin gestiftet hat, sucht man in London vergebens.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2020" next="#ID_2021"> Dagegen kann sich Großbritannien eines fest angestellten Oberhofreime-<lb/>
schmieds rühmen, der für sein Pegasusreiten die Summe von 72 Pfund Ster¬<lb/>
ling erhält anstatt des Fasses Wein, womit sich seine Vorgänger zur Zeit des<lb/>
lustigen Monarchen Karls II. zu hehren Lobgesüngen begeisterten. Wie lange<lb/>
dieses Amt noch bestehn bleiben wird, ist fraglich.  Nach Tennysons Tode</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0530] Das englische Königtum Abzug aller Verwaltungskosten usw. mehr als 60000 Pfund Sterling Rein¬ ertrag abwerfen. Dem Könige stehn also über 140000 Pfund Sterling zur persönlichen Verfügun g. Bei dem Mangel eines besondern Vermögens des königlichen Hauses hat ferner das Parlament neben der Zivilliste, die nur für den König und seine Gemahlin bestimmt ist, auch Mittel für den Unterhalt der Prinzen und Prin¬ zessinnen zu schaffen. Edward VII. hatte als Prinz von Wales 40000 Pfund Sterling Einkommen, die Prinzessin von Wales 10000. Dazu kamen die Einkünfte des Herzogtums Cornwall, aus denen der Prinz 1899 fast 67000 Pfund Sterling erhielt. Der neue Thronerbe, der Herzog von Cornwall und Uork, tritt nun in den Genuß der Bezüge von Cornwall, aber bei ihrem gegen früher ungemein höhern Wert hat das Parlament ihm ein geringeres Jahrgeld von nur 20000 Pfund Sterling ausgesetzt. Die Herzogin von Cornwall erhält dieselbe Summe wie früher die Prinzessin von Wales, nämlich 10000 Pfund Sterling. Für die drei Töchter des Königs sind je 6000 bestimmt, und für die übrigen Mitglieder des königlichen Hauses nach dem Hinscheiden der Kaiserin Friedrich, deren 8000 Pfund Sterling jetzt wegfallen, 64000 Pfund Sterling. Ohne die Ruhegehalte für die Dienerschaft der verstorbnen Königin zu rechnen, die im Betrage von 25000 Pfund Sterling von der Privatknsse ab¬ gesetzt und vom Staate übernommen worden sind, fließen also der königlichen Familie aus öffentlichen Mitteln 582000 Pfund Sterling zu und mit Ein¬ schluß der beiden Herzogtümer fast 700000 Pfund Sterling. In Wirklichkeit ist aber das Einkommen als weit höher zu veranschlagen (ganz abgesehen natürlich von den Privatvermögen), da es vielen Lasten nicht unterworfen ist, die von den Zivillisten andrer Fürsten getragen werden müssen. Die Unterhaltung der Schlösser und Gurten, soweit sie nicht persönliches Eigentum sind, wie Balmoral, Osborne und Sandringham, geschieht auf Kosten des Staats. Bei deutschen Fürsten gilt ferner die Unterstützung der Kunst als eine Ehrensache. Seit Heinrich Julius von Braunschweig hat besonders die dramatische Kunst bei ihnen jederzeit freigebige Förderung gefunden. Der König von Preußen unterhält mehrere Theater, der König von Großbritannien und Irland und den überseeischen britischen Gebieten auch uicht ein einziges. Ein Hoftheater ist nie Brauch gewesen, und die Unterstützung, die der Hof der dramatischen Kunst angedeihen läßt, beschränkt sich auf das Mieter einer Loge in einigen Theatern Londons. Die Gunst, die andern Künsten zu teil wird, läßt gleichfalls keinen Anspruch ans Mäzenatentum aufkommen. Eine Reihe von Werken der Bildhauerkunst, wie sie Kaiser Wilhelm der Stadt Berlin gestiftet hat, sucht man in London vergebens. Dagegen kann sich Großbritannien eines fest angestellten Oberhofreime- schmieds rühmen, der für sein Pegasusreiten die Summe von 72 Pfund Ster¬ ling erhält anstatt des Fasses Wein, womit sich seine Vorgänger zur Zeit des lustigen Monarchen Karls II. zu hehren Lobgesüngen begeisterten. Wie lange dieses Amt noch bestehn bleiben wird, ist fraglich. Nach Tennysons Tode

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/530
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/530>, abgerufen am 01.09.2024.