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Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr.

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Das englische Königtum

dann und wann auch einmal eine Professur gegen den Willen der Fakultät
besetzen dürfen. Ganz rein können eben die Eigenschaften der Universitäten
als selbständiger Korporationen und als Staatslehranstalten niemals ineinander
* aufgehn, das praktische Leben zwingt hier wie überall zu Kompromissen,




Das englische Königtum
Hugo Bartels von(Schluß)

is 1688 waren die Ausgaben des Hoff von den Staatsausgaben
nicht getrennt, und eine Zivilliste wurde erst unter Wilhelm III.
eingeführt. Verglichen mit den frühern Beträgen, 700000 Pfund
Sterling unter Wilhelm und 900000 Pfund Sterling unter
Georg III,, erscheint die heutige Zivilliste sehr mäßig. Es darf
aber nicht übersehen werden, daß sie früher mit einer großen Masse von Ge¬
halten belastet war, die seitdem entweder als überflüssig und der Bestechung
dienend abgeschafft oder vom Staat übernommen worden sind.

Unter der Königin Viktoria stand die Zivilliste auf 385000 Pfund
Sterling. Davon waren 131260 Pfund Sterling für Gehalte bestimmt,
172500 Pfund Sterling für den Unterhalt des Hoff, 13200 für Wohl-
thütigkeitszwecke, 8040 für besondre Ausgaben und 60000 für die Privatkasse
der Königin. Für Edward VII. ist die Zivilliste auf 470000 Pfund Sterling
erhöht worden, wovon 110000 Pfund Sterling in die Privatkasfe des könig¬
lichen Paares fließen. Die Königin, die als besondre konstitutionelle Person
gilt (schon in der angelsächsischen Zeit hatte die Gemahlin des Königs eine
Ausnahmestellung vor andern Frauen), erhält daraus für sich die Summe von
30000 Pfund Sterling, der König den Rest von 80000 Pfund Sterling. Zum
Ausgleich für die Bewilligung der Zivilliste muß der Inhaber des Thrones
auf die alten, an Wert geringern Kroneinkünfte verzichten. Nach radikaler
Anschauung ist dieser Verzicht unnötig, da die Einkünfte ans den Kronlände-
reien und gewissen Gefallen und Gerechtsamen nicht dem Könige gehören,
sondern dem Staat. Praktischen Wert dürfte die Frage aber niemals haben.
Denn solange die Briten sich im Glänze einer Krone sonnen wollen, müssen
sie auch für die Kosten des Hofhalts aufkommen; sollte es ihnen dagegen ein¬
fallen, sich ohne König zu behelfen, dann würde es diesem recht schwer fallen,
auch mir eiuen roten Heller des sogenannten Kroueinkommens zu erhalten.

Auch mit der jüngsten Erhöhung erscheint die Zivilliste nicht sehr groß.
Die Privatkasse erfährt aber einen nicht zu verachtenden Zuschuß aus den dem
Könige zustehenden Einkünften des Herzogtums Lancaster, die sich im Laufe
der langen Negierung Viktorias verzwölffacht haben und gegenwärtig nach


Gren,boten lV I90l 66
Das englische Königtum

dann und wann auch einmal eine Professur gegen den Willen der Fakultät
besetzen dürfen. Ganz rein können eben die Eigenschaften der Universitäten
als selbständiger Korporationen und als Staatslehranstalten niemals ineinander
* aufgehn, das praktische Leben zwingt hier wie überall zu Kompromissen,




Das englische Königtum
Hugo Bartels von(Schluß)

is 1688 waren die Ausgaben des Hoff von den Staatsausgaben
nicht getrennt, und eine Zivilliste wurde erst unter Wilhelm III.
eingeführt. Verglichen mit den frühern Beträgen, 700000 Pfund
Sterling unter Wilhelm und 900000 Pfund Sterling unter
Georg III,, erscheint die heutige Zivilliste sehr mäßig. Es darf
aber nicht übersehen werden, daß sie früher mit einer großen Masse von Ge¬
halten belastet war, die seitdem entweder als überflüssig und der Bestechung
dienend abgeschafft oder vom Staat übernommen worden sind.

Unter der Königin Viktoria stand die Zivilliste auf 385000 Pfund
Sterling. Davon waren 131260 Pfund Sterling für Gehalte bestimmt,
172500 Pfund Sterling für den Unterhalt des Hoff, 13200 für Wohl-
thütigkeitszwecke, 8040 für besondre Ausgaben und 60000 für die Privatkasse
der Königin. Für Edward VII. ist die Zivilliste auf 470000 Pfund Sterling
erhöht worden, wovon 110000 Pfund Sterling in die Privatkasfe des könig¬
lichen Paares fließen. Die Königin, die als besondre konstitutionelle Person
gilt (schon in der angelsächsischen Zeit hatte die Gemahlin des Königs eine
Ausnahmestellung vor andern Frauen), erhält daraus für sich die Summe von
30000 Pfund Sterling, der König den Rest von 80000 Pfund Sterling. Zum
Ausgleich für die Bewilligung der Zivilliste muß der Inhaber des Thrones
auf die alten, an Wert geringern Kroneinkünfte verzichten. Nach radikaler
Anschauung ist dieser Verzicht unnötig, da die Einkünfte ans den Kronlände-
reien und gewissen Gefallen und Gerechtsamen nicht dem Könige gehören,
sondern dem Staat. Praktischen Wert dürfte die Frage aber niemals haben.
Denn solange die Briten sich im Glänze einer Krone sonnen wollen, müssen
sie auch für die Kosten des Hofhalts aufkommen; sollte es ihnen dagegen ein¬
fallen, sich ohne König zu behelfen, dann würde es diesem recht schwer fallen,
auch mir eiuen roten Heller des sogenannten Kroueinkommens zu erhalten.

Auch mit der jüngsten Erhöhung erscheint die Zivilliste nicht sehr groß.
Die Privatkasse erfährt aber einen nicht zu verachtenden Zuschuß aus den dem
Könige zustehenden Einkünften des Herzogtums Lancaster, die sich im Laufe
der langen Negierung Viktorias verzwölffacht haben und gegenwärtig nach


Gren,boten lV I90l 66
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[0529] Das englische Königtum dann und wann auch einmal eine Professur gegen den Willen der Fakultät besetzen dürfen. Ganz rein können eben die Eigenschaften der Universitäten als selbständiger Korporationen und als Staatslehranstalten niemals ineinander * aufgehn, das praktische Leben zwingt hier wie überall zu Kompromissen, Das englische Königtum Hugo Bartels von(Schluß) is 1688 waren die Ausgaben des Hoff von den Staatsausgaben nicht getrennt, und eine Zivilliste wurde erst unter Wilhelm III. eingeführt. Verglichen mit den frühern Beträgen, 700000 Pfund Sterling unter Wilhelm und 900000 Pfund Sterling unter Georg III,, erscheint die heutige Zivilliste sehr mäßig. Es darf aber nicht übersehen werden, daß sie früher mit einer großen Masse von Ge¬ halten belastet war, die seitdem entweder als überflüssig und der Bestechung dienend abgeschafft oder vom Staat übernommen worden sind. Unter der Königin Viktoria stand die Zivilliste auf 385000 Pfund Sterling. Davon waren 131260 Pfund Sterling für Gehalte bestimmt, 172500 Pfund Sterling für den Unterhalt des Hoff, 13200 für Wohl- thütigkeitszwecke, 8040 für besondre Ausgaben und 60000 für die Privatkasse der Königin. Für Edward VII. ist die Zivilliste auf 470000 Pfund Sterling erhöht worden, wovon 110000 Pfund Sterling in die Privatkasfe des könig¬ lichen Paares fließen. Die Königin, die als besondre konstitutionelle Person gilt (schon in der angelsächsischen Zeit hatte die Gemahlin des Königs eine Ausnahmestellung vor andern Frauen), erhält daraus für sich die Summe von 30000 Pfund Sterling, der König den Rest von 80000 Pfund Sterling. Zum Ausgleich für die Bewilligung der Zivilliste muß der Inhaber des Thrones auf die alten, an Wert geringern Kroneinkünfte verzichten. Nach radikaler Anschauung ist dieser Verzicht unnötig, da die Einkünfte ans den Kronlände- reien und gewissen Gefallen und Gerechtsamen nicht dem Könige gehören, sondern dem Staat. Praktischen Wert dürfte die Frage aber niemals haben. Denn solange die Briten sich im Glänze einer Krone sonnen wollen, müssen sie auch für die Kosten des Hofhalts aufkommen; sollte es ihnen dagegen ein¬ fallen, sich ohne König zu behelfen, dann würde es diesem recht schwer fallen, auch mir eiuen roten Heller des sogenannten Kroueinkommens zu erhalten. Auch mit der jüngsten Erhöhung erscheint die Zivilliste nicht sehr groß. Die Privatkasse erfährt aber einen nicht zu verachtenden Zuschuß aus den dem Könige zustehenden Einkünften des Herzogtums Lancaster, die sich im Laufe der langen Negierung Viktorias verzwölffacht haben und gegenwärtig nach Gren,boten lV I90l 66

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 60, 1901, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341873_235821/529>, abgerufen am 01.09.2024.